Fehlstellen
Allianz der Heimatlosen
Schon mehrmals hat sich Strohmeyr mit der Familie Mann auseinander gesetzt, hier liegt der Schwerpunkt auf der Beziehung zum "Schweizerkind" Annemarie Schwarzenbach. Die Reisebuchautorin verband mit Erika ...
Schon mehrmals hat sich Strohmeyr mit der Familie Mann auseinander gesetzt, hier liegt der Schwerpunkt auf der Beziehung zum "Schweizerkind" Annemarie Schwarzenbach. Die Reisebuchautorin verband mit Erika Mann eine leidenschaftliche, unerwiderte Liebe, mit Klaus Mann eine eher brüderliche Beziehung. Leider reicht das nicht für ein ganzes Buch. Was nur bedingt am Autor liegt.
Worum geht es?
Der Text beleuchtet den Lebensweg Annemarie Schwarzenbachs, sowohl mit als auch ohne den Mann-Geschwistern.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Ich binnen zwei Tagen durch die ca. 130 Seiten gekommen, was sehr flott ist. Allerdings ist das Bild, das der Autor hier zeichnet, relativ simple: Schwarzenbach will sich von ihrer strengen Mutter emanzipieren. Sie "hängt" sich an die Geschwister Mann und verliebt sich in Erika. Seitenweise sieht man Schwarzenbach Mann anschmachten und obwohl die enge Beziehung der drei nur wenige Jahre anhielt, fühlt sich das sehr viel länger an. Im Gegensatz zu Erika und Klaus fehlt Schwarzenbach das intellektuelle Bewusstsein und der Drang, die Welt verändern zu wollen. Während die Geschwister auf verschiedene Arten gegen den Krieg kämpfen, reist Schwarzenbach um die Welt - was auch im Zweiten Weltkrieg irgendwie möglich war. Letztlich kann sie mit den beiden nicht mithalten, sie bleibt das (nicht immer) verwöhnte reiche Mädchen, das "nur" die Anerkennung einer Mutterfigur haben will. Und die Drogen. Immer wieder Drogen.
Von der Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach lesen wir wenig, ohnehin ist das Bild in mehrerlei Hinsicht einseitig. Denn die Mutter hat nach dem Tod und entgegen dem Wunsch der Tochter Tagebücher und Briefe verbrannt. Weil sie ihre lesbische Beziehung zu ihrer Freundin halb-offen auslebte, aber die Neigung der Tochter verurteilte. Und das Bild der "guten" Tochter wahren wollte. Nur weniges ist erhalten geblieben. Das führt dazu, dass wir nicht wissen, wie Erika auf all die Schwärmereien reagierte, welche Gefühle sie tatsächlich hatte. Auch Klaus' Reaktionen bleiben im Dunkeln. Eine Meinung über Schwarzenbach kann man sich überwiegend aus Briefen bilden, in denen andere über sie schreiben.
Daher frage ich mich, ob der Autor Schwarzenbach einen Gefallen getan hat, wenn er sie - weil nicht anders möglich - eher zwischen den Zeilen als eine starke, durchsetzungsfähige Person darstellt. Auf den ersten Blick wirkt sie eher "schwach". Ich finde es wichtig, dass auch ihre Geschichte erzählt wird, aber für mich war das nicht ausreichend. Auch die "Allianz der Heimatlosen" ist als als Titel knackig, aber man spürt die Verbindung der drei nicht.
Interessant fand ich, dass man einiges über Erika Mann als Person erfährt, auch das eher zwischen den Zeilen. Die Art, wie die Geschwister über Schwarzenbach geschrieben haben, welche ihrer Texte sie (nicht) rezensiert haben, dass sie sich überreden lassen, aber ihr nicht zutrauen, dass sie Vorhaben umsetzt. Für mich war Erika Mann eine Kämpferin für das Erbe des Vaters und gegen den Krieg. Eine unstete Persönlichkeit, immer in Bewegung, zielgerichtet, mit wenig Kopf für emotionale Beziehungen. Dieses Bild hat sich im Buch bestätigt. Paradoxerweise scheint Mann für Schwarzenbach tatsächlich eine mütterliche Rolle erfüllt zu haben - aber eher die fordernde, nicht die liebende. Letztlich ist Schwarzenbach wohl an beiden gescheitert.
Fazit
Vom Buch ist mir nur wenig im Kopf geblieben. Annemarie Schwarzenbach, die sich in Reisen, Frauen und Drogen sucht, aber nur den Weg nach unten findet. Es ist ein bewegendes Porträt, das trotz vieler Fakten nur wenig Gefühl für die Person hinter der Autorin vermittelt. Und von der Autorin sieht man auch wenig. Für mich leider nicht notwendig.