Profilbild von klaraelisa

klaraelisa

Lesejury Star
offline

klaraelisa ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit klaraelisa über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2025

Jeder hat etwas zu verbergen

Ein ungezähmtes Tier
0

In Joel Dickers neuem Roman “Ein ungezähmtes Tier“ gibt es zwei Handlungsstränge, die etwas miteinander zu tun haben, was genau, sieht man erst in letzten Teil des Romans. Im Mittelpunkt der Handlung stehen ...

In Joel Dickers neuem Roman “Ein ungezähmtes Tier“ gibt es zwei Handlungsstränge, die etwas miteinander zu tun haben, was genau, sieht man erst in letzten Teil des Romans. Im Mittelpunkt der Handlung stehen zwei Ehepaare mit jeweils zwei Kindern: der Banker Arpad und die Anwältin Sophie Braun, reiche Leute mit einem schönen Anwesen in der Nähe des Genfer Sees und der Polizist Greg Liégean mit seiner Frau Karine, die in einer Boutique arbeitet. Die beiden Männer kennen sich vom örtlichen Fußballverein, Sophie und Karine werden nach der Feier von Sophies 40. Geburtstag Freundinnen. Greg fühlt sich sehr zu Sophie hingezogen und spioniert ihr ständig nach, wenn er den Hund ausführt. Er beobachtet sie durchs Fernglas und installiert später sogar eine Überwachungskamera in ihrem Haus, die er an seinem Arbeitsplatz entwendet hat. Außer dem Alltag und Problemen in den Beziehungen der beiden Ehepaare spielen die Vorbereitungen auf einen Überfall auf einen Genfer Juwelier eine zentrale Rolle. Er soll einige Tage nach Sophies Geburtstagsfeier stattfinden. Der Leser verfolgt sozusagen den Countdown bis zu diesem Ereignis.
Die aus wechselnden Perspektiven erzählte Geschichte liest sich nicht mühelos. Dabei hemmt vor allem die ständig wechselnde Zeitebene den Lesefluss. Die Vergangenheit der Brauns spielt dabei eine besondere Rolle. Jede der zentralen Figuren hat etwas zu verbergen. Es gibt zahlreiche Handlungsumschwünge. Die Auflösung konnte ich nicht erraten. Der Roman ist jedoch nicht durchweg spannend.
Ich bin ein Fan von Joel Dicker, kenne alle seine anderen Romane. “Ein ungezähmtes Tier“ ist nicht schlecht, aber für mich nicht sein bestes Buch.

Veröffentlicht am 29.09.2024

Warum starb Claire Gravesend?

Bis in alle Endlichkeit
0

In James Kestrels im Original unter dem Namen des Autors Jonathan Moore unter dem Titel „Blood Relations“ bereits 2019 erschienenen Roman “Bis in alle Ewigkeit“ findet Privatdetektiv Lee Crowe in einem ...

In James Kestrels im Original unter dem Namen des Autors Jonathan Moore unter dem Titel „Blood Relations“ bereits 2019 erschienenen Roman “Bis in alle Ewigkeit“ findet Privatdetektiv Lee Crowe in einem gefährlichen Viertel San Franciscos die Leiche einer attraktiven, elegant gekleideten jungen Frau auf dem Dach eines erheblich beschädigten Rolls Royce. Die Polizei und der Gerichtsmediziner sind überzeugt, dass sie sich selbst umgebracht hat. Ihre Mutter, die sehr reiche Olivia Gravesend, glaubt das nicht und schaltet den Anwalt Jim Gardner ein, der Lee Crowe mit den Ermittlungen beauftragt. Als Crowe nach Boston fliegt, um in Claire Gravesends Haus nach Hinweisen zu suchen, wird er von einem Unbekannten mit einem Messer angegriffen. Er wehrt sich und tötet den Angreifer. Zurück in San Francisco will er eine Wohnung von Claire untersuchen und trifft auf eine junge Frau namens Madeleine Adair, die Claire so verblüffend ähnlichsieht, dass er sie für Claire hält. Von ihr erfährt er nicht nur, dass sie und Claire eineiige Zwillinge waren, sondern auch, dass Claire Nachforschungen über ihre unbekannte Herkunft angestellt hat, denn beide waren als Kinder vor Kirchen ausgesetzt und adoptiert worden.
Im Laufe seiner Ermittlungen fühlt sich Crowe immer wieder beobachtet und bedroht. Irgendjemand will nicht nur verhindern, dass Claires Tod aufgeklärt wird, sondern auch, dass im Zusammenhang damit Dinge ans Licht kommen, die mit der Herkunft der Frauen zu tun haben. Keiner soll erfahren, warum beide kreisförmige Narben entlang der Wirbelsäule haben. Lee findet auch heraus, dass sich sein Chef Jim Gardner gegen üppige Bezahlung mit sehr dubiosen Leuten eingelassen hat und in kriminelle Machenschaften verwickelt ist. Trotz vorübergehender Spannungen zwischen Lee und Jim vermittelt ihm dieser am Ende einen neuen Auftrag, der vermutlich Thema einer Fortsetzung sein wird.
Ich habe den sehr spannenden Roman sehr gern gelesen und bin auf weitere Romane des Autors sehr gespannt. Ich spreche eine klare Empfehlung aus.

Veröffentlicht am 29.09.2024

Wer bin ich, und wer will ich sein?

Juli, August, September
0

Ich-Erzählerin Lou, eigentlich Ludmilla, ist Kunsthistorikerin und lebt mit ihrem Mann Sergej, einem erfolgreichen Pianisten, in Berlin. Ursprünglich stammt die Familie aus der ehemaligen Sowjetunion. ...

Ich-Erzählerin Lou, eigentlich Ludmilla, ist Kunsthistorikerin und lebt mit ihrem Mann Sergej, einem erfolgreichen Pianisten, in Berlin. Ursprünglich stammt die Familie aus der ehemaligen Sowjetunion. In den 90er Jahren wanderte der größte Teil der Familie nach Israel aus, Lous Mutter mit ihrer Tochter jedoch als einzige nach Berlin. Lous Ehe ist nicht glücklich. Ihr Mann gibt ständig irgendwo Konzerte und verbringt wenig Zeit mit seiner Frau und der kleinen Tochter Rosa. Lou schreibt seit langer Zeit an einem Buch, mit dem sie nicht vorankommt. Auch ihr Mann durchlebt eine Krise. Dann bittet Lous Mutter sie eines Tages, die Einladung zu einer großen Familienfeier in einem All-Inclusive-Hotel auf Gran Canaria mit ihr zusammen anzunehmen, wo der 90. Geburtstag von Lous Großtante Maya, der jüngeren Schwester ihrer verstobenen Großmutter Rosa gefeiert werden soll. Nach einigem Zögern stimmt Lou zu. Man kennt sich kaum oder gar nicht, und es gibt bei diesem Treffen viele Spannungen und Missverständnisse. Lou hört sich Mayas Version der Vergangenheit an und staunt über die vielen Lügen von Maya und den anderen. Es scheint eine Menge zu geben, was sie nicht weiß, vor allem nicht die Ursache für das schlechte Verhältnis der Schwestern Rosa und Maya. Lou beschließt, nach Israel zu reisen, um endlich Antworten auf all ihre Fragen zu bekommen.
Die drei Monate des Titels spiegeln nicht nur die zeitliche, sondern auch die räumliche Abfolge: Berlin, Gran Canaria, Israel. Der Leser verfolgt, wie Lou sich mit ihren jüdischen Wurzeln auseinandersetzt, sich fragt, was genau ihre Identität ausmacht und welche Rolle jüdisches Leben und Religion bei der Erziehung ihrer Tochter spielen sollten. Das ist interessant und packend dargestellt und hat mir gut gefallen – allerdings nicht ganz so gut wie vor Jahren “Der Russe ist einer, der Birken liebt.“

Veröffentlicht am 01.09.2024

Das soll Liebe sein?

Mein Mann
0

In Maud Venturas Roman „Mein Mann“ geht es um eine attraktive 40jährige, die als Lehrerin und Übersetzerin arbeitet. Sie ist seit 15 Jahren verheiratet und hat zwei Kinder. Sie könnte rundherum glücklich ...

In Maud Venturas Roman „Mein Mann“ geht es um eine attraktive 40jährige, die als Lehrerin und Übersetzerin arbeitet. Sie ist seit 15 Jahren verheiratet und hat zwei Kinder. Sie könnte rundherum glücklich sein, wenn da nicht ihre Obsession wäre. Sie liebt ihren Mann wie am ersten Tag, hat aber Angst, dass er sie irgendwann verlässt und sich scheiden lässt. Jeden Tag soll er seine Liebe in Wort und Tat beweisen, sonst wird er nach einem ausgeklügelten System bestraft. Im schlimmsten Fall betrügt sie ihn mit irgendeinem Bekannten, der für sie keine Rolle spielt außer als Mittel zum Zweck: der Bestrafung. Der Leser folgt der Beschreibung einer typischen Woche im Leben dieser Frau, die nicht einmal eine normale, liebende Mutter sein kann, weil die Kinder eigentlich nur stören und viel zu viel Zeit beanspruchen, die sie allein mit ihrem Mann verbringen könnte, wenn sie kinderlos wäre.
Es gibt nicht viel Handlung in diesem Roman. Da geht es in vielfacher Wiederholung immer nur um die Besessenheit und krankhafte Kontrollsucht der Protagonistin, die eigentlich nur auf ein Scheitern der Beziehung hinauslaufen können. Am Schluss wartet die Autorin in einem Epilog allerdings mit einer großen Überraschung auf, die mich mit dem Roman versöhnt hat.
Auch wenn die Geschichte stellenweise gewöhnungsbedürftig ist, ist sie interessant, gerade weil sie so anders ist als alles, was man kennt. Deshalb spreche ich dennoch eine Empfehlung aus.

Veröffentlicht am 01.09.2024

Eine Mordserie in einem verfluchten Dorf

Das Dorf der acht Gräber
0

Der vorliegende Roman ist der dritte aus einer Serie von 77 um Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Tatsuya Terada, 28 kommt auf Einladung seines Großvaters in ein kleines japanisches Dorf, weil dieser ihn ...

Der vorliegende Roman ist der dritte aus einer Serie von 77 um Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Tatsuya Terada, 28 kommt auf Einladung seines Großvaters in ein kleines japanisches Dorf, weil dieser ihn zum Erben einsetzen möchte. Dieses Dorf hat eine bemerkenswerte Geschichte. Jahrhunderte zuvor wurden acht Samurai, die hier Schutz gesucht hatten, von den Dorfbewohnern ermordet, weil diese ihren Goldschatz an sich bringen wollten. Seitdem liegt ein Fluch über dem Dorf. 27 Jahre vor dem Einsetzen der Romanhandlung ereignete sich erneut ein Blutbad. Tatsuyas Vater Yozo aus der Tajimi-Familie tötete mehr als 30 Dorfbewohner. Sein vom Stiefvater aufgezogener Sohn Tatsuya ist deshalb nicht willkommen, weil man eine Wiederholung der furchtbaren Ereignisse befürchtet. Diese Furcht scheint nicht unbegründet, denn Tatsuyas Großvater stirbt durch Gift in der Gegenwart des Enkels, danach noch weitere Familienmitglieder, außerdem zwei Nonnen und ein Arzt. Die örtliche Polizei ermittelt, außerdem Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Auch Tatsuya versucht herauszufinden, wer hinter den Taten steckt. Er ist gleichzeitig der Hauptverdächtige. Der Leser verfolgt diese Ermittlungen mit unzähligen falschen Fährten und begleitet den jungen Mann durch unterirdische Gänge und Höhlen, wo er nicht nur Gold findet, sondern auch eine mumifizierte Leiche.

Die Geschichte ist wegen der unübersichtlichen Handlung und der ungeheuren Personenvielfalt nicht leicht zu lesen. Ich habe streckenweise den Überblick verloren. Bedauerlicherweise spielt Privatdetektiv Kosuke Kindaichi keine wesentliche Rolle in der Handlung. Er bleibt eine Nebenfigur. Dennoch hat mir der Roman insgesamt gefallen, und ich habe vor, weitere Titel der Serie zu lesen, wenn auch vielleicht nicht alle 77.