Ein Ausnahmeweihnachtsroman in vielfältiger Hinsicht
Weihnachten mit TonyEs erging mir beim Lesen dieses Weihnachtsromans ähnlich wie den Protagonisten in der Geschichte. Ich hatte Erwartungen, die nicht erfüllt wurden. Zudem wurde ich vor Rätsel/ Herausforderungen gestellt, ...
Es erging mir beim Lesen dieses Weihnachtsromans ähnlich wie den Protagonisten in der Geschichte. Ich hatte Erwartungen, die nicht erfüllt wurden. Zudem wurde ich vor Rätsel/ Herausforderungen gestellt, die ich nicht aus eigener Kraft lösen konnte.
Das pfiffige, weihnachtliche Cover und der Klappentext haben mich als Gesamtpaket sehr gereizt.
Zum einen liebe ich Weihnachtsromane und Schottland und zum anderen finde ich Wallabys herzallerliebst und Enemies to Lovers ist mein Lieblingstrope.
Bisher hatte ich noch keine Geschichte gelesen, die meine Favoriten vereint. Deshalb war sie für mich unwiderstehlich. Ich war sofort Feuer und Flamme und konnte es kaum erwarten, in diese Geschichte einzutauchen.
Der Schreibstil, die schlagfertigen Kabbeleien und der Humor der Leseprobe gefielen mir außerordentlich gut und zogen mich in den Bann sowie mitten ins Geschehen. Mein Kopfkino lief sofort auf Hochtouren. Ich hätte am liebsten direkt weitergelesen.
Dann holte mich jedoch wie die Protagonisten des Romans die Realität ein.
"Wegsehen geht für mich nicht, weglaufen erst recht nicht. Wenn ein Schiff untergeht, dann buche ich einen Platz in der ersten Reihe. Oder steuere das Ding direkt selbst - als Kapitän."
Stella Lucas bringt mit dieser bildhaften Formulierung meine Empfindung zu diesem Roman auf den Punkt. Ich saß wie paralysiert in der ersten Reihe.
Eine Katastrophe nach der anderen, Angst und Sorgen überwiegen und überdecken alles Weihnachtliche. Nur ab und an dürfen wir kurzzeitig ein bisschen Leichtigkeit genießen.
Wir werden mit vielfältigen Herausforderungen, Schmerz, Wut und Traurigkeit konfrontiert.
Da kommt bei mir keine Weihnachtsstimmung auf.
Die Gegenwartsform und die zwei Ich-Perspektiven für Carrie und Marc sowie die Kapitelzierden gefallen mir sehr gut. Sie machen die Geschichte persönlich und erschaffen sofort Nähe.
Dann findet allerdings ein Stilbruch statt, der der Auslöser meiner bis zum Schluss anhaltenden Irritation war. Es wird im wahrsten Sinne des Wortes unpersönlich, da sich Kapitel mit folgenden Überschriften einschieben:
"Das Wallaby mit der Narbe – Inchconnachan",
"Der alte Fuchs",
"Katze und Maus",
"Die Fliege an der Wand",
"Die Krähe und die Hirschkuh" und
"Das Joey, der Hund und die Menschen".
Diese erhalten keine Kapitelzierde, eine neutrale Erzählperspektive und die Vergangenheitsform.
Mit diesen Einschüben in der Vergangenheitsform kann ich nichts anfangen, was mich frustriert. Sie führen die Handlung zwar fort aber in der Vergangenheit, was nicht logisch ist. Der tiefere Sinn dahinter blieb mir verborgen.
Wenn Ihr wie ich auf ein Kapitel mit der Überschrift „Tony“ hofft, wie es das Cover suggeriert, werdet Ihr enttäuscht werden.
Das einzige Tier, das namentlich in einer Kapitelüberschrift erwähnt wird, ist Merlin, ein Kater. Er erhält eine Kapitelzierde, aber auch eine neutrale Erzählperspektive und die Vergangenheitsform als Ausnahme zum übrigen Text.
Diese Kapitelgestaltung wirkt auf mich nicht harmonisch.
Die Handlung berührte mich sehr. Sie bietet eine große Bandbreite an Emotionen.
Die unterschiedlichen Charaktere führt und das Zwischenmenschliche fängt die Autorin sehr gut ein.
Ihr flüssiger, detaillierter, bildhafter, empathischer Schreibstil und das turbulente Geschehen ließen mich durch die Seiten fliegen. Ich vermisste Weihnachtsstimmung zum Innehalten, Träumen und Genießen.
Dafür versprechen die weihnachtlichen schottischen Rezepte für:
Mulled Wine – schottischer Glühwein,
Mince Pies,
Hot Toddy und
Orange Cakes
Genuss pur.