Herzzerreißend tragisch und schön!
Rebecca Yarros habe ich zunächst durch ihre "Flammengeküsst"-Reihe kennengelernt. Mit ihren Fantasybüchern hat sie bei mir für Lesehighlights gesorgt und so war ich sehr neugierig darauf, ein Buch in einer ...
Rebecca Yarros habe ich zunächst durch ihre "Flammengeküsst"-Reihe kennengelernt. Mit ihren Fantasybüchern hat sie bei mir für Lesehighlights gesorgt und so war ich sehr neugierig darauf, ein Buch in einer realen Welt von ihr zu lesen. "Alles, was ich geben kann" ist genau so eines. Es spielt im Hier und Jetzt und behandelt viele wichtige Themen. Doch das Buch ist nichts für zarte Gemüter. Es beherbergt eine Schwere, die ich oftmals kaum ertragen konnte und die mich immer wieder zu Tränen rührte. Dennoch und genau deswegen ein weiteres Meisterwerk aus der Feder der Autorin.
Zitat: „Wenn ich mich schon nicht um ihr Herz kümmern durfte, konnte ich wenigstens ihren Körper versorgen.“ (Rebecca Yarros: Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Seite 148)
Die Autorin:
Rebecca Yarros erhielt mehrfach Auszeichnungen von der „New York Times“, dem „Wall Street Journal“ und der „USA Today“. So ist sie inzwischen eine international gefeierte Bestsellerautorin unter anderem für ihre "Flammengeküsst"-Reihe. Sie liebt Schokolade und Kaffee und ist eine hoffnungslose Romantikerin. Die Autorin setzt sich besonders für Kinder in staatlichen Pflegesystemen ein und gründete hierfür die Non-Profit-Organisation „One October“. Sie ist Mutter von sechs Kindern und lebt mit ihrer Familie und zahlreichen Tieren in Colorado.
Inhalt:
„Ella hätte nie gedacht, dass sie als Brieffreundin eines anonymen Soldaten in diesem einen wahren Freund finden würde. Dennoch entwickelt sich eine tiefe Zuneigung zwischen ihr und ›Chaos‹ – vielleicht sogar mehr. Dann treffen Ella mehrere schwere Schicksalsschläge und als auch die Briefe von ›Chaos‹ ausbleiben, muss sie glauben, dass sie allein auf der Welt ist.
Obwohl er sie nicht persönlich kennt, hat Beckett alias ›Chaos‹ sich in die Frau hinter den Briefen verliebt. Ella, die Schwester seines besten Freundes. Als dieser stirbt, bittet er Beckett in einem letzten Brief, Ella beizustehen. Beckett wird alles tun, um Ella zu unterstützen, aber er wird ihr niemals sagen können, wer er wirklich ist, und Ella hasst nichts mehr als Lügen.“ (Produktbeschreibung)
Gedanken zum Roman:
Wir haben hier ein hübsches Cover, welches nicht viel auf den Inhalt dieses Buches schließen lässt. Die Rosenblätter repräsentieren vermutlich die romantische Seite der Geschichte, während diese auf einem Wasser ähnlichen, türkisfarbenen Hintergrund zu schwimmen scheinen. Doch dieser Hintergrund wirkt aufgewühlt und zeigt, was wir in der Geschichte zu erwarten haben. Nämlich viele schwierige Emotionen und einige vergossene Tränen.
Zitat: „Es war wirklich die Hölle, sich in das Kind einer Mutter zu verlieben, deren Liebe man nicht für sich beanspruchen konnte.“ (Rebecca Yarros: Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Seite 193)
Rebecca Yarros hat eine unheimlich einfühlsame Art, ihre Geschichten zu erzählen. So war ich von der ersten Seit e an immer wieder zu Tränen gerührt und mein Herz wurde so so schwer. Irgendwann lag es quasi zerfetzt am Boden und es dauerte so lange, bis es wieder zusammengeflickt war. Aber Narben bleiben, wie auch bei dieser Geschichte. Ich war emotional so mitgenommen, dass ich beschlossen habe, keine weiteren Real-Life Romane der Autorin lesen zu können, einfach weil es mein Herz und meine Seele nicht ertragen können. Was aber nicht an einem Mangel der Autorin liegt. Sie hat ein großartiges Werk erschaffen.
Die Protagonisten gefielen mir allesamt gut und ich finde die Autorin hat ein ganz tolles Setting geschaffen. Die Idee mit den vorangestellten Briefen vor fast jedem Kapitel, die beide Protagonisten sich vor dem ersten Zusammentreffen geschrieben haben, finde ich wirklich gut umgesetzt, so erfahren wir Stück für Stück was in den vergangenen Monaten bei den Protagonisten so passiert ist und wie die beiden sich auf schriftlichem Wege angenähert haben, was sie einander bedeuteten.
Zitat: „Doch da waren keine Tränen, nur ein so tiefer Schmerz, dass die meisten Seelen darin ertrunken wären. Aber Ella hatte keine gewöhnliche Seele.“ (Rebecca Yarros: Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Seite 202)
Für mich als Mutter zweier Kinder war es unheimlich Kräfte zehrend, mitzuerleben, wie Ellas Tochter Maisie erkrankt und die ganze Situation Ella in ein tiefes Loch reißt, aus welchem sie nur herauskommt, weil sie eben funktionieren muss. Also hat sie ihre Gefühle weggesperrt und lebt, um ihre Tochter am Leben zu halten. Dabei muss Colt (Maisies Zwillingsbruder) unheimlich stark sein und viel zurückstecken, was er aber wie ein wahrer Held meistert.
Zitat: „Solange diese Option nicht beinhaltet, dass Mac von den Toten aufersteht, ist es mir egal. Was ich will, zählt nicht mehr.“ (Rebecca Yarros: Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Seite 131)
Beckett ist ein äußerst tragischer Charakter und ich habe ihn trotz seiner eher emotionsarmen Art nach außen hin schnell ins Herz geschlossen. Er gibt sich die Schuld am Tod Ryans (Ellas Bruder und sein bester Freund) und lange Zeit erfahren wir nicht, was wirklich im Kriegseinsatz passiert ist. Und so möchte Beckett also Ryans letzten Wunsch an ihn erfüllen. Er befindet sich emotional so sehr darin verstrickt, dass er Ella nicht die ganze Wahrheit sagt, aus Angst, sie würde ihn von sich stoßen, wie er es in seiner Kindheit immer wieder bei anderen Personen erleben musste. Und so ist der Konflikt vorprogrammiert. An dieser Stelle muss ich aber hervorheben, dass dieser Konflikt überhaupt nicht konstruiert erschien (wie es bei anderen Romanen des Genres doch häufiger der Fall ist), sondern wirklich nachvollziehbar war.
Zitat: „»Wieso glaubst du, dass du keine Liebe verdienst? Oder eine Familie? Jeder hat eine Familie verdient.« […] Was war diesem Mann passiert, dass er das nicht hatte?“ (Rebecca Yarros: Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Seite 122)
Neben den zutiefst erschütternden Momenten in Ellas Leben war es aber super schön zu sehen, wie Beckett so einfühlsam mit den Kindern umgeht – ganz intuitiv, sanft aber bestimmt und besonders ehrlich.
Zitat: „Ich hinterlasse nichts als Zerstörung. Ich war dir noch nicht mal begegnet und hatte dir schon Ryan genommen.“ (Rebecca Yarros: Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Seite 401)
Ein kleines bisschen hat mich zwischendurch das vermittelte Frauenbild erschüttert, als sich Ella in der Schule selbst betrachtet und denkt sie ließe sich gehen, nur weil sie kein Make-Up trägt und keine teuren Klamotten. Die Autorin nimmt sich im Verlauf der Geschichte genau dieser Thematik wieder an, denn es ist ein super Beispiel, aufzuzeigen, welche Ansprüche an Frauen gestellt werden im Gegensatz zu Männern. Läuft eine Frau in Jogginghose und ohne Make-Up herum, gilt sie als schlampig. Tut ein Mann es, ist das natürlich immer sexy anzusehen, oder es wird ihm eben uneingeschränkt zu Gute gehalten, weil er sich lieber um seine Familie als um sein Äußeres kümmert.
Fazit:
"Alles, was ich geben kann" ist für mich ein Roman, welcher schön und anstrengend zugleich ist. Entweder weinte ich aufgrund der tragischen Ereignisse oder erfreute mich an dem Umgang von Ella und Beckett miteinander und weil Beckett sich so toll und immer richtig verhält. Zwischen dem emotionalen Beginn und dem nicht weniger emotionalen Ende der Geschichte hatte mein Herz zum Glück etwas Zeit, sich in ruhigeren Abschnitten zusammenzuflicken und meine Seele bekam eine Verschnaufpause. Rebecca Yarros ist ein emotionaler und authentischer Roman gelungen und man merkt ihm an, dass die Autorin selbst mit den beschriebenen Themen (Militär, Krebs, schwere Erkrankungen) Berührungspunkte hatte. Definitiv ist das Buch aber nur etwas für starke Nerven, die mit emotionalen Tiefschlägen zurechtkommen können.
Aber ich muss auch sagen, dass mich das Buch wirklich unheimlich fertig gemacht hat. Ich glaube ich werde mich nie wieder trauen ein Buch der Autorin in die Hand zu nehmen, welches die Geschichte in einer realen Welt beschreibt. Es ist mir einfach zu nah dran, zu „das könnte genau so passiert sein“. Das macht mein Herz nicht mit. Ich bleibe bei ihr dann wohl einfach die Fantasyleserin.