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Veröffentlicht am 13.10.2024

Realismus vor Fiktion

Morgen war ein schöner Tag.
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Da Gedanken bekanntlich frei sind, ist es Autoren möglich, im Rahmen der schriftstellerischen Freiheit auch spezielle Gedankenexperimente zu Papier zu bringen. Der Polit-Thriller “Morgen war ein schöner ...

Da Gedanken bekanntlich frei sind, ist es Autoren möglich, im Rahmen der schriftstellerischen Freiheit auch spezielle Gedankenexperimente zu Papier zu bringen. Der Polit-Thriller “Morgen war ein schöner Tag” von Christian Eckl ist ein sehr gutes Beispiel dafür.

Eckl verbindet reale Persönlichkeiten und historisch belegte Fakten mit einer Art alternativen Geschichtsschreibung und schafft eine spannende, fiktionale Geschichte, die im Berlin des Jahres 1989 ihren Ausgang nimmt.

Zur ungewollten Schlüsselfigur wird der junge Berthold Grün, als er zufällig zwei Mal Zeuge eines beziehungsweise mehrerer Morde wird. Auch wenn es bis zum Mauerfall nicht mehr weit ist, macht er sich in Verhören durch seine Ehrlichkeit selbst das Leben schwer. Dadurch bietet er sich den Mächtigen für ihre Ränkespiele geradezu freiwillig an und gerät folglich ins Visier des einflussreichen Generaloberst Markus Wolf.

Grün wird folglich knapp vor dem Ende der DDR verurteilt. Nach einem Zeitsprung von mehr als 30 Jahren kommt er frei und ist nicht nur mit einem vereinten Deutschland, sondern mit gesellschaftlichen wie auch technologischen Änderungen konfrontiert.

Dieses “Intermezzo” ist teilweise witzig gemacht, treibt die Geschichte zwischendurch aber wenig voran. Spannend wird es erst wieder, als die immer noch Mächtigen im Hintergrund (wieder) auf Berthold Grün aufmerksam werden und ihm endgültig nach dem Leben trachten.

Auf rund 330 Seiten versucht der Autor, die jüngere deutsche Vergangenheit anhand des fiktiven Einzelschicksals seines Protagonisten so “umzubauen”, dass wir dennoch in derselben Gegenwart landen, wie wir sie kennen. Die Zukunft (von 1989 aus gesehen) ändert sich nicht, lediglich der mögliche Weg dorthin.

Das Buch an sich ist nicht blutig, Action ist nur ganz dosiert im Einsatz. Vielmehr läuft das meiste über die psychologische Komponente, was gut zum Ausgangspunkt DDR passt. Auch wenn ich mir generell noch etwas mehr “Agenten-Thrill” erwartet hätte, punktet der Thriller mit anderen Qualitäten. Im stetigen Kampf von Fiktion und realen Ereignissen hat hier ganz bewusst die Realität die Nase vorne.

Veröffentlicht am 25.08.2024

Für mich ein “Thrimi”

Wintersturm
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Fans der Reihe um den neuen jungen Polizist Ari Thór Arason dürfen sich über eine (letzte) Fortsetzung freuen.. In Band 6 ist er nun Polizeikommissar und hat das Kommando über die Wache in Siglufjörður ...

Fans der Reihe um den neuen jungen Polizist Ari Thór Arason dürfen sich über eine (letzte) Fortsetzung freuen.. In Band 6 ist er nun Polizeikommissar und hat das Kommando über die Wache in Siglufjörður übernommen. Sein Vorgänger weilt in Reykjavík und Ari hofft auf eine ruhige Zeit in der ganz im Norden Islands gelegenen Kleinstadt.

Doch damit ist es auch zwei Gründen vorbei: Er hat nun die Verantwortung, aber auch die meiste Arbeit. Und da es Osterzeit ist, kommen viele Touristen zum Schifahren in den Norden. Und das Verbrechen zeigt sich auch wieder einmal. Ausgerechnet dann, als Ari ein paar entspannte Tage mit seiner Ex-Freundin und dem gemeinsamen kleinen Sohn verbringen möchte.

Eine Tote liegt auf der Straße und alles deutet auf Selbstmord hin. Hat sie sich von einem Balkon gestürzt? Ragnar Jónasson erzählt gewohnt schnell und spannend von Aris Ermittlungen wie auch von seinem Innenleben. Da das Buch weniger als 300 Seiten hat, eignet es sich gut für eine kurze mentale Abkühlung im heißen Sommer und Krimifans werden dabei auch noch sehr gut unterhalten.

Da die Reihe stark auf ihrer Hauptperson aufbaut, ist es hilfreich, wenn man Ari durch manche der anderen Bände besser kennt. Die Handlung selbst ist aber immer eigenständig und in sich abgeschlossen. Auf dem Cover steht zwar Thriller, großteils würde ich “Wintersturm” aber als Krimi bezeichnen, da dieses Mal der “psychisch-tiefgründige” Fokus weniger stark zum Tragen kommt. Vielleicht könnte man “Thrimi” dazu sagen?

Veröffentlicht am 02.06.2024

Chinesische Sci-Fi für Spezialisten

Die drei Sonnen
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Gibt es im Universum noch andere Leben außer uns Menschen? Und wenn ja, wie intelligent ist es? Müssen wir uns vor dieser Möglichkeit fürchten? Rund um diese grundlegenden Fragen, die einen großen Teil ...

Gibt es im Universum noch andere Leben außer uns Menschen? Und wenn ja, wie intelligent ist es? Müssen wir uns vor dieser Möglichkeit fürchten? Rund um diese grundlegenden Fragen, die einen großen Teil unserer Forschung antreiben, strickt Cixin Liu (westliche Schreibweise) seine wissenschaftlich-fantastische Trilogie "Trisolaris".

"Die drei Sonnen" ist Band 1 der spannenden Romanreihe, die weiteren sind "Der dunkle Wald" und "Jenseits der Zeit". Unter dem Titel dieses Bandes wurde die Trilogie auch verfilmt. Dennoch entfalten sich in Büchern immer mehr Details und die durchaus intensiven Szenen sind im Kopfkino meist weniger verstörend.

Doch Vorsicht - dieser Roman ist keine leichte Lektüre! Das liegt zum einen daran, dass der Großteil der Handlung in China spielt. Einerseits heute, andererseits 1-2 Generationen vorher, zur Zeit der brutalen "Kulturrevolution". Zum anderen fußt Vieles in der Geschichte auf Naturwissenschaft und ihren Zusammenhängen. Man sollte entweder gutes Grundwissen oder viel Interesse und Verständnis für diesen Schwerpunkt mitbringen. Und man darf ruhig auch manche Passagen als gegeben hinnehmen, wenn man nicht jedes Detail zu einhundert Prozent nachvollziehen kann.

Der Autor schafft es - wenn auch teilweise schon fast zu detailreich - bekannte physikalische, biologische Phänomene und bewiesene Thesen mit dem "Was wäre, wenn?", dem erfundenen Teil der Geschichte, plausibel zu vermengen. Könnte neben der Erde noch eine weitere, ähnliche Welt existieren? Im Buch ist dies "Trisolaris", ein Planet, der statt einer gleich drei Sonnen hat wegen derer die Lebensbedingungen dort deutlich schwieriger sind.

Könnte es gelingen, mit so einer Zivilisation von der Erde aus Kontakt aufzunehmen? Und wenn ja, was wären die Folgen? Komplett beantwortet werden diese Fragen nicht, was zum Teil sicher daran liegt, dass noch zwei Bände folgen.

Abseits der naturwissenschaftlichen Erklärungen und Informationen, bekommen wir hier auch einen authentischen Einblick in die chinesische Seele. Das Personenregister und die Anmerkungen zu wichtigen Begriffen am Ende des Buches sind in jedem Fall hilfreich.

Ich war schon immer naturwissenschaftlich interessiert und kann mich daher auch für Science Fiction, das in diese Richtung tendiert, begeistern. Ein paar Passagen sind, aufgrund der umfangreichen Erklärungen, die nötig sind, etwas langatmiger. Aufgrund der Thematik ist die "Trisolaris"-Trilogie aber keine "massentaugliche" Unterhaltungsliteratur. Wer sich aber darauf einlassen kann, dessen Horizont wird durch "Die drei Sonnen" aber sicherlich erweitert.

Veröffentlicht am 13.04.2024

Unterwegs auf eigene Faust

Blutstunde
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Auch wenn Ermittler Alexander Blix von der Osloer Polizei sich schon in früheren Fällen (Blutzahl, Blutnebel, Bluttat, Blutnacht) nicht immer ganz exakt an alle Vorgaben gehalten hat, ist er in seinem ...

Auch wenn Ermittler Alexander Blix von der Osloer Polizei sich schon in früheren Fällen (Blutzahl, Blutnebel, Bluttat, Blutnacht) nicht immer ganz exakt an alle Vorgaben gehalten hat, ist er in seinem fünften Abenteuer noch etwas freier. Momentan arbeitet er nämlich nicht mehr als Polizist. Er arbeitet allerdings auch in keinem anderen Job.

Und gäbe es Emma Ramm nicht, würde er wohl auch sonst nicht viel tun. Die ehemalige Journalistin, die im Moment ebenso auf Jobsuche ist, vertieft sich in einen aktuellen Kriminalfall und ermittelt ein wenig auf eigene Faust. Damit lenkt sie nicht nur sich selbst von ihren eigenen Problemen ab, sondern schafft es auch, Blix dazuzuholen.

Parallel dazu nimmt ein Unbekannter mit Blix Kontakt auf, weil er etwas gestehen möchte. Wird dadurch etwa ein alter, ungelöster Fall geklärt, den Blix in seiner aktiven Zeit bearbeitet hatte?

Thomas Enger (Henning Juul-Reihe) und Jørn Lier Horst (William Wisting-Reihe) haben sich auch hier wieder für eine spannende und packende Fortsetzung der Blix-Ramm-Reihe zusammengetan. Die Fälle sind im Wesentlichen immer in jedem Band abgeschlossen, die Charaktere versteht aber am besten, wenn man alle Thriller chronologisch gelesen hat. “Blutstunde” ist klassisch gute Spannungsliteratur aus Skandinavien, wie sie viele Fans schätzen und lieben.

Veröffentlicht am 24.02.2024

Aus zwei mach eins

Catwatching
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Das Buch bietet eine Fülle an interessanten Informationen über unsere Stubentiger.
Es enthält auch viele schöne Fotos, die das Herz aller Katzenfreunde sicher erfreuen werden.

Am besten ist es, wenn ...

Das Buch bietet eine Fülle an interessanten Informationen über unsere Stubentiger.
Es enthält auch viele schöne Fotos, die das Herz aller Katzenfreunde sicher erfreuen werden.

Am besten ist es, wenn man immer wieder einzelne Kapitel daraus liest und dann gleich selber bei der eigenen Katze "Catwatching" betreibt.
Vieles sieht man dann auch bestätigt, nur hin und wieder denkt man: "Nein, meine Katze ist da gaaanz anders!"
Eine Antwort zur Frage "Warum trinken Katzen gern schmutziges Wasser?" könnte sein, dass es wie 'Römerquelle Emotion' für Katzen schmeckt.

Das vorliegende Buch ist jedoch nur eine Zusammenfassung zweier Bücher erschienen in den 1980er Jahren (damals noch ohne Fotos, jedoch mit Zeichnungen):

"Catwatching. Die Körpersprache der Katze" und
"Katzen. Ihr Mythos - Ihre Sprache - Ihr Verhalten"
wobei mehrere Kapitel aus diesen beiden weggelassen und dafür ein paar neue in das aktuelle Buch aufgenommen wurden.
Eventuell hängt das damit zusammen, dass eine knappere Version eher als Geschenk gekauft wird als zwei ausführlichere Bücher. Wer die älteren Bände nicht kennt, kann aber dennoch hier seine Freude an den Katzeninfos haben und bekommt ein paar witzige Anregungen.