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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2019

Hochspannung und eine sensible Vater-Sohn-Geschichte

Der Kinderflüsterer
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Das war richtig spannend.

Ein Kind verschwindet und sofort werden in dem kleinen englischen Dorf Featherbank Erinnerungen an eine alte Mordserie wach. Vor 20 Jahren ging der Kinderflüsterer um und holte ...

Das war richtig spannend.

Ein Kind verschwindet und sofort werden in dem kleinen englischen Dorf Featherbank Erinnerungen an eine alte Mordserie wach. Vor 20 Jahren ging der Kinderflüsterer um und holte sich seine hilflosen Opfer. Bis heute fehlt vom letzten Kind jede Spur. Doch der Mörder wurde gefasst und sitzt hinter Schloss und Riegel. Was weiß er über den aktuellen Entführungsfall?

Tom und sein Sohn Jake ziehen nach Featherbank in ein altes Haus mit Vergangenheit. Ihre Beziehung ist schwierig. Der alleinerziehende Vater hat große Probleme den Tod seiner geliebten Frau zu verarbeiten und Jake hat seine eigenen Wege gefunden, mit der Trauer umzugehen. Während die beiden versuchen, sich in ihrem neuen Leben einzurichten und wieder zu einander zu finden, beginnt erneut jemand zu flüstern ...

Die Geschichte ist von Beginn an spannend und sehr gut aufgebaut. Es gibt einige überraschende Wendungen und wie sich nach und nach verschiedene Puzzelteile zusammensetzen, ist wirklich gut gemacht. Es gibt Elemente, die eher in den Bereich Mystery gehören, die der Spannung aber zuträglich sind. Da gruselt es schon ein bisschen. Daneben ist die sensible Schilderung der Vater/Sohn-Beziehung etwas, was man eher selten in einem Thriller findet. Das nimmt hier viel Raum ein.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektive erzählt und nur aus Toms Sicht in der Ich-Perspektive. So erfährt der Leser von den Gefühlen und der inneren Zerrissenheit von Vater und Sohn und kann mit beiden mitfühlen, während sie untereinander oft nicht die richtigen Worte finden.

Das Personal der Geschichte ist überschaubar und der Text wird nicht mit Nebenhandlungen überfrachtet.

Die letzte Szene sorgt noch mal für Gänsehaut.

Das Buch kann ich Thriller-Fans nur ans Herz legen.

Veröffentlicht am 29.10.2024

Farbenprächtige Einblicke

Das Leben ist ein Fest
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Dieser Roman über Frida Kahlo hat mir sehr gut gefallen. Er konzentriert sich auf die Jahre mit Diego Rivera, die geprägt sind von extremer Anziehung, körperlichen Schmerzen und seelischen Verletzungen, ...

Dieser Roman über Frida Kahlo hat mir sehr gut gefallen. Er konzentriert sich auf die Jahre mit Diego Rivera, die geprägt sind von extremer Anziehung, körperlichen Schmerzen und seelischen Verletzungen, Affären, Schaffenskraft und Lebensfreude. Mit 18 Jahren wird Frida das Opfer eines schrecklichen Busunglücks und leidet von nun an unter schrecklichen Schmerzen. Aber das Gefesseltsein ans Bett läßt sie zum Pinsel greifen und begründet ihre Karriere als Künstlerin. Wenige Jahre später trifft sie auf den bereits weltbekannten Künstler Rivera, die beiden heiraten. Frida ist 22, ihr Mann über 20 Jahre älter. Ihre turbulente Beziehung ist ein Auf und Ab der Gefühle.


Jedes Kapitel ist mit einer Farbe betitelt, die entweder als solche im Text auftaucht oder eine Stimmung aufgreift. Es geht von blau über rot zu gelb und endet in wenigen Nuancen von schwarz. Ist wirklich schön gemacht. Immer wieder werden auch Bilder von Frida beschrieben, die sie in bestimmten Situationen gemalt hat. Ich habe diese dann auch gleich gegoogelt, das war sehr interessant und aufschlussreich.


Insgesamt erfährt man viel über die zahlreichen Bekanntschaften und Beziehungen der beiden, über die Verstrickung mit Politik und Gesellschaft und die Familie Fridas. Die farbigen Kapitel sind recht kurz, so dass man das Buch sehr rasch gelesen hat. Das Titelbild passt wunderbar zu diesem farbenprächtigen Roman über diese ganz besondere mexikanische Künstlerin. Ich kann es nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 28.09.2024

Zerreißprobe

Herz auf Eis
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Was für ein Ritt, das Buch hat mich noch lange beschäftigt.

Bereits auf Seite 19 tritt ein, womit der Klappentext neugierig macht: Ein junges Paar auf Weltumsegelung strandet auf einer unbewohnten Insel. ...

Was für ein Ritt, das Buch hat mich noch lange beschäftigt.

Bereits auf Seite 19 tritt ein, womit der Klappentext neugierig macht: Ein junges Paar auf Weltumsegelung strandet auf einer unbewohnten Insel. Was sich auf den ersten Blick wie eine moderne Robinsonade anhört, vielleicht noch mit romantischen Elementen, ist von Anfang an das genaue Gegenteil. Den beiden steht ein existenzieller Kampf ums nackte Überleben bevor.

Die Autorin Isabelle Autissier weiß genau, wovon sie schreibt. 1991umsegelte sie allein als erste Frau die Welt.

Obwohl die Handlung nur in kleinen Teilen auf dem Boot spielt, ist das Meer natürlich immer präsent und fungiert gemeinsam mit dem Wetter und der Insel als Gegenspieler. Im Zentrum stehen die beiden Protagonisten und ihre Entwicklung unter diesen extremen Bedingungen. Besonders Louise, die zu dieser Reise erst von ihrem Mann überredet werden musste, gewährt uns intensive Einblicke in ihr Innenleben. Die Charaktere werden nach und nach entblättert.

Ich habe das Buch nahezu atemlos an einem Tag gelesen. Die ersten 150 Seiten habe ich als unglaublich spannend empfunden, dann kam ein Bruch, der die Geschichte auf eine andere Art weiterführt und ich wollte dennoch wissen, wie sie sich auflöst. Der Schreibstil ist eher nüchtern, brutal ehrlich und zieht die Leser:innen doch tief in die Geschichte und die Gefühlswelt des Paares hinein.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich weiß aber nicht, wie es mir im nächsten Jahr damit gehen wird, wenn die Segelsaison wieder beginnt.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Schiffbruch

Der Untergang der "Wager"
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Ein Schiff mit 250 Mann Besatzung verlässt den Hafen von Portsmouth. Auf dem Weg um Kap Hoorn gibt es Wetterprobleme, die immer heftiger werden. Das Schiff strandet vor einer unbewohnten Insel vor der ...

Ein Schiff mit 250 Mann Besatzung verlässt den Hafen von Portsmouth. Auf dem Weg um Kap Hoorn gibt es Wetterprobleme, die immer heftiger werden. Das Schiff strandet vor einer unbewohnten Insel vor der Küste Patagoniens. Bald bilden sich zwei, später sogar drei verfeindete Lager; es kommt zu Missgunst, Anfeindungen, Waffengewalt. 283 Tage später tauchen 29 Männer in Brasilien auf und werden später in der Heimat als Helden gefeiert. Wer fehlt, ist der Kapitän. Sechs Monate später tauchen drei weitere Überlebende auf, unten ihnen ist Kapitän Cheap. Die Geschichten der Überlebenden stehen zueinander in Widerspruch. Was ist damals wirklich geschehen, 1741 auf Wager Island?

Das Buch liest sich wie ein Abenteuerroman und doch hat sich alles so zugetragen. In jahrelanger intensiver Forschungsarbeit hat der Autor David Grann gewaltige Mengen an Material gelesen und zu dieser Geschichte zusammengebracht. Er versucht dabei, die verschiedenen Aussagen der Überlebenden faktengetreu wiederzugeben und stützt sich dabei besonders auf Tagebücher, die während der Reise angefertigt und gerettet wurden, Augenzeugenberichte, Gerichtsakten etc. Letztlich müssen die Leser und Leserinnen entscheiden, wie die teilweise widersprüchlichen Aussagen ineinandergreifen.

Für mich war das Buch sehr unterhaltsam, eine Mischung aus Roman und Sachbuch. Ich habe es in kürzester Zeit gelesen. Man muss das Genre natürlich mögen oder zumindest interessant finden, sonst könnte man sich ggf. langweilen. Aber das ist ja mit anderen Genres genauso. Fasziniert hat mich wieder, wie überheblich die Kolonialmächte gegenüber der Natur und natürlich den Indigenen agieren, die dort leben, wo die vermeintlichen zivilisierten Männer immer mehr verrohen und kurz vor dem Hungertod stehen. Ähnlich wie schon in den Romanen über die Terror und die Erebus, hätten sich die Verluste in Grenzen gehalten, wenn man sich nicht so ungemein überschätzt hätte und Vernunft vor Pflichtbewusstsein gesetzt hätte - von dem Verhalten gegenüber den Indigenen mal ganz abgesehen.

Etwas ermüdend war lediglich die ständige Wiederholung, wie viel Hunger die Männer leiden mussten. Natürlich steht die Nahrungsbeschaffung an erster Stelle, aber gefühlt standen die Seeleute ca. 100 Mal unmittelbar vor dem Hungertod, bevor eine Schnecke oder ein Stückchen Seegras diesen Tod noch mal um zwei Stunden verzögerte, um dann einige Seiten weiter wieder von vorne zu beginnen.

Abbildungen, Karten, Literatur- und Quellenverzeichnis sowie ein Anmerkungsapparat vervollständigen das Werk.

Interessant außerdem: Unter den Seeleuten war ein direkter Vorfahre von Lord Byron, der wiederum die Erlebnisse seines Großvaters literarisch verarbeitete.

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Das überfüllte Grab

Delikatessen
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Auch der vierte Fall für den sympathischen Polizeichef von Saint-Denis im Périgord, Bruno, trumpft mit den bewährten Zutaten auf: Ein heimeliges Setting in der pittoresken französischen Kleinstadt mit ...

Auch der vierte Fall für den sympathischen Polizeichef von Saint-Denis im Périgord, Bruno, trumpft mit den bewährten Zutaten auf: Ein heimeliges Setting in der pittoresken französischen Kleinstadt mit meistens liebenswerten Menschen, Natur, Tieren und natürlich gutem Essen und noch besserem Wein. Wenn da bloß nicht immer diese störenden Elemente wären, wie z.B. Mord, Totschlag, Anschläge, Terroristen, gewaltbereite Aktivisten und so manch besserwissende Vorgesetzte aus dem Ministerium.

Dieses Mal muss Bruno wieder gleichzeitig an mehreren Fronten kämpfen und es bleibt ihm kaum Ruhe, um seine leckeren Gerichte zu kochen. Neben einem unbekannten Toten, der bei archäologischen Ausgrabungen gefunden wird und noch gar nicht so lange tot ist, obliegt Bruno die Sicherung eines Treffens zwischen französischen und spanischen Politikern, das als mögliches Ziel der Untergrundorganisation ETA (Freiheit für das Baskenland) identifiziert wurde. Zu allem Überfluss machen gewaltbereite Tierschützer der heimischen Gänseleberpasteten-Lobby das Leben schwer und auch die neue Amtsrichterin Annette hat keinen guten Start in Saint-Denis.

Gekonnt läßt Walker seinen Polizeichef zwischen all diesen gefährlichen Klippen hindurchsegeln, souverän, weit- und nachsichtig und immer das Wohl seiner Stadt im Auge behaltend.

Die Romane lassen sich wunderbar leicht lesen und dabei lernt man nicht nur die französische Küche kennen, sondern erfährt ebenso in jedem Buch etwas über die französische Politik und Geschichte. Es ist jedesmal fast wie ein kleiner Frankreich-Urlaub, wenn man in die überschaubare Welt von Saint-Denis eintaucht. Ein Wermutstropfen bleibt in diesem Band zurück, denn von einem liebgewonnenen Charakter müssen wir uns verabschieden.

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