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Veröffentlicht am 30.09.2024

Anfangs nervig, dann emotional

Alles, was ich geben kann – The Last Letter
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Ella ist eine junge Mutter mit 5-jährigen Zwillingen und besitzt außerdem ein Hotel mit einigen kleinen Hütten. Ihr Bruder ist Soldat und schlägt ihr vor, einem anderen Soldaten aus seiner Einheit, Deckname ...

Ella ist eine junge Mutter mit 5-jährigen Zwillingen und besitzt außerdem ein Hotel mit einigen kleinen Hütten. Ihr Bruder ist Soldat und schlägt ihr vor, einem anderen Soldaten aus seiner Einheit, Deckname Chaos, einen Brief zu schreiben, woraus sich eine innige Brieffreundschaft entwickelt. Währenddessen erkrankt ihre Tochter an Krebs und Ella muss um deren Leben kämpfen. Dann fällt ihr Bruder und auch von Chaos kommt kein Lebenszeichen mehr, während Beckett vor ihrer Tür steht, weil Ellas Bruder sich gewünscht hat, dass er sich um seine Schwester kümmert. Was wir Leser/innen wissen, Beckett aber tunlichst verschweigt: Er ist ihr Brieffreund Chaos.

Es wird direkt mit Ellas ersten Brief an Chaos begonnen, während wir Chaos und Ellas Bruder in der Einheit kennenlernen und daraufhin auch Ella in ihrem Leben. Was mich direkt überrascht hat, war, dass Ellas kleine Tochter erkrankt ist und nun gegen den Krebs kämpfen muss. Als dann Ellas Bruder und vermeintlich auch Chaos fallen, ist die Geschichte sehr negativ belastet, was mir teilweise zu viel wurde. Nach 50 Seiten springt das Geschehen vier Monate voran, als Beckett vor Ellas Tür steht. Und dieser Aufbau hat mich gestört, so vieles daran hat mich gestört, dass ich das Buch für einige Wochen weggelegt habe, weil mir die Lust vergangen ist, bis ich es nun schlussendlich beendet habe. Ich konnte unter anderem nicht in die Geschichte finden, weil Beckett bis über beide Ohren in Ella verliebt war. Nach nur vier Briefen und 50 Seiten, die wir Leser/innen miterlebt haben. Ich mag es mitzuverfolgen, wenn sich Protagonisten verlieben und hier waren seine heftigen Gefühle einfach da. Die anderen Briefe werden nach und nach in einigen Kapiteln vorangestellt, weil der Inhalt des Briefes perfekt zu dem jeweiligen Kapitel passt. Das ist wirklich schön gemacht und hat mir gut gefallen, aber anfangs fehlen mir einfach die Verbindung zwischen den beiden Protagonisten und das Nachempfinden ihrer Emotionen. Der nächste störende Punkt ist, dass Ella ständig bemängelt hat, sie wäre so alleine. Ja, ihre Eltern und Großmutter sind gestorben und ihr Bruder als Soldat ständig abwesend, aber erstens hat sie die Herausforderung alleinerziehende und arbeitende Mutter zu sein gut gemeistert und zweitens gibt es drei Mitarbeiter/innen im Hotel, von dem zwei ein älteres Ehepaar ist, dass schon seit Jahrzehnten dort arbeitet und Ella auch bei der Kinderbetreuung unterstützt. Weiterhin hat Ella mehr um Chaos getrauert, den sie inzwischen schon gut kennengelernt hatte, als um ihrem Bruder. Ich bin jetzt noch verunsichert, wie eng ihre Geschwisterbeziehung eigentlich war. An Beckett haben mich auch einige Dinge gestört: Da er in Ella verliebt ist, will er sie natürlich beschützen, aber dass er ihren Ex verprügeln will, wenn er ihm je begegnen sollte, wobei dieser gar keine Rolle mehr in Ellas Leben spielt, und später auch ein mögliches Date, ist einfach zu viel. Er war zu dem Zeitpunkt nicht mit Ella zusammen und selbst wenn, sind diese Gedanken zu viel Aggressivität für mich. Ja, er ist ein Soldat, da ist er krasser drauf und dass mir Soldaten in Geschichten nicht zusagen, ist dann doch meine Schuld zu dem Buch gegriffen zu haben, aber trotzdem… Ein weiter Punkt ist, dass Beckett Ella nicht verraten will, dass er Chaos ist, weil er denkt für den Tod ihres Bruders verantwortlich zu sein. Es ist völlig verständlich, dass er Schuldgefühle hat, aber erstens: Welcher Loveinterest hat wirklich je so eine große Schuld auf sich geladen? Und zweitens hat er das immer wieder und wieder und wieder gedacht, was mir auch einfach zu oft unnötig wiederholt wurde.

>>Wir sind unvollkommene Menschen, in einer unvollkommenen Welt zu solchen geworden, und wir können nicht immer beeinflussen, was uns formt. <<, Ella, S. 442

Als ich also nach einigen Wochen Abstand zu der Geschichte und den Dingen, die mich daran genervt haben, weitergelesen habe, hat sie mir viel mehr zugesagt. Abgesehen von Becketts besitzergreifender Art ist er einfach ein wunderbarer Mann, der voll und ganz für Ella und die Kinder da ist, um ihnen zu helfen. Ein perfekter liebevoller und unterstützender Bookboyfriend. Wie er mit den Zwillingen umgegangen ist und eine Verbindung aufbaut, ist einfach nur herzerwärmend. Der Schreibstil von Rebecca Yarros ist wunderschön und sehr gefühlvoll. Ich wurde beim Lesen von schönen oder auch schwierigen Situationen richtig emotional. Ich liebe es, wenn die Geschichte mir zu Herzen geht. Ich liebe es, wenn ich emotional so tief in der Geschichte abgetaucht und gefangen bin. Vor allem das Ende hat mich sehr berührt, dass ich Tränen in den Augen hatte. Rebecca Yarros hat sich tief in mein Herz geschrieben, es zerrüttet und wieder zusammengesetzt – naja teilweise, denn das Ende empfinde ich als unnötig.


Fazit:
„Alles, was ich geben kann“ ist vieles, zuerst zu viel an negativen und nervigen Details und dann perfekt viele Emotionen für mein Herz. Rebecca Yarros hat einen wunderschönen, gefühlvollen Schreibstil, sodass mir das Herz aufgegangen ist. Ich war beim Lesen emotional richtig tief in der Geschichte, was nur wenige Autor/innen in dem Ausmaß schaffen. Aber leider haben mich anfangs so viele Dinge an den Charakteren und Plot gestört, genauso wie das unnötige Ende, dass die Geschichte insgesamt leider nur Mittelmaß für mich ist.

Veröffentlicht am 04.09.2024

Unzusammenhängende, spannende Abenteuergeschichte ohne echte Auflösung

Die unendliche Reise der Aubry Tourvel
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Aubry und ihre Schwestern finden in Paris einen ungewöhnlichen Brunnen. Sie opfern einen Gegenstand, der ihnen wichtig ist, und wünschen sich jeweils etwas Bestimmtes. Doch Aubry hat kürzlich einen hölzernen ...

Aubry und ihre Schwestern finden in Paris einen ungewöhnlichen Brunnen. Sie opfern einen Gegenstand, der ihnen wichtig ist, und wünschen sich jeweils etwas Bestimmtes. Doch Aubry hat kürzlich einen hölzernen Rätselball gefunden, den sie nicht bereit ist herzugeben. Deshalb, so vermutet das junge Mädchen stets, bekommt es die Krankheit, die es bald über den ganzen Erdball schickt. Aubry kann nur wenige Tage an einem Ort bleiben, bis sie anfängt innerlich zu verbluten. Auch wenn Aubry die ganze Erde bereist hat, spielt die Geschichte hauptsächlich in Asien und teilweise in Afrika.

Die Geschichte wird nicht linear erzählt. Wir steigen damit ein, dass Aubry auf einem Platz in Ruhe zeichnet, doch plötzlich fängt ihre Nase an zu bluten und sie weiß, sie hat nur noch wenige Augenblicke um von diesem Ort fortzukommen. So erfahren wir direkt am Anfang was passiert, wenn sie nicht alle paar Tage weiterreist. Als sie dabei auf einem Floß flüchtet, erzählt sie dort zwei Kindern einen Teil ihrer Geschichte. Und so geht es weiter: Aubry reist auf der Welt umher und erzählt einigen Leuten eine Begebenheit, wodurch ihre Erlebnisse und Erzählungen mit der Zeit ihr gesamtes Leben ergeben. Manchmal ist es verwirrend aus einer Erzählung Aubrys wieder aufzutauchen und sich im Geschehen zurechtzufinden. Außerdem wird später auf verschiedene Personen Bezug genommen, wo ich manchmal nicht sofort wusste, wer oder welches Erlebnis hinter dem Namen steckt. Dennoch sind die Erlebnisse von Aubry in sich spannend und faszinierend. Wir erfahren, wie das kleine wohlbehütete Mädchen gelernt hat sich zu ernähren und zu verteidigen. Wir dürfen mit Aubry die höchsten Berge überqueren, die freundlichsten Menschen treffen und auch bisher nicht entdeckte Tiere sehen. Wir lesen von ihren Liebesbeziehungen, die natürlich immer nur kurz andauern.

>>Niemand weiß mehr über das Heute, eben diesen Tag, als der Mensch, der ihn gerade lebt. Niemand weiß mehr über sie als sie.<<, S. 428

Und wir begleiten Aubry in die geheimnisvolle Bibliothek. Genau das ist es, weshalb ich zu dem Buch gegriffen habe. Ich wollte mit Aubry die Bibliothek entdecken, die anderen Suchenden treffen und das Geheimnis ihrer Krankheit ergründen, wie es im Klappentext angedeutet ist. Leider wurde ich enttäuscht, denn die Gleichgesinnten gib es nicht. Aubry befindet sich immer alleine in der Bibliothek. Diese ist jedoch sehr magisch und beeindruckend. An den unterschiedlichsten Orten findet Aubry die Bibliothek und liest sich wochenlang durch Bücher. Die Bibliothek finde ich wirklich faszinierend und das Bild, als sie im Urwald auftauchte und sich über all die Bäume erstreckte, hat mir besonders gut gefallen. Den philosophischen Sinn hinter der Bibliothek finde ich gut, dennoch wurde nicht genug daraus gemacht. Denn auf all die Fragen rund um Aubrys Krankheit erhält man dort keine Antwort. Am Ende der Geschichte wird auf Aubrys ungewöhnliche Krankheit eingegangen, aber das war mir nicht genug. Diese Geschichte zählt zu dem Genre magischer Realismus. Dass also hinter der Krankheit eine realistische Erklärung zu finden ist, hab ich nicht erwartet, dass aber so gar kein nachvollziehbares und sinniges Magiesystem dahinter steckt, finde ich doch sehr enttäuschend.



Fazit:
„Die unendliche Reise der Aubry Tourvel“ erzählt viele Episoden aus Aubrys Leben. Oft unzusammenhängend werden die einzelnen Begebenheiten geschildert, die jedoch spannend und faszinierend sind. Die Bibliothek ist immer wieder sehr beeindruckend, jedoch gibt diese auch nicht wirklich Antworten und ich wurde am Ende mit vielen offenen Fragen und Verwirrung zurückgelassen. Das System hinter dem magischen Realismus zeigt keine Verbindungen, geschweige denn Logik. Aubrys Krankheit gibt nicht ihr Geheimnis preis, sondern dient nur als Rahmen für diesen Abenteuerroman einer starken Frau.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.06.2024

Überzeugt werder als Liebesgeschichte, noch als Krimi

Uns bleibt immer New York
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Die Pariserin Lorraine reist nach New York um das Lieblingsbild ihres verstorbenen Vaters zu kaufen. Dort wird sie angegriffen und niedergestochen, die Tat ihres Stalkers. Der Maler und Ex-Häftling Leo ...

Die Pariserin Lorraine reist nach New York um das Lieblingsbild ihres verstorbenen Vaters zu kaufen. Dort wird sie angegriffen und niedergestochen, die Tat ihres Stalkers. Der Maler und Ex-Häftling Leo rettet sie, woraufhin die beiden eine kurze Liaison beginnen. Während Lorraines Zwischenstopp in Paris und beruflichen Rückkehr nach New York erhält sie weiterhin Nachrichten und Drohungen ihres Stalkers. Das Geschehen wird mittels der personellen Erzählperspektive abwechselnd aus Lorraines und Leos Sicht erzählt, während ihre Vergangenheit sie beide einholt.

Schon die Liebesgeschichte hat mir von Beginn an nicht zugesagt. Lorraine ist eine selbstbewusste Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und die New Yorker Niederlassung ihres Unternehmens aufbauen soll. Nach nur wenigen Tagen ist sie völlig vernarrt in Leo, sodass sie ihm zurück in Paris weiterhin Nachrichten schickt, obwohl er ihr die kalte Schulter zeigt. Als sie wieder nach New York kommt, lässt sie ebenfalls nicht locker. Warum akzeptiert sie nicht sein „Nein“ und hakt den One-Night-Stand ab, statt sich so sehr an diesen Mann zu hängen?

Der Krimi-Teil der Geschichte handelt vom Stalking von Lorraine, das schon vor vielen Monaten begonnen hat und beim ersten New York-Besuch in einen tätlichen Angriff gipfelt. Die Polizei sieht keinen Zusammenhang, schließlich war sie fern ihrer Heimat und nachts alleine im Park unterwegs. Doch Lorraine ist sowieso nicht beunruhigt oder ängstlich. Im gesamten Buch wurde aus ihrer Perspektive nur dreimal das Wort „Angst“ genutzt. Nicht emotional beschrieben, sondern nur erwähnt. Ihre Gedanken und Gefühle für Leo überwiegen die ganze Zeit, sodass man sich anfangs mehr auf die Liebesgeschichte als den Krimi konzentriert.

Nachdem das Stalking später immer mehr Raum einnimmt, geschieht eine Wendung, die den Fall zunächst in der Luft hängen lässt. Die Identität des Stalkers (oder etwa der Stalkerin?) wird immer undurchsichtiger. In der zweiten Hälfte des Buches wird es schließlich spannender und spitzt sich bis zum Ende hin zu.


Fazit:
„Uns bleibt immer New York“ ist ein flüssig zu lesendes Buch, in dem eine Liebesgeschichte und ein Krimi miteinander verknüpft wurden. Die Beziehung der Protagonisten hat mich nicht überzeugen können. Der Krimi-Anteil (Stalking) ist anfangs auch langweilig, da das Opfer kaum ängstlich ist und die drohende Gefahr auf die leichte Schulter nimmt. Erst später wird die Geschichte spannender und ausgeklügelter.

Veröffentlicht am 10.03.2024

Überraschender- und enttäuschenderweise oberflächlich

Die Halbwertszeit von Glück
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Die Geschichte handelt von drei Frauen, doch im Prolog beginnt die Autorin damit eine berührende Szene aus dem Leben einer vierten zu beschreiben. Das verkompliziert nichts, weckt aber gleich zu Beginn ...

Die Geschichte handelt von drei Frauen, doch im Prolog beginnt die Autorin damit eine berührende Szene aus dem Leben einer vierten zu beschreiben. Das verkompliziert nichts, weckt aber gleich zu Beginn intensive und emotionale Gefühle bei den Leser/innen, sodass man direkt in das Buch gezogen wird. Danach wird abwechselnd aus der Perspektive von Johanna, Myléne und Holly erzählt. Johanna lebt während der DDR sehr zurückgezogen am Rande des Grenzgebiets und trifft dort auf eine Flüchtige. Die Begegnung wirft ihr sorgsames und monotones Leben durcheinander. 2003 hat die Amerikanerin Holly große Träume und es scheint, als rücken sie in greifbare Nähe, doch dann passiert ein Unfall und sie zieht sich zurück. Myléne im Jahr 2019 ist eine junge Unternehmerin und verlobt, doch dann werfen sie eine unerwartete Erbschaft und all die Geheimnisse dahinter aus der Bahn.

Und an diesem Punkt ging die Geschichte für mich bergab. Anhand der Leseprobe und vor allem des sehr berührenden Prologs habe ich eine Geschichte über drei starke Frauen erwartet, die einen Schicksalsschlag erleben mussten, während ich sie auf diesen berührenden und persönlichkeitstärkenden Weg begleiten kann. Stattdessen sind viele Aspekte einfach total überzogen. Jede/r geht anders mit schlimmen Ereignissen um, das ist völlig okay, aber wie extrem und Myléne und Holly reagieren, hat mich einfach nur gestört. Mit nur einer Frau in diesem Extrem hätte mich die Geschichte vielleicht noch mehr mitnehmen können, aber so wurden mir zwei der drei Protagonistinnen unsympathisch. Ich hatte gar keine Lust mehr weiterzulesen und das Buch oft nach nur wenigen Seiten weggelegt, weil ich nur genervt meine Augen verdreht habe. Außerdem gibt es noch einige unrealistische und konstruierte (z. B. Polizeieinsatz) und widersprüchliche (Bezahlung für Gebackenes) Szenen, das das Leseerlebnis für mich noch mehr geschmälert hat. Vieles wurde von der Autorin so gewollt erzwungen, dass es mit Glück nicht mehr viel gemein hat.

>>Das Leben hatte Feuer gefangen wie die Papierseiten eines Buches, und nun schrieb die Welt eine neue Geschichte.<<, S. 10

Das Beste am Buch ist der Schreibstil. Die Autorin hat so eine wundervolle Wortwahl und nutzt besonders schöne und individuelle Vergleiche. Durch ihre tollen Beschreibungen wird die Geschichte richtig lebendig. Ich hab mir einige Zitate markiert und besonders diese eine Stelle, als Johanna sich öffnet und von ihrer Vergangenheit erzählt, ist mir sehr zu Herzen gegangen.

Am Ende hat mich ein Detail vollkommen überrascht und vieles hat auch zu meiner Zufriedenheit geendet. Aber der Schluss wirkt zu schnell zusammengerafft. Außerdem habe ich mir noch einige Fragen bezüglich der Zukunft mancher Charaktere gestellt – zwischen dem Jetzt und der Zukunft ist ein zu großes ungeklärtes Loch. Statt der zwei übertriebenen Charaktere hätte ich am liebsten ein Buch nur über Johanna, der jungen Flüchtigen und deren Zeit in der DDR gelesen. Den Zukunftsaspekt von ihrer Storyline hätte man kurz als Pro- oder Epilog verarbeiten und somit insgesamt eine sehr berührende Geschichte schaffen können.


Fazit:
Von „Die Halbwertszeit von Glück“ habe ich eine berührende Geschichte erwartet, stattdessen ist vieles überzogen und konstruiert. Der Schreibstil der Autorin konnte mich noch für sich einnehmen, auch wenn ich oft keine Lust mehr auf die Geschichte hatte. Ein Buch über das Glück im Leben, das mich unglücklicherweise wegen all seiner erzwungenen Begebenheiten enttäuscht hat.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 22.05.2023

Abrupter Cut ab der Hälfte

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
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Die junge Takako ist glücklich mit ihrem Leben in Tokio und ihrem Freund. Doch eines Abends stellt sich heraus, dass er mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte und nun die andere heiraten wird. Tief verletzt ...

Die junge Takako ist glücklich mit ihrem Leben in Tokio und ihrem Freund. Doch eines Abends stellt sich heraus, dass er mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte und nun die andere heiraten wird. Tief verletzt kündigt Takako ihren Job, denn ihr Ex arbeitet auch dort, und verkriecht sich. Bis ihr Onkel ihr anbietet bei ihm im Buch-Antiquariat unterzukommen. Bücher sind nicht Takakos Welt, doch allmählich fühlt sie sich in dem kleinen Buchladen mit tausenden von Büchern und interessanten Kunden wohl.

Anfangs fühlt sich Takako noch erschlagen von den Büchern (und befürchtet sogar, dass diese es auch im physischen Sinn tun könnten), doch irgendwann greift sie zu einer Geschichte von einem der unzähligen Stapeln in ihrem Zimmer über dem Antiquariat um Ablenkung zu finden. Die Geschichten erfüllen sie zunehmend, zu ihrem Onkel (den sie jahrelang nicht mehr gesehen hat) baut sie auch wieder eine engere Beziehung auf und selbst zu den Kunden der Buchhandlung bildet sie eine Verbindung. Das Ausbrechen aus ihrer Trauer und Depression wird richtig angenehm beschrieben. Vor allem die Buchliebe, die Takako mit der Zeit entwickelt, ist sehr schön dargestellt und füllt bald die Seiten der Geschichte. Leider konnte ich mit den gelesenen Autor/innen und Büchern nichts anfangen, aber das ist bei älterer japanischer Literatur nicht weiter verwunderlich. Als Leserin habe ich die Beschreibungen von Takakos aufkommender Leidenschaft zum geschriebenen Wort natürlich besonders gut nachvollziehen können. Zudem habe ich mir an diesen Stellen auch viele Zitate markiert, weil der Autor das Gefühl, das Takako und wir Leseratten Büchern entgegenbringen, ausdrucksvoll zu Papier gebracht hat.

"Ich begann, die Bücher um mich herum förmlich zu verschlingen. Es war, als hätte die Leseratte in meinem Herzen nur darauf gewartet, endlich freigelassen zu werden. [...] Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon viel früher angefangen hatte zu lesen. Mein bisheriges Leben schien mir regelrecht verschwendet." S. 50f

Und dann kam der zweite Teil der Geschichte und ich war enttäuscht. Schon während Takakos Zeit in der Buchhandlung hat mich gewundert, dass diese relativ schnell vorangeht und nicht mehr in die Tiefe zu Geschichten oder ihrer Tätigkeit in dem Antiquariat eingegangen wird, denn wer erwartet denn schon eine zweite völlig davon losgelöste Buchhälfte? Hier taucht plötzlich wieder die Frau von Takakos Onkel auf. Deren Beziehung hat mich überhaupt nicht interessiert und auch die Tante selbst fand ich nicht gänzlich sympathisch. Kontrastreich zu dem schönen Anfang über Bücherliebe, geht es hier plötzlich um Takakos Beziehung zu ihrer Tante und deren Probleme und Vergangenheit. Nachdem ich nun das Buch schon seit einiger Zeit beendet habe, kann ich auch jetzt nichts damit anfangen und frage mich immer noch, wie die zweite Buchhälfte zu dem Rest der eigentlich schönen Geschichte, angepriesen durch Cover und Titel, passen soll.


Fazit:
„Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ist eine schöne Geschichte über Takako, die nach einem gebrochenen Herzen wieder zurück ins Leben findet, und der Liebe zu (japanischen) Büchern. Zugunsten der zweiten Hälfte des Buches wurde die Begeisterung zu Geschichten nicht zu intensiv beschrieben, birgt aber trotzdem einige schöne Zitate und Szenen. Die eben genannte zweite Hälfte des Buches hat mir gar nicht gefallen und der Sinn dessen erschließt sich mir leider auch nicht.

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