Profilbild von Fantasie-und-Traeumerei

Fantasie-und-Traeumerei

Lesejury Profi
offline

Fantasie-und-Traeumerei ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fantasie-und-Traeumerei über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2019

Römer in der Science Fiction

Roma Nova
0


"Roma Nova" ist mein Einstieg in die Science Fiction für Erwachsene. Ich habe wenig Erfahrung mit diesem Genre und war mir lange Zeit unsicher, ob es was für mich ist, aber "Roma Nova" hat mir gezeigt, ...


"Roma Nova" ist mein Einstieg in die Science Fiction für Erwachsene. Ich habe wenig Erfahrung mit diesem Genre und war mir lange Zeit unsicher, ob es was für mich ist, aber "Roma Nova" hat mir gezeigt, dass es ganz egal ist, in welchem Umfeld gute Geschichten spielen.

Dennoch ist gerade in diesem Roman das Setting sehr interessant. "Römer im Weltall" mit diesem Slogan wird das Buch vielerorts beworben. Klingt irgendwie abgefahren und sehr der Fantasie entsprungen. An den Haaren herbeigezogen? Ist es gar nicht. Die Römer waren gar nicht so viel anders, als heutige Gesellschaftsgruppen. Gruppen, Strukturen, Machtverhältnisse die es immer gegeben hat und vermutlich auch immer geben wird, wenn nicht doch irgendwann ein großes Umdenken stattfinden wird.

Genau das war es auch, was mich am Roman reizte. Aufmerksam geworden durch einen Podcast, in dem das Autorenpaar Judith und Christian Vogt über Bücher, über ihre Bücher sprechen, und die Autorin erklärt, dass sich deutliche Parallelen zeigen. Parallelen in der Struktur der Gesellschaft, im System der Politik, aber auch im Kleinen. Allzeit vorhanden ist die Gier nach Macht und das Ausspielen derselbigen, sobald man sie besitzt. Wer in einer Position über wem anders steht, spielt das aus. Psychologie, die auch in "Roma Nova" deutlich zum Einsatz kommt.

Der Einstieg ins Buch fiel mir etwas schwer. Ich wurde recht zügig mit einer komplexen Denkweise, einer Unbekannten Daseinsform mit nicht sehr leicht greifbaren Ideen und vielen weiteren Personen konfrontiert. Namen kamen mir bekannt vor aus dem Lateinunterricht (endlich macht er sich bezahlt! Ist aber absolut kein Muss, um das Buch zu verstehen), aber es sind direkt recht viele.

Nach kurzer Orientierungslosigkeit konnte mich der Roman schnell in seinen Bann ziehen. Festgelage, die beherrscht wurden von Hemmungslosigkeit und eben jenem Ausspielen der eigenen Macht. Menschen werden benutzt wie Gegenstände, man suhlt sich darin eine provokative Außenwirkung auf andere zu haben. Reichtum steht über Schönheit über Charakter. Die Protagonisten sind zunächst unangenehme Zeitgenossen. Judith Vogt spielt mit ihren Lesern, lässt sie nicht einmal ahnen, wer Gut und wer Böse ist.

Später gibt es dann einen Twist. Mit dem Auftauchen der Kämpfe in einer Arena, treten auch Heldenfiguren auf. Klassisch, aber nicht herkömmlich und schon gar nicht sympathisch und doch gibt es schon schnell Figuren, denen ich wünsche, dass sie auch die letzte Seite überleben.

Zum konkreten Inhalt möchte ich gar nicht zu viel verraten. Fakt ist: Römer in der Science Fiction funktioniert. Meiner Meinung nach sehr gut. Es gibt viele Dinge, die an historische Sagen und Fakten angelehnt sind, die aber dank des Phantastik Hintergrunds des Romans viel mehr Freiraum bekommen. Nicht nur in der Handlung, sondern auch im Denken. Ich habe mir sehr oft Gedanken darüber gemacht wie angesprochene Themen in der Realität ablaufen und sehr viele Parallelen entdeckt.

"Roma Nova" hat mich gefordert. Im positiven Sinn. Ich musste mich auf einiges einlassen, dass ich aufgrund meines Wissens über Geschichte anders im Kopf hatte, und ich musste mich einigen unangenehmen Themen stellen, die der Gesellschaft, in der ich lebe, auch in der Realität begegnen. Aber ich bin auch unterhalten worden. Sehr gut sogar. Mit vielen spannenden Handlungen, überraschenden Wendungen und interessanten Charakteren. von mir gibt es für "Roma Nova" eine ganz klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.10.2024

Perlenbach

Perlenbach
0

"Perlenbach" ist der Nachfolger des historischen Romans "Ginsterhöhe", der Inhalt aber chronologisch vor der Geschichte aus "Ginsterhöhe" angesiedelt. Könnte ich es nochmal entscheiden, würde ich die Bücher ...

"Perlenbach" ist der Nachfolger des historischen Romans "Ginsterhöhe", der Inhalt aber chronologisch vor der Geschichte aus "Ginsterhöhe" angesiedelt. Könnte ich es nochmal entscheiden, würde ich die Bücher auch lieber in dieser Reihenfolge lesen. Sie sind aber auch gut unabhängig voneinander lesbar.

Wie "Ginsterhöhe" auch, hat mir "Perlenbach" sehr gut gefallen. Vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Die Geschichte der Freundschaft zwischen den ungleichen Protagonisten, ihre Höhen und Tiefen, der Druck der Gesellschaft dieser Zeit, Ansprüche, Wünsche, Hoffnungen, die sich nicht immer mit dem decken, was möglich ist.

Wilhelm lebt auf einem Bauernhof, auf dem es zu viele Kinder für zu wenig Geld und zu wenig Essen gibt. Sein Vater ist gewalttätig und cholerisch, engstirnig und verbohrt. Die Wünsche der Kinder interessieren ihn nicht. Ihm ist nur wichtig, dass der Hof weiter besteht und bewirtschaftet wird. Als Wilhelm den Wunsch äußert eine Ausbildung in einer Fabrik zu beginnen, der Fabrik der Familie seines Freundes Jacob, stößt er beim Vater damit auf großen Widerstand.

Jacob hingegen möchte der Fabrik entfliehen. Der Last des Erben. Er träumt vom Reisen, von Freiheit und einem Leben, das nun gar nicht einer konservativen Fabrikantenfamilie entspricht.

Luise will Ärztin werden. Ein Beruf, dem Ende des 19. Jahrhunderts ausschließlich Männer nachgehen. Ein Kampf gegen Konventionen und Vorurteile. Ist Luises Dickschädel, ihr Ehrgeiz und ihr Durchsetzungsvermögen stark genug, um es trotzdem zu schaffen?

Wieder einmal hat Anna-Maria Caspari sehr gut recherchiert und skizziert detailgetreu die verschiedenen Gesellschaftsstrukturen und Schubladen des 19. Jahrhunderts. Die Enge der Bauernfamilien und deren teils wirtschaftliche Notlage, die konventionellen Ansichten der oberen Mittelschicht, die Diskriminierung der Frauen, die als mehr oder weniger notwendiges Beiwerk, aber nicht als selbstständige Person angesehen werden und von Casparis Protagonistin Luise gehörig Gegenwind bekommen.

Eine kleine Kritik ist die Stereotypisierung einiger Figuren, die aber vielleicht auch daher rührt, dass Caspari nun mal versucht die Lebensmodelle des 19. Jahrhunderts darzustellen. Dafür bedient sie sich sehr klassischer Vorbilder.

Trotzdem gelingt es ihr den Figuren Sympathien, sowie Antipathien und Lebendigkeit auf den Leib zu schreiben, sowie Erlebnisse und Schicksalsschläge, die "Perlenbach" zu einem spannenden Roman werden lassen, der mir einen guten Einblick verschafft hat, wie das Leben im 19. Jahrhundert abgelaufen sein muss.

Caspari schreibt auch hier wieder ein Nachwort, in dem sie historische Fakten zum Roman erklärt, was ich als absolute Bereicherung empfinde und sehr gerne lese. Außerdem mag ich die Gestaltung der beiden Eifelromane sehr gerne.

Wer gerne literarisch durch die Zeit reist, um auch etwas über die Vergangenheit zu lernen, kann mit den Büchern von Anna-Maria Caspari definitiv nichts falsch machen und bekommt zudem noch spannende Lesestunden hinzu.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.10.2024

Sirius

Sirius
0

Auf Sirius bin ich dank Christine Westermann und Mona Ameziane und ihren Podcast "Zwei Seiten" gestoßen. "Das perfekte Buchgeschenk, insbesondere für Hundeliebhaber*innen", darüber waren die beiden sich ...

Auf Sirius bin ich dank Christine Westermann und Mona Ameziane und ihren Podcast "Zwei Seiten" gestoßen. "Das perfekte Buchgeschenk, insbesondere für Hundeliebhaber*innen", darüber waren die beiden sich einig. Ich verschenkte also und bat darum es nach beenden selbst lesen zu dürfen.

Die Beschenkte hatte hart daran zu knabbern. Ich wollte ihr eine Freude in einer schweren Zeit machen, aber es war für sie nicht immer einfach, den zweiten Weltkrieg zu ertragen. "Ein Buch das auch Hoffnung gibt", hatte ich Christine Westermanns Stimme im Ohr. Sollte das doch nicht so sein?

Am Sonntag begann ich den Roman, der feine 300 Seiten umfasst und las mich durch die ersten hundert direkt am Stück durch. Was für eine intelligent lässige Sprache, was für ein großartiger ironischer Humor. Kurze griffige Abschnitte. Ganz nach meinem Geschmack. Ich mag es, wenn sich Schreibende der Ironie bedienen, um Tragik und Irrsinn eines Themas zu verdeutlichen. Und wo begegnet uns mehr Tragik und Irrsinn, als im zweiten Weltkrieg? Diese abstrusen Ansichten Hitlers eines sauberen, klugen, besseren Volkes - es ist immer wieder unbegreiflich warum Menschen diese Ideologien für ernst nehmen und ihnen Glauben schenken.

Mit Hilfe von Sirius, der als jüdischer Hund geboren, seinen Namen ändern und fliehen muss, aber zum Held mehrerer Stunden wird, zeichnet Crown ein sarkastisches Bild einer gleichzeitig dunklen, sowie schillernden Ära der Weltgeschichte. Auf der einen Seite Deutschland, das in Schutt und Asche liegt, zertrümmert zum vermeintlichen Wohle des Volkes, auf der anderen Seite Hollywood, glamourös, beeindruckend, aber von ähnlichem Größenwahn und Menschenverachtung befallen.

Eine spannende Reise durch die Zeit an der Seite des kleinen Hundes und seiner Familie. Trotz Perspektive des Hundes sehr authentisch, da wirklich gut recherchiert und mit historisch belegten Fakten untermalt. Getragen von Ironie und Humor, der Tragödien der Vergangenheit und wer beim Showdown immer noch trockene Augen hat, sollte dringend das Gespräch mit einem Baum suchen (kleiner Sirius Insider).

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2024

Fable. Der Gesang des Wassers

Fable – Der Gesang des Wassers (Fable 1)
0

Der Einstieg in den ersten Teil der Dilogie um Fable, die Schürferin, die Tochter eines Schiffskapitäns, fiel mir nicht ganz leicht. Ich musste mich erst einmal orientieren in ihrer rauen Welt, in der ...

Der Einstieg in den ersten Teil der Dilogie um Fable, die Schürferin, die Tochter eines Schiffskapitäns, fiel mir nicht ganz leicht. Ich musste mich erst einmal orientieren in ihrer rauen Welt, in der sie täglich ums Überleben kämpft, und darum ihr Ziel zu erreichen: Jeval zu verlassen und ihren Vater zu finden. Der hat sie nach dem Sinken seines eigenen Schiffes einfach im Stich gelassen zwischen all diesen Verbrechern und gierigen Schurken auf Jeval. Es gelingt Fable auf dem Schiff von West anzuheuern und zunächst einmal zu überleben. Aber die Gefahr lauert buchstäblich hinter jeder Seite.

Es fällt mir etwas schwer meine Worte zu sortieren, meine Gedanken zu Fable, denn lange Zeit war ich orientierungslos in ihrer Welt. Habe einige Handlungen nicht nachvollziehen können und mich gefragt, wo die Autorin hin möchte. Doch dann nimmt die Geschichte immer mehr an Fahrt auf. Einige Schritte erklären sich, die Handlung wird runder, immer spannender und am Ende gibt es einen Cliffhanger, auf den ich nicht vorbereitet war.

Ich mag Fable. Mochte sie von Anfang an. Zunächst ist sie auch die einzige sympathische Person, der ich in Jeval begegne. Ansonsten treiben sich dort nur geldgierige Halunken herum, die für den kleinsten Betrag das Leben eines anderen Menschen auslöschen würden. Mir scheint es anfangs so, als sei auch West nicht besser. Doch dann lerne ich ihn und seine Mannschaft besser kennen. Sie sind rau. Weil sie es sein müssen. Doch jede*r einzelne von ihnen trägt eine Geschichte in sich, die sie mir näher bringen, die auch sie sympathisch werden lassen und so fühle ich mich am Ende des Buches so sehr mit ihnen verbunden, dass ich unbedingt wissen möchte, wie es mit ihnen weitergeht. Zum Glück erscheint der zweite Teil schon sehr bald (Oktober 24).

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2024

Ryan und Avery

Ryan und Avery
0

David Levithan begleitet mich schon meine ganze Bloggerinnen Zeit hindurch. Über 10 Jahre also. Auch damals entsprach ich nicht mehr seinem Zielpublikum einer jugendlichen Leserin, aber auch damals schon ...

David Levithan begleitet mich schon meine ganze Bloggerinnen Zeit hindurch. Über 10 Jahre also. Auch damals entsprach ich nicht mehr seinem Zielpublikum einer jugendlichen Leserin, aber auch damals schon konnte er mich mit seinen leisen, tiefgründigen Geschichten begeistern.

"Ryan und Avery" ist fernab meiner Lebenswelt und damit umso wichtiger, um Verständnis und Empathie für Lebensentwürfe zu entwickeln, die sich nicht mit meinen decken. Zwei Jungs, zwei Teenager, fast Twens, beide homosexuell, lernen sich kennen, verlieben sich. Der eine aus einer liebevollen Familie, mit viel Verständnis und Toleranz, der andere aus einer Familie, in der er - so hat es sich für mich leider angefühlt - fast als Last empfunden wird. Oder als Mittel zum Zweck eigene Unzulänglichkeiten zu überspielen und ihm Verantwortung zu übertragen, die eigentlich auf die Seite der Eltern gehört.

Diese beiden Jungs finden sich, begegnen sich, mit viel Respekt. Ich liebe es sehr wie zugewandt sie einander sind. Wie achtsam sie miteinander umgehen und wünsche mir, dass solche Liebesgeschichten Vorbild für viele Jugendlich sind und nicht so etwas wie Dark Romance. Ich wünsche mir, dass sie diese Geschichte lesen und lernen den Mensch zu sehen, der sie interessiert. Nicht dessen Geschichte, nicht dessen Herkunft, nicht dessen äußere Merkmale. Dass sie sich einander zuwenden und zuhören, miteinander wachsen, mit ihrer Liebe wachsen. Dass sie sich trauen sich auszuprobieren und kennenzulernen. Aber vor allem, dass sie immer im Kopf haben, dass jeder Mensch wertvoll ist und wir deshalb alle respektvoll miteinander umgehen können.

Das hat David Levithan mal wieder in eine unaufgeregte Geschichte gepackt, die mit leisen und sanften Tönen daher kommt, tief schwingt, vielleicht hier und da etwas Durchhaltevermögen erfordert, aber absolut zu Recht ihren Platz in den Regalen vieler Lesender findet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere