Profilbild von yesterday

yesterday

Lesejury Star
online

yesterday ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit yesterday über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Amüsant aufbereitetes "Wussten Sie schon...?"

Sex macht Spaß, aber viel Mühe
0

Nach der Lektüre dieses Buches versteht jeder, was die Birne mit unseren Urinstinkten zu tun hat und hat dabei noch die Lachmuskeln gut trainiert. Zur Neugier, was das plakative Thema Sex anbelangt (das ...

Nach der Lektüre dieses Buches versteht jeder, was die Birne mit unseren Urinstinkten zu tun hat und hat dabei noch die Lachmuskeln gut trainiert. Zur Neugier, was das plakative Thema Sex anbelangt (das vorne auf dem Buch draufsteht, um die Verkaufszahlen hoch zu halten – wie Steffen Münzberg im Buch selbst zugibt), sollte der geneigte Leser aber auch ein einigermaßen grundlegendes Wissen oder zumindest Interesse an Biologie, biologischen Vorgängen (nein, nicht nur der im Bett) und Evolution ganz allgemein mitbringen. Dann wird die literarisch unterhaltsame Reise von den Ursprüngen der Bakterien über Pflanzen, Affen bis hin zum heute großteils monogam lebenden homo sapiens durchwegs kurzweilig, gespickt mit passenden, witzig präsentierten Fakten. Etliche „Wussten Sie schon…?“-Momente, die durch den passend flapsig-leichten Stil von Münzberg nicht so oberlehrerhaft wirken, wie sie könnten, bleiben auch nach dem Buch noch länger im Kopf.
Wer dieses Buch in der Familie, im Verwandtschafts- oder Bekanntenkreis weitergibt, kann sich sicher auf die eine oder andere Diskussion freuen. Ob sie nun ernst, spekulativ oder lasziv geführt wird, hängt davon ab, wer das Buch in die Finger bekommt.

Nur ab und an kann die Lektüre ein wenig langatmig werden, da leider auch viel Fachwissen erklärt werden muss. Dagegen hilft leider auch kein biologisches Vorwissen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Detailreich und (zu) realistisch

Die Spur des Jägers
0

Gleich zu Beginn bekommt man direkt alle drei wesentlichen Handlungsstränge vorgestellt. Glücklicherweise sind über den Abschnitten (Das Tagebuch eines Mörders, die Kriminalpolizistin in der Rehaklinik ...

Gleich zu Beginn bekommt man direkt alle drei wesentlichen Handlungsstränge vorgestellt. Glücklicherweise sind über den Abschnitten (Das Tagebuch eines Mörders, die Kriminalpolizistin in der Rehaklinik und die Ermittlungshandlung) immer Datum, Ort und Zeit vermerkt. Zwar kommt man zu Beginn leicht durcheinander, wenn man sich aber daran gewöhnt hat, behält man den Überblick.
Die Spannung ist immer greifbar, Beschreibungen sehr direkt, was wohl auch daran liegt, dass alle Handlungsteile in der Ich-Perspektive geschrieben sind. Bei einem Tagebuch ist das üblich, die anderen Teile der Geschichte werden von der Polizistin Inge rückblickend beziehungsweise aktuell erzählt. Sie erlitt bei dem behandelten Fall ein schweres Trauma und muss zur Heilung in der Klinik mit dem Stoff umgehen lernen. Da man weiß, dass sie nach dem Fall in die Klinik kam, hat man das ganze Buch über ein gespaltenes Gefühl: Man ahnt, dass Schlimmes passieren wird, aber weiß auch, dass Inge, was auch immer noch kommt, überleben wird. Eine interessante Mischung.
Das niedergeschriebene kann auf mehrere Arten verstörend sein, dieser Kriminalroman ist näher an einem teilweise sehr blutigen, intensiven Thriller angesiedelt. Hier könnte die Stärke des Autors, eine Szene so beschreiben zu können, dass der Leser das Gefühl hat, dabeizusein, in eine Schwäche umschlagen. Zwar werden die Morde selbst nicht erzählt, aber die verstümmelten Leichen sind sehr plastisch dargestellt. Leser mit empfindlichem Magen oder zu starker Vorstellungskraft sollten bei diesen Stellen schnell drüberlesen.
Abgesehen davon, schafft der Autor es auch, einen Sog zu erzeugen, der den Leser sehr flüssig voranbringt und ihm trotzdem die Zeit gibt, selbst mitzurätseln, wer denn nun als Täter infrage kommt. Dass es derjenige mit dem Tagebuch sein muss, merkt man schnell, dennoch wird sein Name sehr lange nicht erwähnt. Auch die Opfer scheinen auf den ersten Blick nicht miteinander in Beziehung zu stehen, was viel Raum für Spekulationen eröffnet.
Die Charaktere, allen voran Inge und ihr Ermittlungsteam sind vielfältig, gut nachvollziehbar und werden immer wieder an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit getrieben. Nicht nur deswegen leidet man immer wieder mit ihnen mit. Greifbar werden auch die Menschen, die rundherum mit dem Fall in Verbindung stehen, charmante Szenen mit entwaffnendem Dialekt der Ortsansässigen regen zum Schmunzeln an. Auch der Klinikalltag und mit den Therapeuten und Mitpatienten ist greifbar und sehr realistisch erzählt. Hier liegen die inhaltlichen Stärken des Autors, der ja selbst Psychologischer Psychotherapeut ist.
Ein wenig gestört hat mich der Täter, dessen Biographie gar zu glatt, zu stereotyp erscheint: der jugendliche Einzelgänger, von Mitschülern gemobbt, schwört Rache, begeht den Mord und wird dann zum „Schläfer“, der bei einer Handlung, die für andere normal erscheint, wieder aktiv wird, weil sie in ihm eine alte Wunde aufreißt. Trotzdem bietet das Buch viel Spannung und ein paar überraschende Handlungen und Wendungen. Wer gerne Thriller liest, Blut sehen kann und wen nicht stört, dass Charaktere sind ab und an etwas irrational verhalten (Stichwort Ausnahmesituation), dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Spannend und realistisch

Wald der Toten
0

Dass, wie man vor dem eigentlichen Beginn der Geschichte erfährt, sie teilweise auf einer wahren Begebenheit basiert, lässt einen als Leser mit gemischten Gefühlen beginnen. Gewalt in gänzlich fiktiven ...

Dass, wie man vor dem eigentlichen Beginn der Geschichte erfährt, sie teilweise auf einer wahren Begebenheit basiert, lässt einen als Leser mit gemischten Gefühlen beginnen. Gewalt in gänzlich fiktiven Büchern zu lesen, ist zwar oft erschreckend, aber immer wieder tröstet der Gedanke, dass ja alles bloß erfunden sei. Hier kann man sich nie sicher sein, was Erfindung und was doch Wahrheit dabei ist. Das bringt eine ganz eigene Spannung und Dynamik in den Thriller hinein.
Zu Beginn ist vom Entführer nur als „er“ die Rede, ungefähr zur Mitte des Buches wird dann auch sein Name erwähnt. Zuerst wunderte mich das, aber da er dann bald eine Handlung begeht, die ihn ohnehin entlarven könnte, ist das wohl so geplant. Er kommt, wie in den meisten solcher Entführungsfälle, aus dem Umfeld des Opfers
Auch wenn man spätestens dann den Täter kennt, bleibt das Buch spannend, denn man möchte einerseits, dass Fran entkommt und will andererseits ja wissen, wie die Polizei den Täter denn dann doch schnappt.
„Wald der Toten“ ist als Geschichte gut aufgebaut, auch der Schreibstil passt zu so einem Thriller, der ja spannend, aber unblutig ist. Die Personen sind greifbar und handeln logisch. Ich hätte mir mehr und längere Zwiegespräche zwischen Fran und ihrem Entführer gewünscht, um einen besseren Einblick in dessen Seele zu bekommen, er bleibt leider etwas flach.
Auch wurden ein paar interessant Nebenhandlungen angesprochen, die aber leider nicht weiter verfolgt wurde und doch sehr interessant hätten sein können: Miriams Schwester und das Haus kommen eher zu Beginn stärker vor, dann gar nicht mehr; es wird bekannt, dass die Familie von Fran einen Privatdetektiv anheuert, aber dann wird nichts mehr darüber erwähnt. Da wäre noch Potential gewesen, die Geschichte auszubauen und viel eigene Phantasie spielen zu lassen. Was mich sehr stutzig machte: ein Mal ruft Fran ihren Bruder Frank an, wovon die Polizei aber anscheinend nie etwas erfährt – und auch der Rest der Familie nicht, soweit ich das erkennen konnte. Hier tat sich ein neuer Handlungsstrang auf, wurde aber dann schon wieder fallengelassen, sehr schade.
Von Fehlern, die Rechtschreibung betreffend, ist dieses E-Book grundsätzlich eher verschont geblieben, jedoch gibt es zwei Namen, die in zwei Schreibweisen vorkommen: Marcus/Markus und Breckenridge/Breckinridge. Schade, dass dies nicht vorher aufgefallen ist.
Grundsätzlich gefällt es mir gut, wenn es Zeitangaben bei den Kapiteln geht, hier ist allerdings auch einmal ein Fehler passiert.
Das Cover passt gut zur Atmosphäre der Geschichte, auch der Titel wird im Verlauf der Handlung näher erklärt.

Veröffentlicht am 13.10.2024

Hätte mir noch mehr Tiefe gewünscht

Lieferdienst
0

Egal ob Krimi oder Zukunftsvisionen - fast alles, was aus Tom Hillenbrands Feder kommt, lese ich gerne und mit großen Erwartungen. “Lieferdienst” war letztlich anders, als ich dachte, und es hat für mich ...

Egal ob Krimi oder Zukunftsvisionen - fast alles, was aus Tom Hillenbrands Feder kommt, lese ich gerne und mit großen Erwartungen. “Lieferdienst” war letztlich anders, als ich dachte, und es hat für mich ein paar Fragen aufgeworfen. Was nichts Schlechtes sein muss.

Die Geschichte dreht sich um Arkadi Schneider, der im Berlin einer nicht genau verorteten Zukunft lebt. Unsere Konsumgesellschaft scheint sich bis dahin nur insofern weiterentwickelt zu haben, als dass alles nur noch maßloser und verschwenderischer wird.

Produkte werden zwar erst bei Bestellung erzeugt und geliefert - das aber parallel von mehrere Anbietern, die sich dann darum streiten, wer das Ding zuerst zustellt. Hier kommt Arkadi ins Spiel, denn er arbeitet bei einer dieser mächtigen Erzeuger-/Zustellfirmen. Zwar wird vieles einfach per Drohnen verschickt, aber es gibt auch noch die menschlichen “Bringer”, die auf ihren Hoverboards futuristische Götterboten abgeben.

Alles ist digital, wird getrackt und wer das Leistungsprinzip nicht verinnerlicht hat, hat schlechte Karten. Arkadi lebt danach und möchte einfach nur seinen Job erledigen, als ihm immer wieder sonderbare Zufälle und Begegnungen dazwischenkommen. Gar nicht gut für seine Reputation, aber gut für die Handlung, die nun Schwung aufnimmt.

Unser Protagonist gerät zwischen die Fronten und deckt etwas auf, das brisanter ist als alles, was er sich bisher vorstellen konnte…

“Lieferdienst” wird auf dem Cover als Roman bezeichnet, auf der Umschlagrückseite ist von Thriller die Rede. Beides trifft die Geschichte nicht so ganz. Die mit weniger als 200 Seiten eher wie eine Novelle anmutende Handlung ist dystopisch und gesellschaftskritisch. In sich bietet sie ausgefeilte Details, die die Science Fiction hinter der Story logischer machen.

In Summe wirkt es auf mich aber so, als wäre die Idee der “Zustell-Krieger” aus einer anderen Buchidee entnommen und ausgebaut worden. Allerdings nicht so weit, wie es vielleicht möglich gewesen wäre. Das ist der Punkt, den ich so von Hillenbrand nicht erwartet hätte.

Abgeschlossene Bücher von ihm haben, soweit ich sie kenne, eigentlich immer eine sehr starke Handlungstiefe, sind bis ins Detail ausgefeilt und dementsprechend umfangreich. Hier empfinde ich die Idee sehr gut, aber etwas unausgereift, als wäre nicht genug Zeit gewesen. Das eher abrupte Ende verstärkt diesen Effekt noch.

Veröffentlicht am 02.01.2023

Spannend, aber nicht das stärkste Buch der Serie

Totenklippe
0

Dieser Thriller lässt sich zwar wie alles von Ragnar Jónasson gut und flüssig lesen, aber er konnte mich nicht so stark packen wie andere seiner Bücher. “Totenklippe” in Band 4 der “Dark-Iceland-Serie”. ...

Dieser Thriller lässt sich zwar wie alles von Ragnar Jónasson gut und flüssig lesen, aber er konnte mich nicht so stark packen wie andere seiner Bücher. “Totenklippe” in Band 4 der “Dark-Iceland-Serie”. Die Haupthandlung spielt dieses Mal nicht im Fischerdorf Siglufjörður, aber die Hauptpersonen bleiben dieselben und die Polizisten Tómas und Ari Thór ermitteln wieder.

Wie der Titel schon verrät, spielt eine schroffe isländische Klippe eine wichtige Rolle. Eine junge Frau kommt kurz vor Weihnachten ums Leben und es muss noch geklärt werden, ob es Selbstmord, ein Unfall oder Mord war.

Das Setting ist gewohnt kompakt: Ein einsames Herrenhaus, ein paar Bewohner, die etwas zu verbergen haben und das Opfer, das auch nach und nach greifbarer wird. Besonders Ari Thór folgt seinem Instinkt und gräbt akribisch in den Erinnerungen der Verdächtigen, um nur nichts zu übersehen oder zu überhören.

Das Haus liegt abseits und in der Nähe befinden sich nur ein unbewohnter Leuchtturm und eine kleine Farm eines Ehepaares. Der Aufbau, dass nur eine Handvoll Personen infrage kommen und die Vergangenheit zwischen ihnen eine wichtige Rolle spielt, erinnert ein wenig an britische Krimis - unblutig, tiefgründig und vielschichtig.

Dennoch fand ich manche Passagen etwas lang und es passiert in den ersten ⅔ des Buches eigentlich nicht viel, obwohl einiges passiert. Es ist schwer zu beschreiben. Die Geschichte an sich ist gut und spannend und auch schlüssig.