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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2024

Ein Café für alle mit vielen Geschichten

Das Café ohne Namen
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Robert Simon eröffnet im Jahr 1966 ein Café in Wien. Knapp zwanzig Jahre nach dem Krieg möchte der Gelegenheitsarbeiter seine Chance ergreifen und macht sich selbstständig mit einem Café, dessen Angebot ...

Robert Simon eröffnet im Jahr 1966 ein Café in Wien. Knapp zwanzig Jahre nach dem Krieg möchte der Gelegenheitsarbeiter seine Chance ergreifen und macht sich selbstständig mit einem Café, dessen Angebot nicht üppig ist, aber die Menschen anzieht. Sie erzählen Geschichten von Glück, Sehnsucht und Verlust. Auch Roberts Leben verändert sich.

Ich hatte vorher noch nichts von Robert Seethaler gelesen. Mich hat das Thema des Aufbruchs nach dem Krieg interessiert, aber leider hat mich das Buch nicht gepackt. Es plätschert vielmehr vor sich hin, die Geschichten der Menschen sind interessant, aber reihen sich aneinander. Man erfährt nicht jeden Namen der Gäste, viele kommen über Jahre hinweg regelmäßig, andere nur ein paar Mal. Das Café läuft ganz gut, aber auch mit dem Protagonisten wurde nicht wirklich warm. Er steht für den typischen Gelegenheitsarbeiter der Nachkriegszeit, der sein Glück sucht und auf den Zug des Neuanfangs springt.
Es ist ein leises Buch, das nicht groß nachhallt, aber den Zeitgeist der damaligen Nachkriegszeit einfängt mit seinen Neuanfängen und Sehnsüchten der kleinen Leute.

Mich hat das Buch eher nicht abgeholt, auch sprachlich haut es einen nicht um. Man kann es gut "weg lesen", aber mir wird es nicht großartig im Gedächtnis bleiben.

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Veröffentlicht am 07.08.2024

Seichte Liebesgeschichte mit etwas Luft nach oben

Heartbreak
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Maries Freund verlässt sie ohne Vorwarnung nach einem Jahr Beziehung. Da sie ohnehin schon sehr introvertiert und verschlossen ist, ist das ein Schlag ins Gesicht. Die zweite Hauptfigur Tom, ein aufgehender ...

Maries Freund verlässt sie ohne Vorwarnung nach einem Jahr Beziehung. Da sie ohnehin schon sehr introvertiert und verschlossen ist, ist das ein Schlag ins Gesicht. Die zweite Hauptfigur Tom, ein aufgehender Stern am Musikhimmel, steht plötzlich allein und ohne Karriere da wegen eines Unfalls mit einem Hund bei einem Filmdreh. Marie und Tom finden durch Zufälle zueinander.

Im Laden hätte ich nicht sofort zu dem Buch gegriffen, weil das Cover für mich nicht heraussticht. Es passt aber zum Buch, da die Leuchtreklame und die Landschaft auf die Geschichte verweisen.
Ich hatte vorher noch nichts von Tarcan Bagci gelesen und war ganz gespannt, als das Buch in einem Podcast besprochen wurde. Vom Klappentext her hätte ich mir mehr vom Buch erhofft: eine Geschichte eines Neuanfangs, Liebe und Einsamkeit. Leider konnte mich das Buch in der Hinsicht nicht überzeugen. Man wird sowohl mit Tom als auch Marie nicht wirklich warm. Tom ist egozentrisch, ichbezogen und nicht wirklich zugänglich. Oft habe ich seine Taten und Sichtweisen nicht nachvollziehen können. Marie wirkt sympathischer, auch dass sie Medikamente gegen psychische Erkrankungen einnimmt, lässt sie in einem emotionaleren Licht dastehen. Sie ist verletzlich, schüchtern und braucht lange, bis sie einen Zugang zu Anderen findet. Als sich Marie und Tom begegnen dachte ich, jetzt nimmt die Geschichte mehr an Fahrt auf, Gegensätze sich an usw. Es passiert auch einiges an Absurditäten, Zufällen und Begegnungen. Dieser Teil hat mich mehr überzeugt. Aber auch hier fehlte mir der Tiefgang der Figuren und der Handlung. Man hätte als Leser noch viel weiter in die Emotionen eintauchen können.

"Heartbreak" ist eine schöne Geschichte, die man auch mal zwischendurch lesen kann, allerdings hat mich die Geschichte nicht sehr berührt oder hallt nach, weil sie mehr vor sich hin plätschert.

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Veröffentlicht am 17.10.2024

Langatmige und nicht auserzählte Handlung mit Charakteren ohne Tiefe

Das Wohlbefinden
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1907: Anna Brenner ist eine einfache Arbeiterin, die in die Heilstätten Beelitz geschickt wird. Sie besitzt anscheinend übernatürliche Kräfte und wird in den Heilstätten als Medium und Hellsichtige angefeindet. ...

1907: Anna Brenner ist eine einfache Arbeiterin, die in die Heilstätten Beelitz geschickt wird. Sie besitzt anscheinend übernatürliche Kräfte und wird in den Heilstätten als Medium und Hellsichtige angefeindet. Dies wird auch für den Leiter immer mehr zum Problem. Johanna Schellmann ist wohlhabend und Schriftstellerin. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann Clemens, der Arzt ist und zwischenzeitlich auch in den Heilstätten forscht und ihren beiden Kindern zusammen. Für die Recherche zu einem Roman reist Johanna nach Beelitz und lernt dort Anna kennen. Zwischen den beiden ungleichen Frauen entsteht eine Verbindung.
1967: Die mittlerweile über 80-jährige Johanna möchte noch einmal einen erfolgreichen Roman schreiben und versucht, die Vergangenheit aufzuarbeiten.
2020: Vanessa, Johannas Urenkelin, lebt in Berlin und sucht verzweifelt eine Wohnung. Durch einen Makler bekommt sie ein Manuskript und Notizen ihrer Urgroßmutter in die Hand.

Wegen des Covers und Klappentextes wollte ich das Buch sehr gerne lesen - auch die Nominierung zum Deutschen Buchpreis 2024 ließ mich mit großen Erwartungen in die Lektüre starten. Leider wurde ich enttäuscht und hätte ich das Buch nicht innerhalb einer Leserunde gelesen, hätte ich es wahrscheinlich abgebrochen.
Aufgrund der drei Zeitebenen war ich gespannt, wie die Autorin den Bogen spannen möchte: drei Frauen in drei Epochen. Der Einstieg fällt leicht und der Schreibstil ist der jeweiligen Zeit angepasst. Man startet im Jahr 1907 und erhält einen guten Einblick in die Arbeit der Heilstätten Beelitz - ein Grund, warum ich das Buch lesen wollte. Nach etwa einem Drittel flacht die Handlung aber leider ab und man fragt sich als Leser, wo die Autorin einen eigentlich mit der Geschichte hinführen möchte. Die Figuren, allesamt mit großem Potenzial, bleiben blass und ohne Tiefe. Alle drei Frauen bleiben einem unsympathisch und keine ruft große Emotionen oder Empathie hervor.
Auch die Handlung bleibt leider unklar. In der zweiten Hälfte plätschert sie so dahin und vermeintlich wichtige Dinge und Situationen werden angerissen, aber nicht weiter verfolgt und unwichtige Handlungen werden in die Länge gezogen. Das Ende konnte mich ebenfalls nicht überzeugen, es wirkt konstruiert und zu vieles, gerade in Bezug auf Anna, bleibt unklar. Oft kam es mir beim Lesen vor, als wären die Handlungsstränge von Johanna im Jahr 1967 und Vanessa im Jahr 2020 noch dazu erfunden worden um die Handlung aus dem Jahr 1907 in die heutige Zeit zu holen. Sie wirken eher unnötig und geben der Geschichte keinen Mehrwert.

Positiv fand ich, dass die Autorin in die Recherche sehr viel Zeit und Mühe investiert hat, man merkt, dass sie sich mit diesem Thema auseinander gesetzt hat, auch wenn die Geschichte rund um die Heilstätten Beelitz zu kurz kommt.

Ich habe mir einen Roman um zwei starke Frauen in der damaligen Zeit im Kaiserreich erhofft und eine besondere Verbindung der beiden, die intensiv beschrieben wird. Leider wurde ich dahingehend trotz viel Potenzial enttäuscht und die Nomierung für den Deutschen Buchpreis und die Longlist kann ich nicht nachvollziehen. Schade!

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Veröffentlicht am 09.10.2024

Eine ältere Frau und ein jüngerer Mann - trotz guter Ausgangslage eher enttäuschend

The Idea of You
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Solène ist Anfang vierzig, Galeristin und wohnt mit ihrer Teenagertochter zusammen. Sie ist von ihrem Ex-Mann Daniel geschieden. Als sie ihrer Tochter und deren Freundinnen auf ein Konzert der angesagtesten ...

Solène ist Anfang vierzig, Galeristin und wohnt mit ihrer Teenagertochter zusammen. Sie ist von ihrem Ex-Mann Daniel geschieden. Als sie ihrer Tochter und deren Freundinnen auf ein Konzert der angesagtesten Musikband begleitet, gibt es dort auch ein Meet and Greet mit den Stars. Solène unterhält sich lange mit dem Sänger Hayes - der mit Anfang zwanzig fast halb so alt ist wie sie. Die beiden merken, dass da mehr ist zwischen ihnen und sie treffen sich von da an immer wieder, wie es ihre beiden Terminkalender zulassen. Kann diese Liebe trotz Altersunterschied, Berühmtsein und Verpflichtungen bestehen?

Ich habe den Film dazu nicht gesehen, aber nachdem der Film raus kam, wollte ich unbedingt das Buch dazu lesen. Leider konnte es mich nicht überzeugen. Die Ausgangslage ist erstmal nicht verkehrt: eine Frau und Mutter, die mitten im Leben steht und erfolgreich im Job ist, lernt einen der bekanntesten Sänger einer Band kennen, der auch noch halb so alt ist wie sie. Ganz realistisch und alltäglich ist dies natürlich nicht, aber ich fand es dennoch interessant und war gespannt, wie die Autorin dieses Setting ausbaut. Mal eben eine Luxusuhr oder ein Gemälde für mehrere 10.000 Dollar kaufen, weil der Andere es einfach schön fand? Kein Problem für beide.
Das Buch ist aus Solènes Sicht geschrieben, vielleicht auch deshalb fehlte mir etwas beim Schreibstil. Der Altersunterschied ist stets präsent, aber ebenso die Anziehung zwischen den beiden. Leider baut sich diese nur auf Körperlichkeiten auf, sodass kaum Raum für tiefere Gefühle bleibt. Sobald ein Probleme auftaucht, landen die beiden wieder im Bett. So geht es bis zum Schluss, es ist ein Hin und Her zwischen ihnen.
Irgendwann ist Solène mir richtiggehend auf die Nerven gegangen und wurde zunehmend unsympathischer. Sie möchte kaum Gefühle zulassen und handelt viel zu oft unreif und überstürzt. Während Hayes sich Mühe gibt, selbst für ihre Tochter da ist, ihr die Lage empathisch und ruhig erklärt, schafft es Solène nicht, sich eine Beziehung mit Zukunft aufzubauen.
Das Ende konnte mich leider auch nicht wirklich überzeugen auch wenn es mehr Dynamik und Emotionen beinhaltet als der Rest des Buches.

Für mich ein oberflächlicher und von Körperlichkeit geprägter Roman, der trotz ganz gutem Settings viele Schwächen hat und die Emotionen und das Thema des großen Altersunterschieds nicht genügend ausbaut.

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Veröffentlicht am 26.08.2024

Traum oder Trauma?

Ministerium der Träume
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Nushin stirbt unerwartet und hinterlässt ihre Tochter Parvin und ihre Schwester Nasrin fassungslos. Die Polizei sagt, es war ein tragischer Unfall, aber daran glaubt Nasrin nicht. Sie kümmert sich nun ...

Nushin stirbt unerwartet und hinterlässt ihre Tochter Parvin und ihre Schwester Nasrin fassungslos. Die Polizei sagt, es war ein tragischer Unfall, aber daran glaubt Nasrin nicht. Sie kümmert sich nun um die Tochter, die im Jugendalter ist und beide kämpfen mit dem Verlust. Nasrin ist queer und arbeitet als Türsteherin in einer Disco. Parvin meint, dass Nushin auch einem Anschlag zum Opfer gefallen sein könnte und ihr Tod kein Zufall ist. In Rückblenden wird klar, warum sie diesen Verdacht hat und dass er nicht von der Hand zu weisen ist.

Der Klappentext und der Prolog haben mir sehr gut gefallen, aber ich hätte aufgrund dessen etwas anderes erwartet.
Der Schreibstil hat mir nicht sonderlich gefallen, zu oft wird vulgäre Sprache und Jugendsprache benutzt. Nasrin wird sehr gut beschrieben und man kann man sich in ihre Gefühlslage hinein fühlen. Allgemein waren aber sowohl die Charaktere als auch die Handlung meist vorhersehbar. Die Charaktere könnten für meinen Geschmack mehr Tiefe vertragen, da sie viel Potenzial für Komplexität beinhalten.
Der Roman beinhaltet viele wichtige Themen wie die Suche nach der eigenen Identität, Verlust, Familienprobleme und politische Debatten. Für mich sind sie gut angerissen worden, aber es fehlte mir an Tiefe und Spannung. Das letzte Drittel hat mehr an Fahrt aufgenommen, das Ende jedoch hat mich ratlos und verwirrt zurück gelassen.

Das Buch hat einige interessante Stellen und auch die Hauptfigur Nasrin wird gut beschrieben. Mir fehlt jedoch die Spannung und der Tiefgang in der Geschichte, sodass ich das Buch nur eingeschränkt empfehlen kann.

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