Stadt, Land, Krieg
Ins Dunkel geborenJohann, genannt Josi, ist mit neun Jahren der Jüngste von sieben Geschwistern, von denen lediglich die elfjährige Schwester sowie zwei Brüder im Alter von sechzehn und siebzehn Jahren überlebt haben. Die ...
Johann, genannt Josi, ist mit neun Jahren der Jüngste von sieben Geschwistern, von denen lediglich die elfjährige Schwester sowie zwei Brüder im Alter von sechzehn und siebzehn Jahren überlebt haben. Die Mutter starb kurz vor Josis erstem Geburtstag, der Vater bewirtschaftet den Hof nun mit seinen verbliebenen Kindern allein. Es ist keine einfache Zeit, denn Armut, Alkohol und Gewalt gehören zum Alltag der Familie; einen Zusammenhalt zwischen den Geschwistern gibt es nicht. Im Gegenteil muss Josi immer wieder befürchten, vom Vater oder seinen Brüdern zusammengeschlagen zu werden. Als Josi wieder einmal schwer misshandelt wird, kommt er zu Pflegeeltern, dem Förster-Ehepaar Hanna und Mateo. Dort erfährt er zum ersten Mal im Leben Fürsorge und Liebe. Dann bricht der Zweite Weltkrieg aus und auf dem Land ist es für Josi nicht mehr sicher.
Anfangs ist die Geschichte etwas chaotisch und sprunghaft, eben so, wie ein neunjähriges Kind sie erzählen würde. Ganz phlegmatisch und ohne nach Mitleid zu heischen erzählt Josi von seinem Zuhause, seinen Aufgaben dort und davon, wie es ist, immer auf der Hut zu sein, nicht auffallen zu wollen und in Angst leben zu müssen. Ein erschütterndes und trauriges Los, welches stellvertretend für das vieler Kinder steht. Ungeliebt, misshandelt und verwahrlost, ungewollt und allein. Allein die Liebe seiner Pflegeeltern rettet ihn vor einem ungewissen Schicksal.
Ich fand es sehr interessant, nachzuverfolgen, wie Josi älter, seine Gedanken reifer und seine Sprache erwachsener wurden. Je älter Josi wurde, desto mehr konnte er nachvollziehen, was es heißt, im Krieg zu sein. Anfangs naiv und unbedarft, versteht er schnell, dass eine eigene zu Meinung haben nicht heißt, diese auch äußern zu dürfen. Dies ist nicht leicht für ihr und so kommt es des öfteren zu brenzligen Situationen, die ohne Freunde oder den ein oder anderen Erwachsenen sehr schlimm hätten ausgehen können.
Eine Geschichte über Familie, Freundschaft, Liebe, Schuld, Mut und Verrat. Ein Schicksal unter vielen, eindringlich erzählt und unterhaltsam verpackt. Mir hat das Buch sehr gefallen.
Der schwäbische Dialekt in manchen Gesprächen war anfangs gewöhnungsbedürftig, für die Authentizität aber unerlässlich. Von mir gibt es 4,5 Sterne.