Das Buch hat mich regelrecht in Erstaunen versetzt, wie sehr sich eine Frau in eine reine Gedankensucht hineinsteigern kann. Der Ehemann "Mein Mann" wird zum Objekt der Begierde und verliert in den Augen ...
Das Buch hat mich regelrecht in Erstaunen versetzt, wie sehr sich eine Frau in eine reine Gedankensucht hineinsteigern kann. Der Ehemann "Mein Mann" wird zum Objekt der Begierde und verliert in den Augen der Erzählerin. Liebt er sie mehr, liebt sie ihn mehr? Am Ende des Buchs zweifle ich an beidem. Ob das Hineinsteigern in die Sucht zu einem guten Ende führt, verrate ich hier lieber nicht.
Fazit: Mich spricht diese Art von Nabelschau nicht so sehr an. Gute drei Sterne werden es trotzdem.
Vor zehn Jahren hat Olga Grjasnowa schon einmal einen Roman über Ehe, Liebe, Familie und deren Schicksal geschrieben, der hieß „Die juristische Unschärfe einer Ehe“. Ihr neuer Roman hat zwar einen ganz ...
Vor zehn Jahren hat Olga Grjasnowa schon einmal einen Roman über Ehe, Liebe, Familie und deren Schicksal geschrieben, der hieß „Die juristische Unschärfe einer Ehe“. Ihr neuer Roman hat zwar einen ganz anderen Titel, aber auch hier wird die Unschärfe einer Ehe in den Mittelpunkt gezogen. Ich schreibe absichtlich gezogen, weil die Autorin an der Ehe von Lou (eigentlich Ludmilla) und Sergej kaum ein gutes Haar lässt. Lou und Sergej sind vor Jahren aus Russland nach Deutschland gekommen, haben in Amerika studiert, sie hat ihren Doktor gemacht, er ist ein anerkannter Pianist geworden. Nun leben sie in Berlin, haben die kleine Tochter Rosa und jede Menge Probleme. Sind sie nun russische Juden oder jüdische Russen? Wie auch immer, sie fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie sind nicht religiös, aber das Jüdische ist ihnen wichtig. Besonders in Hinblick auf die weitere Bildung ihrer Tochter, die bereits im Kindergarten erste ungewollte Kontakte zum Thema Holocaust, Judentum, Anne Frank u. ä. hat. In die aufgeheizte Stimmung zwischen den Eheleute platzt eine Einladung zum Familientreffen, die uralte Großtante hat Geburtstag und außerdem wohl eine Reise gewonnen. Also wird sich die gesamte Mischpoke auf Gran Canaria treffen, fast alle Verwandten kommen aus Israel, Lou, ihre Mutter und die kleine Rosa aus Berlin. Dass es im Hotel nicht gerade erholsam zugeht, sondern recht turbulent, das kann man im Buch nachlesen.
Auch Lous Trauma einer Totgeburt spielt eine Rolle, aber offenbar ist auch dieses Thema in der angeknacksten Ehe nicht zufriedenstellend zu bewältigen. Ihr Versuch, vieles mit Alkohol zu betäuben, führt auch nicht zum Erfolg.
Die im Klappentext angekündigte Spurensuche und Selbstfindung von Lou ist weit weniger interessant, als ich es mir vorgestellt und erhofft hatte. Lou wird vielmehr von Eifersucht gequält, weil ihr Mann ohne sie und mit von ihr nicht gutgeheißener weiblicher Begleitung wegen eines Konzerts in Salzburg weilt. Sie wird ihre Reise noch ausdehnen, aber ihr Mann ist nicht oder kaum erreichbar und ihre Unsicherheit wächst. Ob am Ende dann doch noch alles gut wird und welche Rolle Lous Mutter und Schwiegermutter spielen, das kann nur herausfinden, der bis zur letzten Seite selbst liest.
Mir hat von allem am besten der Schutzumschlag gefallen, aber er versprach mehr, als das Büchlein halten konnte. Die kleine Druckschrift hat mich auch etwas irritiert, es war für mich jedenfalls ein anstrengendes Lesen.
Fazit: ein Roman aus vielen Puzzleteilen, für mich aber kein großes Leseereignis.
Regionalkrimis gibt es unterdessen wie Sand am Meer, ich versuche immer wieder, etwas Besonderes aus diesem Bücherberg zu ziehen. Aber leider klappt das nicht immer. Der neue, da als Reihe avisiert, auch ...
Regionalkrimis gibt es unterdessen wie Sand am Meer, ich versuche immer wieder, etwas Besonderes aus diesem Bücherberg zu ziehen. Aber leider klappt das nicht immer. Der neue, da als Reihe avisiert, auch der erste Gardaseekrimi von Friedrich Kalpenstein hat es noch nicht ganz auf mein imaginäres Treppchen der besten Krimis geschafft. Die Idee, dass ein Deutscher sich in Italien niederlässt, noch dazu ein Ex-Kriminalkommissar, die ist nicht ganz neu und erinnert mich sehr an die Lago-Maggiore-Krimis von Andrea Di Stefano.
Den beiden in Bardolino konkurrierenden Protagonisten, Lanza ist der italienische Polizist, Zeitler der zugezogene Ex-Polizist und Café-Besitzer, sind nicht ganz so leichtfüßig angelegt, wie man das erhoffen würde. Beide suchen jedenfalls einen Mörder, der sein getötetes Opfer just im WC von Zeitlers Café hinterlassen hat.
Am meisten kommt noch Italienflair beim Lesen auf, wenn man über die leckeren Backwaren liest oder über den Run auf die Designerboutique, in der Zeitler mal kurz den Verkäufer mimt.
Wie die beiden unterschiedlichen Männer in Zwangsgemeinschaft das Rätsel des Kriminalfalles lösen, will ich hier natürlich nicht beschreiben, amüsant ist es schon, auch wenn sich alles etwas hinzieht.
Ich gebe gute drei Sterne und auch eine Leseempfehlung für Regionalkrimibegeisterte.
Ich habe bisher noch kein Buch von Benedict Wells gelesen, es mag an den Themen liegen oder an der Menge der Bücher, die jährlich erscheinen. Auch wer gerne liest, schafft nicht alles. Also dachte ich ...
Ich habe bisher noch kein Buch von Benedict Wells gelesen, es mag an den Themen liegen oder an der Menge der Bücher, die jährlich erscheinen. Auch wer gerne liest, schafft nicht alles. Also dachte ich mir, wenn dieser Autor nun übers Schreiben schreibt, warum nicht, das interessiert mich, und will ich wissen, wie er es geschafft hat, zum berühmten Diogenes Verlag zu kommen. Ich erfuhr: es war ein steiniger Weg. Aber er war erfolgreich und unterdessen sind seit 2008 so einige Romane von Wells über den Ladentisch gegangen und in unfassbar viele Sprachen übersetzt worden. Wenn so viele ihn mögen, muss doch etwas dran sein, war da mein Gedanke. Ich glaube, das stimmt sogar, dieser Benedict Wells kann schreiben, er schreibt schnell lesbare und flüssige Texte, streut Ironie und Selbstkritik ein – hier im beschriebenen Buch ist das jedenfalls so. Und er erzählt ein bisschen von seiner Familiengeschichte und seiner eigenen Biografie. Etwas ungewöhnlich ist diese, besser gesagt, dieses Künstlerleben fällt schon aus der Reihe. Besonders seine Kindheit und Jugend ist halbvoll von unangenehmen Erlebnissen, aber der Liebe zu den Eltern tut das keinen Abbruch, und das Aufwachsen in Internaten ist gewiss prägend für sein späteres Dasein.
Was mich zumindest innig mit Wells verbindet, ist seine Leidenschaft für John Irving. Ich las Das Hotel New Hampshire und andere Romane mit Ende 20 im Original und konnte nie mehr von Irving lassen.
Wells lässt den Leser also hinter seinen Vorhang schauen und es macht auch Spaß, ihm zu folgen, wäre da nicht das permanente Gendern, das mich bei der Lektüre total aus der Bahn geworfen hat.
Das Buch strotzt von „Autor:innen, Leser:innen, Anfänger:innen, …“, als ich dann die Danksagung erreicht hatte, kam es ganz dicke „Liebe Diogenes:innen“…“. Die geschlechtergerechten Partizipialkonstruktionen erwähne ich gar nicht erst. Mir tut das jedenfalls in meiner deutschen Bücherseele weh, dieses Buch so verhunzt zu sehen. Wells bezieht sich u. a. in seinen Erinnerungen auch auf einen Spiegel-Artikel von Verena Carl vom 26.09.2004. Zu der Zeit wurde aber noch nicht gegendert, Zitat aus dem Artikel von Carl: „Auf den ersten Blick schon: Jungautoren mit Substanz wie Judith Hermann haben sich gehalten, um literarische Dampfplauderer ist es nicht weiter schade.“ Die Erwähnung von „Jungautoren war damals noch legitim, selbst wenn es um weibliche Autoren ging. Wells impliziert so, dass das Gendern ihm eigentlich fast angeboren ist. Empfinde ich als Verfälschung. Zumindest gab es beim jungen Wells noch ein „Studentenleben“!
Wells hat wirklich kluge Gedanken geäußert, gerade im zweiten Teil könnten potentielle Schriftsteller so einiges lernen, das fürs Erstlingswerk sehr wichtig wäre, auch wenn mir nicht alles, was er empfiehlt, praktikabel erscheint.
Wells hat dann doch noch den Bogen gekriegt, wenn er schreibt: „Oder wie der Sprachkritiker Wolf Schneider sagt: »Beim Text muss sich einer quälen, der Absender oder der Empfänger. Besser ist, der Absender quält sich.«“ Bei mir war es wohl eher umgekehrt.
Mir hat tatsächlich der erste, aufschlussreiche biografische Teil sehr gefallen, aber richtig am gesamten Buch freuen kann ich mich nicht. Schade.
Aber: man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, deshalb habe ich mir nun „Hard Land“ gekauft, um den Romanautoren Benedict Wells besser kennenzulernen. Es ist zwar als „Jugendbuch“ bekannt geworden, aber das stört mich auch im Alter nicht! Und im Gegensatz zu dem hier rezensierten Sachbuch fand ich in seinem Roman zumindest auf den ersten dreißig, vierzig Seiten keinen Gender-Doppelpunkt. Wie er mir inhaltlich gefällt, werde ich in einer anderen Rezension schreiben. Dass mich der Schreibstil von Wells sehr anspricht, habe ich ja schon erwähnt.
3 Sterne, mehr werden es trotzdem nicht.
Ich habe mich um dieses Buch als Rezensionsexemplar beworben, da mir die Leseprobe und die kurze Inhaltsangabe sehr interessant erschienen. Aber leider wurde ich mit fortschreitender Geschichte sehr enttäuscht.
Ana, ...
Ich habe mich um dieses Buch als Rezensionsexemplar beworben, da mir die Leseprobe und die kurze Inhaltsangabe sehr interessant erschienen. Aber leider wurde ich mit fortschreitender Geschichte sehr enttäuscht.
Ana, die den deutschen und den rumänischen Pass besitzt, schon lange in Deutschland lebt, fährt nach Rumänien in die familiäre Vergangenheit. Der Tod ihres Vaters, der dort verstorben ist, liegt ihr wie ein Stein auf der Seele, nun will sie endlich ihr Erbe antreten und bemüht sich ehrlich um ein echtes Ankommen in Rumänien. Das fällt ihr schwer, die vielen, verwirrend vielen Angehörigen machen es ihr nicht leicht, aber auch in der rumänischen Bürokratie verfängt sie sich. Ihr Vater hat immer von einem Bild, dem Pfauengemälde, gesprochen, dass ihr Erbe sein soll. Zeitweise zweifelt man im Roman, ob es überhaupt vorhanden sein wird in den verschlungenen Katakomben der Bürokratie. Besonders, weil das sogenannte Rumänienhaus, das wohl das enteignete Haupteigentum der Familie ist, eine so vorrangige Rolle spielt.
Schon zu Beginn des Romans wird klar, dass Ana psychische Probleme hat, und so verwirrt wie ihre Gedanken sind, so verwirrend ist auch der Fortgang der Geschichte. Die Gedankensprünge vorwärts, rückwärts und wieder ins Jetzt und die Vergangenheit machten mir das Lesen nicht gerade angenehm. Ihre problematischen Liebesbeziehungen kommen hinzu.
Interessant ist für mich das Land Rumänien, ich habe es bisher nicht besucht und auch meine Lektüre ging kaum in diese Richtung. So gibt es im Buch doch auch Eindrücke, die ein wenig das Unstete und Wilde dieses Landes erklären. Was mir so gar nicht geholfen hat, waren die Spaziergänge zu den rumänischsprachigen Straßen und Plätzen. So, wie ich gern ein Personenverzeichnis gehabt hätte zur Orientierung, hätte mir z. B. auf dem Vorsatzpapier gut eine Straßenkarte vorstellen können. Ein paar Übersetzungen der rumänischen Einsprengsel wären auch hilfreich gewesen. Nicht alles hat sich mir sofort erschlossen.
Aus meiner Sicht hat die Autorin in ihrem Erstlingsroman zu viel gewollt und sich dadurch etwas verzettelt.
Das Ende ist nicht das, was ich erwartet hätte, aber es hat mich berührt.
Gute 3 Sterne.