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Veröffentlicht am 23.10.2024

Die Welt der Reichen in New York

Pineapple Street
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Ich frage mich beim Spazieren durch reiche Wohngebiete immer, wie es wohl in den Häusern aussieht, und würde nur zu gerne mal für eine Hausbegehung hereingebeten werden. In „Pineapple Street“ von Jenny ...

Ich frage mich beim Spazieren durch reiche Wohngebiete immer, wie es wohl in den Häusern aussieht, und würde nur zu gerne mal für eine Hausbegehung hereingebeten werden. In „Pineapple Street“ von Jenny Jackson reist man in die exklusive Wohngegend von Brooklyn Heights in New York City und darf hinter die Mauern der Häuser und Wohnungen der wohlhabenden Familie Stockton schauen. Mit Witz und Charme beleuchtet der Roman dort das Leben der drei Protagonistinnen – die Töchter der Familie Darley und Georgiana sowie Schwiegertochter Sasha.

Während Darley, die älteste Tochter, damit hadert, ihre Karriere und ihr Erbe zugunsten ihrer Familie aufgegeben zu haben und Georgiana, die älteste Tochter, nach der großen Liebe sucht, kämpft Sasha damit, dass sie als Kind der Mittelschicht vom Rest der Familie nicht akzeptiert wird. Dass trotz dieser Schwierigkeiten alle drei ein sehr privilegiertes Leben innerhalb ihrer überdimensionierten Häuser und Wohnungen führen, wird immer wieder mit Witz und Ironie kommentiert, sodass immer wieder auch Kritik an der Lebensweise und den Einstellungen der Familie Stockton sowie an den Strukturen, die dieses Leben ermöglichen, deutlich wird.

Dennoch ist „Pineapple Street“ in erster Linie ein unterhaltsamer Roman über die Familiendynamiken und gibt einen Einblick in das Leben der reichen weißen Oberschicht von New York. Wenn es um die größeren gesellschaftlichen Themen wie Klassismus und Rassismus geht, bleibt der Roman an der Oberfläche und hinterfragt Strukturen nicht grundsätzlich. Stattdessen dominiert bei mir die Faszination für die glamouröse Welt der High Society, was für mich jedoch auch nicht überraschend war und im Kontext des Romans gut funktioniert.

Insgesamt ist „Pineapple Street“ damit ein kurzweiliger Roman, der nicht zu viel Tiefgang verspricht, aber auf charmante Weise einen Blick hinter die Kulissen des Lebens der Reichen und Schönen bietet. Wer eine leichtfüßige, unterhaltsame Lektüre, die nicht zu seicht ist, sucht, wird hier fündig.

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Veröffentlicht am 18.10.2024

Die Schattenseiten von Fritz Lang

Die Könige von Babelsberg
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Ralf Günther schafft mit „Die Könige von Babelsberg“ einen historischen Kriminalroman, der die glamouröse und zugleich düstere Welt der 1920er Jahre in Berlin passend einfängt. Der Roman basiert auf der ...

Ralf Günther schafft mit „Die Könige von Babelsberg“ einen historischen Kriminalroman, der die glamouröse und zugleich düstere Welt der 1920er Jahre in Berlin passend einfängt. Der Roman basiert auf der wahren Geschichte des berühmten Filmemachers Fritz Lang und dem mysteriösen Tod seiner Ehefrau Elisabeth „Lisa“ Rosenthal, mit dem Lang in Verbindung gebracht wurde, der aber nie aufgeklärt wurde. Um diese reale Begebenheit spinnt Günther eine fiktive Krimihandlung, in der der hartnäckige Kommissar Beneken ermittelt.

Besonders überzeugend ist die Darstellung der aufstrebenden Filmwelt der Weimarer Republik und des pulsierenden Berliner Nachtlebens, welche er immer wieder in Kontrast zu den gesellschaftlichen Spannungen und den Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs im Alltag setzt. Günther lässt die Leser:innen mit den ermittelnden Kommissar in die Filmstudios von Babelsberg eintauchen, wo Größen wie Fritz Lang und seine Geliebte sowie zukünftige Ehefrau, die zu der Zeit sehr bekannte Drehbuchautorin Thea von Harbou, die Grenzen des Kinos erweitern. Während Lang noch heute zum filmischen Kanon gehört, war mir nicht bekannt, dass Thea von Harbou maßgeblich an Filmen wie „Metropolis“ mitgearbeitet hat, sodass sich der Roman für mich allein schon deshalb gelohnt hat.

Günther zeichnet mit Beneken einen klassischen Krimihelden, der von der Wahrheitssuche besessen ist. Obwohl er sich in einem Geflecht aus Lügen, Geheimnissen und gesellschaftlichem Druck verliert, bleibt er unermüdlich. Die Ermittlungen führen Beneken durch die verschiedenen Schichten Berlins - bald entdeckt Beneken aber auch bei sich selbst Wahrheiten, die unter mehreren Schichten Alltag verborgen waren.

Die Parallelen zu Babylon Berlin sind unverkennbar. Wer die Serie liebt, wird auch an „Die Könige von Babelsberg“ Gefallen finden, da Günther ein ähnliches Gespür für historische Details und die Widersprüche der Weimarer Republik zeigt. Ein Nachwort zu den historischen Fakten zu Fritz Lang und Thea von Harbou runden den Roman deshalb für mich gelungen hab. Daneben ist der Kriminalroman aber auch einfach spannend zu lesen und wird Leser:innen gut unterhalten, die sich für komplexe Ermittlercharaktere interessieren.

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Veröffentlicht am 14.10.2024

Berühmt-berüchtigte Schwestern

Die Mitford Schwestern
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„Die Mitford Schwestern“ ist eine typische, unterhaltende Romanbiographie, die die kontroversen Lebenswege der berühmten Mitford Schwestern beleuchtet, die in Englands Gesellschaft zwischen den Weltkriegen ...

„Die Mitford Schwestern“ ist eine typische, unterhaltende Romanbiographie, die die kontroversen Lebenswege der berühmten Mitford Schwestern beleuchtet, die in Englands Gesellschaft zwischen den Weltkriegen eine prägende Rolle spielten. Als Diana sich von ihrem wohlhabenden Ehemann scheiden lässt, um den britischen Faschisten Oswald Mosley zu heiraten, und ihre Schwester Unity nach München geht, sympathisieren mehr und mehr Mitfords mit den britischen und deutschen Faschisten. Während die Nazis an Macht gewinnen, wird die Schriftstellerin Nancy Mitford misstrauisch gegenüber den ständigen Besuchen ihrer beiden Schwestern in Nazi-Deutschland. Bald muss sie sich zwischen Loyalität zu Familie oder Land entscheiden.

Zu Beginn hatte ich die Befürchtung, dass die Vielzahl an Figuren und Namen verwirrend werden könnte. Das war allerdings schnell kein Problem mehr, weil nur die drei Schwestern Nancy, Diana und Unity Mitford im Zentrum des Romans stehen. Der Schreibstil von Benedict ist locker und flüssig, was das Buch trotz der oft schweren Thematik leicht lesbar macht. Die kurzen Kapitel und der Wechsel der Perspektiven schaffen ein hohes Erzähltempo. Es wird weitgehend auf Kitsch verzichtet, was für solche Romanbiographien ja auch nicht selbstverständlich ist.

Leider bleibt der Roman aber auch in einigen Punkten hinter meinen Erwartungen zurück. Besonders bedauerlich fand ich, dass das Nachwort nicht darüber informiert, was im Roman Fakt und was Fiktion war. Außerdem fand ich es schade, dass die Beziehungen von Diana und Unity zu Hitler sehr im Zentrum des Romans standen, während der Widerstand von Nancy und z.B. auch ihrer kommunistischen Schwester Jessica weniger Raum einnehmen konnten.

Insgesamt hat mir der Roman aber gut gefallen, insbesondere weil er mir eine neue Perspektive auf die britische Geschichte geboten hat. Dass es in Großbritannien in den 1930er Jahren eine aktive faschistische Bewegung gab, war mir zuvor nicht bewusst. Benedict schafft es, diese historische Realität auf unterhaltsame Weise zu vermitteln, ohne den ernsten Hintergrund zu vernachlässigen.

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Veröffentlicht am 03.10.2024

Unterhaltsam und nett

Pi mal Daumen
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„Pi mal Daumen“ erzählt von der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen dem mathematischen Wunderkind Oscar und der lebenslustigen Großmutter Moni, die sich heimlich ihren Traum vom Mathematikstudium erfüllen ...

„Pi mal Daumen“ erzählt von der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen dem mathematischen Wunderkind Oscar und der lebenslustigen Großmutter Moni, die sich heimlich ihren Traum vom Mathematikstudium erfüllen will. Trotz ihrer Unterschiede – Oscar, privilegiert und sozial unbeholfen, und Moni, die mit mehreren Nebenjobs plus drei Enkelkindern ihren Alltag meistert – wachsen die beiden im Laufe der Geschichte zusammen und bilden ein sympathisches Team, das sich gemeinsam beim Studium unterstützt.

Moni wird zunächst als Außenseiterin belächelt – allein schon wegen ihres auffälligen Auftretens mit knalligem Lippenstift und hohen Schuhen, und weil sie für eine Putzfrau gehalten wird. Doch der Roman schafft es, schnell zu zeigen, dass sich wahre Intelligenz und Leidenschaft nicht durch äußere Erwartungen und Rollenbilder begrenzen lassen. Es dauert nicht lange, bis Oscar erkennt, dass Monis Wissen und vor allem ihre Hartnäckigkeit etwas Besonderes sind.

Der Humor des Romans bewegt sich oft auf einer schmalen Linie. Während er stellenweise sehr amüsant ist, driftet er manchmal ins Kalauerhafte ab, was sicherlich Geschmackssache ist. An einigen Stellen ist es auch sehr klischeehaft, zudem gibt es hier und da klassistische Ansätze, besonders in der Art, wie Menschen in prekären Lebensverhältnissen dargestellt werden. Der Roman profitiert sicher davon, wenn man das selbst kritisch liest. Doch insgesamt überwiegt der positive Eindruck: Die Charaktere werde trotz der Klischees sehr warmherzig beschrieben und entwickeln sich im Laufe des Romans auch weiter. Die Geschichte ist flüssig und locker erzählt und ich fühlte mich gut unterhalten. Besonders die Entwicklung der Freundschaft, die niemand für möglich gehalten hätte, macht „Pi mal Daumen“ zu einer sehr netten Lektüre.

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Veröffentlicht am 09.09.2024

Nett

Das Windsor-Komplott
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Mit wachsendem Vergnügen habe ich „The Windsor Knot“ bei Tee und Scones gelesen. Während ich anfangs enttäuscht war, dass sich die Geschichte oft um die persönliche Assistentin der Queen Rozie dreht, ...

Mit wachsendem Vergnügen habe ich „The Windsor Knot“ bei Tee und Scones gelesen. Während ich anfangs enttäuscht war, dass sich die Geschichte oft um die persönliche Assistentin der Queen Rozie dreht, die bei den Ermittlungen hilft, lernt man dann die Queen im Laufe der Ermittlungen mehr und mehr kennen. Insbesondere die - wenn man „The Crown“ gesehen hat - glaubwürdigen Dialoge mit Prince Philip haben mir dann sehr gut gefallen. Im letzten Drittel wurde es dann sogar noch ein bisschen spannend. Auch die taffe Rozie bekam verstärkt Konturen, sodass ich nun wahrscheinlich irgendwann die nächsten Teile des Ermittlerduos lesen werde, wenn ich Lust auf etwas Gemütliches habe.
Ich glaube, für richtige Krimifans ist der Roman nichts, für Fans von The Crown dafür umso mehr. Ein bisschen aktualisiert ist die Queen für den Roman allerdings: Sie ärgert sich über Mansplaining und stellt eine Schwarze Assistentin ein, die beteuert, von der Royal Family nie Rassismus zu erleben. Das mag einerseits zu beschönigend wirken, andererseits geht es hier ja auch um eine fiktive Queen.
Es lohnt wahrscheinlich, den Roman auf Englisch zu lesen. Ich fand gerade das Englisch der Queen sehr nett gestaltet und an Alter und Rolle angepasst.

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