Konnte mich nicht überzeugen
Immortal Longings von Chloe Gong hat mich mit seiner interessanten Prämisse sofort neugierig gemacht. Ein starker Urban-Fantasy Vibe, inspiriert von der pulsierenden Stadtlandschaft einer ostasiatischen ...
Immortal Longings von Chloe Gong hat mich mit seiner interessanten Prämisse sofort neugierig gemacht. Ein starker Urban-Fantasy Vibe, inspiriert von der pulsierenden Stadtlandschaft einer ostasiatischen Metropole, ein interessantes Magiesystem, enemies-to-lovers und tödliche Spiele. Es hätte so gut werden können! Aber noch während ich diese Punkte aufzähle, die ursprünglich mein Interesse an dem Buch geweckt haben, drängt sich das Gefühl der Enttäuschung zurück in den Vordergrund. Die Geschichte ist dem einfach nicht gerecht geworden.
Den Einstieg ins Buch fand ich noch ganz vielversprechend. Die Zwillingsstädte von San-Er bieten einen fesselnden Schauplatz und die Autorin hat mit ihren Beschreibungen gut einfangen können, wie sich die Atmosphäre in der verarmten, überbevölkerten und dichtbebauten Hochhausstadt anfühlt. Das und ein flüssiger Lese-Rhythmus sind jedoch die einzigen positiven Aspekte, die ich dem ansonsten eher nichtssagenden und sehr emotionslosen
Erzählstil abgewinnen konnte. Es überwiegt enormes Info-Dumping und die anhaltende Wiederholung derselben Beschreibungen mit leicht verändertem Wortlaut.
Das Worldbuilding, so faszinierend es am Anfang erschien, war sehr enttäuschend. Es ist, als hätte die Autorin diese Vision von Spielen in diesem außergewöhnlichen Stadt-Setting gehabt, aber dann ist es ihr nicht gelungen ein solides Gerüst drum herum zu erbauen. Die gesellschaftlichen Missstände, die Ausbeutung der Provinzen, die Spiele, die Macht des Palastes, nichts davon wird wirklich gut oder glaubhaft erklärt und die Erklärungen, die geliefert werden, sind so löchrig, dass man geradeaus durchgucken kann. Pustet man leicht dagegen, fällt das ganze System in sich zusammen. Um ehrlich zu sein fühlte sich die ganze Story für mich mit der Zeit immer sinnloser an. Calla nimmt an den Spielen teil, um die Missstände durch die Monarchie und König Kasa zu beenden, aber ihr Wahnsinnsplan ist den einen König, durch einen anderen zu ersetzen, und alles wird gut. Es gibt 87 andere Teilnehmer, die sie überleben muss, aber im Grunde kann jeder andere Spieler ausgeschaltet werden, indem man ihm die Teilnehmerkennung abnimmt. Gong war bemüht eine Atmosphäre aus Spannung und Bedrohung zu kreieren, die Einsätze für die Figuren sollen so hoch sein, höher geht es kaum. Nur funktioniert es einfach nicht. Der Mangel an Einsatz, Spannung, Emotion und teilweise auch an Logik lässt einfach nicht zu, dass das Gefühl aufkommt für die Figuren oder ihre Welt stünde irgendwas auf dem Spiel. Es gibt ein paar wenige gut geschriebene Action Szenen, die mich ein wenig versöhnlicher gestimmt haben, aber ich musste jedes bisschen Motivation zusammenklauben, um das Buch zu beenden.
Ich hatte gehofft die Charaktere würden mir mit der Zeit genug ans Herz wachsen, um mich etwas an die Geschichte zu fesseln, aber leider war auch das nicht der Fall. Die Figuren fühlen sich durchweg zweckgebunden, austauschbar und unauthentisch an. Keiner von ihnen hat in mir irgendwelche Emotionen geweckt, mit keinem konnte ich mitfühlen oder gar mitfiebern. Und die beworbene Enemies-to-Lovers Geschichte hat ebenso wenig funktioniert, wie das Worldbuilding. Man hätte sie komplett weglassen können, es hätte der Storys wahrscheinlich eher gutgetan. Diese stürmische Romanze zwischen Calla und Anton, die einem im letzten Drittel des Buches noch aufgezwungen wird, hatte keine emotionale Basis, keine Chemie, sie war einfach plötzlich da.
Mir fallen noch einige andere Punkte ein, aber das wird mein Fazit nur noch weiter in die Länge ziehen, ohne etwas am Ergebnis zu ändern. Ich habe mir viel von Immortal Longings erhofft und glaube weiterhin, dass dem Buch eine wirklich spannende Idee zu Grunde liegt, aber überzeugen konnte mich nur das wunderschöne Cover- und Farbschnittdesign. Am Ende war es eine weitere Bestätigung dafür, dass BookTok Hypes eher mit Vorsicht zu genießen sind.