Ungeliebtes Kind
Wo Anders
Maike sucht nach Liebe, Anerkennung und Freundschaft. Doch immer, wenn sie etwas davon findet, stößt sie es wieder weg. Mit ihren Eltern hat sie nicht gerade den großen Fang getätigt. Sicherlich hat sie ...
Maike sucht nach Liebe, Anerkennung und Freundschaft. Doch immer, wenn sie etwas davon findet, stößt sie es wieder weg. Mit ihren Eltern hat sie nicht gerade den großen Fang getätigt. Sicherlich hat sie gute Gründe, dass ihr kindliches Selbstbewusstsein am Boden liegt. Es ist vor allem die fehlende Selbstliebe, die ihr immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht.
Außerdem sieht sie Dinge, die nicht da sein können. Sind es nur Projektionen ihrer inneren Vorgänge? Tagträume? Oder ist sie tatsächlich von einem Schatten bedroht, der sich ganz über sie legen möchte, um sie zu beschützen? Oder um sie zu besitzen? ..
In diesem Roman werden sehr stark die inneren Vorgänge eines Kindes beschrieben und ihre ganz persönliche Außenwahrnehmung, die Handlungsebene rückt dabei zeitweise deutlich in den Hintergrund. Natürlich gibt es da ihre Freundinnen Ester und Marie, ihre beiden Halbschwestern, sowie ihren Neffen Tristan. Auf dieser Ebene wird linear erzählt, doch wirken die meisten Nebenpersonen wie festgeklebt in ihren Rollen. Ihre erwachsene Halbschwester Indira baut offenbar ein besondere spirituelle Verbindung zu Maike auf. Doch auch diese wird letztendlich von ihr wieder in Frage gestellt.
Es ist immer eine Gratwanderung als Erwachsener über eine kindliche Lebenswelt zu schreiben.
Als zum Beispiel Ester die Geschichte mit den 3 Steinen erzählt, ist offensichtlich, dass ihr Vater sie ihr nicht in dieser Ausführlichkeit weitergegeben, bzw. sie sich nicht in dieser Detailtreue behalten haben kann.
Und ob Maike nun 9 (wie im Text) oder schon 10 (auf dem Cover) ist, jedenfalls war ich als Leser sehr verwundert, wie „erwachsen“ manche ihre Erkenntnisse und Überlegungen erscheinen. Doch immer wieder funkt auch eine kindliche Naivität dazwischen. So entsteht für mich kein ganz stimmiges Bild bezüglich Maike. Leitete mich anfangs noch die Teilhabe an ihrer Pein, was mich mitleiden ließ, wurde ich mir im weiteren Verlauf der deutlich zutage tretenden Schwächen in ihrer kindlichen Persönlichkeitsstruktur bewusst, die immer wieder zu so etwas wie „selbsterfüllender Prophezeiung“ führen.
Für mich war die Frage natürlich naheliegend, ob der Roman autobiografische Züge enthält. Es wird wirklich sehr viel geweint – nicht nur von Maike – und es gibt darüber hinaus noch viele Tränen in den Augen. Dies und manche andere Wiederholung von inneren Dialogen bzw. zentralen Sätzen, mit denen Maike sich niedermacht, wurden mir zum Schluss hin doch ein wenig zu viel.
Sprachlich war der Roman für mich eine Entdeckung. Er biedert sich nicht dem üblichen Erzählfluss an, und die besonders formulierten Sätze mit ungewöhnlichen Ausdrücken haben mir über weite Strecken sehr gut gefallen.
Ein gründliches Ko-Lektorat hätte dem Werk gutgetan. Auch bei einem selbst veröffentlichtem Werk stört es beim Lesen, wenn sich Rechtschreibfehler häufen, bzw. zu viele fehlenden Kommas den Lesefluss behindern. Außerdem erschließt sich mir der Titel in der gewählten Form nicht so ganz.
Fazit: Für ein Erstling recht passabel, gerade bezüglich des sprachlichen Ausdrucks. Aber für mich zu „leidvoll“ und zu ausgedehnt hinsichtlich einer an sich interessanten Grundidee. Finde es gut, dass nicht alles aufgeklärt wird, sondern der Phantasie der Leserschaft überlassen wird. Ich gebe gute 3 Sterne.