Wohltuend-magisch.
SpellshopAls die Revolution in der Hauptstadt ihren Höhepunkt erreicht, Jahrhunderte altes Wissen in Flammen steht, bleibt Kiela nichts anderes übrig, als mit ihrer/m treuesten FreundIn und jenen Schriften, die ...
Als die Revolution in der Hauptstadt ihren Höhepunkt erreicht, Jahrhunderte altes Wissen in Flammen steht, bleibt Kiela nichts anderes übrig, als mit ihrer/m treuesten FreundIn und jenen Schriften, die sie tragen kann, zu fliehen. Der einzige Ort, der ihr einfällt, ist die abgelegene Insel, auf der sie geboren wurde. In dem verlassenen Cottage ihrer Eltern angekommen wird der introvertierten Bibliothekarin bewusst, dass sie Nahrung braucht. Und nicht um Reparaturen herumkommt. Doch weder hat Kiela Münzen noch ist sie besonders bewandert in sozialen Gepflogenheiten... Nur gut, dass es ihr die BewohnerInnen Caltreys, allen voran der freundliche Seepferdchenzüchter von nebenan, leicht machen, sich in die Gemeinschaft mehr oder weniger freiwillig einzufinden – und dann wären da ja noch die Bücher, die sie vor dem Feuertod bewahrt, und die Rezepte ihrer Eltern, die sie gefunden hat. Na, wenn man sich mit diesem Know-how, teilweise verboten, teilweise unglaublich lecker, nicht ein neues Leben aufbauen kann ...
Sarah Beth Durst schuf eine wunderbar-gemütliche Geschichte, in der sich der Duft von Zimtschnecken und Marmelade mit jenem alter Bibliotheken und der Frische von Meeresbrisen vereint. „𝐒𝐩𝐞𝐥𝐥𝐬𝐡𝐨𝐩: 𝐕𝐨𝐦 𝐙𝐚𝐮𝐛𝐞𝐫 𝐝𝐞𝐫 𝐤𝐥𝐞𝐢𝐧𝐞𝐧 𝐃𝐢𝐧𝐠𝐞“ liest sich locker-leicht, der Ton ist authentisch und vor allem die Protagonistin nahbar. Ich konnte mich sofort mit Kiela, ihrer Liebe zu dem geschriebenen Wort und ihrer Einstellung den Menschen gegenüber identifizieren, verstand die Probleme, die der Kontakt mit der Außenwelt bereithält, und wurde von ihrer saloppen, frischen Art, in der stets Wärme mitschwang, großartig unterhalten. Durch einen bildhaften Stil war es leicht, sich die Figuren und Orte, die Wirkung der Magieexperimente vorzustellen und sich treiben zu lassen, denn trotz der einen oder anderen Schwierigkeiten, trotz Missverständnissen und einem Hauch Angst, mitschwingender Melancholie und Gesellschaftskritik, ist dies ein ruhiger Fantasy-Roman, in dem herannahendes Drama häufig zielsicher gelöst wurde.
Mit Caltrey schuf die Autorin ein traumhaftes Setting. Wenn die Insel auch nicht vor Reichtum strotzt, pulsierten Zufriedenheit, Akzeptanz und Vielfalt auf ihr – zusehen an allerhand bekannten und neuen Wesen. Sobald sich Kiela an den Zaubern bediente, sie testet, ausprobiert – warten ulkige Fauxpas, skurrile Szenen und etliches an Humor. Immer präsent, hilfreich im Geschehen verankert: Caz. Diese innige Freundschaft lässt Schlucken und Kichern zugleich. Im Verlauf erfahren wir einiges über die Entstehung des Spinnenkrauts und über die Verbindung zwischen ihm und der Bibliothekarin, was diese besondere Dynamik zusätzlich untermauert. Auch Hintergründe über die Revolution und das Verbot, ausgesprochen von Obrigkeiten, Magie zu wirken, kristallisieren sich im selben Tempo heraus, wie wir DörflerInnen, bspw. die Zentaurin Bryn, kennenlernen. Natürlich wäre da noch der anfänglich forsche Larran, der seine Hilfe und Fürsorge regelrecht in Kielas Richtung schmeißt – und sie letztlich mit seiner Aufmerksamkeit und Sensibilität umwirft. Hach: unschuldig und unbeholfen, mit lautem Knistern und leisen Gefühlen. Perfekt inszeniert für diese Cozy-Story.
Kiela Orobidan entwickelt sich innerhalb der Handlung deutlich, wächst über sich hinaus, beginnt, Strukturen und Gesetze zu hinterfragen. Sie knüpft Freundschaften, hilft mit ihrem zauberhaft-verbotenen Wissen und schenkt Leben – wie der laufende Kaktus Miep beweist. Ich fand es großartig, zu verfolgen, wie die Einsamkeit der Einsiedlerin schwindet; Wehmut durch Aufregung und Euphorie ersetzt wird und sich die junge Frau integriert und öffnet. Mutig ist. Zuletzt selbstlos und bereit, das aufzugeben, was sie sich in wenigen Wochen aufbaute – ein echtes zu Hause – um andere zu retten.
„Spellshop“ strotzt vor Gemütlichkeit, Witz und Charme, verlangt nach einer Tasse Tee und Gebäck und verzaubert mit einer wahrlich wundersamen Geschichte.