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Veröffentlicht am 15.10.2024

Wirre Zeiten im Palais Heiligendamm

Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang
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In "Ein neuer Anfang" lernen wir die Hoteliersfamilie Kuhlmann kennen, die mit ihrem Hotel "Palais Heiligendamm" große Pläne hat und dieses zum ersten Haus am Platz, ja in der ganzen Umgebung machen möchte. ...

In "Ein neuer Anfang" lernen wir die Hoteliersfamilie Kuhlmann kennen, die mit ihrem Hotel "Palais Heiligendamm" große Pläne hat und dieses zum ersten Haus am Platz, ja in der ganzen Umgebung machen möchte. Leider macht der Leiter des naheliegenden Grand Hotels der Familie das Leben schwer. Während Stammhalter Paul das Hotel einmal weiterführen soll, ist es eigentlich Elisabeth, die sich so wirklich für die Hotellerie interessiert, die es als Mädchen Anfang des 20. Jahrhunderts in diesem Metier allerdings alles andere als leicht hat. Und als wäre das nicht schon schwer genug, gibt es auch noch unterschiedlichste Schwierigkeiten in der Familie selbst und obwohl Mutter Ottilie Kuhlmann ein strenges Regiment führt, so hat sie doch nicht immer alles unter Kontrolle. Als dann auch noch der 1. Weltkrieg ausbricht, brechen schwere Zeiten für das Palais Heiligendamm und für Familie Kuhlmann an, und nicht nur einmal droht die Zukunft des Hotels in Schwebe zu sein.

Michaela Grünig hat mit "Ein neuer Anfang" einen großartigen Auftakt zu ihrer Trilogie um das Hotel "Palais Heiligendamm" geschaffen. Schritt für Schritt lernen wir die einzelnen Familienmitglieder kennen und schon sehr bald kristallisieren sich Sympathien für einzelne Protagonisten heraus. Im Mittelpunkt steht die quirrlige Tochter Elisabeth, die mit ihrer frohen Art mein Herz schon sehr bald für sich gewinnen konnte. Aber auch der Rest der Familie erweckt Sympathien und sogar mit der Mutter, die sehr streng und unnahbar erscheint, konnte ich mich im Verlauf des Buches anfreunden.

Interessant waren nicht nur die Familiengeschichte der Kuhlmanns und der Einblick in die Hotellerie, sondern auch die historischen Entwicklungen zu Beginn und während des 1. Weltkrieges. Auch wenn manche Kriegsgeschichten nicht unbedingt leichte Kost waren und viel zum Nachdenken anregten, so war es doch spannend, mehr über diese Zeit zu erfahren und ich finde, Grünig hat die Hintergründe zu ihrem Buch wirklich sehr sorgfältig recherchiert.

"Ein neuer Anfang" ist viel mehr als "nur" Unterhaltung, es zeigt viele historische Probleme auf und lässt einen nachvollziehen, wie Menschen damals gelebt haben und welchen Schwierigkeiten sie ausgesetzt waren, wenn sie nicht das klassische Rollenbild der damaligen Zeit erfüllt haben. Verschiedenste Themen von Homosexualität über Geschlechterrollen, Kriegstraumata, bis zum Unterschied der verschiedenen Klassen, der damals sicher noch stärker ausgeprägt war, als heute, werden behandelt, und bereichern so den Leser.

Ich habe "Ein neuer Anfang" unglaublich gerne gelesen und konnte von Anfang an direkt in die Geschichte "hineinkippen", sodass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte. Ich habe mit der Familie mitgefiebert, mich mit ihnen gefreut und auch die ein oder andere Träne mit den Kuhlmanns verdrückt und ich habe während der Lektüre auch viel Neues über das Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts gelernt. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter und ich freue mich auf die folgenden Bände dieser gelungenen Trilogie.

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Veröffentlicht am 12.10.2024

Auf ein Neues in der Versicherungsagentur

Die Telefonistinnen - Tage des Zweifels
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In "Tage des Zweifels" gibt es ein "Wiedersehen" mit den Telefonistinnen, die so unerlässlich für die Organisation und die Verbindungen im Unternehmen nach innen und nach außen sind und es macht Freude, ...

In "Tage des Zweifels" gibt es ein "Wiedersehen" mit den Telefonistinnen, die so unerlässlich für die Organisation und die Verbindungen im Unternehmen nach innen und nach außen sind und es macht Freude, Gisela, Hanni, Charlie und Julia wieder ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten.

Während in der Versicherung der neue Juniorchef Viktor ordentlich aufrührt, kämpfen die Damen einerseits mit den Ungerechtigkeiten und den Benachteiligungen, denen sie als Frauen in der Arbeitswelt noch immer ausgesetzt sind. Andererseits gibt es auch privat vieles zu regeln. Gisela steht zwischen den Stühlen und weiß nicht, ob sie ihren verschollenen Mann nun für tot erklären lassen soll, Charlie geht auf die Barrikaden und setzt sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung der Telefonistinnen ein, die gutmütige Hanni kämpft mit ihrem gewalttätigen Vater und versucht, neben der Arbeit in der Versicherung auch noch ihre kleine Handschuhproduktion ins Laufen zu bringen und Julia versucht herauszufinden, wer ihr heimlich immer wieder Geschenke macht.

Nadine Schojer ist mit "Tage des Zweifels" eine großartige Fortsetzung ihrer Romantrilogie um die Telefonistinnen der Versicherung Pering gelungen. Die Protagonistinnen, die wir bereits im 1. Band lieb gewonnen haben, lernen wir nun mit ihren Persönlichkeiten und Eigenheiten besser kennen und jede von ihnen schaffte es aufs Neue, meine Sympathie zu gewinnen. Auch wenn die Schrecken des Krieges vorbei waren, die Zeiten wieder besser wurden und sich Deutschland im Wiederaufbau befindet, gibt es für die 4 Damen allerlei Hürden zu meistern.

Ich finde den 2. Teil der Reihe deutlich gelungener als den Beginn. Schojer lässt uns nun intensiv am Leben der 4 Damen teilhaben, besonders mit Gisela und Hanni habe ich sehr mitgefiebert. Die Charaktere werden viel besser geschildert, und auch am Alltag in der Versicherung dürfen wir nunmehr mehr teilhaben. Während mir im ersten Band etwas der rote Faden gefehlt hat, fand ich Band 2 nun sehr spannend und wollte ihn kaum aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen musste, wie es mit den Telefonistinnen weiter ging. Die Unterteilung in kurze Kapitel hat das Lesen sehr flüssig gemacht und die Übergänge zwischen den Geschichten der einzelnen Damen gut abgegrenzt.

"Tage des Zweifels" war für mich ein großes Lesevergnügen. Ich bin gerne ins Köln der Nachkriegszeit eingetaucht und hab mich von Charlies Kampfgeist, Giselas Schwermut, Julias Leichtigkeit und Hannis Durchhaltevermögen begeistern lassen. Es hat Freude gemacht, die Damen besser kennenzulernen, mich mit ihnen zu freuen und mit ihnen mitzuleiden, so als wären sie ein bisschen schon Freundinnen geworden. Zum Glück dauert es nicht allzu lange, bis der nächste Band raus kommt und wir erfahren dürfen, wie es in der Versicherung Pering weiter geht. Ich freue mich darauf und empfehle die Reihe von Nadine Schojer sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Spannung bis zum Ende

Wenn sie wüsste
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Millie bekommt trotz ihrer Vergangenheit die Chance als Hausmädchen bei Nina und ihrer Familie zu arbeiten. Was ursprünglich als toller, gut bezahlter Job begann, entwickelte sich bald zur Hölle für Millie. ...

Millie bekommt trotz ihrer Vergangenheit die Chance als Hausmädchen bei Nina und ihrer Familie zu arbeiten. Was ursprünglich als toller, gut bezahlter Job begann, entwickelte sich bald zur Hölle für Millie. Und als sie schon dachte, dass es schlimmer nicht kommen könnte, nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung. Und noch eine. Und noch eine...

Freida McFadden ist mit "Wenn sie wüsste" ein großartiger Psychothriller gelungen, der einen kaum los lässt. Auf harmlose Art und Weise lernen wir die Protagonisten kennen und schnell entwickeln sich während des Lesens Sympathien und Antipathien für die einzelnen Personen. Es erscheint klar, wie "Gut" und "Böse" aufgeteilt ist. Plötzlich nimmt die Geschichte jedoch ihren Lauf, es geschehen Dinge, mit denen niemand gerechnet hätte - und dennoch erscheint plötzlich alles sonnenklar.

Der Autorin ist es gelungen, den Leser von Anfang an mitzureißen. Man möchte einfach wissen, wie es weiter geht. Nicht alle Hintergründe sind von Anfang an klar, die Figuren entwickeln sich weiter und zeigen nach und nach ihre wahren Seiten. Kaum glaubt man, die Geschichte zu durchschauen, gibt es eine Wendung, sodass der Spannungsbogen niemals abreißt. Faszinierend!

"Wenn sie wüsste" ist ein mitreißender Thriller mit viel Raffinesse und sicherlich der beste seiner Art seit langem. Ich war begeistert und empfehle das Buch sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 15.07.2024

Beeindruckendes Zeugnis einer erschreckenden Zeit

Der Engel von Warschau
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Im Warschau der frühen 40er Jahre spielt dieser Roman von Lea Kampe und er erzählt die Geschichte von Irena Sendler, die es schaffte, während der Nazi Herrschaft tausenden jüdischen Kindern im Warschauer ...

Im Warschau der frühen 40er Jahre spielt dieser Roman von Lea Kampe und er erzählt die Geschichte von Irena Sendler, die es schaffte, während der Nazi Herrschaft tausenden jüdischen Kindern im Warschauer Ghetto das Leben zu retten. Mit dem Fortgang des Krieges wird das Leben der 400.000 Juden in der Stadt Warschau immer unerträglicher, in einem Ghetto leben sie zusammengepfercht auf engstem Raum und oft haben sie nicht einmal das Nötigste zum Leben. Als dann der Abtransport der Menschen immer näher kommt, als viele einfach sinnlos hingerichtet und auf offener Straße erschossen werden, weiß Irena Sendler, dass sie etwas tun muss und sie schafft es mit unendlichem Mut und unter der Gefahr auch selbst Opfer der Nazis zu werden, unzählige Kinder aus dem Ghetto zu schmuggeln und einen Grundstein für ihr Überleben zu schaffen.

Lea Kampe ist mit "Der Engel von Warschau" ein zugleich erschütterndes als auch berührendes Buch über eine Zeit gelungen, die sich niemand vorstellen kann, der sie nicht selbst erlebt hat. Sie schildert ausführlich und sehr detailgetreu, wie die Sozialarbeiterin Irena Sendler nicht wegschaut, sondern alle Hebel in Bewegung setzt, um die unzähligen jüdischen Kinder, deren Leben auf einem seidenen Faden hing und vom Terror dem zu diesem Zeitpunkt in Polen herrschenden Nazi-Deutschland abhängig war, zu retten. Es ist unglaublich mitreißend und bewundernswert, was die junge Frau auf sich nimmt, um die Kinder aus den Fängen der Nazis zu befreien und ihnen unter falschen Namen die Möglichkeit, den Krieg zumindest zu überleben, gibt.

Ich habe das Buch kurz vor meiner eigenen Reise nach Warschau gelesen und in der Stadt selbst dann eine Führung durch das jüdische Ghetto gemacht. Es war unglaublich bewegend, die im Buch geschilderten Orte dann wirklich zu besuchen und ich fand es sehr spannend, wie sehr sich die Erzählungen unseres Guides mit den Schilderungen in Lea Kampes Buch trafen. Super recherchiert und sehr detailgetreu geschrieben, ist "Der Engel von Warschau" ein Buch, das uns an eine unglaubliche Frau erinnern soll, deren Mut man sich zumindest im Kleinen als Vorbild nehmen soll.

Lea Kampes Erzählstil ist flüssig und packend, aufgrund der Tragik der Ereignisse und des Wissens, dass es sich zwar um einen Roman handelt, die Geschichte sich aber wirklich ereignet hat, musste ich zwischendurch immer wieder Lesepausen einlegen um Nachzudenken und zu verarbeiten.

"Der Engel von Warschau" hat tausende Kinder gerettet. Die Geschichte über Irene Sendler soll uns nicht vergessen lassen, was damals geschah. Vielen Dank für dieses erschütternde Zeugnis einer Rettungsaktion, die beeindruckend ist, die jedoch nie wieder notwendig sein soll.

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Auf dem Weg ins Leben

Während ich hier bin
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Maggie musste sich einer Herztransplantation unterziehen und lebt seitdem ein Leben aus Verzicht und Zurückhaltung, aus Angst, ihre Gesundheit zu gefährden. Als sie plötzlich zusammen bricht und im Körper ...

Maggie musste sich einer Herztransplantation unterziehen und lebt seitdem ein Leben aus Verzicht und Zurückhaltung, aus Angst, ihre Gesundheit zu gefährden. Als sie plötzlich zusammen bricht und im Körper von Emily wieder erwacht, beginnt für Maggie eine spannende Zeit, in der sie Schritt für Schritt lernt, was es bedeutet, frei zu leben. All die kleinen Freuden des Alltags, die für andere selbstverständlich sind, entdeckt Maggie als Emily ganz neu und nach und nach beginnt sie, ihre Bucketlist abzuarbeiten und sich Träume zu erfüllen. Es gibt plötzlich viele Dingen, für die Maggies Herz schlägt, nicht zu letzt für den sympathischen Adam von nebenan. Doch der Tag rückt näher, an dem sich Maggie entscheiden muss: soll alles so weiterlaufen wie jetzt, oder möchte sie doch in ihr Leben als die "alte" Maggie zurück? Das Schicksal nimmt wie immer seinen Lauf...

Mit "Während ich hier bin" ist Emma Steele ein großartiger und sehr gefühlvoller Roman gelungen, der es mir einfach gemacht hat, mich in Maggie bzw. später in Emily reinzuversetzen. Ich habe mitgefiebert, mitgefeiert und mich mitgefreut, schließlich aber auch ein paar Tränchen vergossen. Die Charaktere Maggie, Emily, ihre Familie und ihre Freunde werden so geschildert, dass man sie einfach mögen muss, dass man mit voller Begeisterung an ihrem Leben teilhaben will.

Das Thema an sich ist ein ernstes, Maggie ist gefangen in ihrer schweren Krankheit - und mit ihr leidet ihre ganze Familie. Nicht nur einmal muss sie sich mit der Tatsache auseinander setzen, dass das Leben endlich ist. Welch eine Leichtigkeit erfährt sie, als sie plötzlich in die Rolle der unabhängigen Emily schlüpfen kann und all das tun darf, was sie früher nur von der Ferne kannte. Auch wenn die Möglichkeit, plötzlich in einem anderen Körper zu leben, eine fiktive ist, so nimmt sie den Leser mit in dieses Gedankenexperiment und schon bald verschwimmen die beiden Personen zu einer einzigen. Die vielen Alltagsszenen machen es einfach, sich mit Maggie, Emily und ihrer Welt zu identifizieren, verleiten aber auch dazu, Parallelen zu seinem eigenen Leben zu ziehen.

Mich hat "Während ich hier bin" begeistert. Das Buch ist viel tiefgründiger, als ich es erwartet habe und es bot viele Gelegenheiten, über mein eigenes Leben nachzudenken. Emma Steele hat es geschafft, einen sehr emotionalen und gleichzeitig sehr klugen Roman zu schreiben, der für mich zu meinen absoluten Lesehighlights dieses Jahres zählt. Herzlichen Dank für die schönen Lesestunden und eine ganz große Empfehlung für andere Leser!

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