Das Cover verrät dem Leser noch nicht allzu viel, zeigt es ja lediglich eine stark geschminkte junge Frau, die sich selbst im Spiegel anschaut - also hier wohl die Protagonistin Grace. Die Farben sind eher gedeckt, was irgendwie zu der Atmosphäre der Geschichte passt, die durchgehend irgendwie gedrückt wirkt.
Bevor ich zur Geschichte komme möchte ich auf den Hinweis der Autorin eingehen, dass sich das Buch schon sehr mehreren Jahren in der Entwicklung befindet, die Idee also schon vor der großen #MeeToo-Bewegung aufkam und es eine bewusste Entscheidung war, die Geschichte so zu belassen, wie sie gedacht war, ohne die aktuelle Entwicklung mit einzubauen.
Grace wird im zarten Alter von 13 Jahren entdeckt, als sie am Casting für einen Film an ihrer Schule teilnahm. Um ihre Karriere voranzutreiben, ist die gesamte Familie deshalb mir nichts, dir nichts, von England ins weit entfernte Amerika gezogen. Am Set wird sie vom Produzenten des Filmes, Abel, unter seine Fittiche genommen. Er war maßgeblich an ihrer Entwicklung und ihrem Aufstieg in Hollywood beteiligt, da alles, was die beiden angefasst haben, zu Gold wurde. Jedoch war es nicht immer leicht für Grace, Abels hohe Erwartungen zu erfüllen. Und nicht nur einmal brachte er sie dazu, Grenzen zu überschreiten, die sie eigentlich nicht überschreiten wollte. Und so ist es kein Wunder, dass er ebenso an ihrem Absturz beteiligt war und sie dazu getrieben hat, ohne Ankündigung von heute auf morgen die Stadt zu verlassen, bei ihren Eltern unterzutauchen und so fast in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Bis sie eines Tages nicht mehr im Selbstmitleid baden wollte und beschloss, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen und für Gerechtigkeit zu kämpfen.
Mir ist beim Lesern aufgefallen, dass die Kapitel teilweise wirklich sehr kurz waren (manchmal nur 3 Seiten). Auch ist Grace beim Erzählen ihrer Geschichte immer wieder in der Zeit gesprungen, die Kapitel spielten also entweder in der Gegenwart oder verfolgten den Erzählstrang der Vergangenheit.
Mir ist es etwas schwer gefallen, den Einstieg in die Geschichte geschrieben, das erste Viertel der Geschichte hat sich für meinen Geschmack etwas gezogen und es hat generell lange gedauert, bis man wirklich verstanden hat, was in Graces Leben und Kopf vor sich geht und was die Beweggründe ihrer Handlungen sind.
Die Charaktere sind, wie man sich die Personen in Hollywood vorstellt, nach außen hin arrogant und darum bemüht, die perfekte Fassade aufrecht zu erhalten, aber im inneren bzw. hinter verschlossenen Türen bröckelt dann nach und nach die Fassade.
Es fiel mir schwer, Sympathien für Grace aufzubringen. Das Schicksal hat es einerseits sehr gut mit ihr gemeint, andererseits ist sie so überhaupt erst mit den Schattenseiten Hollywoods und ihrem Leben in der Öffentlichkeit in Berührung gekommen. Die meiste Zeit wirkt sie einfach verwirrt und überfordert von allem, was sie erlebt hat und das sie mit Drogen und Alkohol mit aller Macht zu unterdrücken versucht. Sie hat sich völlig von ihrer Familie entfremdet und auch ihren Ehemann stößt sie immer wieder von sich. Und immer, wenn man dann ein bisschen Mitleid mit ihrer empfindet, ist sie wieder egozentrisch und manipulativ, aber eigentlich tut sie das alles nur, um Aufmerksamkeit zu bekommen und geliebt zu werden.
Gerade mit dem aktuell in den Medien sehr präsenten Skandal um P. Diddy und Hollywood generell ist dieses Buch aktuell wie nie. Es zeigt anschaulich, was sich tatsächlich hinter der schillernden Fassade steckt.
Keine leichte Kost, aber definitiv brandaktuell und lesenswert!