Cover-Bild Antichristie
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25,00
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  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 544
  • Ersterscheinung: 17.09.2024
  • ISBN: 9783446280762
Mithu Sanyal

Antichristie

Roman
Nach dem Erfolgsdebüt „Identitti“ endlich der neue Roman von Mithu Sanyal!

London 2022, die Königin ist tot! An den Trauernden vorbei rennt Durga: internationale Drehbuchautorin, Tochter eines Inders und einer Deutschen, und voller Appetit auf Rebellion und Halluzinationen. Erzählte Mithu Sanyals gefeiertes Debüt „Identitti“ von Identitätspolitik, fragt „Antichristie“ nach dem Kolonialismus und der Gewalt in uns allen. Durga soll an einer Verfilmung der überbritischen Agatha-Christie-Krimis mitarbeiten. Doch auf einmal ist es 1906, und sie trifft indische Revolutionäre, die keineswegs gewaltfrei wie Gandhi kämpfen. Und dann explodiert die erste Bombe. Was wäre richtiger Widerstand in einer falschen Welt? Niemand schreibt so aberwitzig, klug und liebend wie Mithu Sanyal. „Antichristie“ bringt die ganze Welt in die deutschsprachige Literatur.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2024

Rasant, kreativ, intelligent

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"Antichristie" ist ein Roman, wie ich ihn noch nie zuvor gelesen habe – und er hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Die Geschichte beginnt im London des Jahres 2022, unmittelbar nach ...

"Antichristie" ist ein Roman, wie ich ihn noch nie zuvor gelesen habe – und er hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Die Geschichte beginnt im London des Jahres 2022, unmittelbar nach dem Tod der Queen. Inmitten der Trauernden tritt Durga auf, internationale Drehbuchautorin sowie Tochter eines Inders und einer Deutschen. Ihr neuestes Projekt, eine dekoloniale Neuauflage eines Agatha-Christie-Films, bildet den Rahmen der Erzählung. Doch plötzlich springt die Handlung ins Jahr 1906, und Durga begegnet indischen Revolutionären, die keineswegs die pazifistischen Ideale Gandhis vertreten, die Durga immer für richtig gehalten hatte.

Die raschen Wechsel zwischen den Zeitebenen tragen wesentlich zum Sog des Romans bei. Die Erzählung ist rasant und voller Energie, doch ebenso wird das Tempo immer wieder durch sprachliche und formale Experimente aufgelockert. Diese stilistische Vielfalt sorgt dafür, dass auf den über 500 Seiten niemals Langeweile aufkommt. Gleichzeitig wird man als Leser:in herausgefordert: Die Erzählweise zwingt einen zum Nachdenken und es entstehen ständig neue Fragen über Kolonialismus und die damit verbundenen Widerstandsbewegungen.

Der Roman schafft es, historische Fakten mit persönlicher Tiefe und einer erzählerischen Leichtigkeit zu verbinden, die niemals belehrend wirkt. Stattdessen werden Perspektiven auf komplexe Fragen aufgezeigt, und man ist stets dazu eingeladen, sich selbst eine Meinung zu bilden. Durga als zentrale Figur, die mit beiden Kulturen tief verwoben ist, fungiert als Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart – und zwischen den verschiedenen Perspektiven auf die britische Kolonialherrschaft. Trotz des scheinbar schweren Themas liest sich der Roman deshalb oft erstaunlich leicht. Dafür sorgt auch der trockene, scharfzüngige Humor, der die Geschichte durchzieht. Es gibt wenige, wenn auch spürbare Passagen, die sich in die Länge ziehen, aber angesichts der 550 Seiten ist das kaum vermeidbar und schmälert das Lesevergnügen nur minimal.

Es scheint fast unangemessen, bei einem solch ernsten Thema so viel Freude am Lesen zu empfinden – und doch ist genau das die Stärke von "Antichristie". Es ist ein Roman, der fordert und bewegt, aber auch unterhält.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Absolute Leseempfehlung

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Oh mein Gott! Das Buchcover ist total schräg und verlockt zum genaueren Betrachten. Auf grünem Hintergrund ein Tiger auf Augenhöhe mit der Queen. Mir gefällt das Buchcover. Es ist mal anders gestaltet ...

Oh mein Gott! Das Buchcover ist total schräg und verlockt zum genaueren Betrachten. Auf grünem Hintergrund ein Tiger auf Augenhöhe mit der Queen. Mir gefällt das Buchcover. Es ist mal anders gestaltet und ist ein Hingucker. Bei näherem Betrachten fällt auch der rote Punkt auf der Stirn der Queen auf.

Mithu Sanyal, eine Spiegel Bestsellerautorin, ist mir völlig unbekannt. Anhand der kurzen Zusammenfassung und des humorvollen Covers, habe ich eine lustige Geschichte mit britischem Humor erwartet.

Ich habe das Buch gelesen und habe mich immer wieder gewundert, wie sehr
die aktuellen politischen Themen in der Geschichte verwoben sind. Wer leichte witzige Unterhaltung sucht, der hat das falsche Buch in der Hand.

Das Buch ist in einzelne Kapitel unterteilt und am Ende findet man eine Auflistung von Cast und Crew. Es sind doch sehr viele Personen, so dass ich immer wieder nachschlagen musste.

Dieses Buch hat einfach alles, was ich mir von einem guten Buch wünsche:
Spannung, Humor, Tiefgang, Weisheiten, Historie, geniale Charaktere, Atmosphäre und alles mit einem sehr eindrucksvollen Sprachstil. Absolut lesenswert und ein ganz großer Lesetipp.

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Veröffentlicht am 24.11.2024

Vielschichtiger Roman über ein wichtiges Thema

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Die Aufarbeitung der kolonialistischen Vergangenheit ist in Großbritannien bis heute eher Mangelware – auch in der Literatur ist dieses Thema, vor allem wenn es um Romane von etablierten Autorinnen und ...

Die Aufarbeitung der kolonialistischen Vergangenheit ist in Großbritannien bis heute eher Mangelware – auch in der Literatur ist dieses Thema, vor allem wenn es um Romane von etablierten Autorinnen und Autoren geht, beschämend unterrepräsentiert. Diesen Mangel füllen mitunter ausländische Schriftsteller aus Indien oder Südafrika. Mithu Sanyal ist es zu verdanken, dass es 2024 mit ihrem zweiten Roman „Antichristie“ zumindest einen erwähnenswerten deutschsprachigen Titel zum Kolonialismus und seinen Folgen gibt.
Als Zeitreisende bewegt sich die Protagonistin Durga durch zwei Welten: In der Gegenwart wird sie mit Themen wie Cancel Culture und Rassismus konfrontiert, wobei der Tod der Queen die Ausgangsbasis des Geschehens bildet. In den Tagen der offiziellen Trauer ist Durga damit beauftragt, für eine Fernsehserie eine alternative Version von Hercule Poirot – dem legendären Ermittler von Agatha Christie – zu entwickeln, was unmittelbar zu tiefgreifenden Debatten über kulturelle Aneignung, Identität und Diversität führt. Und auch der Tod von Queen Elizabeth II. wird zum Anlass genommen, deren Rolle im Kolonialismus zu hinterfragen.
In der Vergangenheit taucht Durga ins Londoner India House des frühen 20. Jahrhunderts ein, wo sich historische Figuren wie Vinayak Damodar Savarkar versammeln, um mit Bombenbau und Waffenschmuggel für Indiens Unabhängigkeit zu kämpfen.
Stets von einem unterschwelligen Humor begleitet, präsentiert sich Sanyals Text als eine dynamische Abfolge steiler Thesen und provokanter Aussagen, die nicht nur historische Tatsachen hinterfragen, sondern ihnen oft auch ironisch eine neue Bedeutung verleihen; ebenso werden auch historische Figuren mitunter ziemlich entfremdet. In teilweise ellenlangen Dialogen kommt es zu scharfen Auseinandersetzungen, in denen politische und ideologische Gegensätze aufeinandertreffen. Dabei gelingt es der Autorin, das Wesen des modernen Menschen als zutiefst zwiegespalten zu zeigen: selbstbewusst in seinen Ansichten, jedoch zunehmend verunsichert durch gesellschaftliche Normen und die Frage, wie weit Meinungsfreiheit reichen darf. Dieses psychologische Porträt spiegelt die zeitgenössischen Spannungen wider, die das Denken und Handeln in einer von Cancel Culture und wachsender Diversität geprägten Welt beeinflussen.
Dass die Autorin bei dieser Vielzahl an unterschiedlichen Themen und Auslegungsarten nicht immer zu finalen Schlussfolgerungen kommen kann, ist kaum verwunderlich. So mal in den meisten Fällen unterschiedliche Sichtweisen durchaus nachvollziehbar sind. So entzieht sich auch ihre fiktive Version von Savarkar einer endgültigen Beurteilung, was im Anbetracht dessen, dass seine Reputation auch in der Realität nicht zweifelsfrei geklärt ist, nur vernünftig ist.
Die Vielschichtigkeit des Romans ist beachtlich. Sanyal geht mit großer Ambition an ihr Projekt heran und verwebt zahlreiche Ebenen – von gesellschaftspolitischen Debatten über historische Ereignisse bis hin zu Fragen der Identität und kulturellen Verantwortung. Aufgrund dieser Komplexität ist eine einmalige Lektüre kaum ausreichend, um alle Facetten angemessen würdigen zu können. Als ein Spiegel aktueller Diskurse und einer gleichzeitig tiefgründigen Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit darf „Antichristie“ aber in jedem Fall als ein mutiges literarisches Experiment angesehen werden, das Historienroman und Gesellschaftskritik auf einzigartige Weise verbindet.

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Veröffentlicht am 20.09.2024

Roman mit komplexer Struktur

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2022. Die 50-jährige Durga trauert um ihre Mutter Lila, die unter ungeklärten Umständen gestorben ist. Schon bald muss sie nach London aufbrechen, wo sie in einem Writer‘s Room gemeinsam mit ihren Kolleg*innen ...

2022. Die 50-jährige Durga trauert um ihre Mutter Lila, die unter ungeklärten Umständen gestorben ist. Schon bald muss sie nach London aufbrechen, wo sie in einem Writer‘s Room gemeinsam mit ihren Kolleg*innen eine antirassistische Neuverfilmung der Werke Agatha Christies schreiben soll. Doch dann geschieht das Unerwartete: die Queen stirbt und versetzt ganz Großbritannien in den Ausnahmezustand. Protestierende finden sich vor dem Florin Court ein, in dem der Writer‘s Room stattfindet, weil sie nach der Queen nicht auch noch die Queen of Crime „verlieren“ wollen. Mitten in all diesen Wirren passiert es: Durga reist durch die Zeit und findet sich im Jahr 1906 in India House wieder – im Körper eines jungen Mannes – und nennt sich selbst Sanjeev.

„Antichristie“ ist der neuste Roman der Schriftstellerin Mithu Sanyal und wird komplex auf mehreren Handlungs- und Zeitebenen erzählt, die einander nach und nach immer mehr durchdringen. Da ist auf der einen Seite die Gegenwart im Jahr 2022, in der Durga Diskussionen darüber führt, warum Hercule Poirot nicht auch Schwarz sein könnte. Auf der anderen Seite ist da die Vergangenheit im Jahr 1906 in India House, einer Unterkunft für indische Studenten in Großbritannien und Zentrum des antikolonialen Widerstands. Dann springen wir aber auch immer wieder in Durgas Vergangenheit, um die Beziehung zu ihrer Mutter, zu ihrem Mann Jack oder ihrer besten Freundin Nena zu ergründen.

Gekonnt verwebt die Autorin Fiktion mit Geschichte, denn vieles hat sich tatsächlich so in India House abgespielt. Im Körper von Sanjeev, aber noch mit ihrem eigenen Wissen und ihren Erinnerungen ausgestattet, lernt Durga historische Persönlichkeiten kennen. Im Zentrum steht dabei Savarkar, ein indischer Revolutionär, der zum Zeitpunkt der Handlung ebenso bekannt war, wie Gandhi. Mit ihm diskutiert sie über Themen wie gewaltfreien Widerstand und schließt zunehmend die Menschen in India House in ihr Herz. Als dann auch noch der britische Geheimdienstchef Curzon Wylie aus einem verschlossenen Raum im Haus verschwindet und Revolutionär Madan, den übrigens Durgas Mutter Lila sehr verehrte, seiner Ermordung verdächtigt wird, stellt sie selbst Ermittlungen an – mit der Hilfe von Sherlock Holmes.

„Antichristie“ ist sicherlich ein antikolonialer Roman, aber auch so vieles mehr: ein Locked Room Mystery, ein Füllhorn an Popkultur-Anspielungen, eine Geschichte über Trauer, über Cancel Culture, über studentisches Leben in India House, aber eben auch über Widerstand gegen den Staat und die Frage, was dieser darf und was nicht. Es ist aber vor allem eine Geschichte über Schmerz in all seinen unterschiedlichen Formen, die wir durch Durga/Sanjeevs Augen aus einer deutschen, indischen und britischen Perspektive erleben.

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Veröffentlicht am 08.11.2024

An der Seite der Freiheitskämpfer

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Durga Chatterjee, eine Drehbuchautorin, ist im Jahr 2022 in London, als der Tod von Queen Elizabeth II. die Runde macht. In der Stadt will die 50-jährige Tochter eines Inders und einer Deutschen einen ...

Durga Chatterjee, eine Drehbuchautorin, ist im Jahr 2022 in London, als der Tod von Queen Elizabeth II. die Runde macht. In der Stadt will die 50-jährige Tochter eines Inders und einer Deutschen einen Agatha-Christie-Krimi neu verfilmen. Doch unversehens findet sie sich im Kampf indischer Revolutionäre vor mehr als 100 Jahren und im Körper von Sanjeev Chattopadhya wieder…

„Antichristie“ ist ein Roman von Mithu Sanyal, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 gelandet ist.

Der Roman besteht aus zwölf Teilen, dem Todestag der Queen und den elf weiteren Trauertagen. Sie untergliedern sich jeweils in mehrere Kapitel. Erzählt wird einerseits in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Sanjeev, andererseits aus personaler Perspektive. Es gibt zwei Erzählstränge: einer im Jahr 2022, der zweite im Jahr 1906.

Das Personal der Geschichte ist ebenso interessant wie skurril. Neben historischen Persönlichkeiten tummeln sich einige fiktive Figuren in der Geschichte. Eine Übersicht am Ende des Buches erleichtert die Orientierung.

Auch in sprachlicher Hinsicht ist der Roman ungewöhnlich. Der flotte Schreibstil ist geprägt von vielen Dialogen, die einen Mix von Deutsch und Englisch beinhalten. Immer wieder sind Filmzitate, vor allem aus „Doctor Who“, und andere Referenzen eingearbeitet. Das sorgt für zusätzliche Komik, erfordert jedoch viel Vorwissen.

Der Roman beschäftigt sich vor allem mit dem britischen Kolonialismus, der Kampf um die indische Unabhängigkeit und der Gewalt, die in uns allen steckt. Nicht erst beim Lesen des Nachwortes („Abspann“) wird deutlich, wie tief die Autorin in die fundierte Recherche zu diesen spannenden Themen eingestiegen ist. Darüber hinaus ist die Geschichte so facettenreich und voller unterschiedlicher weiterer Aspekte, die ich hier nicht vorwegnehmen möchte, dass es nicht leicht ist, den Überblick zu behalten.

Auf den mehr als 500 Seiten ist die Handlung sowohl unterhaltsam als auch weitestgehend kurzweilig. Allerdings gelingt es nicht, alle Fäden bis zum Ende miteinander zu verknüpfen.

Das grellbunte Cover, dessen Motiv durchaus zur Geschichte passt, trifft zwar überhaupt nicht meinen Geschmack. Dafür gefällt mir der mehrdeutige, etwas augenzwinkernde Titel jedoch umso besser.

Mein Fazit:
Auch mit „Antichristie“ legt Mithu Sanyal einen kreativen und ungewöhnlichen Roman vor, der wichtige Themen beleuchtet und dabei auf unterhaltsame Weise aufklärt. Leider ist die Geschichte ein wenig überfrachtet. Dennoch eine erfrischende und durchaus lesenswerte Lektüre!