ich hatte etwas anderes erwartet
Wir alle kommen früher oder später an den Punkt an dem unsere Eltern alt sind und unserer Hilfe bedürfen. Ich selbst merke es momentan bei meinen Großeltern, wie fordernd und belastend es sein kann. Zwar ...
Wir alle kommen früher oder später an den Punkt an dem unsere Eltern alt sind und unserer Hilfe bedürfen. Ich selbst merke es momentan bei meinen Großeltern, wie fordernd und belastend es sein kann. Zwar gibt es keine allgemeingültige Hilfestellung oder Anleitung für eben jene Lebenszeiten, aber manchmal hilft es auch schon von anderen zu erfahren, zu sehen wie sie mit eben jenen Umständen umgehen oder versuchen Lösungen finden. So war ich dann auch sehr dankbar als ich über Volker Kitz' Buch "Alte Eltern - Über das Kümmern und die Zeit, die uns bleibt" gestolpert bin; zumindest klang es hilfreich und super... meine Erwartungen hat es dann leider nicht erfüllt.
"Ich hatte gedacht, Demenz heißt, ein paar Dinge zu vergessen, Namen, Gesichter, was es zu essen gab, Anekdoten aus dem Leben; traurig, aber auch liebenswert, der Alltag lässt sich schon meistern (wollen wir nicht alle in der Gegenwart eben und nicht in der Vergangenheit?). Ich hatte mir nicht vorgestellt, dass mein Vater einmal lebenswichtige Handlungsschritte nicht mehr würde ausführen können; einen Löffel zum Mund bringen, sich auf sein Bett legen, den Kopf drehen und jemanden anschauen..."
Dieses Zitat fasst dieses Buch schon sehr gut zusammen. Der Autor sieht sich auf einmal mit ganz anderen 'Entwicklungen' konfrontiert und versucht mit den Veränderungen des Vaters klar zu kommen, Entscheidungen zu treffen und seinen Alltag anzupassen.
Hmm, ich mach es kurz: Irgendwie hatte ich mir unter diesem Buch (und bei dem Titel, sowie Lobpreisungen) etwas anderes vorgestellt, als eine weitere Erzählung über Demenz und einen Autor, der seinen Vater am Ende seines Lebens begleitet, davon erzählt wie dieser sich nach und nach entfernt. David Wagners "Der vergessliche Riese" fällt mir da sofort wieder ein. Dieser Roman und Wagners Umgang mit seinem an Demenz erkrankten Vater hat mich damals sehr berührt und mitgenommen. Volker Kitz lässt da in diesem Essay nicht so viel Nähe zu und das im Klappentext versprochene "Sein Buch berührt die Gefühle und Fragen einer ganzen Generation." kann ich leider so gar nicht nachvollziehen. Dieses Buch ist Kitz' persönliche Aufarbeitung der letzten Jahre mit seinem Vater, vom Umzug in die "Residenz" bis zu dessen Tod. Es geht immer weiter, Entscheidungen werden getroffen, das eigene Leben so weit es geht angepasst... stets begleiten ihn die Gedanken an seinen Vater, dessen Abhängigkeit und Veränderungen. Fragen hat er für mich so gar nicht beantwortet, noch ging es um eine konkrete Auseinandersetzung mit einzelnen Faktoren und deren Folgen. Gerne hätte ich etwas über Abwägungen, Pflegedienste, weitere Möglichkeiten im Alter erfahren. Oder wenigstens sowas ähnliches. So muss ich leider gestehen, verlor ich recht schnell das Interesse an diesem Buch, einzelne Kapitel habe ich dann nur noch grob überflogen und schlussendlich dieses Buch wieder zur Seite gelegt. Gerade bei solch persönlichen Erfahrungsschilderungen finde ich immer schade, aber manchmal passt es einfach nicht.