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Veröffentlicht am 17.12.2024

Ein Buch, das unter die Haut kriecht.

Die Zuversicht der Wildblumen
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„Die Zuversicht der Wildblumen“ ist so viel mehr als der typische New-Adult-Roman.
Allein schon durch die aufgegriffenen Themen und deren Umsetzung, die kleinen Details und die umwerfenden Protagonisten ...

„Die Zuversicht der Wildblumen“ ist so viel mehr als der typische New-Adult-Roman.
Allein schon durch die aufgegriffenen Themen und deren Umsetzung, die kleinen Details und die umwerfenden Protagonisten hat mich Micalea Smeltzer für ihre Geschichte gewonnen. Doch auch den Erzählstil, auf gewisse Weise distanziert, sanft, jedoch unglaublich authentisch, empfand ich besonders.

Salem ist – im Gegensatz zu ihrem Boyfriend und ihrer besten Freundin – nicht sonderlich erpicht darauf, ihr Heimatörtchen zu verlassen. Sie liebt den Job im Antiquitätenladen ihrer Mom, liebt es, Kerzen herzustellen, Cupcakes zu backen und Zeit mit ihrem Kater zu verbringen. Es ist ein einfaches Leben – und genau das haben sich Salem, ihre Schwester und ihre Mutter nach einer jahrelangen Tortur, die sie gemeinsam überstanden haben, verdient. Bis Thayer Holmes nebenan einzieht und sich alles ändert …
Langsam entspinnt sich eine softe Freundschaft zwischen der 18-Jährigen und dem Landschaftsgärtner, in der sie einander, ihre Gewohnheiten und Vorlieben kennenlernen, Seiten von sich offenbaren, die kaum jemand kennt. Auch Thayers Sohn kracht in Salems Herz, während sich Routinen, eine innige Vertrautheit und so viel mehr entwickeln. Denn Gefühle kann man nicht planen – ebenso wenig wie die Tragik des Lebens. …

Bereits die Ausgangslage dieser Slow-Burn-Romance sorgt für Spannungen, aber auch die Hintergründe der Protagonisten, besonders Salems Kindheit und Jugend, berühren tief. Smeltzer gönnt ihrem Paar nur wenige Momente des vollkommenen Glücks – mehrfach schlägt das Schicksal zu. Trifft hart. Und doch bleibt zwischen den Dramen Raum für Humor und Leichtigkeit, zum Wohlfühlen und Mitlieben. Die Autorin schuf eine tratschige Stadt, viele Augenblicke zum Seufzen und Schwärmen, bestückte ihre Handlung mit tollen Nebenfiguren – sei es Salems Mom oder der kleine Forrest – und schockt mit Twists, die aus dem Nichts kommen.
Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass die Storyline auf der Stelle tritt – oder nur an der Oberfläche kratzt. Ganz im Gegenteil: das Geschehen ist ausbalanciert und abwechslungsreich, die Neugier hat keine Chance, zu vergehen, und die Stimmung passt sich den Gegebenheiten an. Von melancholisch und wehmütig bis hin zu spritzig und anrüchig über kindlich-euphorisch und bedrohlich ist alles dabei.
Zwar wird einzig aus der Perspektive der jungen Frau erzählt – was ihr Innerstes, ihr Trauma, ihren Schmerz – in den Fokus stellt, aber trotzdem wurden auch der Zwiespalt des reifen Nachbarn, seine Sorgen, seine Wärme deutlich herausgearbeitet. Thayer ist zuvorkommend, aufmerksam und rücksichtsvoll und harmoniert perfekt mit Salems direkter, waghalsiger und überraschend starker Art. Ja, für mich waren die beiden, ihre romantische Entwicklung und die expliziten Szenen stimmig, realistisch inszeniert und letztlich sehr ergreifend.
Dass die Autorin Aussagen, die oft vorschnell getroffen werden, hinterfragt, Denkmuster aufbricht und vielerseits von Klischees und Erwartungen abweicht, gibt dem Verlauf noch mehr Wahrheit, Tiefe.

Dieses Buch endet mit Ereignissen, die unter die Haut kriechen, einem Cliffhanger, der Band 2 zu einem Muss macht.

„Die Zuversicht der Wildblumen“ ist ein rührender, emotionaler Roman, der weh tut, lebensnah und tragisch. .

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Veröffentlicht am 17.12.2024

Beeindruckend.

Der gefrorene Fluss
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„Der gefrorene Fluss“ ist ein historischer Roman, in dem reale Figuren und belegbare Ereignisse mit Fiktion und dichterischer Freiheit zu einer eindrucksvollen und ausdrucksstarken Geschichte kombiniert ...

„Der gefrorene Fluss“ ist ein historischer Roman, in dem reale Figuren und belegbare Ereignisse mit Fiktion und dichterischer Freiheit zu einer eindrucksvollen und ausdrucksstarken Geschichte kombiniert wurden.

Wir begeben uns nach Hallowell um 1780 und in das Leben von Martha Ballard – eine angesehene Hebamme und Heilerin, die ihre helfende Tätigkeit und ihr Dasein als Mutter mit ebenso viel Leidenschaft ausübt, wie die Suche nach Wahrheiten und das Streben nach Gerechtigkeit.
Als im Winter die Leiche von Joshua Burgess im Kennebee River geborgen wird, soll Martha die Todesursache feststellen und kommt zu dem Schluss, dass der mutmaßliche Vergewaltiger nicht ertrunken ist. Dass diese Äußerung öffentlich angezweifelt wird, lässt Ballard nicht los und treibt sie dazu, im Stillen zu forschen. Dabei gerät sie selbst in brenzlige Situationen, deckt unangenehme Tatsachen auf, offenbart die unterschiedlichsten, dunkelsten Facetten der rechtschaffensten Bürger und hilft den wahren Opfern, über Unaussprechliches hinwegzukommen. …

Ariel Lawhon lässt uns mit atmosphärischen Worten und authentischen Gegebenheiten zur Gänze in ein kaltes Damals und in das bedrückende Geschehen eintauchen. Erzählt wird aus der Sicht der 54-jährigen Hebamme, die ihrer Zeit merklich voraus ist. Dass sie diesen Umstand auch ihrem Ehemann Ephraim verdankt, der seiner Frau das Lesen und Schreiben lehrte und sie in allen Belangen unterstützt, war für die Verhältnisse des 17. Jahrhunderts ebenso wenig selbstverständlich wie die liebevolle, rücksichtsvolle Beziehung der beiden. Kleine Rückblenden verstärken den Eindruck, dass es sich bei den Ballards um eine Familie handelt, die aufeinander acht gibt.
Martha, selbst Mutter von sechs Kindern, selbst eine Mutter, die ihr eigenes Fleisch und Blut begraben musste, ist zur Stelle, wenn eines der größten Wunder geschieht – und dies stets bemüht objektiv. Diese Einblicke, die von Bewunderung und Feingefühl begleitet wurden, fand ich ebenso interessant, wie ich für die komplette Inszenierung nur Faszination erübrigen kann.

Meist „nur“ subtil sind wir Teil von Gewalt und Brutalität, jedoch genügen die Andeutungen und das Wissen darum, was geschah und geschieht, um Gänsehaut zu verursachen, mitzubangen und zu fühlen. Auch schwingt eher unterschwellig ein durchgängiger Hauch von Bedrohung mit, mahnt zur Vorsicht, und vereint sich mit melancholischen Tönen, glasklarer Ungerechtigkeit und der offensichtlichen Unterdrückung von Frauen und Minderheiten zu einer Geschichte, die nichts anderes vollführen kann, außer zu bewegen. Zum Nachdenken zu bringen, Dankbarkeit zu empfinden. Die Autorin erinnert daran, dass noch vor ein paar Jahrhunderten mangelhafte Justiz und unzureichende Gerichtsbarkeit mit einem Fingerschnippen dafür sorgen konnten, dass die Opfer bestraft und die Täter gefeiert wurden.

Lawhon greift etliche rührende Situationen auf, verstreut Tatsachen und Vorurteile, die auch heute noch von Belangen sind, und zeichnet eine patriarchische Gesellschaft, in der Wohlstand, Liebe und Gerechtigkeit ebenso rar wie kostbar sind.
So viel Wut zwischen den Zeilen.
So viel Gefahr.
Schwermut.
Im Verlauf – der Aufmerksamkeit benötigt, Zeit braucht, um sich zu entfalten und zu wirken – begegnen wir einigen undurchsichtigen Figuren – Verdächtigen, Tätern und Opfern – und die Frage, wer für den Toten aus dem Fluss verantwortlich ist, schwebt über allem. Monate der Spurensuche, der Anschuldigungen und Vermutungen, der Prozesse vergehen und stückchenweise zeigt sich, dass diese Leiche nicht die einzige ist, die Hallowell im Keller hat …

Martha schreibt in ihrem Tagebuch häufig, dass sie zu Hause war – dieser Satz findet auch im starken Nachwort der Autorin, die sich detailreich zu den Geschehnissen, zu Tatsachen und Fiktion äußert, Betrachtung. Lest es unbedingt.

Das stumme Leid der Frauen, die leisen Verluste, die Tragik, all die Blessuren, die ertragen werden, die Unterdrückung, die nur jene sehen, die Aufbegehren, war stimmig in die sogartige Handlung eingebettet, in der eine Frau nach Wahrheiten sucht, nach Gerechtigkeit strebt. Hürden und Ärgernissen, den eigenen seelischen Verletzungen und der Angst, alles und jeden zu verlieren, zum Trotz.
Ariel Lawhon führt uns auf die Spuren der Martha Ballard und zeigt ein vergessenes Vermächtnis, zeigt, wie wertvoll der Beruf der Hebamme einst war und heute noch ist.
So kontrovers meine folgende Aussage klingen mag: In manchen Zeiten ist Selbstjustiz die einzig wahre Gerechtigkeit.

Von mir gibt's für dieses Buch eine große Leseempfehlung – egal, welches Genre ihr bevorzugt: Werft unbedingt einen Blick in „Der gefrorene Fluss“.

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Veröffentlicht am 15.12.2024

Richtig gutes Buch!

Revengeful Tears
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Bi & Cash, zwei Menschen, die auf unkonventionelle Art versuchen, die Welt ein wenig besser zu machen. … Verabschiedet euch von Erwartungen und Hoffnungen, denn Maria Väth wirft in „Revengeful Tears“ alles ...

Bi & Cash, zwei Menschen, die auf unkonventionelle Art versuchen, die Welt ein wenig besser zu machen. … Verabschiedet euch von Erwartungen und Hoffnungen, denn Maria Väth wirft in „Revengeful Tears“ alles über den Haufen.

Da der Klappentext bereits die Situation erklärt, möchte ich nicht näher auf den Verlauf eingehen.
Lest dieses Buch einfach.

Die Autorin beschäftigt sich mit harten, emotionalen und grausamen Themen, bringt dazu, eigene Moral- und Wertvorstellungen samt dem System zu hinterfragen, und gibt oft genug Anlass, hier eigene Entscheidungen zu fällen.
In Anbetracht von Verlust, Schmerz und jener Art von Verbrechen, für die es letztlich keine angemessene Strafe gibt, ist es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Maria führt uns die Existenz von Monstern bildlich und schonungslos vor Augen, trifft allein mit der hier geschaffenen, bloßen Vorstellung sowie mit den kreierten Szenarien tief.

Im Wechsel erzählen Bianca – eine beeindruckende, feurige und willensstarke Frau, die es trotz der traurigen Realität schafft(e), sich ihre Gefühle zu bewahren – und, mit seiner aufrechten, harsch wirkenden Haltung deutlich im Kontrast zu der weiblichen Protagonistin: Cash. Effizient, konsequent. Ein Mörder, der gelernt hat, zu überleben.
Jeder für sich ist gefährlich.
Gemeinsam? Scheinen sie unbesiegbar.

Das Duo wurde nuancenreich, mit äußeren Makeln, inneren Schäden, mit all ihren Wunden ausgearbeitet.
Beide sind undurchschaubar, überraschen mit ihrem Verhalten und einer langsamen Veränderung. Unter anderem ist es dieser charakterlichen Ungewissheit zu verdanken – der Tatsache, dass keine Reaktion einzuschätzen ist –, dass die Spannung nie abflacht.
Auch die Dynamik war wunderbar frisch und aufregend; in Wortgefechten und Differenzen fliegen Funken, es knistert gewaltig – doch der erotische Faktor braucht Zeit. Spice übertüncht nichts, fordert der Plan, der diesem zweifelhaften Arrangement zugrunde liegt, volle Aufmerksamkeit. Das eigentliche Ziel verliert nie an Präsenz und Relevanz.

Einen großen Teil der Storyline nehmen bewegende Monologe ein, durch die wir die Figuren noch besser greifen, fühlen können.
Maria verursacht durch Einblicke in Vergangenes Gänsehaut, Schreck und ja, auch Mitleid. Regt Verständnis an.
Ist das Vorgehen von Cash & Bi, mit dem sie den Abschaum von der Welt tilgen wollen, moralisch fraglich? Definitiv.
Ist es nachvollziehbar? Absolut.

Sowohl Ausdruck als auch Ton sind direkt, klar und authentisch, explizite Szenen rau und heiß, doch weit weg von obszön. Bedrohung und Gefahren sind spürbar, sind allgegenwärtig, und ich sehnte das Unausweichliche herbei. Obgleich „Revengeful Tears“ grauenhafte Augenblicke und schmerzliche Themen beinhaltet, musste ich mehrfach laut lachen. Denn mit Sarkasmus und Skurrilität, Protagonisten zwischen Wahn und Chaos sowie einer Prise Unbeholfenheit lockert Väth die Stimmung mehrfach gekonnt auf.

Doch am Ende überschlagen sich die Ereignisse, zerren an den Nerven. Das Drama fordert Konzentration und überschüttet uns mit Tod, Tränen und Blut …

Bi & Cash: hart, gewagt, realistisch.
Eine Story, die unter die Haut geht.

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Veröffentlicht am 07.12.2024

Dieser Reihe gehört mein Herz.

Boys of Tommen 3: Saving 6
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„𝗦𝗮𝘃𝗶𝗻𝗴 𝟲“ (und „𝗥𝗲𝗱𝗲𝗲𝗺𝗶𝗻𝗴 𝟲“) erzählt die Geschichte von 𝓙𝓸𝓮𝔂 𝓛𝔂𝓷𝓬𝓱 & 𝓐𝓸𝓲𝓯𝓮 𝓜𝓸𝓵𝓵𝓸𝔂.
Eine, die mit Freundschaft begann und zu so viel mehr wurde.

Gleich an seinem ersten Tag auf der weiterführenden ...




„𝗦𝗮𝘃𝗶𝗻𝗴 𝟲“ (und „𝗥𝗲𝗱𝗲𝗲𝗺𝗶𝗻𝗴 𝟲“) erzählt die Geschichte von 𝓙𝓸𝓮𝔂 𝓛𝔂𝓷𝓬𝓱 & 𝓐𝓸𝓲𝓯𝓮 𝓜𝓸𝓵𝓵𝓸𝔂.
Eine, die mit Freundschaft begann und zu so viel mehr wurde.

Gleich an seinem ersten Tag auf der weiterführenden Schule begegnete Joey Molloy – und es schien, als würde die Welt stillstehen. Wie in dem Moment, als der 12-Jährige erfährt, dass Darren fort ist. Und er von nun an der Älteste, der Beschützer ist. Eine Rolle, für die er nicht bereit war.

Aoife war das Licht in Joeys Dunkelheit, war Hoffnung, alles Süße, ein Anker. Das einzig Gute. Auf die Tochter seines Chefs war Verlass. Doch Joey ist ein verletzter Junge, sein Körper übersät mit Narben und Blessuren, sein Geist stets in Aufruhr. Lynchi trägt Geheimnisse in sich, die bis ins Mark erschüttern, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er unter Schmerz, Angst und der Bürde (zer)bricht.
Kann die Liebe einer Jugend diesem Sturm standhalten?

»𝐇𝐚𝐬𝐬𝐞 𝐦𝐢𝐜𝐡 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐝𝐚𝐟𝐮𝐞𝐫, 𝐝𝐚𝐬𝐬 𝐢𝐜𝐡 𝐯𝐞𝐫𝐬𝐮𝐜𝐡𝐞, 𝐰𝐞𝐢𝐭𝐞𝐫𝐳𝐮𝐦𝐚𝐜𝐡𝐞𝐧 (…) 𝐈𝐜𝐡 𝐭𝐮𝐞, 𝐰𝐚𝐬 𝐢𝐜𝐡 𝐭𝐮𝐧 𝐦𝐮𝐬𝐬, 𝐮𝐦 𝐮𝐞𝐛𝐞𝐫 𝐮𝐧𝐬 𝐡𝐢𝐧𝐰𝐞𝐠𝐳𝐮𝐤𝐨𝐦𝐦𝐞𝐧. (…) 𝐠𝐞𝐧𝐚𝐮 𝐰𝐢𝐞 𝐝𝐮.«

Obgleich etliche Kapitel sogar noch vor „Binding 13“ spielen, braucht man nicht auf die Reihenfolge der beiden Dilogien zu achten. Zwar finden Shannon, Tadgh, Shan und Ollie Erwähnung, wachsen und entwickeln sich innerhalb der Handlung, nehmen aber keinen ausgeschmückten Raum ein – dennoch sorgt die Autorin mit der tiefen Verbindung zwischen den geschundenen Geschwistern für Gänsehaut.
In diesem Roman verfolgen wir, wie aus Kindern Teenager und junge Erwachsene werden, wie aus Freundschaft Liebe wird – allen Hürden zum Trotz –, die Distanz schrumpft, bis kein Blatt mehr zwischen die beiden passt. Das Spiel aus heiß und kalt, die ernsten Unterhaltungen und das neckische Geplänkel waren ein Genuss, Verlangen und Zwiespalt ebenso spürbar wie die bröckelnde Abwehr – denn Aoife wurde Joeys Grund, am Morgen aufzustehen, besser sein zu wollen.

Doch nicht nur Joeys Geheimnisse und die väterliche Beziehung zu seinem Chef, Molloys „Notliebe“ und die Leute, die reden, stehen dem „mehr als friends“ im Weg, auch Lynchs – sein eigener – Strudel aus Aggression und Rausch. Denn Joe rutscht immer weiter ab, verliert sich in Wut und Sucht, kämpft – gegen die Drogen und gegen Aoife, obwohl sie das Einzige ist, was sich anfühlt wie Glück.

So erstreckt sich die Handlung von „ #Saving6 “ über Jahre hinweg – mal mit mehr, mal mit weniger großen Zeitsprüngen, dramatischen Ereignissen und charakterlichen Veränderungen.
Neben dieser besonderen Zuneigung finden sich neue und andere Einblicke in die Familiendynamik sowie das vorherrschende Grauen und Leid. Und ja, es brach mir das Herz; die Angst, die Gewalt. Die Kinder – schreckhaft, unsicher, vorsichtig –, die all dem ausgesetzt sind. Eine Mutter, die erträgt, zulässt, verzeiht, fachte meine Wut ebenso an wie all die Menschen, die um die Zustände wissen und wegschauen.
Walsh lässt nicht von den ernsten Themen ab, von expliziten und detaillierten Darstellungen, emotionalen Worten, die unter die Haut kriechen und weh tun. Von Kritik an der Gesellschaft und Systemen, die die Kleinen schützen soll(t)en.
Dennoch: Es gab auch Szenen, bei denen ich, der kindlichen Skurrilität, der trockenen Ausdrucksweise, der humorvollen Flirts geschuldet, laut Lachen musste. Während zarte Romantik seufzen, die Vorahnung von Trennung schlucken ließ; Schmerz und Melancholie, immer dabei.

War das Zusammenfinden von Shannon und Johnny laut und schnell, ist die Geschichte von Joey und Aoife langsamer und leiser. Doch ebenso intensiv. (Be)Rührend und echt.
Stilistisch finden sich auch in dieser Romance neben einem authentischen Ton markante Formulierungen und College-Charme. Die Atmosphäre schwankt rege zwischen verrucht und bedrohlich, verzweifelt und hoffnungslos, dunkelgrau bis hin zu strahlend gelb. Unberechenbar die Stimmung, unerwartet so manch (brutales) Ereignis.
Beide Protagonisten wurden mit Tiefe gezeichnet, haben ihre Fehler und Eigenheiten; streiten, provozieren und diskutieren mit-, verletzen einander, und sind doch nicht gewillt, sich abzuwenden.

Joeys Verhalten – durch den Wunsch geprägt, zu vergessen, sich selbst zu verletzen, die Gedanken zur Stille zu zwingen –, seine extremen Reaktionen waren – für mich – absolut nachvollziehbar und eine logische Konsequenz. Dieser Mensch, der erst wachsen muss(te), um dem Ungeheuer zu Hause die Stirn zu bieten, der, selbst ein Kind, Verantwortung für das Leben seiner Geschwister übernahm und trotz allem, was auf und in ihm lastet, ein Bruder ist, der kämpft wie ein Löwe. Ein Junge ist, der das Mädchen, das er vom ersten Moment an liebte, schützen will. Egal wie.
Nur lässt sich Molloy nicht von Mauern beirren, lässt nicht los.
Aber wie lange kann sie dem Sturm standhalten, bis sie selbst zersplittert?

♡Am 21. Januar erfahren wir, wie die Geschichte von Joey Lynch & Aoife Molloy weiter- und ausgeht.

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Veröffentlicht am 22.10.2024

Episch. Einfach E.P.I.S.C.H.

A Whisper of Wings
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„A Whisper of Wings“ ist das Finale der „Rabenwinter-Saga“ und knüpft ein paar Monate nach den herben Schlägen, die die Wilde Jagd einstecken musste, an.
Während Smilla wie besessen nach Rache an den ...


„A Whisper of Wings“ ist das Finale der „Rabenwinter-Saga“ und knüpft ein paar Monate nach den herben Schlägen, die die Wilde Jagd einstecken musste, an.
Während Smilla wie besessen nach Rache an den Walküren giert, sich immer beschäftigt hält, um dem Schmerz ihrer Erinnerungen zu entgehen, wird sich die Söldnertruppe bewusst, dass niemand den Platz, den Gent hinterließ, auszufüllen vermag. Bevor sie sich jedoch wieder dazu aufmachen, nach goldgebenden Aufträgen zu suchen, wollen sie gemeinsam dem Tod der Lüfte Einhalt gebieten. Dafür brauchen Freya, Andórr und die restlichen Krieger Hilfe, Mächte, deren Existenz ebenso ungewiss ist wie der Ort, an dem sie zu finden sind … Aber die Wilde Jagd hat noch vor keiner Herausforderung zurückgeschreckt und so macht sich die berüchtigte Gruppe auf. Nicht ahnend, in welches Nest aus Intrigen sie stolpern, in welchen Wahnsinn sie gezogen werden. Dass am Ende ein Krieg wartet, in dem sie die einzige Chance Middangards sind.

Ich wusste lange nicht, ob ich die Fortsetzung dieser High-Fantasy-Dilogie wirklich lesen möchte, da „A Breath of Winter“ für mich ein rundum perfektes Highlight war. Die Neugier hat gesiegt und ich bereue … nichts!

Wie schon im Auftakt der Serie ließ uns Carina Schnell detailreich an den Gegebenheiten teilhaben, sog uns mit ihren ausdrucksstarken Worten mitten ins Geschehen. welches von einer – für die nordische Mythologie typischen – rauen und kalten Atmosphäre, einem Hauch Bedrohung umschmeichelt wird. Die Autorin führt den Trupp durch Wälder, über Meere, in fremde Gebiete und andere Welten, trägt sie in Höhen und hinein in uralte Konfrontationen. Hauptsächlich erleben wir die Ereignisse aus Smillas Sicht: hin- und hergerissen zwischen Schuld und Scham, Sehnsucht und Hass. Vergebung? Für sie keine Option. Denn wie sollte sie dem Mann, der ihr alles nahm, je wieder Glauben schenken?
Abgesehen der innigen, wenn auch nicht durchweg harmonischen, Dynamiken innerhalb der Wilden Jagd, weckte Schnell mit dem einen oder anderen überraschenden Wiedersehen wie auch durch neue Begegnungen ein nervöses Kribbeln und Euphorie. Jedes Aufeinandertreffen verschiedener Parteien, nie gewiss, ob Freund oder Feind, wurde ein ums andere Mal auf aufregende Art inszeniert.

Der Verlauf ist aufwendig mit angriffslustigen Kreaturen, mythologischen Begrifflichkeiten, Irrungen, Hürden und Zweifeln bestückt. Die schockierenden Offenbarungen des Vorgängers und die widersprüchlichen Empfindungen der Protagonisten werden gekonnt aufgearbeitet. Hintergründe über einzelne Umstände sowie individuelle Intentionen, über Aufgaben, die zum Scheitern verurteilt sind, und Unterstützung in letzter Minute, solche, die täuscht, füllen mit zahlreichen Twists, ungeahnten Entwicklung und tödlichen Gefahren die Seiten.
Nicht nur mit dem ausgefeilten Worldbuilding, den erschwerten Bedingungen und der durchdachten, oft tragischen Storyline, sondern auch mit den zumeist derben und harten, vielfältigen und facettenreichen Charakteren, häufig unnahbar, schwer zu deuten, konnte mich diese Serie begeistern. In der Fortsetzung bekommen Gottheiten und Mythologie deutlich mehr Raum als es im Auftakt der Fall war, ließen mit magischen Szenen und der damit einhergehenden Dunkelheit Gänsehaut entstehen. Ich fand die Interpretation der nordischen Sagen, die sorgfältig gesponnenen Täuschungen und perfiden Pläne durchweg spannend und abwechslungsreich.
Ein weiterer Pluspunkt: Das Augenmerk liegt auf der Rettung Middangards und der Bedrohung durch Walküren und Unsterbliche, verliert sich trotz der nie zur Ruhe kommenden Gefühlswelten von Hexe und Schlächter nicht in der Romantik. Jedoch geben Smillas stetiges ringen mit der Versuchung, endlich Rache zu üben, und Gents Kampf gegen die Verführung des Knochendolchs, diesem Strang eine lodernde Anspannung. Verzweiflung. Zorn.
Am Ende wartet eine epische Schlacht – doch wer kämpft auf welcher Seite?

„A Whisper of Wings“ ist von Blut und tiefer Traurigkeit durchtränkt, von Melancholie, Wehmut und dem Wunsch nach Vergeltung. Aber auch von herzzerreißenden Momenten und Adrenalin. Carina greift zu Found Family, webt gekonnt unerwiderte Liebe und Casual Querness in ihre Geschichte, spricht von Hass und Vergebung und erinnert daran, dass unser Schicksal und unsere Entscheidungen in unserer Hand liegen, nur in unserer.

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