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Veröffentlicht am 21.10.2023

Ein Kind seiner Zeit

Das Rad der Zeit 1
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Der 900 starke Auftakt zu das "Rad der Zeit" wurde von Robert Jordan zu Beginn der 90er Jahre erstmals verlegt. Persönlich habe ich das Buch vor einer Weile schonmal gelesen, es nun aber noch einmal getan ...

Der 900 starke Auftakt zu das "Rad der Zeit" wurde von Robert Jordan zu Beginn der 90er Jahre erstmals verlegt. Persönlich habe ich das Buch vor einer Weile schonmal gelesen, es nun aber noch einmal getan - weil die Zeit dafür reif war.
Diese Rezension erhält keine beabsichtigen Spoiler - Andeutungen habe ich nach Kräften zu vermeiden versucht!

Inhalt

Rand al'Thor führt in Emondsfelde im Gebiet der Zwei Flüsse ein beschauliches Leben als Schäfer und Tabakbauer. Der dunkle König ist eingeschlossen in Shayol Ghul - seine Schattengestalten, Blasse und Trollocs, existieren für Rand, seine Freunde Mat und Perrin und seine Versprochene Egwene nur in Schauergeschichten und sind längst zu Sagengestalten geworden. Zumindest bis zur Winternacht vor Beltine. Da treten diese plötzlich aus dem Schatten der Nacht und Märchen, um das Dorf heimzusuchen.

Sie kamen aus der Fäule auf der Suche nach Rand, Mat und Perrin, weiss die Aes Sedai Moiraine, die ebenfalls in Emondsfelde weilte. Eine Aes Sedai - magisch begabte und in Tar Valon ausgebildete Frauen - sagen immer die Wahrheit. Dass sie dennoch gefährlich sind und diese Wahrheit manchmal so ihre Ecken und Kanten hat, ist bekannt. Dennoch fliehen die drei Jungen, begleitet von der eigenwilligen Egwene und dem Gaukler Thom Merrilin, mit der Aes Sedai und ihrem Behüter Lan. Das Ziel: Tar Valon, wo die Burschen erfahren sollen, weshalb sie gejagt werden und Egwene zur Aes Sedai ausgebildet werden soll. Wenig später schliesst sich ihnen Nynaeve an, die Dorfheilerin aus Emondsfelde, die sich selbst ausgeschickt hat, die Kinder zurück zu holen. Dazu kommt später der Ogier Loial, der die drei Jungen als Ta'veren erkennt - jene Menschen, um die herum das Rad sein Muster webt.

Eine wilde Flucht beginnt, auf der jeder der Heldinnen eigene Prüfungen zu bestehen hat, Schattenfreunde an jeder Ecke lauern, die Gruppe getrennt wird und die Häscher des Dunklen Königs ihnen immer ganz nah auf den Fersen sind. Der Showdown des ersten Bandes führt die Gruppe schliesslich auf unerwarteten Wegen zu einem unvorhergesehenen Ziel, an dem unerhörte Entdeckungen, eine Prophezeihung und viele weitere Fragen warten.

Erzählstil

Das Buch startet in Emondsfelde, wo Leser
innen den Protagonistinnen in ihrer Heimat begegnen - wer auf schnelle Action hofft, wird hier enttäuscht. Natürlich ist die Frage berechtigt, wieso man ein ganzes Dorf kennen lernen soll, dass anschliessend als Schauplatz verlassen und nicht wieder aufgegriffen wird. Meine Antwort darauf enthält zwei Aspekte.

Zum einen ist Emondsfelde, die Heimat der meisten Protagonist
innen. Das Eintauchen in diese Heimat bietet für mich die Chance, in den Kern der Charaktere einzutauchen. Hier wurden sie erzogen und sozialisiert, dieses Leben prägt ihr Wesen. Und da dieser Hintergrund ihr späteres Denken, Entscheiden und Handeln stark beeinflusst, habe ich diesen "langatmigen" Einstieg auch im späteren Verlauf der Geschichte schätzen können. Diese durch den Einstieg erzeugte Verbundenheit zu den Zwei Flüssen verbindet mich als Leserin mit den Figuren und ermöglicht es mir, ihre Entwicklung und Geschichte zu verstehen und einzuordnen.

Zum anderen bietet dieses gemächliche und ausführliche Verweilen in der "normalen Welt" tiefe Einblicke in die Gesellschaftsstruktur und herrschenden Geschlechterrollen. Auf der eingangs vermittelten Basis wird dann später aufgebaut

Liegt aber Emondsfelde erst einmal hinter der fliehenden Gruppe, nimmt die Geschichte schnell rasante Fahrt auf. Die Heldinnen stürzen aus einer Gefahr in die nächste und kommen wirklich nie zur Ruhe. Immer wartet die nächste Katastrophe. Gemindert wird diese Spannung durch einen weiteren Zankapfel, an dem sich die Geister der Leserinnen scheiden. Jordan neigt zu ausführlichen Beschreibungen der Landschaft und Personen/Kleider - und dazu, diese auch mitten in die Handlung zu pflanzen. Ja, auch ich finde, dass dies den Lesefluss und das Eintauchen durchaus manchmal stören. Man kann diese natürlich überfliegen, muss dann aber auch auf gewisse Tiefe im Setting verzichten.

Lobend hervorheben möchte ich noch kurz die individuellen Stimmen der Perspektivcharaktere. Wenn etwas aus Rands Perspektive geschrieben ist, dann habe ich wirklich das Gefühl, ja, das passt, so würde die Figur Rand darüber denken und sich ausdrücken.

Zu erwähnen ist auch, dass die Erzählperspektive grundsätzlich auktorial ist, wenn auch stellenweise nahe am personalen. Dies und die verschiedenen Perspektiven (vereinzelt auch die der Antagonisten) führt dazu, dass man als Leserin mitunter einen Wissensvorsprung auf die Protagonistinnen hat. Das sollte man beachten, bevor man eine Handlung oder Überlegung als "dumm" einstuft.


Setting und die Akteure

Wir haben es hier mit einer eindeutig (mittel)europäisch-mittelalterlich geprägten Welt zu tun. Dennoch versteht es Jordan etwas Eigenes zu erschaffen und erstaunlich viele gängige Klischees zu vermeiden. Die Welt ist komplex und lebt von einer detailreichen Geschichtsschreibung bis zum Zeitalter der Legenden und darüber hinaus. Sie ist voll legendärer Helden mit klingenden Namen, halb vergessener Begebenheiten und Prophezeihungen. Den Charakteren wie auch den Lesern ist nicht immer klar, was nun ins Reich der Legenden gehört und welche Geschichten eben doch mehr Wahrheit enthalten, als von den Menschen erinnert wird.

Während glaubwürdig scheint, dass sich die Akteure auf ihrer Reise durch das Königreich Andor noch gut verständigen können, tut sich hier später für mich ein Fragezeichen aus. Spätestens in Schienar - und im Folgeband noch weiter weg - sollten sich wohl sprachliche Gräben öffnen. Aber Jordan ist nicht der einzige Autor, der dieses Hindernis klanglos übergeht.

Wie bereits die Welt sind auch die Protagonistinnen komplex und überzeugend. Sie alle verfügen über einen unverkennbaren, individuellen Charakter, der ihr Denken, Entscheiden und Handeln prägt. Dabei sind sie aber nicht überzeichnet, haben ihre Stärken und Schwächen, Hoffnungen und Ängste. Jeder macht im Verlaufe der Geschichte eine Entwicklung durch, die aber mit dem Kern eines jeden Charakters in Einklang steht. Eine enttäuschende Ausnahme dazu stellt für mich die Dorfheilerin Nynaeve dar. Ihre Motivation für ihre Gefühle und ihr Handeln bleibt für mich fadenscheinig und sie wirkt auf mich überzeichnet deplatziert. In geringerem Masse gilt dies auch für den Behüter Lan - hier kann ich mir aber vorstellen, dass seine Undurchsichtigkeit beabsichtigt ist und sein Charakter erhält später im Buch mehr Hintergrund. Die zwischenmenschliche Beziehung dieser beiden Figuren ist für mich daher auch völlig aus der Luft gegriffen und nicht nachvollziehbar.

Im allgemeinen aber wartet das Buch mit starken Figuren auf, die Initiative ergreifen und sich aus Schwierigkeiten durch Einsatz ihrer Stärken, Talente und stimmigen Charaktereigenschaft herauswinden. Oder durch ihre Schwächen erst hinein geraten. Jedenfalls ist Glück und Dusel nur selten und in einem “normalen” Masse involviert und niemals massgebend.

Grenzwertig oder zumindest ambivalent sind für mich die nicht menschlichen Wesen. Während ich die Blassen so hinnehmen kann, rollen sich mir bei jeder Erwähnung der Trollocs die Zehennägel hoch - und zwar nicht auf die gute oder vom Autor beabsichtigte Weise. Diese Wesen - halb Mensch, halb Tier - sind in meiner Vorstellung nicht zum Leben erwacht. Das betrifft die physische Erscheinung, aber auch die Charakteristik. Für mich scheinen sie nur für die Bedürfnisse des Plots zu bestehen, nicht aus der Welt gewachsen.

Und noch ein Wort zur treiben Thematik des Kampfes um Gut und Böse. Natürlich ein altbekanntes Fantasy Trope, hunderte Male beackert. Aber natürlich (noch) nicht in dem Masse, als dieses Buch erschien. Die Bösen sind so richtig böse - von Schattenfreunden über Blasse bis zum Dunklen König selbst. Sie strebe nach Macht und Unsterblichkeit und danach, über andere zu regieren - was auch sonst? Mehr Graustufen sind hingegen auf der Seite des Lichts zu finden. Da gibt es nämlich unterschiedliche Gruppierungen und Ansichten, wie dem Licht am besten gedient ist und wer dem Schatten angehört. Und für manche, aber längst nicht alle, heiligt der Zweck auch mal die Mittel. Damit droht dem Heldentrio und seiner Entourage nicht nur Gefahr aus dem Schatten, sondern mitunter auch aus den eigenen Reihen.


Schlusswort

“Das Rad der Zeit” ist ein umfassendes und komplexes Werk - bereits im ersten Band. Und es gäbe noch vieles mehr zu sagen. Ausufernd viel mehr.

Dieses epische Werk hat bestimmt seine Schwächen, aber es ist eben auch episch und bietet die Gelegenheit zum tiefen Abtauchen in eine fein gearbeitete Welt und - wie für die Folgebände zu hoffen ist - wohl durchdachte Plotstruktur.

Um diese Reihe zu geniessen, hilft es sicher, sie vor dem Hintergrund ihrer zeitlichen Entstehung und der damaligen Schreibtradition zu verstehen. Denn es handelt sich hier nicht um einen schnellen Bestseller im Blockbusterformat, wie es die heutige, von Fernseh und Film geprägte Leserschaft mitunter erwarten mag.

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Veröffentlicht am 28.10.2024

Faszinierend und befremdlich

Die Mitford Schwestern
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“Die Mitford Schwestern” ist das sechste Buch von Marie Benedicts Reihe “Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte”, die bei Kiepenheuer & Witsch erscheint. Ins Deutsche übersetzt wurde es von Karen ...

“Die Mitford Schwestern” ist das sechste Buch von Marie Benedicts Reihe “Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte”, die bei Kiepenheuer & Witsch erscheint. Ins Deutsche übersetzt wurde es von Karen Gerwig und Marieke Heimburger.

Benedict entführt die Leser:innen in die englische Highsociety der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Mitford Schwestern, Töchter einer Adelsfamilie in der finanziellen Abwärtsspirale, beschäftigen die gesellschaftliche, politische und literarische Szene Englands, während der Faschismus sich in Europa ausbreitet und schliesslich der Zweite Weltkrieg ausbricht. Die Autorin beleuchtet die Schriftstellerin Nancy aus der Ich-Perspektive, während sie den Weg der Schwestern Unity und Diana in die Arme des Faschismus in drittpersonal verfassten Kapiteln beschreibt. Mir persönlich hat diese stilistische Form sehr zugesagt, denn die kurzen Kapitel eröffnen einen intensiven, persönlichen und zugleich multiperspektivischen Blick auf ein Ereignis und/oder Thema im Verlauf einer mehrere Jahre umfassenden Geschichte. Besonders faszinierend fand ich Benedicts Geschick dabei, jeder der drei Schwestern eine eigene Erzählstimme zu verleihen. Und dadurch ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten auch im Rhythmus und Ton der jeweiligen Kapitel abzubilden.
Auch inhaltlich hat sich dieser multiperspektivische Stil meiner Meinung nach ausgezahlt. Ich gebe gerne zu, dass die Glorifizierung der faschistischen Anführer, insbesondere Hitlers, durch die Augen der beiden jüngeren Mitford Schwestern mitunter befremdlich zu lesen war. Die schnellen Kapitelwechsel, die Distanz durch die dritte Person und die Relativierung durch die Nähe zur kritisch(er)en Nancy haben das unangenehme Gefühl von Scham abgemildert und das Lesen, wenn schon nicht genussvoll, dann doch zumindest sehr interessant gemacht. Für mich hat die Geschichte und der Stil jedenfalls einen enormen Sog entwickelt, der mich nur so durch das Buch hat fliegen lassen. Die immer wieder aufblitzende Tendenz zur Wiederholung hat mein Leseerlebnis nur am Rande und punktuell beeinträchtigt.
Etwas unschlüssig bin ich hinsichtlich der inhaltlichen Tiefe bezüglich der Beweggründe der beiden faschistischen Schwestern. Unity wird vor allem als eine Art Fangirl dargestellt, das dem Charisma Hitlers und dem Personenkult um ihn verfallen scheint. Und obwohl immer wieder erwähnt wird, dass sie seit langem eine glühende Faschistin sei, erhält diese Feststellung nie sehr viel mehr Substanz. Dianas Beweggründe erhalten zwar einerseits mehr Erklärung und ihre Motive für ihr Engagement werden klar, fussen aber schlussendlich immer in einer befremdlichen Ergebenheit männlichen Charismas. Ob dieses persönliche und etwas unbehagliche Gefühl von Unvollständigkeit am Buch selbst und der Autorin liegt oder ob es ein grundsätzliches Unvermögen ist, den damals herrschenden Zeitgeist mit meiner “modernen” Sozialisation vollends zu erfassen, vermag ich nicht abschliessend zu beurteilen. Ich tendiere aber zur Vermutung, dass mehr möglich gewesen wäre.

Abschliessend und grundsätzlich kann ich festhalten, dass “Die Mitford Schwestern” für mich eine sehr spannende Lektüre war, die mich inhaltlich zu fesseln und stilistisch zu überzeugen vermochte. Marie Benedict hat mir Personen näher gebracht, die ich bisher noch nicht einmal dem Namen nach kannte, mir eine Welt gezeigt, mit der ich mich noch selten auseinander gesetzt habe und mich in einen Zeitgeist abtauchen lassen, der trotz oder gerade wegen seiner Befremdlichkeit neugierige Faszination und viel Reflexion bei mir ausgelöst hat.

Herzlichen Dank an den Verlag und das Team Vorablesen für das Rezensionsexemplar! Meine Meinung bleibt - wie immer - trotzdem meine eigene.

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Veröffentlicht am 16.08.2024

Gute Unterhaltung

Jezebel Files - Wenn der Golem zweimal klingelt
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“Wenn der Golem zweimal klingelt” ist der erste Teil der vierbändigen “Jezebel Files” von Debora Wilde, übersetzt von Julia Schwenk und erschienen beim Second Chances Verlag. Vielen Dank an den Verlag ...

“Wenn der Golem zweimal klingelt” ist der erste Teil der vierbändigen “Jezebel Files” von Debora Wilde, übersetzt von Julia Schwenk und erschienen beim Second Chances Verlag. Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar - meine Meinung gehört natürlich trotzdem mir.

Ashira Cohen ist eine weltliche Privatdetektivin. Jedenfalls glaubte sie das. Ein heftiger Schlag auf den Hinterkopf setzt aber in mehrfacher Hinsicht unmögliche Fähigkeiten frei. Und dann sind da diese Schatten, die Nefesh - magisch begabte Menschen - befallen und töten. Wenn Ash die verschwundene Meryem finden will, bleibt ihr unter diesen Umständen gar nichts anderes übrig, als mit ihrer Nemesis aus Jugendtagen, Levi Montefiore, zusammenzuarbeiten.

Dieser Urban Fantasy Krimi war nicht nur aufgrund der überschaubaren Seitenzahl schnell weggelesen. Die Handlung schreitet zügig voran, das Worldbuilding erschliesst sich mit Fortschreiten der Geschichte und befeuert damit die Neugier der Leser*innen. Sprachlich ist die Erzählstimme dem Charakter der erzählenden Protagonistin angepasst - ironisch, sarkastisch. Das sorgt für einen flotten Fluss und Humor - obwohl für mich dabei auch mal die Grenze zur unlustigen Übertreibung angekratzt bis überschritten wird. Ash ist eine interessante, initiative Protagonistin, die mit charakterlichen Facetten, einer stringenten Backstory und Cleverness überzeugt. Der Plot bleibt durchgehend spannend, wobei ich als Leserin aber auch mal von den Ereignissen - und den nicht immer ganz ausformulierten Schlussfolgerungen der Protagonistin - abgehängt wurde und gedanklich erst später aufholen konnte. Der romantische Subplot war annehmbar, zumal die beiden Betroffenen wohl eine gemeinsame Geschichte verbindet - die spice Szenen waren hingegen eher awkward (ja, dazu fällt mir kein passendes deutsches Wort ein).

Insgesamt war “Jezebel Files - Wenn der Golem zweimal klingelt” gute Unterhaltung für zwischendurch. Und bei Gelegenheit werde ich mir auch gerne die anderen Bände zu Gemüte führen - auch wenn das keine Eile hat.

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Veröffentlicht am 03.04.2024

Spannend, aber nicht mein Thema

Die falsche Schwester - Verschließ die Augen vor der Lüge
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“Die falsche Schwester” ist der dritte Band der Reihe “Wem vertraust du? Psychologische Thriller von Rose Klay”. Es scheint sich dabei aber eher um eine thematische Reihe zu handeln, denn dieser Band ist ...

“Die falsche Schwester” ist der dritte Band der Reihe “Wem vertraust du? Psychologische Thriller von Rose Klay”. Es scheint sich dabei aber eher um eine thematische Reihe zu handeln, denn dieser Band ist ein abgeschlossener Einzelband, der keinerlei Vorkenntnisse der anderen Bücher erfordert. Erschienen ist das Buch bei beTHRILLED - vielen Dank an den Verlag und das Team von Lesejury für das Rezensionsexemplar. Meine Meinung ist natürlich trotzdem meine eigene.

Vor 25 Jahren ist Mila verschwunden - die älteste Tochter der Boskamps, einer schwerreichen Unternehmerfamilie. Obwohl keine Kosten und Mühen gescheut wurden, blieb das Mädchen verschwunden und die Familie traumatisiert zurück. Als es nun endlich einen neuen Hinweis zu geben scheint, verschwindet wieder ein Kind der Familie. Effies Tochter Lulu wird aus dem Kindergarten entführt. Das kann einfach kein Zufall sein! Und Effie ist überzeugt: Will sie Lulu wiederbekommen, muss sie herausfinden, was damals mit ihrer älteren Schwester Mila passiert ist. Und dabei öffnet sich mehr als nur ein dunkler Abgrund.

“Die falsche Schwester” lebt natürlich hauptsächlich von der Spannung zweier verschwundener Kinder. Obwohl die erste Entführung schon so lange her ist, ist der Verlust von Mila sowohl in der Familie als auch durch Effies Nachforschungen sehr präsent und aufwühlend. Hinzu kommt eine Sammlung interessanter Charaktere, die mit der Zeit an Tiefe und Facetten gewinnen. Und immer dubioser werden. Und ja, das trifft auch auf die Ich-erzählende Hauptfigur zu. Eine Vielzahl neuer Spuren und scheinbar unscheinbarer Nebenschauplätze und Auftritte halten die Spannung zusätzlich hoch und laden zum fiebrigen Miträtseln ein. Der Plot ist auf jeden Fall gut konstruiert und wurde von der Autorin ebenso geschickt wie sprachlich mitreissend umgesetzt. Der grosse Showdown und die Auflösung zum Schluss waren für mich dann allerdings etwas zu konstruiert und zu viel des Guten. Hat meinem Gesamteindruck des Buches aber nicht erheblich geschadet.

Weniger gefallen hat mir die thematische Richtung, die das Buch nach einer Weile einschlägt. Trotz der umsichtigen und dezenten Umsetzung konnte ich die Lektüre immer weniger geniessen. Und einige Kapitel und Enthüllungen waren für mich wirklich schwierig zu lesen. Da bin ich einfach sehr empfindlich. Und doch etwas ärgerlich war die unschöne Häufung von Schreibpatzern, die dem Lektorat offenbar entgangen sind.

Insgesamt war “Die falsche Schwester” für mich eindeutig ein Pageturner, der alle Elemente eines guten psychologischen Thrillers aufweist und der dazu nach meinem Geschmack gut geschrieben ist. Allerdings haben mich gewisse Entwicklungen in meinem Leseeifer dann doch etwas ausgebremst und meine Freude am Buch nachhaltig geschmälert.

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Veröffentlicht am 29.02.2024

Eine Abenteuerreise ins Reich der Fabelwesen

Fast verschwundene Fabelwesen. Die sagenhafte Expedition des Konstantin O. Boldt
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“Fast verschwundene Fabelwesen - Die sagenhafte Reise des Konstantin O. Boldt” stammt aus der Feder von Florian Schäfer und wurde von Elif Siebenpfeiffer illustriert. Es handelt sich um das Expeditionstagebuch ...

“Fast verschwundene Fabelwesen - Die sagenhafte Reise des Konstantin O. Boldt” stammt aus der Feder von Florian Schäfer und wurde von Elif Siebenpfeiffer illustriert. Es handelt sich um das Expeditionstagebuch des Naturforschers Konstantin O. Bolt, der 1862 mit einer wagemutigen Truppe aus Mythozoologen und -Ethnologen, einem Magier und einer Nonne zur legendären und abenteuerlichen Letho Expedition aufbricht, um dem Schwinden der Fabelwesen auf die Spur zu kommen. Das Buch ist damit ein (fiktives) Zeitzeugnis einer alternative History.

Die Geschichte wird in Form von Tagebucheinträgen erzählt. Ergänzend dazu ist jede Seite mit Bildern, Zeichnungen, Skizzen, Feldnotizen, Zeitungsausschnitten und/oder Brieffragmenten illustriert. Nicht fehlen dürfen natürlich die Beschreibungen der Fabelwesen, der die Expedition auf ihrer zweijährigen Reise durch Europa begegnet. Auf jeder liebevoll gestalteten Seite gibt es viel zu entdecken - auch wenn die Handnotizen und die altdeutsche Schrift der angefügten Dokumente nicht immer einfach zu entziffern sind.
Die Expedition führt durch ganz Europa und folgt dabei lokalen Märchen, Legenden und eben Fabelwesen. Viele von ihnen sind im Verschwinden begriffen - nicht zuletzt durch die aggressive Expansion des Menschen, dessen exzessive Nutzung verfügbarer Ressourcen und seiner Kriegstreiberei. Damit hält das Buch auch gleich einige politische und philosophische Denkanstösse bereit. Grundsätzlich geht es aber um die Erforschung und Katalogisierung dieser Wesen und darum, einige Exemplare für ein Refugium zu fangen. Die Handlung wird gewürzt durch gefährliche Begegnungen mit Fabelwesen und Menschen - Verluste inklusive. Trotz kleinerer Flauten fand ich die Geschichte dann doch überraschend mitreissend und sogar spannend.

Die Fabelwesen sind teils etwas enttäuschend “banal” - jedenfalls im Vergleich zu den Fantastischen Tierwesen aus dem Potteruniversum. Dafür sind sie sehr authentisch, denn der Autor hat ja tatsächlich folkloristische Sagen und Wesen aufgegriffen. Überhaupt wirkte die Atmosphäre und die mythozoologische Theorie auf mich sehr “authentisch”, um nicht zu sagen real.

Ich habe die Lektüre von “Fast vergessene Fabelwesen” grösstenteils sehr genossen und fand es sowohl folkloristisch lehrreich als auch belletristisch unterhaltsam. Mir scheint dieses doch eher ungewöhnliche Format in diesem Fall sehr gelungen und reizvoll. Vor allem für Liebhaber von Fabelwesen und Abenteuerromanen im 19. Jahrhundert. Und fürs Auge ist's auch noch was.

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