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Veröffentlicht am 31.10.2024

Ein leises Buch mit philosophischen Zügen

Res will nach Hause
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Resilience, kurz „Res“, ist ein Mars-Rover, der von der NASA auf seine Expedition vorbereitet wird. Als Roboter ist er darauf ausgelegt, rational und effizient zu handeln - eine Maschine kennt keine Gefühle. ...

Resilience, kurz „Res“, ist ein Mars-Rover, der von der NASA auf seine Expedition vorbereitet wird. Als Roboter ist er darauf ausgelegt, rational und effizient zu handeln - eine Maschine kennt keine Gefühle. Doch Res ist anders. Er entwickelt mit der Zeit eine Art Gespür für menschliche Regungen und stellt sich im Labor und später auf seiner Mission zusammen mit der Drohne „Fliege“ den großen Fragen: Was ist Liebe und Freundschaft, Hoffnung und Angst, und was ist ein Zuhause? Worin besteht der Sinn eines (Maschinen-)Lebens, und bleibt wirklich nur eine große Leere zurück?
Jasmine Warga hat ein außergewöhnliches, leises und streckenweise philosophisch angehauchtes Kinderbuch geschrieben, das zum Nachdenken anregt und sehr berührt. Ganz besonders gelungen finde ich die Gegenüberstellung von Res‘ Erlebnissen und Gedanken mit den Briefen, die Sofie, die Tochter einer NASA-Wissenschaftlerin, über Jahre an Res schreibt (nur für sich, sie werden nicht abgesandt). Junge Leser/innen, die ein spannungsgeladenes Actionabenteuer mit umfangreicher äußerer Handlung suchen, werden bei diesem Buch nicht fündig werden, und an manchen Stellen hat die Geschichte auch die ein oder andere Länge. Doch es lädt ganz wunderbar dazu ein zu träumen, sich von Res bezaubern zu lassen und darüber nachzudenken, was das Leben und das Menschsein ausmacht.

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Veröffentlicht am 25.10.2024

Akribisch recherchiert, spannendes Thema, manchmal etwas langatmig

Die Lungenschwimmprobe
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Normalerweise gehören historische Romane nicht zu meinen bevorzugten Genres, aber die Lungenschwimmprobe hat mich sofort angesprochen, da ich mich sehr für Medizin interessiere. Auch das Cover erweckt ...

Normalerweise gehören historische Romane nicht zu meinen bevorzugten Genres, aber die Lungenschwimmprobe hat mich sofort angesprochen, da ich mich sehr für Medizin interessiere. Auch das Cover erweckt den Eindruck eines stark medizinhistorischen Schwerpunktes.

Diese Erwartung hat sich nur teilweise erfüllt. Der Roman geht sehr ausführlich auf die Biographien der einzelnen Protagonisten ein und auch auf das historische Rechtssystem. Die medizinischen Aspekte kommen mir hier ein bisschen zu kurz, ebenso wie die des Kindsmordes angeklagte Anna, auf die Renberg erstaunlicherweise relativ wenig eingeht.

Der Schreibstil war zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, da er sich an der damaligen Zeit orientiert, doch nach den ersten Kapiteln hatte ich mich gut eingelesen. Tore Renberg wechselt im Buch immer wieder die Perspektive und auch die Zeitebene, geht hierbei auch auf Details seiner Recherche ein. Diese Informationen hätte ich nicht unbedingt im Roman selbst gebraucht, sondern lieber kompakt in einem Nachwort gelesen.

Das Buch hat mitunter durchaus seine Längen, und der Schreibstil ist recht ausschweifend, so dass ich mir manches Mal gewünscht habe, der Autor hätte einige Stellen deutlich gestrafft. Es gab jedoch auch viele Kapitel, die mich richtig gefesselt haben, so dass ich nur so durch die Seiten geflogen bin.

Unverständlich ist mir jedoch, warum am Ende des Buches lediglich ein QR-Code angegeben ist, mit dem man u.a. zusätzliche Informationen über die historischen Figuren und Karten herunterladen kann. Diese wären mir als Anhang im gedruckten Buch lieber gewesen, da ein solcher das Buch komplettiert hätte. Angesichts des Buchumfangs wäre es hierauf auch nicht mehr angekommen.

Bezüglich der Bewertung bin ich etwas zwiegespalten. Was den inhaltlichem Schwerpunkt und Renbergs Erzählstil angeht, schwanke ich zwischen 3 und 4 Sternen. Da Renberg sehr ausdauernd und akribisch recherchiert hat und ich ihm hierfür Respekt zolle, vergebe ich letztlich 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 18.10.2024

Vom Leben in einer Erwachsenen-WG

Wohnverwandtschaften
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Die Zahnärztin Constanze trennt sich von ihrem Freund und zieht aufgrund des schwierigen Hamburger Wohnungsmarktes in eine WG mit Murat, Jörg und Anke. Erst mal, vorübergehend. Denn eigentlich möchte sie ...

Die Zahnärztin Constanze trennt sich von ihrem Freund und zieht aufgrund des schwierigen Hamburger Wohnungsmarktes in eine WG mit Murat, Jörg und Anke. Erst mal, vorübergehend. Denn eigentlich möchte sie eine klassische Zweierbeziehung, keine Erwachsenen-WG.

Isabel Bogdans Schreibstil ist ungewöhnlich. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive eines WG-Mitglieds erzählt, folgt in dessen Sprachduktus seinem Gedankenstrom, seinen Gefühlen und Erinnerungen. Hierdurch erfährt man als Leser sukzessive mehr über das Leben der Person, erhält kleine Einblicke in seine Vergangenheit, während gleichzeitig vieles im Ungewissen bleibt. Im Gegensatz hierzu sind immer wieder einzelne Kapitel in Dialogform geschrieben und geben Gespräche der WG-Bewohner aus ihrem Alltag wieder.

Ich muss gestehen, dass ich anhand der Kurzbeschreibung nicht erwartet hatte, dass das Buch das Thema „Demenz“ als Schwerpunkt hat, und immer wieder habe ich mich gefragt, ob die Kapitel aus Sicht des demenzkranken Protagonisten tatsächlich der Realität entsprechen könnten. Was geht im Kopf Demenzkranker vor? Merken sie in lichten Momenten, dass ihr Gedächtnis schwindet, wie es das Buch suggeriert? Die Frage ist wohl schwer zu beantworten.
Es ist schön zu lesen, wie harmonisch und fürsorglich sich alle um den Erkrankten kümmern, doch habe ich leise Zweifel, dass dies im realen Leben auch so wäre. Ich nehme an, dass die WG viel eher auseinanderbrechen und jeder seiner Wege gehen würde.

Auch wenn sich das Buch in eine für mich unerwartete Richtung entwickelte, hat es auf mich einen regelrechten Sog entwickelt. Ich habe es tatsächlich an einem halben Tag ausgelesen und war ganz erstaunt, als ich die letzte Seite erreicht hatte.

„Wohnverwandtschaften“ ist ein warmherziges, einfühlsames Buch über eine alternative Wohnform auch jenseits der Studentenjahre, die im besten Fall zu einem verantwortungs- und rücksichtsvollen Miteinander führt und vor Vereinsamung bewahren kann.

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Veröffentlicht am 17.10.2024

Der alljährliche Weihnachtswahnsinn, humorvoll auf die Schippe genommen

Mami braucht 'nen Drink – erst recht an Weihnachten (Die Mami-Reihe 5)
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Weihnachten - kein anderes Fest ist so sehr mit Erwartungen aufgeladen und bietet dementsprechend so viel Potential für Enttäuschungen. Auch Ellen hat jedes Jahr wieder ihre idealisierte Vision eines Weihnachtsfestes ...

Weihnachten - kein anderes Fest ist so sehr mit Erwartungen aufgeladen und bietet dementsprechend so viel Potential für Enttäuschungen. Auch Ellen hat jedes Jahr wieder ihre idealisierte Vision eines Weihnachtsfestes mit der Familie vor Augen – rotwangige Kinder, die mit freudestrahlenden Augen vor dem festlich geschmückten und hell erleuchteten Weihnachtsbaum stehen, glockenhell Weihnachtslieder singend, dazu ein opulentes, perfekt gelungenes Festmahl an der festlich gedeckten Tafel, während draußen der zarte Pulverschnee vom Himmel fällt und alles in ein märchenhaftes Weiß taucht. Doch Jahr für Jahr kommt alles anders, und dieses Jahr kommen nicht mal die inzwischen erwachsenen Kinder.

Gill Sims nimmt mit viel Sinn für Humor den alljährlichen Weihnachtsstress aufs Korn. Ellens skurrile Mischpoke, die die ganze Bandbreite abdeckt von der durchgeknallten Hippie-Schwägerin, die gerne spärlich bekleidet Naturgottheiten huldigt, bis zur hysterisch-perfektionistischen Schwester, sorgt zuverlässig für Chaos. Auf übersteigerte Erwartungen folgt die Ernüchterung, die alljährlich mit Baileys, Gin Tonic und Whiskey kompensiert wird. Die Figuren und Situationen sind hierbei stark überspitzt gezeichnet. An der einen oder anderen Stelle wäre mir ein etwas subtilerer Humor lieber gewesen, da sich die Übertreibungen mit der Zeit etwas abnutzen, aber das ist sicherlich Geschmackssache.

Der Roman bietet aber nicht nur leichte, kurzweilige Unterhaltung, sondern wartet auch mit ernsteren Untertönen auf. Vermutlich wird sich jede Leserin auf die ein oder andere Weise in Ellen wiederfinden und sich an Weihnachtsfeste erinnern, bei denen die hoffnungsvolle Vorfreude mit der harten Realität kollidierte und es statt weihnachtlicher Eintracht vor allem Streit, Tränen, ein misslungenes Essen und enttäuschte Beschenkte gab. Gill Sims zeigt, dass die idealisierte und romantisierte Vorstellung von Weihnachten ein Konstrukt der Konsumindustrie ist, das vor allem gegenüber Müttern einen hohen Druck aufbaut und unerfüllbare Erwartungen stellt, die letztlich nur enttäuscht werden können und schlimmstenfalls zu großen Selbstzweifeln führen. Dabei würde ein bisschen mehr Gelassenheit zu deutlich entspannteren und damit für alle harmonischeren Festtagen führen.

In diesem Sinne ist „Mami braucht ‘nen Drink – erst recht an Weihnachten“ eine wunderbare Lektüre zur Vorweihnachtszeit, die uns humorvoll daran erinnert, das Weihnachtsfest lockerer anzugehen und uns von äußeren Zwängen freizumachen. Dann stehen die Chancen für ein vielleicht etwas chaotisches, aber heiteres Weihnachtsfest im Kreise der Familie gut – und für alle Fälle gibt es Glühwein!

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Veröffentlicht am 15.10.2024

Wissenschaftler in der Resistance

Die Formel des Widerstands
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Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde in der Physik durch bahnbrechende Entdeckungen im Bereich der Kernphysik geprägt, und maßgeblich beteiligt waren Marie und Pierre Curie sowie Irène und Frédéric ...

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde in der Physik durch bahnbrechende Entdeckungen im Bereich der Kernphysik geprägt, und maßgeblich beteiligt waren Marie und Pierre Curie sowie Irène und Frédéric Joliot-Curie. Kurz nachdem Otto Hahn und Fritz Straßmann 1938 erstmals eine Kernspaltung gelang, brach der Zweite Weltkrieg aus, und rasch wurde klar, dass diese Entdeckung militärisch bedeutsam war, da eine Atombombe den Kriegesverlauf entscheidend beeinflussen würde. Das Nazi-Regime setzte alles daran, diese zu entwickeln, und nach der Besetzung Frankreichs wurde auch das Labor von Frédéric Joliot-Curie unter deutsche Kontrolle gestellt. Es verfügte, im Gegensatz zu deutschen Forschungseinrichtungen, bereits über ein Zyklotron, das fortan deutsche Wissenschaftler für ihre kernphysikalischen Experimente nutzen wollten. Für die Überwachung der französischen Kollegen wurde Wolfgang Gentner entsandt, der bereits zuvor mit Joliot-Curie zusammengearbeitet hatte und mit ihm befreundet war. Für Gentner beginnt nun ein riskantes Spiel: Nach außen hin muss er im Sinne des deutschen Uranprojektes arbeiten, verdeckt schützt er seinen Freund Joliot-Curie, der eine wichtige Rolle in der Resistance innehat, und weitere französische Wissenschaftler im Widerstand.

Astrid Viciano beschreibt eindrücklich die Atmosphäre im besetzten Paris und die Situation in den Forschungsinstituten. Viele Wissenschaftler hatten sich dem Widerstand angeschlossen, waren Teil antifaschistischer, kommunistischer oder links-intellektueller Bewegungen, u.a. Frédéric Joliot-Curie, Jacques Solomon und Paul Langevin. Unter Lebensgefahr widersetzten sie sich den Besatzern und sabotierten das Atomprojekt. Gentner hält seine Hand über sie und setzt sich für die Freilassung von verhafteten Wissenschaftlern ein.

Der Fokus des Buches liegt klar auf den historischen Aspekten, die kernphysikalische Forschung wird nur sehr rudimentär angerissen. Es lässt sich daher auch für naturwissenschaftliche Laien problemlos lesen. Da die Autorin den Fokus auf mehrere Personen legt, springt das Buch sowohl zeitlich als auch räumlich immer wieder hin- und her, teilweise gibt es kleinere Redundanzen. Hier hätte ich mir vor allem zeitlich eine etwas stringentere Umsetzung gewünscht, zumal Viciano offenbar selbst etwas durcheinanderkommt. So schreibt sie, nachdem Frédéric Joliot-Curies Freund Jacques Solomon im Mai 1942 von den deutschen Besatzer ermordet wurde am Ende des fünften Kapitels: „Frédéric Joliot-Curie ist von der Ermordung Solomons so erschüttert, dass er beschließt, Mitglied der kommunistischen Partei zu werden. […] Er wählt dafür einen denkbar ungünstigen Moment. Werden die Deutschen doch einen Monat später, im Juni 1942, den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion brechen, indem sie gen Osten marschieren.“. Der Nichtangriffspakt wurde jedoch bereits ein Jahr zuvor, am 22. Juni 1941, also deutlich vor der Ermordung Solomons, aufgekündigt. Im sechsten Kapitel geht es dann verwirrenderweise auch am 29. Juni 1941 mit der Verhaftung Frédéric Joliot-Curies weiter.

Abgesehen davon bietet das Buch jedoch sehr interessante Einblicke und verdeutlich die Brisanz der physikalischen Forschung zur damaligen Zeit sowie die Rolle der französischen Forscher in der Resistance. Sehr lesenwert!

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