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Veröffentlicht am 10.11.2024

Blaire - ehrlich, authentisch und sehr direkt

Sturmjahre
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Lia Scott hat sich dieses Mal Blaire vorgenommen und erzählt ihre Geschichte. Wieder zieht es uns nach Schottland, genauer gesagt nach Foxgirth, wo Blaire in den Kriegsjahren des 1. Weltkrieges eine erfolgreiche ...

Lia Scott hat sich dieses Mal Blaire vorgenommen und erzählt ihre Geschichte. Wieder zieht es uns nach Schottland, genauer gesagt nach Foxgirth, wo Blaire in den Kriegsjahren des 1. Weltkrieges eine erfolgreiche Whisky-Destillerie gegründet hat. Allerdings haben ihr Bruder Archie und sie sich mit der gefährlichen Edinburgher Unterwelt zusammengetan und sind Verpflichtungen eingegangen, die ihnen zwar einen gewissen Reichtum eingebracht haben, die aber auch nicht immer ganz legal sind.

Don Mac Conallta musste in Band 2 seine geliebte Tochter Isabella einem der Dennon-Brüder zur Frau geben. Isabella hatte sich geweigert, einen englischen Viscount zu heiraten, um ihrem Vater endlich Zugang zu den höheren Kreisen zu ermöglichen. Isabella war Hals über Kopf geflohen und ganz zufällig in Foxgirth gelandet, wo sie Keillan kennen- und liebenlernte.

Mac Conallta hat die Kontakte mit dem Viscount aber nie ganz abgebrochen und mittlerweile auf seinem Grund und Boden in Yorkshire eine Gin-Destillerie erbaut. Blaire soll nun dafür sorgen, dass dort ein Gin hergestellt wird, der auch englischen Damen schmeckt. Don wünscht sich etwas ganz Besonderes und schickt Blaire nach Hilmore Manor, um dort tätig zu werden.

Zunächst einmal benimmt sich Blaire wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Gutes Benehmen ist so gar nicht ihre Stärke, die Dienerschaft rümpft ob ihres Auftretens die Nase.

Doch Blaire wäre nicht Blaire, wenn es ihr nicht gelingen würde, die Menschen nach und nach für sich einzunehmen. Sie ist einfach sie selbst, ehrlich und authentisch und gewinnt so sogar die Freundschaft des Viscount.

Natürlich sind die Bücher dieser Reihe nach einem ähnlichen Muster geschrieben. Wir durften die Geschwister nun ja schon in den vorangegangenen Bänden kennenlernen. Trotzdem ist es immer wieder schön zur Familie zurückzukehren. Lia Scott schreibt so fesselnd, dass man auf seine Nachtruhe auch mal gerne verzichtet, um einfach zu erfahren, was weiter passiert.

Es war natürlich verführerisch, auf den letzten Seiten bereits einen Ausblick auf den nächsten Band zu erhalten, den ich mir sicherlich auch auf meine Leseliste setzen werde.

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Veröffentlicht am 01.11.2024

Sommer 1989 in der Prager Botschaft

Als wir nach den Sternen griffen
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Theresa Herolds aktueller Roman "Als wir nach den Sternen griffen" bedient sich der Wendezeit anno 1989 als Setting.

Wer kann sich nicht an den Satz des damaligen deutschen Außenministers Hans-Dietrich ...

Theresa Herolds aktueller Roman "Als wir nach den Sternen griffen" bedient sich der Wendezeit anno 1989 als Setting.

Wer kann sich nicht an den Satz des damaligen deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher erinnern: Liebe Landsleute, wir sind gekommen, um Ihnen mitzuteilen…… Der Rest des Satzes ging schon in Jubel unter:“ dass heute Ihre Ausreise möglich geworden ist“

Es geht um die Sommermonate 1989 in der Botschaft in Prag. Theresa Herold hat das Buch aus der Sicht der Botschaftsmitarbeiterin Judith und des ausreisewilligen Fotografen und Vaters einer dreijährigen Tochter Tobias geschrieben. Judith ist knapp über 30 und seit einem Jahr in Prag angestellt. Sie ist ganz froh, wieder in Europa zu sein und findet die Entwicklungen unter dem neuen Generalsekretär des ZK der KPDSU, Michail Gorbatschow spannend. Alle Länder des Ostblocks beginnen sich langsam zu öffnen, Ungarn hat bereits die Grenzzäune zu Österreich entfernen lassen, die Tschechen lassen auch Ostdeutsche in die westdeutsche Botschaft eintreten, nur die DDR verharrt in ihrer Bewegungslosigkeit.

Die Stimmung in der Botschaft, die ab Juni 1989 immer voller wird, ist sehr gut beschrieben. Man hat das Gefühl, selbst dabei zu sein und sich zwischen Koffern, Taschen, Zelten, Kisten, Schreibtischen einen Weg zu bahnen. Über die katastrophalen hygienischen Bedingungen hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht, sie sind äußerst plastisch geschildert. Ganz anders, als es die feine Adresse des Palais Lobkowitz hätte erwarten lassen. Die Autorin hat die langsame Entwicklung bis zur Eskalation sehr gut eingefangen . Am Anfang waren es nur einzelne, die wirklich wagten, sich aufzulehnen. Vor allem waren es diejenigen, denen man das Leben schon lange schwergemacht hatte, die in Sippenhaft genommen worden waren oder die man benachteiligte, weil sie sich nicht an den vom Staat propagierten Programmen für Jugendliche oder Erwachsene beteiligten oder nicht in die Partei eintreten wollten. Für diese steht Tobias stellvertretend. Diese wenigen lösten einen Tsunami im Land aus, die Botschaften in Budapest, Warschau und Prag füllten sich mit Menschen, die der DDR den Rücken kehren wollten. Ab Spätsommer kamen dann in Leipzig die Montagsdemonstrationen dazu, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuten. Das Momentum für den Aufstand war einfach gegeben und es wurde genutzt. Am Beispiel der Prager Botschaft sieht man, dass es nicht mehr darum ging, zu verhindern, dass die Botschaft überquoll sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt war klar, dass der Überdruck ein viel größeres Rad in Bewegung setzte und schließlich die DDR zur Aufgabe zwang.

Botschafter Herrmann Huber, den wir auch aus dem Buch kennen, hat in seinen Erinnerungen diese Sommermonate 1989 festgehalten und Theresa Herold scheint sich sehr daran orientiert zu haben. Fiktion ist die Geschichte des ostdeutschen Fotografen Tobias und seiner dreijährigen Tochter Jasmin sowie der Botschaftsmitarbeiterin Judith, die sich in der Botschaft kennen und lieben lernten. ( https://prag.diplo.de/cz-de/botschaft/-/2176350 ) Selbst die Schultütenaktion für die Erstklässler hat tatsächlich wie beschrieben stattgefunden.

Für mich war das Buch ein Highlight dieses Leseherbstes. Aus den Erinnerungen von Herrn Botschafter Huber erfahren wir, dass die Botschaft sich noch ein weiteres Mal so füllte und es zu weiteren Ausreisewellen kam, bis die DDR endlich nachgab. Für mich zeigte es, dass es Veränderungen nur von innen geben kann. Hätten sich nicht so viele Menschen gegen das Eingesperrtsein aufgelehnt, wäre es nicht zu diesem schnellen Ende gekommen.

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Veröffentlicht am 24.10.2024

Wenn das Leben Schatten zwischen Mutter und Tochter wirft

Der Morgen nach dem Regen
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St. Goar am Mittelrhein ist der Wohlfühlort, an dem die Welt noch in Ordnung ist. Hier kann man die Seele baumeln lassen und sich vom Stress der übrigen Welt wieder erholen.

Das gilt auch für Hanna und ...

St. Goar am Mittelrhein ist der Wohlfühlort, an dem die Welt noch in Ordnung ist. Hier kann man die Seele baumeln lassen und sich vom Stress der übrigen Welt wieder erholen.

Das gilt auch für Hanna und Elsa, Mutter und Tochter, die gemeinsam das Haus ihrer Tante Toni in St. Goar geerbt haben. Nur verstehen sich die beiden nicht sonderlich gut.

Hanna lebte mit der Familie in New York. Die Familie bestand aus ihrem Mann Richard, ihrer Tochter Elsa und ihr. Nach einer Zeit im Büro der UNO erhält sie die Chance, weltweit als Koordinatorin in Krisengebieten eingesetzt zu werden. Ihr Mann ist zwar nicht glücklich darüber, stimmt aber letztendlich zu, die Tochter tut sich mit den ständigen Abschieden deutlich schwerer. Und natürlich verpasst Hanna auch einen Großteil von Elsas Kindheit, Auftritte in der Schule, Sportveranstaltungen, Einladungen, das alles entgeht ihr. Trotzdem: Elsa hängt an ihrer Mutter und möchte es ihr in allem recht machen. Erst ein von Hanna verpasster Ballettauftritt, den Elsa noch mit verstauchtem Fuß absolviert, weil sie ihre Mutter im Publikum wähnt, führt zum Bruch. Zum Bruch nicht nur Elsas mit ihrer Mutter, sondern letztendlich auch zum Bruch zwischen den Ehepartnern.

Nun sind die beiden seit 10 Jahren geschieden und Elsa hat unterdessen Karriere als Anwältin gemacht. Am internationalen Gerichtshof in Den Haag vertritt sie Straftäter, denen nicht nur ein Mord sondern Völkermord zur Last gelegt wird. Trotz der schwierigen Situation ist Hanna unglaublich stolz auf ihre Tochter, ein Vorfall vor 10 Jahren verbietet ihr aber, ihr das jemals zu gestehen. 2023 jedoch erleidet Elsa einen Burnout und hofft, an ihrem alten Wohlfühlort am Mittelrhein wieder gesund zu werden und Kräfte zu tanken. Dort trifft sie auf ihre Mutter, die gerade mit Renovierungsarbeiten begonnen hat.

Der Roman erzählt in Gegenwart und Rückblenden aus der Vergangenheit aus dem Leben der Frauen. Dabei sind die Passagen, die von Hannas Arbeit bei der UNO berichten, zwar interessant, aber nicht das eigentliche Thema. Hier hat die Autorin auf eigene Erfahrungen in vergleichbaren internationalen Organisationen zurückgegriffen.

Es geht um eine zunächst aussichtslos erscheinende Beziehungsstörung zwischen Mutter und Tochter. Hanna versucht, an Elsa heranzukommen und Elsa tut alles, damit ihr das nicht gelingt.

Da muss nicht nur bildlich gesprochen ein Sturm aufziehen, damit beide ihr Schweigen überwinden. „Der Morgen nach dem Regen“ hinterlässt nicht nur in der Natur ein totales Chaos, sondern auch im Kopf von Hanna und Elsa. Hanna entscheidet sich endlich, das Schweigen zu brechen, das ihr Verhältnis so lange belastet hat. Sie tritt als Mutter in Vorleistung, aber erst, als sie schon nicht mehr daran glauben will, kann sie doch noch den Zugang zu ihrer Tochter finden. Dass auch Tante Toni mit ihren Lebensweisheiten und Ratschlägen immer mal wieder auftaucht, ist ein schönes Stilmittel. Es ist, als ob sie ihnen zurufen würde: Wir haben nur ein Leben, nur eine Chance, das Beste daraus zu machen.

Mich hat das Buch aus verschiedenen Gründen angesprochen. Einmal lebe ich als Mittelrheinerin in diesem schönen Tal und freue mich, es als Wohlfühlort und Zufluchtsort beschrieben zu sehen. Aber ich fand auch die Quintessenz des Buches ausgesprochen wichtig. Wenn man gut miteinander leben will, dann ist es auch schon mal nötig, über den eigenen Schatten zu springen, sich seine eigenen Fehler einzugestehen und im ehrlichen Gespräch zu bleiben. Wie beschreibt es Silvia, die Pianistin aus der Nachbarschaft so schön:

„Der richtige Zeitpunkt, etwas aus der Welt zu schaffen, ist immer jetzt“

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Veröffentlicht am 20.10.2024

Spannend und anspruchsvoll - einfach gut

Spiegelberg
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„Spiegelberg“ ist der dritte Krimi einer Reihe um die Journalistin Cora Johannis. Hin und wieder wird auf die Vorgängerbände Bezug genommen, insbesondere dann, wenn Cora in Kontakt mit der Polizei kommt ...

„Spiegelberg“ ist der dritte Krimi einer Reihe um die Journalistin Cora Johannis. Hin und wieder wird auf die Vorgängerbände Bezug genommen, insbesondere dann, wenn Cora in Kontakt mit der Polizei kommt oder sich mit Familienmitgliedern oder Freunden unterhält. Die Kenntnis dieser Vorgängerbände ist sicher hilfreich, aber man kann den Band auch ohne die Vorgänger verstehen.

Während einer Veranstaltung in Solothurn wird Cora Johannis Zeugin eines Angriffs auf ihre Freundin Francoise Gravier, die ehemalige Botschafterin Frankreichs in der Schweiz, wenig später wird diese schwer verletzt am Fuß einer Treppe aufgefunden. Bevor sie das Bewusstsein verliert, bittet sie Cora noch, sich um Camille zu kümmern.

Cora kennt Camille nicht und weiß auch nicht, in welchem Verhältnis Francoise zu ihr steht. Sie selbst hat gerade eine schwere Lebenskrise hinter sich, sieht aber in ihrer Arbeit eine Chance, darüber hinwegzukommen. Und so stürzt sie sich in die Ermittlungen und sticht damit in ein Wespennest.

Nicht nur beginnt der Krimi mit einem Doppelmord, es geht auch mit Verbrechen weiter. Sie sind in der Vergangenheit passiert und sie geschehen in der Gegenwart. Die Handlung wechselt immer mal wieder zwischen den 80er, 2000er Jahren und der Gegenwart hin und her und tatsächliche politische Verwerfungen in der Schweiz, hier insbesondere im Kanton Jura spielen in die sonst fiktive Handlung hinein.

Die Spannung ist von Anfang an hoch und flacht auch im Verlauf der Handlung kaum ab. Eher im Gegenteil, zum Schluss kommt es zu einem regelrechten Showdown und unerwarteten Wendungen.

Cora als wichtigste Protagonistin ist eine sympathische Journalistin, die ihr Handwerk versteht und einen Konflikt auch gern von allen Seiten beleuchtet. Ihre Reportagen haben ihr einen guten Ruf verschafft und sie ist bekannt dafür, Auseinandersetzungen nicht aus dem Weg zu gehen.

Das verschafft ihr auch bei ihren Gesprächspartnern ein gewisses Standing. Sie stellt die richtigen Fragen und erhält auch Antworten, wenn auch nicht immer bereits beim ersten Nachfragen.

Ihre Kontaktpersonen bei der Polizei sind mit ihrem Handeln nicht immer einverstanden, in erster Linie gilt ihre Sorge aber ihrer Unversehrtheit. Cora bringt sich auch schon mal in Gefahr.

Neben Cora spielt die Familie Murival eine weitere Hauptrolle. Hier geht es um Mathilde, die Großmutter und größte Anteilsinhaberin des Uhren-Imperiums, ihren Sohn Gérard und weitere Familienmitglieder.

Nachdem weder die Politik noch die Justiz willens und in der Lage waren, die Familie zu schützen und Sachverhalte und Anschuldigungen zu klären, kann ich das Verhalten der Familie verstehen. Die ständige Bedrohung hat ganze Generationen aller Möglichkeiten der Entfaltung beraubt. Der Satz vor dem Prolog „Wo das Recht nicht in der Lage ist, für Gerechtigkeit zu sorgen, sucht sich die Gerechtigkeit eigene Wege und schafft neues Unrecht“ fasst die gesamte Handlung sehr treffend zusammen.

Für mich war der Krimi durchweg spannend, durch den historischen Hintergrund und die Verwicklungen aber auch anspruchsvoll und ich empfehle ihn gerne weiter.

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Veröffentlicht am 30.08.2024

Vom Ringen um kulturelle Eigenständigkeit - sehr lesenswert!

Schwestern im Geiste
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Bei „Schwestern im Geiste“ handelt es sich um den zweiten Band der Reihe „Das Pensionat an der Mosel“. Die Handlung spielt in Diedenhofen, heute Thionville, in Lothringen im Jahr 1911. Seit 40 Jahren gehören ...

Bei „Schwestern im Geiste“ handelt es sich um den zweiten Band der Reihe „Das Pensionat an der Mosel“. Die Handlung spielt in Diedenhofen, heute Thionville, in Lothringen im Jahr 1911. Seit 40 Jahren gehören Elsass und Lothringen nach dem Krieg 1870 zum Deutschen Reich, aber die Herzen der Lothringer schlagen nach wie vor für Frankreich. So geht man denn subtil und manchmal auch weniger subtil gegen die deutschen Polizisten und Soldaten vor und diese haben mal mehr, mal weniger Verständnis für die Befindlichkeiten ihrer Untertanen.

Pauline Martin leitet ein Mädchenpensionat und versucht ihre Schützlinge aufs Leben vorzubereiten. Diese kommen aus allen möglichen Gesellschaftsschichten, was auch zu Schwierigkeiten führen kann. Eine neue Lehrerin aus Irland soll darüber hinaus Musik und englische Sprache unterrichten, aber auch sie entpuppt sich als geheimnisvoll.

Ein Hauptmann der preußischen Armee steht Pauline zur Seite. Sie hat ihn bereits in den Vorjahren kennen und schätzen gelernt und auch dieses Mal benötigt sie wieder seine Unterstützung. Beide fühlen sich stark zueinander hingezogen, aber für eine Lehrerin ist eine Beziehung undenkbar. Sie würde damit ihrer Arbeit nicht weiter nachgehen können.

Der zweite Band ist schon allein deshalb lesenswert, weil er die Geschichte einmal aus Sicht der Franzosen erzählt. Nachdem man im Elsass ja sowieso einen deutschen Dialekt spricht, hatte ich angenommen, dass es für die Menschen nicht so schwierig war, sich umzustellen. Offenbar war das in Lothringen ganz anders. Hier fühlte und dachte man französisch und die Ressentiments gegen die Deutschen saßen tief. Schon im Rheinland war es 1815 den Menschen schwergefallen, sich mit den Preußen abzufinden, schließlich waren sie nicht für besonderen Humor bekannt. In Lothringen war hingegen die Abneigung gegen die Besatzung noch ausgeprägter. Diese Haltung hat Marie Pierre sehr schön herausgearbeitet und in verschiedenen Szenen mit Leben gefüllt.

Ihr ist es sehr gut gelungen, Fiktion und tatsächliche Ereignisse miteinander zu verknüpfen und mit der irischen Lehrerin haben wir sogar noch einen Exkurs in die irische Geschichte machen können.

Die Charaktere der Handlung sind sehr gut gewählt, sie sind ganz unterschiedlich und decken so auch ganz verschiedene Themen ab. Mit Charlotte und ihrem Bruder spielt sogar schon sehr früh der Antisemitismus, den es auch schon vor dem 1. Weltkrieg gab, in die Handlung hinein.

Das Buch war stellenweise richtig spannend, hin und wieder fühlte ich mich in einen Krimi versetzt und zitterte mit Pauline mit. Zeitweise war ein gutes Verhältnis zu den Soldaten doch auch ganz hilfreich.

Ich kannte Band 1 nicht, habe ihn aber auch nur an ganz wenigen Stellen vermisst. Man kann das Buch ohne Vorkenntnisse wunderbar lesen und verstehen. Trotzdem werde ich mir Band 1 noch besorgen und kann dann nächstes Jahr die Reihe abschließen. Schließlich will man doch wissen, wie es in Diedenhofen weitergeht.

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