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Veröffentlicht am 21.11.2017

Und die Moral von der Geschicht‘: Ohne Mora mora geht es nicht!

Schildkröten haben keinen Außenspiegel
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Ja, genau so ist das in Madagaskar, weiß Jutta Hammer in ihrem Buch zu berichten. Mora mora ist wohl die wichtigste Vokabel, die man kennen sollte, wenn man die Insel bereist. Denn sie wird von den Madagassen ...

Ja, genau so ist das in Madagaskar, weiß Jutta Hammer in ihrem Buch zu berichten. Mora mora ist wohl die wichtigste Vokabel, die man kennen sollte, wenn man die Insel bereist. Denn sie wird von den Madagassen fast inflationär gebraucht und beschreibt gleichzeitig den Lebensstil der Menschen dort. Jutta bringt die Bedeutung im Glossar ihres Reiseberichts mit folgenden Sätzen auf den Punkt: „Mora mora steht für das madagassische Lebensgefühl des Laissez-faire. Bevor sich jemand zu sehr über etwas aufregt, bekommt er das von seinen Mitmenschen zugeflüstert. Das Lebensgefühl des mora mora lässt sich am besten kennenlernen beim Warten auf ein Taxi Brousse.“ Wer einmal auf solch ein Gefährt gewartet hat, weiß, was die Autorin meint

Dieses schöne kleine Büchlein ist voller Geschichten und Anekdoten aus Madagaskar, wo Jutta drei Jahre lang gelebt und gearbeitet – sprich: an Schildkröten geforscht – hat. Im Vordergrund steht dabei aber nicht ihre Arbeit, sondern einfach das Kennenlernen eines Landes und einer Kultur, die vollkommen verschieden ist von allem, was der gemeine Mitteleuropäer kennt (und schätzt). Sei es der unkonventionelle Weg zum Führerschein, das Dasein als Stargast bei einer Beschneidung, oder auch die mitunter abenteuerlichen Reisen in Gefährten wie dem Taxi Brousse oder dem Pousse-Pousse (na, was ist das???) – es gibt in diesem Reisebericht viel zu entdecken und zu staunen.

Garniert mit eigenen Fotos der Autorin aus den Jahren auf Madagaskar ist es eine interessante und lehrreiche Lektüre. Für mich persönlich hätte auch die Arbeit mit den Schildkröten noch mehr Raum einnehmen dürfen und detaillierter beschrieben sein. Aber auch mit dem verhältnismäßig kurzen Ausflug ins Schildkrötenreich hat sich dieses Buch absolut gelohnt und ich habe wieder ein interessantes Fleckchen Erde entdecken dürfen. Und noch etwas habe ich gelernt: vielleicht sollte ich in Zukunft einfach ein bisschen mehr mora mora sein…

Veröffentlicht am 17.11.2017

Geschichtsstunde über das koloniale Indien, verpackt in einen Krimi

Ein angesehener Mann
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Mal ehrlich, was weiß man über das Indien der Kolonialzeit? Selbst wenn man tief im alten Schulwissen gräbt, viel fällt einem dazu nicht ein. Ich hatte hauptsächlich wuchtige Möbel aus Mahagoni vor Augen… ...

Mal ehrlich, was weiß man über das Indien der Kolonialzeit? Selbst wenn man tief im alten Schulwissen gräbt, viel fällt einem dazu nicht ein. Ich hatte hauptsächlich wuchtige Möbel aus Mahagoni vor Augen…

In diesem Krimi kann man das vergessene Wissen wieder auffrischen bzw. etwas dazulernen. Das ist aus meiner Sicht der große Pluspunkt dieses Romans. Er spielt an einem eher ungewöhnlichen Ort zu einer interessanten und politisch bedeutsamen Zeit. Insofern ist das Buch nicht nur für Krimileser interessant, sondern sicher auch für Leser, die einfach an einem zeitgeschichtlichen Porträt interessiert sind.

Die Handlung spielt innerhalb von ca. einer Woche im feuchtheißen Kalkutta. Da treten einem zum Teil schon beim Lesen die Schweißperlen auf die Stirn

Mein Lieblingscharakter im Buch war erstaunlicherweise nicht Protagonist Sam Wyndham, sondern sein Kollege Sergeant Banerjee. Dessen Vorname für die englischen Kolonialherren so schwer zu schreiben ist, dass man sich mit der lautgleichen englischen Form „Surrender-not“ behalf. Ich musste jedes Mal schmunzeln, wenn der Name im Buch auftauchte.

In dem zu lösenden Kriminalfall spielen vor allem die politischen Gegebenheiten und die Konflikte zwischen Indern und Engländern eine große Rolle. Zwischen korrupten Beamten, vergnügungssüchtigen Politikern und aufrührerischen Revolutionären ermitteln Wyndham und Banerjee und geraten nicht nur einmal zwischen die Fronten. Die Auflösung mutet schließlich angesichts der Zustände durchaus realistisch an. Allerdings habe ich doch die eine oder andere Länge im Erzählstil gespürt und würde mir beim zweiten Fall noch ein bisschen mehr Tempo wünschen. So richtig kann ich mich nicht zwischen 3 und 4 Sternen entscheiden, aber angesichts des ungewöhnlichen und interessanten Settings gibt es 4

Veröffentlicht am 05.11.2017

Guter Thriller, aber es sind eben nicht mehr Larssons Lisbeth & Mikael…

Verfolgung
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Ja, das Buch lohnt sich. Die Geschichte ist gut aufgebaut und man bleibt dran, denn die Handlung wird vorangetrieben und wird nicht zäh. Angefangen von Lisbeths Gefängnisaufenthalt bis zu Mikaels Recherchen ...

Ja, das Buch lohnt sich. Die Geschichte ist gut aufgebaut und man bleibt dran, denn die Handlung wird vorangetrieben und wird nicht zäh. Angefangen von Lisbeths Gefängnisaufenthalt bis zu Mikaels Recherchen zum „Zwillingsprojekt“ bleibt die Spannung erhalten. An sich also ein guter, ein routinierter und auch ein packender Thriller.

Aber ich kann beim besten Willen keine 5 Sterne vergeben, denn die Charaktere sind eben einfach nicht mehr die von Larsson. Wer die drei Bände von Larsson kennt, hat Erwartungen an Lisbeth und Mikael, die Lagercrantz mit seinem Erzählstil einfach nicht erfüllen kann. Ich weiß nicht so richtig, wie ich es am besten beschreiben soll, aber Lisbeths Besonderheit, ihre Andersartigkeit, kommt in diesem Buch nicht so authentisch rüber wie beim Original-Autor. Und irgendwie ist das auch gut so.

Und auch Mikael wirkt mit seinen diversen Frauengeschichten irgendwie plumper als der Mikael, den Larsson sehr vielschichtig erschaffen hatte – obwohl er noch nie ein Ausbund an Tugend war

Nichtsdestotrotz schaffen es die beiden Charaktere immer noch, den Leser zu fesseln. Wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass Lagercrantz nicht ersetzen, sondern nur ergänzen will, kann man durchaus damit leben. Und wer nicht damit leben kann, der liest die Bücher von Lagercrantz einfach nicht weiter und beendet die Reihe nach den 3 Larsson-Büchern. Auch gut.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Für den Reisenden, der umfassendere Informationen sucht

DuMont Reise-Taschenbuch E-Book Südtirol
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Ausgestattet mit drei Reiseführern verlebten wir Ende September (zu empfehlen wegen der Apfelernte und den optimalen Wandertemperaturen) einen tollen Urlaub in Südtirol. Da wir die Gegend noch gar nicht ...

Ausgestattet mit drei Reiseführern verlebten wir Ende September (zu empfehlen wegen der Apfelernte und den optimalen Wandertemperaturen) einen tollen Urlaub in Südtirol. Da wir die Gegend noch gar nicht kannten, hatten wir lieber etwas mehr Informationsmaterial im Gepäck. Wie sich herausstellte, haben die Reiseführer sich sehr gut ergänzt.

Im Vergleich zu den Überblicks-Reiseführern wie MarcoPolo oder BaedekerSmart enthält dieses Reisetaschenbuch umfassendere Informationen über die einzelnen Ausflugsziele. Auch Land und Leuten sowie der Geschichte Südtirols werden fast 40 Seiten gewidmet, so dass man gut informiert in den Urlaub startet.

Da das Buch nicht mit farbigen Markierungen am Seitenrand ausgestattet ist (wie das z. B. im BaedekerSmart der Fall ist), findet man sich nicht ganz so leicht zurecht, wenn man Infos zu einer bestimmten Region sucht. Sucht man ein bestimmtes Stichwort, empfiehlt sich immer die Suche über das Register am Ende des Buches. Dieses ist sehr umfassend und man findet sich damit sehr gut zurecht. Ich habe das Reisetaschenbuch eigentlich immer dann zur Hand genommen, wenn ich in den „kleinen“ Reiseführern nur spärliche oder keine Infos zu einem bestimmten Stichwort gefunden habe. Und im Reisehandbuch wurde ich dann meist fündig.

Vom Format her ist das Buch handlich, aber die straffe Bindung machte das Aufschlagen (und vor allem Offenhalten) der Seiten anfangs etwas schwierig. Später ging es besser, aber die Knicke im Buchrücken waren unvermeidlich.

Dass eine herausnehmbare Regionskarte mitgeliefert wird, ist sicherlich heutzutage Standard. Sie ließ sich bestens verwenden, ist reißfest und sah auch nach einer Woche nicht abgenutzt aus.

Insgesamt ein reichhaltiger Reiseführer mit vielen Details, aber er könnte aus meiner Sicht etwas übersichtlicher aufgemacht sein.

Veröffentlicht am 05.10.2017

Kaffeefahrt mal anders - es ist Obacht geboten in Beetlefucky!

Der Kaffeedieb
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Hä? Beetlefucky? Ich war total irritiert, als Hauptfigur Obediah Chalon (seines Zeichens Fälscher, Betrüger und sogenannter Virtuoso) diesen Ortsnamen das erste Mal in den Mund nahm. Moment mal. Ein englischer ...

Hä? Beetlefucky? Ich war total irritiert, als Hauptfigur Obediah Chalon (seines Zeichens Fälscher, Betrüger und sogenannter Virtuoso) diesen Ortsnamen das erste Mal in den Mund nahm. Moment mal. Ein englischer Ortsname in Arabien? Und dann noch so einer? Da kann was nicht stimmen. Ein paar Zeilen später war die Verwirrung aufgeklärt. Denn Obediah meinte natürlich Beit al-Fakih, wo er gedachte, Kaffeepflanzen zu entwenden. Ah ja. Ich musste schmunzeln und an dieser kleinen Anekdote merkt man, was dieses Buch auszeichnet: der Humor, der – nicht zu oft, aber umso treffsicherer – zwischen den ansonsten recht abenteuerlichen Zeilen aufblitzt.

Für dieses Buch sollte man sich etwas mehr Zeit einplanen, denn die vielen Verstrickungen der spionierenden Mächte und damit auch die zahlreichen Personen, noch dazu gewandet in eine Sprache irgendwo zwischen 17. und 21. Jahrhundert, wollen erstmal (ein-)geordnet sein. Ich gebe zu, am Anfang habe ich mich etwas schwer getan mit dem Buch. Ich kannte ein Buch von Hillenbrand aus seiner Luxemburger Krimi-Reihe um den Koch Xafier Kieffer und hatte daher nicht unbedingt diese Sprache erwartet, die unheimlich viele historische Begriffe enthält (die ich zum Teil auch erstmal nachschlagen musste). Ein Hoch auf das Glossar am Ende des Romans, dort wurden zumindest die meisten der mir unbekannten Worte und Namen erklärt. Aber am Anfang macht das Hin- und Herblättern das Lesen doch ein bisschen schwer.

Als ich mich dann aber in das Buch eingefunden hatte, wurde die Geschichte immer fesselnder. Obediah ist ein sympathisches Schlitzohr und seine Kumpanen auf der „Kaffeefahrt“ gen Mocha und Beit al-Fakih habebn alle etwas Besonderes. Man weiß zwischendurch nicht mehr, wem man trauen kann und wem nicht – das macht die Lektüre besonders spannend. Leider war der eigentliche Kaffeeraub dann nicht viel mehr als eine kurze Episode, während die gesamte Unternehmung drum herum sehr ausführlich dargestellt wird.

Das Buch gibt einen Einblick in die historische Entwicklung der Wirtschaft, da werden Bankgeschäfte genauso thematisiert wie die Ränke zwischen den „Großkopferten“ – ein Schelm, wer diese Gedanken in die Gegenwart transferiert. Denn viel geändert hat sich offenbar nicht, auch wenn heutzutage weniger Blut dabei fließt.

Ich empfand das Buch als ungewöhnlichen historischen Roman, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das nur an der Sprache oder auch dem eher unkonventionellen Thema und der Entwicklung der Handlung liegt. Es ist definitiv lesenswert – aber man sollte sich dabei etwas Zeit lassen. Vielleicht mit einer schönen heißen Tasse Kaffee.