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Veröffentlicht am 16.02.2021

ungewöhnlich & besonders

Das Verschwinden der Erde
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An „Das Verschwinden der Erde“ von Julia Phillips hatte ich zwei Erwartungen: Es sollte kein 0815 Thriller sein und ich wollte gerne etwas über das Land Kamtschatka und seine Kultur lernen. Beide Erwartungen ...

An „Das Verschwinden der Erde“ von Julia Phillips hatte ich zwei Erwartungen: Es sollte kein 0815 Thriller sein und ich wollte gerne etwas über das Land Kamtschatka und seine Kultur lernen. Beide Erwartungen wurden erfüllt. Die Schwestern Sofija und Aljona lernen wir im ersten Kapitel nur kurz kennen, bevor sie verschwinden und obwohl sich das ganze Buch um sie dreht, tauchen Hinweise auf sie danach nur noch selten auf.

Der Roman hat ein besonderes Konzept und lässt uns in den folgenden Kapiteln jeweils in das Leben einer anderen Frau blicken. Dabei ist jedes Kapitel eine kleine Kurzgeschichte an sich, die unterschiedliche Lebensstile, Kulturkreise und Sichtweisen aus Kamtschatka beleuchtet. Die verschwundenen Mädchen treten darin immer nur als Randbemerkung auf. Je nach Protagonistin sind sie mal stärker und mal nur ganz am Rande mit der Geschichte verknüpft. So wird man als Leser selbst zum Detektiv, sucht nach Hinweisen und Querverbindungen. Jedes Kapitel springt dabei zeitlich einen Monat weiter vor, sodass das Buch ein ganzes Jahr nach dem Verschwinden abdeckt. Die Kapitel sind eine schonungslose, ehrliche Momentaufnahme des Lebens der Frau um die sie sich drehen, geben einen Einblick, aber erzählen die jeweilige Lebensgeschichte nicht zu Ende. Durch die Auswahl der Frauen entsteht ein sehr vielschichtiges Bild der Gesellschaft Kamtschatkas.

„Das Verschwinden der Erde“ ist so ungewöhnlich, dass es sicher polarisiert. Mir hat das besondere Konzept des Buches jedoch sehr gut gefallen. Mit jedem Kapitel habe ich mich darauf gefreut, eine neue Person kennenzulernen. Besonders interessant fand ich es, eine Figur in einem späteren Kapitel aus einem anderen Blickwinkel wieder zu entdecken oder kleine Hinweise auf den Weitergang der persönlichen Geschichte zu finden. Auch der Sprachstil des Romans ist besonders: Unaufgeregt, ruhig und teilweise poetisch.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

Ein wundervolles, modernes Märchen

Die Farbe von Glück
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Die Farbe von Glück von Clara Maria Bagus handelt von einem Richter, der eine Krankenschwester erpresst, sein krankes Neugeborenes gegen ein gesundes Kind zu tauschen. Aus Angst ihren Ziehsohn zu verlieren, ...

Die Farbe von Glück von Clara Maria Bagus handelt von einem Richter, der eine Krankenschwester erpresst, sein krankes Neugeborenes gegen ein gesundes Kind zu tauschen. Aus Angst ihren Ziehsohn zu verlieren, nimmt sie den Tausch vor und verändert damit den Lebensweg aller Beteiligten auf Jahre. Was nach Drama klingt, entpuppt sich als wunderschönes, modernes Märchen.

Clara Maria Bagus hat eine ganz besondere, klare Sprache. Selten habe ich während des Lesen so häufig innegehalten, weil mir ein Satz so gefiel, wie in diesem Buch. Der Stil ist ungewöhnlich und ich musste mich zunächst darauf einlassen. Manchmal werden Jahre mit wenigen, klaren, Sätzen zusammengefasst, manchmal wird ein Augenblick ganz ausführlich betrachtet. Viele kleine Weisheiten reihen sich aneinander und trotzdem ist das Buch nie belehrend.

Im Lauf der Geschichte streift die Handlung viele große Fragen und Themen des Lebens: Wer bin ich? Geburt, Trauer, Tod, Trennung, Schmerz, Verzeihen, sich verloren fühlen, den Sinn des Lebens finden, Loslassen und Ankommen. Obwohl das Erleben der Protagonisten oft weit weg ist von der eigenen Lebensrealität, sind viele ihrer Gedanken übertragbar auf eigene Erfahrungen. Schicksale und Lebenswege kreuzen sich und alles fügt sich, wie in einem Märchen.

Manche Seiten lassen sich ganz leicht und schnell lesen, andere treffen einen Nerv, berühren und hallen auch Stunden später noch nach. Welche Seiten das sind, wird für jeden Leser anders sein. Daher ist es auch eins der wenigen Bücher, das ich sicher in zwei, drei Jahren noch einmal lesen werde. Ich bin sicher, dass sich zu einem anderen Zeitpunkt im Leben auch andere Sätze einprägen werden.

Fazit: Ein wunderschönes Buch mit einer ganz besonderen Magie, das sich auf jeden Fall zu lesen lohnt!

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Veröffentlicht am 02.10.2024

Schneeweißchen und Rosenrot in modernen Zeiten

Cascadia
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Zwei Schwestern und ein Bär – die Geschichte kennen wir doch schon? Julia Phillips spart in ihrem Roman „Cascadia“ zumindest nicht mit Anspielungen auf das Märchen „Schneeweißchen und Rosenrot“. Überall ...

Zwei Schwestern und ein Bär – die Geschichte kennen wir doch schon? Julia Phillips spart in ihrem Roman „Cascadia“ zumindest nicht mit Anspielungen auf das Märchen „Schneeweißchen und Rosenrot“. Überall im Text sind kleine Hinweise auf die beiden Schwestern versteckt. In Cascadia geht es jedoch weniger märchenhaft zu: Die Lebensrealität der beiden Schwestern Elena und Sam ist geprägt von einer schweren Erkrankung der Mutter, harter, schlecht bezahlter Arbeit und einem Gefühl der Ausweglosigkeit.

Während Schneeweißchen und Rosenrot sich zumindest auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können, bringt der Bär neben Aufregung und Abwechslung auch Zwietracht in das Leben von Elena und Sam.

Julia Phillips verpackt viele schwere Themen in dieser fabelhaften Geschichte: Pflege von Angehörigen, Verbitterung, Trostlosigkeit, finanzielle Not und die enge Beziehung zweier doch sehr unterschiedlicher Schwestern. Mir hat vor allem die ungewöhnliche Erzählweise gefallen. Die sich langsam aufbauenden Einblicke in die Charaktere, die vielen (unausgesprochenen) Wahrheiten zwischen den Schwestern, und das bedrohliche Drama, das sich langsam entfaltet.
Cascadia ist kein einfaches Buch und wirkt noch lange nach – trotzdem lässt es sich schnell und flüssig lesen. Für mich 4,5 Sterne!

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Veröffentlicht am 10.05.2024

Runder Abschluss für das Dezernat Q

Verraten
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„Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“ – diesen Spruch nimmt sich Jussi Adler-Olsen zu Herzen und bringt seine Reihe rund um Ermittler Carl Mørck und das Dezernat Q zu einem Ende.

Das Serienfinale ...


„Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“ – diesen Spruch nimmt sich Jussi Adler-Olsen zu Herzen und bringt seine Reihe rund um Ermittler Carl Mørck und das Dezernat Q zu einem Ende.

Das Serienfinale widmet sich einem Fall, der sich seit Band 1 wie ein roter Faden durch die Reihe zieht: Es geht um den Druckluftnagler-Fall, der dazu führte, dass Carls Kollege Hardy schwer verletzt wurde und sein Kollege Anker starb. Carl selbst sitzt wegen möglicher Verstrickungen in kriminelle Aktivitäten rund um diesen Fall zu Beginn des Serienfinales in Untersuchungshaft. Die Handlung setzt hier unmittelbar nach dem Vorgängerband Natriumchlorid ein. Beide Bände direkt hintereinander zu lesen, kann hier von Vorteil sein. Ich war zu Beginn des Finales erstmal damit beschäftigt, die Handlungsstränge zu sortieren.

Ganz ehrlich gesagt, schlich sich im ersten Drittel bei mir leise Enttäuschung ein – irgendwie fesselte mich das lang ersehnte Finale nicht so richtig. Erst später wurde mir klar, woran das liegt – dadurch das Carl isoliert im Gefängnis sitzt, kommt die typische Dezernat Q Dynamik nicht so richtig auf. Auch der Rest des Teams – Assad, Rose und Gordon – bekommen aufgrund vieler, langer Nebengeschichten nicht so viel „Showtime“ wie gewünscht.
Der weitere Verlauf der Geschichte konnte mich jedoch versöhnen – Action, Tempo, Teamwork und spannende Twist warten in gewohntem Adler-Olsen Stil. Alle losen Enden werden noch einmal aufgenommen und Carl stellt sich seiner Vergangenheit.

Damit wird „Verraten“ für mich doch noch zu einem runden und würdigen Abschluss der Serie und bekommt vier Sterne von mir – auch wenn es wohl nicht zu meinem Lieblingsbuch der Reihe werden wird. Ein Ende für eine derart erfolgreiche Reihe zu schreiben, ist aber sicher auch keine einfache Aufgabe.

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Veröffentlicht am 28.06.2023

Ein typischer Charlotte Link Thriller

Ohne Schuld
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„Ohne Schuld“ ist ein klassischer Charlotte Link Thriller: Spannend bis zur letzten Seite, mit vielen unerwarteten Wendungen und psychologisch tiefgehenden Protagonist*innen. Für mich die perfekte Urlaubslektüre. ...

„Ohne Schuld“ ist ein klassischer Charlotte Link Thriller: Spannend bis zur letzten Seite, mit vielen unerwarteten Wendungen und psychologisch tiefgehenden Protagonist*innen. Für mich die perfekte Urlaubslektüre. Das Buch beginnt mit vielen, einzelnen, scheinbar unabhängigen Kriminalfällen. Erst nach und nach werden Verstrickungen sichtbar.
Besonders gelungen finde ich auch das Zusammenspiel der Ermittlerin Kate Linville und Caleb Hale. Während Caleb noch mehr dem typischen Ermittlerbild vieler Thriller entspricht (männlich mit Alkoholproblem), sticht Kate aus dem Einheitsbrei heraus. Neben dem eigentlichen Kriminalfall finde ich die Dynamik und die zwischenmenschlichen Töne im Ermittlerteam besonders spannend. Auch wenn es sich hier bereits um das dritte Buch rund um Kate Linville handelt, lässt es sich auch separat lesen. Ich werde Kate auf jeden Fall auch in Zukunft gerne weiter begleiten!

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