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Veröffentlicht am 09.11.2024

Humorvoll und herzlich – aber auch Potenzial, das nicht ganz genutzt wird

Pi mal Daumen
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In "Pi mal Daumen" erzählt Alina Bronsky von einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen zwei Menschen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: dem sechzehnjährigen Hochbegabten Oscar und Moni Kosinsky, ...

In "Pi mal Daumen" erzählt Alina Bronsky von einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen zwei Menschen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: dem sechzehnjährigen Hochbegabten Oscar und Moni Kosinsky, einer Großmutter mit einer großen Leidenschaft für Mathematik und dem Traum vom Studium. Die deutsche Autorin mit russischen Wurzeln, bekannt für ihren scharfzüngigen Stil und skurrile Figuren, schaffte es mit Büchern wie "Scherbenpark" und "Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche" in die deutschen Bestsellerlisten. Ihre Romane zeichnen sich durch ihren humorvoll-ironischen Ton und starke Charaktere aus, und auch "Pi mal Daumen" wurde von unabhängigen Buchhandlungen 2024 zum Lieblingsbuch gewählt.

Worum geht’s?

Die Geschichte beginnt in einem Vorlesungssaal, wo der junge, adlige Oscar und die viel ältere Moni sich zum ersten Mal begegnen. Oscar, mit seinem analytischen Verstand und mathematischen Talent, sieht das Studium als Sprungbrett für eine erfolgreiche Karriere. Moni hingegen hat schon eine ganze Lebensgeschichte hinter sich und erfüllt sich heimlich ihren Traum von einem Mathematikstudium. Für viele ist sie dort jedoch fehl am Platz und wird aufgrund ihres Äußeren und Alters schnell als Putzfrau abgestempelt. Doch hinter ihrem ungewöhnlichen Auftreten verbirgt sich ein brillanter Verstand und ein großer Durchhaltewille. Zwischen Moni und Oscar entwickelt sich eine enge Freundschaft, die trotz aller gesellschaftlichen Unterschiede den Hörsaal überdauert und beiden eine neue Sicht auf das Leben eröffnet.

Meine Meinung

Das Buch ist mir in letzter Zeit oft in meinem Feed begegnet und wurde in meiner Lese-Bubble heiß diskutiert, besonders nach der Auszeichnung zum „Lieblingsbuch der Unabhängigen 2024“. Zwar hat mich der Klappentext nicht sehr angesprochen, doch aufgrund der Empfehlung durch eine Bekannten habe ich mich schließlich doch durchringen können, das Buch zu lesen. Zu Beginn erschien mir die Handlung etwas unspektakulär und langsam, und ich war mir nicht sicher, wohin die Geschichte führen würde. Doch je mehr ich die beiden Hauptcharaktere Moni und Oscar kennenlernte, desto mehr habe ich die Lektüre genossen. Moni und Oscar sind charmante Figuren, die beide auf ihre Weise liebenswert und speziell sind. Besonders durch Oscars Erzählweise bekommt das Buch eine heitere Note, die mich oft zum Schmunzeln brachte. Doch obwohl die Geschichte insgesamt unterhaltsam ist, empfand ich den Handlungsverlauf teilweise etwas aufgesetzt, und am Ende blieben einige Fragen offen, was ich etwas unbefriedigend fand – vielleicht ist ja ein zweiter Teil geplant, um dies aufzulösen.

Die Nebenfiguren, die das Umfeld von Moni und Oscar bereichern sollen, blieben mir leider zu oberflächlich und klischeehaft. Es hätte der Geschichte gutgetan, die Beweggründe und Hintergründe dieser Charaktere etwas mehr auszuarbeiten, um ihnen mehr Tiefe zu verleihen. Ebenso hätte ich es spannend gefunden, wenn die Geschichte abwechselnd aus Monis und Oscars Perspektive erzählt worden wäre. So erfährt man nur Oscars Sicht auf die Ereignisse, was besonders Monis Charakter für meinen Teil zu unnahbar erscheinen lässt. Ihre Beweggründe und Gedanken bleiben größtenteils im Dunkeln, und das Potenzial, ihre Persönlichkeit zu entfalten, wird nicht ausgeschöpft.

Ein großes Plus ist Bronskys Schreibstil: Die kurzen Kapitel und der fließende, angenehm lesbare Stil machen das Buch zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Ich habe es innerhalb von zwei Tagen verschlungen, denn trotz meiner Kritikpunkte bleibt die Geschichte eine unterhaltsame und leichte Lektüre.

Fazit

"Pi mal Daumen" ist eine charmante und unterhaltsame Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, die durch Bronskys stilistischen Witz und das skurrile Figurenensemble lebt. Aber die Handlung ist stellenweise etwas klischeehaft, und einige Aspekte bleiben zu oberflächlich. Deshalb 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 21.10.2024

Ein dramatischer Familienroman mit klischeehaften Figuren und malerischer Kulisse

Die Farbe des Feuers
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Jakob Augsteins Roman "Die Farbe des Feuers" ist eine Geschichte über Liebe, Verlust und gesellschaftliche Spannungen, die sich vor der atemberaubenden Kulisse der südlichen Provence entfaltet. Im Mittelpunkt ...

Jakob Augsteins Roman "Die Farbe des Feuers" ist eine Geschichte über Liebe, Verlust und gesellschaftliche Spannungen, die sich vor der atemberaubenden Kulisse der südlichen Provence entfaltet. Im Mittelpunkt steht eine bevorstehende Hochzeit auf dem Anwesen einer wohlhabenden Industriellenfamilie. Doch hinter der scheinbaren Idylle verbergen sich komplexe Beziehungsgeflechte und ungelöste Konflikte. Jakob Augstein, bekannt als Journalist, Buchautor und Verleger, nimmt in diesem Roman das Zusammenspiel von Familienstrukturen und individuellen Schicksalen in den Fokus.

Worum geht's?

Im malerischen Süden Frankreichs, auf dem Anwesen einer wohlhabenden Familie, wird die Hochzeit von Rebecca vorbereitet. Während die Feierlichkeiten im Gange sind, tragen sich im Hintergrund leidenschaftliche Konflikte zu. Swann, Rebeccas Freundin, liebt sie immer noch, obwohl Rebecca den adligen Gabriel heiratet, der sich mehr für seine Kunst als für die Ehe interessiert. Auch der Gärtner Sami ist in Rebecca verliebt, doch er, ein Muslim aus einfachen Verhältnissen, scheint keine Chance zu haben. Während sich das Drama in der Provence zuspitzt, ist Sami in Paris und blickt von Notre-Dame auf eine Welt der Sünde. Es wird schnell klar, dass die Hochzeitsfeier auf unsicherem Fundament steht und Geheimnisse der Beteiligten ans Licht drängen.

Meine Meinung
"Die Farbe des Feuers" punktet mit einem atmosphärischen Setting: Die Beschreibungen der provenzalischen Landschaft und des südfranzösischen Lebensstils sind fesselnd und lassen die Kulisse zum heimlichen Star des Buches werden. Es hat mich fasziniert, wie Augstein diese Landschaft als ruhigen Gegenpol zu den turbulenten und manchmal schmerzhaften Beziehungen der Charaktere einsetzt. Leider verliert der Roman in der Mitte etwas an Fahrt und wirkt stellenweise langatmig. Einige Szenen hätten kürzer und prägnanter sein können, ohne dass der emotionale Gehalt gelitten hätte.

Die ungeschönte Darstellung von familiären und romantischen Beziehungen, geprägt von Missverständnissen, enttäuschter Liebe und unausgesprochenen Erwartungen, verleiht der Geschichte jedoch Tiefe. Es sind nicht nur bedrückende, sondern auch humorvolle und berührende Momente enthalten, die den Leser emotional abholen. Besonders beeindruckend fand ich, wie Augstein es schafft, verschiedene Emotionen wie Aufregung, Mut und Melancholie nahtlos miteinander zu verweben.

Was mir jedoch weniger gefallen hat, ist der klischeehafte Umgang mit dem Charakter des Gärtners Sami, der als arabischer Muslim von Beginn an unter Verdacht steht und als eine Art Außenseiter dargestellt wird. Diese einseitige Darstellung wirkte auf mich eher reißerisch und hat die ansonsten interessante Geschichte unnötig vorhersehbar gemacht. Zudem wäre es wünschenswert gewesen, wenn die inneren Konflikte der Figuren noch tiefer ausgelotet worden wären, insbesondere in Bezug auf die kulturellen Unterschiede.

Nichtsdestotrotz hat das Buch durch seine starke Atmosphäre, die abwechslungsreichen Emotionen und die gesellschaftlich relevanten Themen, die es anspricht, seinen Reiz. Es gelingt ihm, die Spannungen zwischen den Figuren herauszuarbeiten, auch wenn das Tempo manchmal stockt.

Fazit
"Die Farbe des Feuers" ist ein stimmungsvoller Gesellschaftsroman, der die Komplexität menschlicher Beziehungen aufzeigt, allerdings manchmal etwas an Tiefe und Originalität vermissen lässt. Vor allem das Setting und die emotionalen Spannungen überzeugen, aber die Geschichte hätte durch weniger Vorhersehbarkeit und eine differenziertere Darstellung der Charaktere noch stärker wirken können. Deshalb vergebe ich 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 29.09.2024

Verpasste Chancen – Eine Liebesgeschichte über Jahrzehnte

Man sieht sich
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Julia Karnicks Roman "Man sieht sich" erzählt die bewegende Geschichte einer Jugendliebe, die sich über Jahrzehnte hinweg immer wieder kreuzt. Friederika, genannt Frie, und Robert begegnen sich im Sommer ...

Julia Karnicks Roman "Man sieht sich" erzählt die bewegende Geschichte einer Jugendliebe, die sich über Jahrzehnte hinweg immer wieder kreuzt. Friederika, genannt Frie, und Robert begegnen sich im Sommer 1988 zum ersten Mal, und ihre Beziehung entwickelt sich über die Jahre auf eine komplizierte Weise weiter. 2002 treffen sie sich erneut und stellen fest, dass die alte Anziehungskraft immer noch besteht. Doch erst beim 30-jährigen Abi-Treffen im Jahr 2022 zeigt sich, ob ihre Verbindung eine echte zweite Chance hat. Julia Karnick, geboren 1970 in Hamburg, ist Autorin und Journalistin, die besonders durch ihre humorvollen Kolumnen bekannt wurde. Mit "Man sieht sich" legt sie nach ihrem Debütroman einen zweiten unterhaltsamen und lebensnahen Roman vor, der sich mit verpassten Chancen und der Möglichkeit eines Neubeginns beschäftigt.

Worum geht's?

Der Roman begleitet Frie und Robert über mehrere Jahrzehnte. Die beiden lernen sich 1988 als Teenager kennen, aber trotz Roberts Gefühle füreinander bleibt ihre Beziehung unverbindlich. Jahre später, 2002, treffen sie sich wieder. Robert ist mittlerweile Musiker, und Frie hat eine Tochter. Doch die alte Unsicherheit und das komplizierte Verhältnis zwischen ihnen bleiben bestehen. 2022, mittlerweile beide 50 Jahre alt, fahren sie zu ihrem Abi-Treffen. Dort holen sie nicht nur ihre alten Gefühle wieder ein, sondern auch die Frage, ob sie diesmal eine Chance auf ein glückliches Miteinander haben.

Meine Meinung

Obwohl ich die Autorin vorher nicht kannte, war ich positiv von ihrem klaren und angenehmen Schreibstil überrascht. Die Geschichte lässt sich leicht lesen und ist nicht übermäßig ausgeschmückt. Die Atmosphäre und der Zeitgeist der jeweiligen Epochen werden sehr gut eingefangen, sodass man sich in die verschiedenen Phasen der Geschichte gut hineinversetzen kann. Der Roman zieht sich jedoch auf seinen 480 Seiten stellenweise etwas in die Länge. Besonders in der Mitte hätte ich mir ein strafferes Erzähltempo gewünscht, da der Anfang noch sehr dicht erzählt wird, aber gegen Ende plötzlich 20 Jahre zwischen den Begegnungen der beiden Figuren liegen. Es wäre schön gewesen, mehr über die Zeit dazwischen zu erfahren.

Was mich am meisten berührt hat, war Roberts Beziehung zu einem Generalmajor, die in ihrer emotionalen Tiefe sehr gut dargestellt wurde. Einige wichtige Themen wie Mutterschaft, Gewalt in der Partnerschaft und Feminismus werden zumindest implizit angeschnitten. Auch wenn die Charaktere insgesamt gut gezeichnet sind und man ihren Lebensweg nachempfinden kann, waren einige ihrer Entscheidungen für mich nicht immer nachvollziehbar. Es blieb das Gefühl, dass die Figuren ihre verpassten Chancen größtenteils selbst zu verantworten hatten, was mich als Leserin manchmal frustrierte.

Dennoch mochte ich den lebendigen Erzählstil und die Szenenbeschreibungen, die mich gut in die Geschichte hineingezogen haben. Besonders die lebendigen Beschreibungen von Bozen gegen Ende des Buches fand ich wunderschön – sie machten Lust, diese Stadt selbst zu bereisen. Auch die Idee des Aufbaus – über verschiedene Jahrzehnte hinweg – fand ich ansprechend, doch an manchen Stellen fehlte mir die Tiefe und die Nähe zu den Figuren, die mich emotional stärker hätten einbeziehen können.

Fazit

"Man sieht sich" ist ein unterhaltsamer Roman über verpasste Gelegenheiten und das Wiederfinden von alten Gefühlen. Obwohl die Charaktere und das Setting gut ausgearbeitet sind, leidet die Geschichte unter einigen Längen. Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen, auch wenn es mich nicht vollständig überzeugen konnte. 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 26.09.2024

Regiokrimi mit Potential – Der Chiemgau als Schauplatz dunkler Geheimnisse

Tod im Chiemgau
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In Tod im Chiemgau kehrt Bergführer Toni Hauser nach zehn Jahren in seine Heimat zurück, nur um von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden. Sein bester Freund Hans starb damals bei einem Sturz, doch ...

In Tod im Chiemgau kehrt Bergführer Toni Hauser nach zehn Jahren in seine Heimat zurück, nur um von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden. Sein bester Freund Hans starb damals bei einem Sturz, doch jetzt stellt sich die Frage: War es wirklich ein Unfall, oder galt der Mordversuch Toni selbst? Der Autor Mathias Lehmann, geboren 1968, ist ein leidenschaftlicher Bergliebhaber und hat sich auf Krimis spezialisiert, die in den Alpen spielen. Nach erfolgreichen Veröffentlichungen unter einem Pseudonym brachte er diesen Regiokrimi mit viel Lokalkolorit heraus.

Worum gehts genau?

Zehn Jahre nach dem Tod seines besten Freundes Hans kehrt Toni Hauser nach Reit im Winkl zurück. Doch was als Aufarbeitung alter Erinnerungen beginnt, entwickelt sich schnell zu einem Überlebenskampf, als Toni nur knapp einem Mordanschlag entgeht. Gemeinsam mit Kommissarin Roxana Mayrhofer beginnt er, die Ereignisse von damals zu hinterfragen. Dabei kommt der Verdacht auf, dass Hans' Tod kein Unfall war, sondern dass Toni selbst das eigentliche Ziel gewesen sein könnte. Die Ermittlungen führen zu dunklen Geheimnissen im Dorf, während immer mehr Personen und Orte in das Rätsel verwickelt werden. Gleichzeitig steht Toni auch vor emotionalen Herausforderungen, als alte Beziehungen wieder aufleben.

Meine Meinung

Der Krimi "Tod im Chiemgau" lässt sich durch seinen flüssigen Schreibstil leicht und schnell lesen. Besonders gefallen haben mir die kurzen Kapitel, die die Spannung durchgehend aufrechterhalten. Auch die Beschreibung der Orte in der Chiemgau-Region ist lebendig und detailliert, sodass ich stets ein klares Bild vor Augen hatte. Zudem fand ich es gut, dass trotz der Vielzahl an Charakteren nie der Überblick verloren geht, was für einen Regiokrimi sehr wichtig ist.

Allerdings gibt es auch einige Punkte, die mich während des Lesens gestört haben. So wird auf das Gendern komplett verzichtet, was in der heutigen Zeit selbstverständlich sein sollte wirkt. Was mir besonders aufgefallen ist, war das Fehlen detaillierter Beschreibungen der Figuren. Zwar wusste ich, wer welche Rolle spielt, aber ohne ein klares Bild von Alter oder Aussehen war es manchmal schwierig, sich die Charaktere vorzustellen. Bei vielen Figuren wurden die Details zum Aussehen etc. erst spät bzw. nach und nach eingeführt, was mir nicht sogut gefiel und es mir erschwerte ein Bild von der Figur zu machen. Auch die aufkeimende Liebesgeschichte, die sich neben der Haupthandlung entwickelt, empfand ich persönlich als unnötig grad auch weil sie sich so lange zieht.

Was den Plot betrifft, hatte ich schon in der Mitte des Buches den richtigen Verdacht, wer der/die Täter:in ist. Das hat die Spannung für mich etwas gedämpft, obwohl es einige falsche Fährten gab, die jedoch zu schnell aufgelöst wurden. Die Einbeziehung von Toni in die Ermittlungen durch Roxana Mayrhofer war für mich wenig realistisch. Er hätte selbst der Täter sein können, was in einer echten Polizeiarbeit sicher anders gehandhabt worden wäre. Das Ende des Romans ist wiederum dramatisch und spannend geschrieben, auch wenn mich das Motiv des Täters/der Täterin nicht vollständig überzeugen konnte. Auch das Liebesdreieck, das sich durch die Geschichte zieht, wurde nicht abschließend geklärt, was mir etwas unbefriedigend erschien.

Fazit

Insgesamt hat mich Tod im Chiemgau gut unterhalten, vor allem durch die atmosphärischen Beschreibungen der Region und den flüssigen Erzählstil. Dennoch konnte der Krimi aufgrund seiner vorhersehbaren Wendungen und einiger Schwächen in der Charakterdarstellung nicht ganz überzeugen. Deshalb vergebe ich 3 von 5 Sternen, werde aber dennoch die geplante Fortsetzung lesen, auch weil der Austausch mit dem Autor im Rahmen der Leserunde (die super wertvoll war!) darauf hoffen lässt, dass sich einige der genannten Kritikpunkte in der Fortsetzung vlt. auflösen werden :)

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Veröffentlicht am 26.09.2024

Von der Geliebten zur Pflegerin: Ein Roman über das Altern und die Rollen einer Frau

Die vorletzte Frau
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„Die vorletzte Frau“ ist ein autobiografischer Roman von Katja Oskamp, der die Beziehung zwischen einer jungen Frau (sie selber) und einem berühmten Schriftsteller erzählt. Oskamp schildert ihre Rolle ...

„Die vorletzte Frau“ ist ein autobiografischer Roman von Katja Oskamp, der die Beziehung zwischen einer jungen Frau (sie selber) und einem berühmten Schriftsteller erzählt. Oskamp schildert ihre Rolle als Geliebte, Vertraute und Pflegerin eines Mannes, dessen Krankheit ihre Beziehung verändert. Dabei beleuchtet sie nicht nur die Höhen und Tiefen ihrer Liebe, sondern auch das Altern und die Veränderungen im Leben einer Frau. Katja Oskamp, geboren 1970 in Leipzig, arbeitete nach ihrem Studium unter anderem als Fußpflegerin, was ihr viele Geschichten über Menschen und ihr Leben lieferte. Neben ihrer literarischen Karriere, die 2003 mit „Halbschwimmer“ begann, ist sie auch für ihr Buch „Marzahn, mon amour“ bekannt.

Worum geht's?

Oskamp erzählt von der intensiven Beziehung zwischen einer jungen Frau und einem älteren Schriftsteller. Als sie sich kennenlernen, ist sie eine aufstrebende Autorin und Mutter, während er bereits ein etablierter Schriftsteller ist. Ihre Beziehung beginnt voller Leidenschaft und Heiterkeit, doch als er schwer erkrankt, wird ihr gemeinsames Leben zum Ausnahmezustand. Die junge Frau wird von der Geliebten zur Pflegerin, und das Lebensglück beginnt zu schwinden. In dieser schwierigen Zeit beginnt sie, sich mit ihrer eigenen Vergänglichkeit und den Veränderungen auseinanderzusetzen, die das Älterwerden mit sich bringt. Gleichzeitig entdeckt sie die Notwendigkeit eines neuen Lebens jenseits der Rolle, die sie für den Schriftsteller gespielt hat.

Meine Meinung

Ich bin sehr gut in das Buch reingekommen. Es war mein erstes Werk von Katja Oskamp, und ich war sofort angetan von der klaren und sensiblen Sprache. Die kurzen Kapitel und die übersichtlichen Abschnitte mit Zwischenüberschriften machten den Einstieg leicht. Besonders beeindruckt hat mich, wie Oskamp das Thema des Älterwerdens und die Rolle der Frau im Laufe der Zeit verarbeitet. Sie setzt sich nicht nur mit dem Altern generell auseinander, sondern schildert eindrucksvoll, wie sich der Blick von außen auf sie als Frau verändert hat. Eine sehr starke Passage ist unter der Zwischenüberschrift „Vom Rand aus“ zu finden. Aber auch anhand dieses kurzen Zitates hier wird es deutlich:

"Heute weiß ich, dass die Krise eine Drei-Komponenten-Krise war. Als Mutter auf Eis gelegt, als Geliebte weder gebraucht noch brauchbar, als Schriftstellerin aussortiert: Die Bestandteile potenzierten sich zu einer dreifachen Unsichtbarkeit. Die Rollenauswahl sank auf null." (Seite 120).

Dieser Satz hat mich besonders berührt, weil er so präzise die Zerrissenheit beschreibt, die viele Frauen im Laufe ihres Lebens erleben – zwischen Mutterschaft, Partnerschaft und beruflicher Erfüllung.

Leider zog sich der Mittelteil des Romans für mich etwas in die Länge. Die Reflexionen, die zu Beginn noch sehr eindringlich wirkten, wurden für meinen Geschmack zu ausufernd und sorgten dafür, dass das Lesen zeitweise anstrengend wurde. Es fehlte hier ein wenig an Dynamik. Dennoch gibt es immer wieder wunderbare Passagen, in denen Oskamp die Schönheit und Hässlichkeit des menschlichen Lebens und Alterns auf eine sehr ehrliche und poetische Weise beschreibt.

Was mich jedoch sehr gestört hat, war der Verzicht aufs Gendern. Gerade in einem Buch, das sich mit den gesellschaftlichen Rollen von Frauen so intensiv beschäftigt, hätte ich es als zeitgemäß empfunden, wenn Oskamp eine geschlechtergerechte Sprache verwendet hätte. Das hätte die Themen des Buches noch stärker unterstrichen.

Fazit

Insgesamt hat mir „Die vorletzte Frau“ trotz einiger langatmiger Passagen gut gefallen, vor allem wegen der feinfühligen Sprache und der tiefen Reflexion über das Älterwerden. Auch wenn ich das Buch aufgrund der Länge und der fehlenden Spannung im Mittelteil nicht durchweg packend fand, hat es doch viele wichtige und berührende Momente. Für mich ein solider Roman, der zum Nachdenken anregt. Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

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