Wenn es Liebe ist… Eine authentische, wie zarte Erkundung des Kennen- und Liebenlernens in der Generation Z
Sam und Luc sind Ende 20 als sie auf einer Party in London aufeinandertreffen. Sam ist nur wenige Monate für ein Praktikum in der Stadt, und lebt eigentlich in Stockholm. Luc jobbt nach seinem Master vorübergehend ...
Sam und Luc sind Ende 20 als sie auf einer Party in London aufeinandertreffen. Sam ist nur wenige Monate für ein Praktikum in der Stadt, und lebt eigentlich in Stockholm. Luc jobbt nach seinem Master vorübergehend in einer Boutique und sucht seinen Traumjob als Umweltingenieur. Die toughe, aktive Sam ist das Gegenteil der britischen Politeness, die Luc gewohnt ist, Luc wiederum begeistert Sam mit seinem Witz und seiner Sensibilität, die ihr ein Gefühl von zu Hause und Verstandenwerden vermitteln. So unterschiedlich diese beiden Menschen auf den ersten Blick sind, so nah sind sie sich in wesentlichen Aspekten und so beginnt eine der schönsten Geschichten, die ich in diesem Jahr gelesen habe.
Die Liebe, die wir hier begleiten, über das Kennerlernen und Verliebtsein, die Hürden dieses in einen gelungenen Alltag zu überführen, hat etwas Magisches und ganz Natürliches zugleich. Und da ist noch eine zweite Liebe: die zu London, als Sams Sehnsuchtsort und Wahlheimat, mit der ebenso die Beziehung nicht immer konflikt- und widerspruchsfrei ist.
Aus diesen Zutaten webt die Autorin eine wundervolle Erzählung, die tief in die Gefühlswelten von Luc und Sam eintauchen lässt und dabei auch weitere typische Gedanken und Herausforderungen einer Generation geschickt und authentisch integriert - von Klimaschutz über Karriere und Selbstverwirklichung im Job, sowie (nationale) Identität, Fremdheit und Zugehörigkeit in einer vernetzten Welt.
Ganz wundervoll sind die Unsicherheiten und das Gefallenwollen der ersten Verliebtheit bei Sam und Luc von Mustard eingefangen, ebenso wie später die ersten Konflikte. Die beiden Perspektiven erlauben der Autorin in einem feinen Wechselspiel Selbst- und Fremdwahrnehmung gekonnt zu kontrastieren. Dabei sind diese sensibel aufeinander abgestimmt. Beim Lesen gewinnt das Bild aus der ersten Perspektive im Anschluss immer wieder und abwechselnd eine neue Dimension und erfährt zum Teil auch eine Revision. Dies hat mir unglaublich gut gefallen!
Gelungen und komplex sind auch die Hintergründe und Sozialisation der beiden Protagonist:innen. Sams Vater stammt aus Bukarest und heiratete eine Schwedin, sodass sie selbst in Stockholm geboren wurde. Luc hat früh seine Mutter verloren. Die Dynamik der Erzählung lebt förmlich von den zwei alternierenden Perspektiven Sams und Lucs, die jeweils auch durch ihre Herkunft und Sozialisation geprägt sind. So erleben wir deren Innenleben, Kennenlernen und gleichzeitig Missverständnisse und Missdeutungen des Verhaltens des jeweils anderen. Wer kennt das nicht?
Ganz besonders gefällt mir die ehrliche und zugleich zarte Sprache von Jenny Mustard. Ich erkenne hier einen Stil, der bereits seit einiger Zeit die junge britische Literatur prägt und mir unglaublich gut gefällt, weil er die Stimmung einer Generation so authentisch einzufangen vermag.
Okaye Tage hat sich bereits nach den ersten Seiten zu einem meiner Lesehighlights in diesem Jahr entwickelt. Die Geschichte um Sam und Luc ist ein authentisches und zart gezeichnetes Porträt des Liebens und der Herausforderungen einer Generation, das mit sensiblen Einblicken in die Gefühlswelten der Protagonist:innen, wichtigen Gegenwartsthemen und viel Leichtigkeit zugleich überzeugt!