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Veröffentlicht am 08.11.2024

Gutes Buch!

Furchen und Dellen
0

FURCHEN UND DELLEN
Ela Meyer

Chris kehrt heim, weil ihr exzentrischer Großvater im Sterben liegt. Seit vielen Jahren war sie nicht mehr zu Hause gewesen, hatte den Ort bewusst gemieden. Zu viele Beleidigungen ...

FURCHEN UND DELLEN
Ela Meyer

Chris kehrt heim, weil ihr exzentrischer Großvater im Sterben liegt. Seit vielen Jahren war sie nicht mehr zu Hause gewesen, hatte den Ort bewusst gemieden. Zu viele Beleidigungen und entwürdigende Herabsetzungen waren von ihrem Großvater ausgegangen. Doch es gab noch einen weiteren Grund, der sie davon abhielt, das kleine Dorf zu besuchen.

Damals lebte sie in einer WG. Die queere Doro war seit der Kindheit ihre beste Freundin gewesen; es war selbstverständlich, dass sie zusammenzogen. Antonia kam erst später dazu, aber die drei verstanden sich blendend. Unter ihnen wohnte Rafa, ein Freund, der beruflich viel reiste, aber wenn er zu Hause war, gehörte er fest zur Gruppe.

Alles änderte sich, als Doro plötzlich den Wunsch nach einem Kind äußerte. Alle gemeinsam sollten das Kind großziehen – mit gleichen Rechten und Pflichten. Für Chris, die selbst nie einen Kinderwunsch hatte, war das eine unerträgliche Vorstellung. Kurzerhand zog sie von einem Tag auf den anderen aus und brach den Kontakt zu ihren Freunden vollständig ab.

Nun muss Chris sich ihrer Vergangenheit stellen und erkennt zum ersten Mal, dass auch ihr eigenes Verhalten nicht immer richtig war.

Das Buch liest sich flüssig, der Schreibstil ist angenehm. Besonders gefallen haben mir die zahlreichen Reflexionen der Figuren und die detaillierten Beschreibungen der Protagonisten. Der furchteinflößende Großvater bleibt noch Tage nach dem Lesen im Gedächtnis – seine rigide Erziehung ließ mir beim Lesen die Nackenhaare hochstehen. Auch die Entwicklung von Chris zu einer einfühlsameren Person hat mich berührt.

Es ist eine Geschichte über Freundschaft, Vergebung und die Chance auf einen Neuanfang. Ein sehr einfühlsames Buch. Gerne spreche ich eine Leseempfehlung für alle aus, die emotionalen Geschichten mögen.

4/5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.11.2024

Gutes Hörbuch!

Furchen und Dellen
0

FURCHEN UND DELLEN
Ela Meyer

Chris kehrt heim, weil ihr exzentrischer Großvater im Sterben liegt. Seit vielen Jahren war sie nicht mehr zu Hause gewesen, hatte den Ort bewusst gemieden. Zu viele Beleidigungen ...

FURCHEN UND DELLEN
Ela Meyer

Chris kehrt heim, weil ihr exzentrischer Großvater im Sterben liegt. Seit vielen Jahren war sie nicht mehr zu Hause gewesen, hatte den Ort bewusst gemieden. Zu viele Beleidigungen und entwürdigende Herabsetzungen waren von ihrem Großvater ausgegangen. Doch es gab noch einen weiteren Grund, der sie davon abhielt, das kleine Dorf zu besuchen.

Damals lebte sie in einer WG. Die queere Doro war seit der Kindheit ihre beste Freundin gewesen; es war selbstverständlich, dass sie zusammenzogen. Antonia kam erst später dazu, aber die drei verstanden sich blendend. Unter ihnen wohnte Rafa, ein Freund, der beruflich viel reiste, aber wenn er zu Hause war, gehörte er fest zur Gruppe.

Alles änderte sich, als Doro plötzlich den Wunsch nach einem Kind äußerte. Alle gemeinsam sollten das Kind großziehen – mit gleichen Rechten und Pflichten. Für Chris, die selbst nie einen Kinderwunsch hatte, war das eine unerträgliche Vorstellung. Kurzerhand zog sie von einem Tag auf den anderen aus und brach den Kontakt zu ihren Freunden vollständig ab.

Nun muss Chris sich ihrer Vergangenheit stellen und erkennt zum ersten Mal, dass auch ihr eigenes Verhalten nicht immer richtig war.

Das Buch liest sich flüssig, der Schreibstil ist angenehm. Besonders gefallen haben mir die zahlreichen Reflexionen der Figuren und die detaillierten Beschreibungen der Protagonisten. Der furchteinflößende Großvater bleibt noch Tage nach dem Lesen im Gedächtnis – seine rigide Erziehung ließ mir beim Lesen die Nackenhaare hochstehen. Auch die Entwicklung von Chris zu einer einfühlsameren Person hat mich berührt.

Es ist eine Geschichte über Freundschaft, Vergebung und die Chance auf einen Neuanfang. Ein sehr einfühlsames Buch. Gerne spreche ich eine Leseempfehlung für alle aus, die emotionalen Geschichten mögen.
4/5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.10.2024

"Camporotondo" – Ein Sommer voller Schmerz und Verirrungen

Brennende Himmel
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BRENNENDE HIMMEL
Mattia Insola

Camporotondo, Sommer 2000:
Jedes Jahr verbringt Teresa die Sommerferien mit ihren Eltern in „Butterfly Village,“ einem tristen Feriendorf am Meer. Doch dieser Sommer wird ...

BRENNENDE HIMMEL
Mattia Insola

Camporotondo, Sommer 2000:
Jedes Jahr verbringt Teresa die Sommerferien mit ihren Eltern in „Butterfly Village,“ einem tristen Feriendorf am Meer. Doch dieser Sommer wird anders: Die 17-Jährige lernt den älteren Riccardo kennen und verliebt sich in ihn. Für ihn ist Teresa jedoch nicht mehr als eine flüchtige Ablenkung, ein Spielzeug, das er neben seinen Freunden und Drogen nebensächlich behandelt. Teresa, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihm zu gefallen, und der Angst, sich selbst zu verlieren, entdeckt eine Seite an sich, die sie weder versteht noch kontrollieren kann. Heimlich beginnt sie, sich von den Erwartungen ihrer Eltern zu entfernen, ohne dabei zu ahnen, welche Narben das hinterlassen wird.

Paloma, Winter 2019:
Jahre später tritt Niccolò, Teresas und Riccardos Sohn, in das Leben seines Vaters – ein Vater, der mit seiner Erziehung nie etwas zu tun hatte. Trotzdem scheint Niccolò seinem Vater ähnlicher zu sein, als ihm lieb ist. Riccardo nimmt ihn mit auf einen Road Trip zurück zu „Butterfly Village,“ wo er endlich den Dämonen seiner Vergangenheit begegnen und seinem Sohn die ganze Wahrheit enthüllen will.

Das Buch erzählt eine Geschichte, die von schmerzhaften Kreisläufen, verpassten Chancen und toxischen Beziehungen beschattet ist. Theresas Leben ist von Anfang an von Gewalt und Vernachlässigung geprägt: Ihre Mutter ist gewalttätig, ihr Vater schwach und passiv. Auf der verzweifelten Suche nach Liebe und Anerkennung gerät sie an den selbstbezogenen Riccardo, der ihre Wunden nur vertieft. Später scheint sich die Geschichte auf tragische Weise zu wiederholen, als auch Teresa als Mutter die Fehler der Vergangenheit nach und nach wiederholt.

Diese Lektüre hat es mir nicht leicht gemacht. Die Protagonisten wirken oft fern und schwer greifbar; mit Ausnahme von Teresa, die mein Mitgefühl gewann. Ich hätte ihr eine andere Familie, bessere Freunde und ein Umfeld gewünscht, das sie schützt und unterstützt. Das Ende ist passend und schmerzhaft, und das Buch hinterlässt eine eindringliche Leere, die nachhallt – es ist eine Geschichte, die mich sicher noch lange beschäftigen wird.

TW: Diskriminierende Sprache, explizite Beschreibungen von sexualisierter, physischer und psychischer Gewalt.

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Veröffentlicht am 28.10.2024

Poetisch schön

A wie Ada
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A WIE ADA
Dilek Güngör

In kurzen, knappen, prägnanten und ungeordneten Kapiteln lernen wir Ada kennen, unsere Protagonistin, die nach Akzeptanz und Anerkennung strebt und dabei versucht, den komplizierten ...

A WIE ADA
Dilek Güngör

In kurzen, knappen, prägnanten und ungeordneten Kapiteln lernen wir Ada kennen, unsere Protagonistin, die nach Akzeptanz und Anerkennung strebt und dabei versucht, den komplizierten Balanceakt zwischen Angepasstheit und ihrer eigenen Identität zu bewältigen.
Immer wieder fühlt sie sich fremd und unwohl in ihrer Haut, stets setzt sie sich unter Druck, um nicht aufzufallen.
Wir erfahren in minutiösen Sequenzen aus dem Leben Adas: aus der Schulzeit, im Studium, lernen sie als Mutter kennen und erleben sie liebevoll, traurig, zärtlich und verletzt.

„Wer nicht fremd ist, weiß, wie etwas gemacht wird. Es wird so gemacht, wie es gemacht wird, darum weiß ja jeder, was zu tun ist.
Wer nicht fremd ist, weiß schon und kennt schon. Wie der Igel ist er immer schon da, wenn Ada kommt, und sie hat sich so beeilt. Der Igel ist schon da und hat schon und kennt schon und weiß, da gibt es nichts mehr aufzuholen.“ (S. 62)
Dilek Güngör hat hier ein poetisches Porträt geschaffen, das einem literarischen Kaleidoskop gleicht. Es ist ein komplexes biografisches Gewebe einer stolzen Frau.
Wer einen stringenten Handlungsstrang sucht, ist hier falsch, aber ich kann euch das kleine Büchlein mit dem facettenreichen Leben Adas sehr empfehlen.
4/ 5

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Veröffentlicht am 09.10.2024

Beunruhigend

Tunnel
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TUNNEL
Grit Krüger
Sie haben nichts zu essen, und die Heizung ist defekt. Eine Reparatur kann Mascha sich schon lange nicht leisten. Also bauen sie sich in der Wohnung eine Höhle aus Decken und Kissen ...

TUNNEL
Grit Krüger
Sie haben nichts zu essen, und die Heizung ist defekt. Eine Reparatur kann Mascha sich schon lange nicht leisten. Also bauen sie sich in der Wohnung eine Höhle aus Decken und Kissen – dort ist es wenigstens warm.

Was Mascha wirklich bräuchte, ist Arbeit. Oder besser gesagt: 3000 Euro. Dann könnte sie die Heizung reparieren lassen und das Ferienlager für ihre Tochter Tinka bezahlen. Doch das Amt blockiert. „Sie müssen sich bewerben“, sagt die unfreundliche Frau mit monotoner Stimme.

Auch die 7-jährige Tinka hat ihre Sorgen: Sie hat Angst vor dem „Tröster“, der immer Mutter in ihrem „Schlafwohnzimmer“ besucht. Wenn er da ist, pinkelt sie lieber in ihren Legoeimer anstatt auf die Toilette zu gehen.. Außerdem braucht sie dringend neue Turnschuhe. Die alten drücken, doch sie traut sich nicht, ihrer Mama davon zu erzählen. Genauso wenig, wie sie noch immer das Geld für den Klassenausflug benötigt. Die Blicke der anderen Kinder treffen sie jedes Mal, wenn die Lehrerin vor allen wieder erwähnt, dass ihre Zahlung noch aussteht.

Alles könnte sich ändern, als Mascha ein Jobangebot als ungelernte Pflegekraft in einem Seniorenheim erhält. Ob das die Wende bringt, müsst ihr selbst herausfinden.

Ein ergreifendes Buch. Der ungewöhnliche, fast poetische Schreibstil bringt die prekäre Lage der kleinen Familie eindringlich zur Geltung. Die Geschichte wird aus den Perspektiven unterschiedlicher Personen erzählt – Menschen am Rande der Gesellschaft, mit ihren ganz eigenen Sorgen und Nöten.

Was mir weniger zusagte, war die Geschichte des Tunnels. Ich konnte diesen lediglich als Metapher deuten – ein Symbol dafür, dass Mascha und Tomsonov ihrem jetzigen Leben entfliehen wollen.

Fazit:
Ein gelungenes Debüt, das ich mit Interesse gelesen habe.
4/ 5

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