Profilbild von Danny

Danny

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Danny ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Danny über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.10.2024

Zwischen Realität und Mystik

Die Unmöglichkeit des Lebens
0

"Die Unmöglichkeit des Lebens" von Matt Haig (erschienen im August 2024 bei Droemer Knaur) ist ein Roman, der stark polarisiert und die Leserschaft in unterschiedliche Lager spaltet. Die Geschichte handelt ...

"Die Unmöglichkeit des Lebens" von Matt Haig (erschienen im August 2024 bei Droemer Knaur) ist ein Roman, der stark polarisiert und die Leserschaft in unterschiedliche Lager spaltet. Die Geschichte handelt von Grace Winter, einer pensionierten Lehrerin, deren Leben von Verlust und Einsamkeit geprägt ist. Nach dem Tod ihres Mannes Karl und des gemeinsamen Sohnes Daniel, der bereits im Kindesalter bei einem Unfall ums Leben kam, zieht sich Grace aus dem sozialen Leben zurück. Ihr Alltag ist von tiefen Schuldgefühlen und der Trauer um Daniel überschattet, die sie auch nach über 30 Jahren nicht loslassen. Besonders Daniels Tod scheint eine unerträgliche Last zu sein, die sie täglich auf den Friedhof führt. Während sie Karl an dessen Grab noch von ihren Gedanken erzählen kann, bleibt sie an Daniels Grab wortlos.

Eines Tages erhält Grace eine Nachricht, die ihr monotones Leben für immer ändern sollte: Christina, eine entfernte Bekannte, die sie seit Jahrzehnten nicht gesehen hat, hat sie in ihrem Testament bedacht und hinterlässt ihr ein Haus auf Ibiza. Kurzentschlossen beschließt Grace, ihrem eintönigen Leben in Großbritannien den Rücken zu kehren und nach Ibiza zu reisen. Dort hofft sie, Antworten auf die Frage zu finden, warum ausgerechnet sie dieses Erbe antritt. Doch statt Klarheit stößt Grace auf immer mehr Rätsel und Widersprüche.

Der Roman beginnt mit einer eindringlichen Schilderung von Grace’ Leben und den tiefen emotionalen Wunden, die der Verlust ihres Sohnes und Ehemannes hinterlassen haben. Im Abschnitt des Buches entsprach die Erzählung vollkommen meinen Erwartungen. Matt Haig schafft es, die Trauer und Einsamkeit der Protagonistin einfühlsam und poetisch zu vermitteln. Seine Sprache ist klar und dennoch bildhaft, fast schon lyrisch, was dem emotionalen Thema eine besondere Tiefe verleiht. Besonders aufgefallen hat mir die Botschaft des Romans in diesem Teil: Egal in welchem Lebensabschnitt wir uns befinden, wir haben immer die Möglichkeit, unser Leben zu verändern und neue Wege zu gehen. Grace’ Mut, einen Neuanfang zu wagen, nachdem sie so lange in ihrer Trauer gefangen war, ist bewundernswert und inspirierend.

Doch ab einem bestimmten Punkt schlug der Roman für mich eine unerwartete Richtung ein. Die Handlung driftet zunehmend in eine esoterische und spirituelle Dimension ab, die sich stark vom bisherigen Erzählton unterscheidet. Dieser Wechsel empfand ich als abrupt und schwer nachvollziehbar. Statt der erhofften Antworten auf die vielen offenen Fragen, die Grace nach Ibiza führten, wurde die Geschichte immer mystischer und mit übernatürlichen Elementen durchzogen. Diese Wendung war für mich schwer zu greifen und entsprach nicht dem, was ich ursprünglich erwartet hatte.

Ich glaube, dass Leserinnen und Leser, die sich für spirituelle und esoterische Themen interessieren, hier auf ihre Kosten kommen werden. Für mich persönlich ging es jedoch zu weit in diese Richtung, weshalb ich mich sehr schwer damit getan habe, das Buch fertigzulesen. Vermutlich hätte es mir besser gefallen, wenn ich mit einer anderen Erwartungshaltung an die Lektüre herangegangen wäre. Die spirituellen und metaphysischen Themen, die im Verlauf des Buches aufgeworfen werden, waren für mich nicht die Aspekte, die ich mir von der Geschichte erhofft hatte.

"Die Unmöglichkeit des Lebens" ist ein Roman, der sicherlich nicht jedem gefallen wird – was das Buch aber gleichzeitig auch zu einem spannenden Gesprächsstoff macht. Die poetische Sprache und die kraftvolle Botschaft über Mut und Veränderung sind starke Punkte, die das Buch lesenswert machen. Für Leserinnen und Leser, die offen für spirituelle und mystische Themen sind, bietet der Roman eine interessante und ungewöhnliche Perspektive. Wer jedoch, wie ich, eine eher realistische Auseinandersetzung mit den Themen Trauer, Verlust und Neuanfang erwartet, könnte sich von der esoterischen Wendung enttäuscht fühlen.

Insgesamt ist das Buch trotz meiner gemischten Gefühle ein mutiges Werk, das den Leser herausfordert, seine Sichtweisen zu hinterfragen. Vielleicht ist es genau diese Vielschichtigkeit, die das Buch so polarisierend macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.08.2024

Modernes Märchen mit deutlichen Schwächen

Wächter der Magie – Aufbruch nach Artimé (Wächter der Magie 1)
0

„Die Wächter der Magie. Aufbruch nach Artimé“ von Lisa McMann (arsedition, August 2024) erschien ursprünglich 2011 in den USA unter dem Titel „The Unwanteds“. Dieser Originaltitel trifft meiner Meinung ...

„Die Wächter der Magie. Aufbruch nach Artimé“ von Lisa McMann (arsedition, August 2024) erschien ursprünglich 2011 in den USA unter dem Titel „The Unwanteds“. Dieser Originaltitel trifft meiner Meinung nach den Kern der Geschichte weitaus besser als die deutsche Übersetzung.
Im Zentrum des modernen Märchens stehen die Zwillinge Alex und Aaron. Sie wachsen an dem trostlosen Ort Quill auf, an dem das Leben von starren Regel und Entbehrung geprägt ist. Quill ist ein diktatorisches Regime, das von der Hohepriesterin Justine angeführt wird. Im Alter von 13 Jahren werden alle Judenglichen in Quill bei der Tilgung in „Gewollte“, „Notwendige“ und „Ungewollte“ eingeteilt. Den „Gewollten“ winken militärische Ehren und eine Karriere in Quill, die „Notwendigen“ sind die Arbeiter und die „Ungewollten“ werden liquidiert, da sie für die Gesellschaft nicht von Nutzen sind.
Alex und Aaron werden bei der Tilgung getrennt: Aaron ist ein „Gewollter“ und erhält das Privileg auf die Akademie zu gehen und Alex soll als „Ungewollter“ liquidiert werden. Doch anders als man sich in Quill erzählt, werden die „Ungewollten“ auf der Farm des Todes nicht in den großen See aus brodelndem Öl gestoßen, sondern landen in Artimé, einem magischen Land in dem Zaubern, Kunst, Theater und Literatur das Wichtigste sind.
Die Grundidee der Geschichte ist toll und faszinierend. Besondere Anfang und Ende sind spannend geschrieben. Im Mittelteil fehlte mir leider ein durchgängiger Spannungsbogen etwas und ich habe vieles als sehr vorhersagbar empfunden. Auch hätte ich mir gewünscht, dass Artimé und seine Bewohner viel genauer und runder beschrieben worden wären. So ist vieles blass geblieben und es war schwierig sich auch emotional auf die Geschichte einzulassen. Obwohl Lisa McMann viele sehr kreative Ansätze zeigt, hätte dies nach meinem Empfinden viel detaillierter ausgearbeitet werden können. Es überrascht mich, dass das Buch in den USA ein Bestseller ist. Der Klappentext verspricht eine Mischung aus „Harry Potter“ und „Die Tribute von Panem“, doch diesen Vergleichen wird das Buch leider überhaupt nicht gerecht.
Fazit: Die Geschichte bietet viele kreativ Ansätze und für junge LeserInnen, die Dystopien und Phantasy mögen, durchaus interessant. Leider weist sie deutliche Längen auf, und die neue Welt sowie die Charaktere hätten deutlich intensiver beschrieben werden können. Ich habe nach der Leseprobe und dem Klappentext viel mehr erwartet, daher von mir leider nur 3/5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere