Schockierend, aber distanziert
Reichskanzlerplatz“Reichskanzlerplatz” erzählt die Geschichte Magda Goebbels’ aus der Sicht des fiktiven Liebhabers Hans Kesselbach, der über einen zwanzigjährigen Zeitraum immer wieder Kontakt zu ihr hat. Diese ungewöhnliche ...
“Reichskanzlerplatz” erzählt die Geschichte Magda Goebbels’ aus der Sicht des fiktiven Liebhabers Hans Kesselbach, der über einen zwanzigjährigen Zeitraum immer wieder Kontakt zu ihr hat. Diese ungewöhnliche Perspektive finde ich gut gewählt.
Es ist aber keine reine Biografie, vielmehr ist es ein Porträt des Dritten Reiches, vom Aufkommen bis zum Ende, welches aufzeigt, wie schnell man (Mit-)Täter wird.
Während Magda aktiv zur überzeugten Nationalsozialistin konvertiert, lädt Hans sich Schuld auf, indem er wegschaut und verdrängt, versucht, sich selbst zu schützen - denn durch seine Homosexualität schwebt er selbst in großer Gefahr.
Der Schreibstil ist sehr sachlich und jeder Satz scheint Bedeutung zu haben - weswegen das Buch etwas Konzentration bedarf. Außerdem wird einiges Wissen vorausgesetzt.
Die beiden Protagonist*innen werden trotz ihrer Rollen sehr menschlich dargestellt und ihre verschiedene Charakterzüge beleuchtet.
Ich persönlich konnte durch die distanzierte Erzählart jedoch keinen guten Bezug zu ihnen oder der Geschichte aufbauen, weshalb ich das Buch trotz des schockierenden Inhalts als nicht allzu intensiv wahrgenommen habe.
Dennoch empfehle ich den Roman, da er gekonnt ein Kapitel deutscher Geschichte beleuchtet, welches nicht wiederholt werden darf und eindrücklich zeigt, wie schnell man zum Schuldigen wird, selbst wenn man sich selbst zu den Guten zählt - was aktueller denn je ist.
⭐️4/5⭐️