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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.10.2024

Tragisch und hinreißend, absolut lesenswert!

Zugvögel
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Du liest gerne über Natur und Tiere, möchtest gleichzeitig nicht die Augen vor der Klimakrise und den Auswirkungen auf unsere Tierwelt verschließen und willst trotzdem eine spannende und psychologisch ...

Du liest gerne über Natur und Tiere, möchtest gleichzeitig nicht die Augen vor der Klimakrise und den Auswirkungen auf unsere Tierwelt verschließen und willst trotzdem eine spannende und psychologisch fesselnde Geschichte lesen? Dann ist dieses Buch das Richtige!
Eine Frau, die mit ihrer Vergangenheit hadert bzw. ein Trauma zu bewältigen hat, lässt ihr altes Leben hinter sich und heuert auf einem Schiff an. Die Natur und die Tierwelt, der Klimawandel und die Folgen des menschlichen Handelns für die Tiere spielen eine zentrale Rolle. So lernen wir sehr viel über das Verhalten und den Lebensraum der Küstenseeschwalbe (und anderer titelgebender Zugvögel) während wir gleichzeitig einer unglaublich spannenden und psychologisch interessanten Entwicklung der Hauptprotagonistin folgen. Die Geschichte enthält dystopische Züge (beispielsweise sind bereits sehr viele Tierarten ausgestorben oder die Fischerei ist verboten, weil es kaum mehr Fische gibt) und hält uns klar vor Augen, dass das die nahe Zukunft sein wird, wenn wir unser Handeln nicht ändern und Umweltschutz nicht als höchstes Gut priorisieren.
Absolute Leseempfehlung, aber Achtung wenn dich Themen wie Gewalt und Tod triggern!

Veröffentlicht am 02.10.2024

Gefühlvoll und bewegend

Die seltsamste aller Zahlen
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Heute muss ich mit meiner Buchvorstellung mal ganz anders anfangen. Bei diesem Buch einfach mit dem Inhalt zu Beginn daher zu kommen, fühlt sich einfach nicht richtig an. Dieses Buch öffnet dein Herz, ...

Heute muss ich mit meiner Buchvorstellung mal ganz anders anfangen. Bei diesem Buch einfach mit dem Inhalt zu Beginn daher zu kommen, fühlt sich einfach nicht richtig an. Dieses Buch öffnet dein Herz, lässt dich an das Gute im Menschen glaubt, richtet den Blick auf die kleinen und großen Probleme, mit denen wir es Tag für Tag zu tun haben, schenkt dir Hoffnung und das Wissen nicht alleine zu sein, ermutigt dich für deine Wünsche einzustehen und deine Identität zu finden. Dass wir all dies durch die Geschichte von Jamie, einem 13 jährigen Jungen aus Irland, erfahren, der im Werkunterricht ein Boot baut, fasst in kleinster Weise mit Worten die Gefühle zusammen, die dieses Buch auslöst.

Eigentlich möchte Jamie ja ein Perpetuum mobile bauen (und kein Boot) um seiner Mutter nahe zu sein. Seine einzige Erinnerung an sie ist eine Video-Aufzeichnung, wie sie an einem Schwimmwettbewerb teilnimmt, da Jamies Mutter bei seiner Geburt gestorben ist. Das Schwimmen seiner Mutter auf Repeat ist für ihn eine nicht müde werdende und für immer andauernde Bewegung, die ein Perpetuum mobile verkörpert. Da ein solches Gerät sowohl im echten Leben, als auch in diesem Buch den Hauptsätzen der Thermodynamik widerspricht, wird es also ein Boot. Was an und für sich schon eine erzählwürdige Geschichte ist, würde nicht der Bau selbst zudem noch so vielen Menschen zusammenbringen, von denen jeder einzelne sein ganz eigenes Päckchen zu tragen hat.

Es geht um Außenseiter und Gemeinschaft, um Zusammenhalten und Loslassen, um Lieben und Leben, um Träume und Erwachen. Ein Buch das ganz zurecht 2023 auf der Longlist für den Booker Prize stand und von von mir (so als Nicht Jury-Mitglied oder sonst irgendwie literarisch sonderlich ausgebildeter Kritiker, sondern einfach nur als sehr, sehr Bücher-liebender Mensch) eine uneingeschränkte Leseempfehlung bekommt! Dieses Buch von Elaine Feeney ist das erste, das ins Deutsche übersetzt wurde, ich hoffe sehr es ist nicht das letzte!

Veröffentlicht am 03.09.2024

Fantastischer Ausflug ins Burgenland

Nincshof
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Nincshof am Rande des Burgenlandes soll vergessen werden, so will es zumindest der Bürgermeister und ein paar wenige Einwohner, die sich die Oblivisten nennen. Nur leider ist die Region sehr beliebt bei ...

Nincshof am Rande des Burgenlandes soll vergessen werden, so will es zumindest der Bürgermeister und ein paar wenige Einwohner, die sich die Oblivisten nennen. Nur leider ist die Region sehr beliebt bei Touristen und dann ziehen auch noch Silvano und Isa nach Nincshof, die mit ihren Irrziegen (nein, die gibts nicht im echten Leben, hab ich für euch schon gegoogelt) genau das Gegenteil vom Vergessen-werden bewirken, schließlich ist so eine trächtige Irrziege eine echte Sensation.

Das klingt alles sehr abgefahren, ist aber eigentlich gar nicht so weit hergeholt. Die Oblivisten wollen fernab einer immer fordernderen und überfordernden Welt in Ruhe und Frieden leben, so wie es der Legende nach einst gewesen ist, als Nincshof im Schilf des Neusiedler Sees versteckt existierte. Mit einem sarkastischen Sprachwitz, wie es wohl nur die Österreicherinnen hinbekommen (oh, wie ich ich sie dafür beneide), erzählt diese Geschichte von einer Dorfgemeinschaft, von Widerstand und Ankommen. Schwere Themen leicht verpackt in einer mitreißenden Geschichte, sodass du dich sofort und unwiederbringlich in die Burgenländer verliebst, wenn nicht schon geschehen, Danke an dieser Stelle an Martina Parker und die grünen Daumen! Für mich ein Highlight!

Gefällt dir Was man von hier aus sehen kann und die bereits angesprochene Regio-Krimi-Reihe um den Klub der grünen Daumen? Dann liegst du mit Nincshof goldrichtig!

Veröffentlicht am 29.08.2024

Eindrücklich und aufwühlend

Pink Elephant
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Sommer 2006, die Freundschaft von Vincent, Ali und Tarek wird auf eine harte Probe gestellt, als Ali aus einem Fenster im 4. Stock fällt, Tarek von der Bildfläche verschwindet und Vincent von Schuldgefühlen ...

Sommer 2006, die Freundschaft von Vincent, Ali und Tarek wird auf eine harte Probe gestellt, als Ali aus einem Fenster im 4. Stock fällt, Tarek von der Bildfläche verschwindet und Vincent von Schuldgefühlen geplagt wird.
Die Geschichte wie sich die drei Jungs kennengelernt haben bis dahin wie es zu Alis Unfall kam, wird in Rückblenden aus Vincents Sicht erzählt, sodass wir erst ganz zum Schluss erfahren, was genau eigentlich passiert ist. Vincent lässt uns nämlich, ganz Teenie, nur scheibchenweise hinter die Fassade blicken. Und mit jeder Seite, mit jedem Tag näher an den Unfall und mit jeder Zigarette mehr, offenbart sich eine Macht- und Ausweglosigkeit der sich die Freunde gegenüber sehen. Der Kloß im Hals wird immer größer, bis dir auf der letzten Seite fast die Luft weg bleibt. Du möchtest die Erwachsenen anschreien, Vincent in den Arm nehmen, das Buch gegen die Wand werfen und rausbrüllen ob denn hier irgendwer noch überhaupt irgendwas merkt. Und dann denkst du dir, dass diese Geschichte ja nur stellvertretend für die tagtäglichen Widrigkeiten steht, denen Teenager (allen voran solche mit aus dem Ausland stammenden Elternteilen) in sozialen Brennpunkten ausgesetzt sind und du fühlst dich genauso hilflos wie Vincent und die Wut in dir brodelt unaufhörlich weiter.
Ihr merkt, das Buch hat mich emotional sehr aufgewühlt. Dass wir zwar Vincents Sichtweise haben, aber keinesfalls in seiner Haut stecken, wir überhaupt nicht an ihn herankommen, keine einzige Person in diesem Buch sich irgendjemandem öffnet oder gewillt ist zu helfen und hier ausnahmslos verdrängt und ignoriert wird, ist die große Stärke des Buches. Die Erzählweise, das heißt einige umgangssprachliche Ausdrücke (die ich nicht kenne) und die teils etwas fragmentarische Erzählweise von Vincent machen das Lesen nicht immer einfach, aber die Geschichte authentisch.

Ich bin nach dieser Lektüre wütend und beeindruckt und kann diese Geschichte allen empfehlen, die sich aus ihrer Komfortzone heraus begeben möchten um eine eindrückliche Leseerfahrung machen.

Veröffentlicht am 28.08.2024

Sacht, einfühlsam und melancholisch

Kummer aller Art
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So kurz wie die Geschichten, die hier erzählt werden, möchte ich meine Gedanken zu diesem tollen Buch mit euch teilen:

Nachdem ich von Was man von hier aus sehen kann total begeistert war, konnte ich ...

So kurz wie die Geschichten, die hier erzählt werden, möchte ich meine Gedanken zu diesem tollen Buch mit euch teilen:

Nachdem ich von Was man von hier aus sehen kann total begeistert war, konnte ich an dem neuen Buch von Mariana Leky nicht vorbeigehen. Und wieder hat mich diese wunderbar sanfte, einfühlsame und leicht melancholische Stimmung und Erzählweise begeistert. Die Ich-Erzählerin nimmt uns mit in ihren Alltag, den wir vielleicht auch so oder so ähnlich kennen, und was die Geschichte trotz der teils etwas skurrilen Personen so authentisch macht.
Damit man vollends mitgerissen werden kann, sollte man allerdings schon Kurzgeschichten-affin sein. Die Ich-Erzählerin ist als Hauptperson Ausgangspunkt aller Kapitel und einige Erzählstränge, wie der über ihre Nachbarin Frau Wiese, werden immer wieder aufgegriffen und ziehen sich als roter Faden durch das Buch, andere jedoch bleiben nur sehr vage. Hier hätte ich mir noch einen runden Abschluss gewünscht, der einzelne Personen noch mehr miteinander verbindet, auch wenn der Titel-gebende Kummer aller Art sich in allen Erzählungen wiederfindet und damit das Buch zusammenhält.
Was unglaublich schön ist und mir auch bei Was man von hier aus sehen kann schon so gut gefallen hat ist, dass trotz Melancholie und kleine oder große Kummer ein lebensbejahendes Gefühl vermittelt wird.
Daher auch für dieses kleine, aber feine Büchlein eine dicke Leseempfehlung von mir!