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Venatrix

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Veröffentlicht am 25.11.2024

Eine gelungene Biografie

Lucullus
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Wer heute den Namen Lucullus hört, denkt fast immer an einen reichen, Feste feiernden, alten Römer, der auf seinem Landgut sich sinnlichen Genüssen hingegeben hat. Weniger bekannt ist, dass Lucius Licinius ...

Wer heute den Namen Lucullus hört, denkt fast immer an einen reichen, Feste feiernden, alten Römer, der auf seinem Landgut sich sinnlichen Genüssen hingegeben hat. Weniger bekannt ist, dass Lucius Licinius Lucullus (118–56 v. Chr.), wie er mit vollem Namen heißt, ein sehr erfolgreicher Feldherr und geschätzter Politiker war, bevor er einer Intrige zum Opfer gefallen ist. Lucullus wollte mit aller Kraft die rücksichtslose Ausbeutung der Menschen in den Provinzen durch die dortigen Eliten aufräumen, was naturgemäß auf Widerstand gestoßen ist.

Als Lucullus, Verfechter der Res Publica, sich gegen die autokratischen Ambitionen des Triumvirats Ceasar, Pompeius und Crassus stellt, gerät er in den Sog von Intrigen, an denen sein Schwager Publius Clodius Pulcher (man erinnere sich an den Bona-Dea-Skandal) beteiligt ist und die ihn beinahe das Leben kostet.

Darauf hin zieht er sich ins Privatleben zurück und beschäftigt sich mit der Errichtung von prächtigen Villen und Gärten.

Autor Peter Scholz beleuchtet das Leben von Lucullus in fünf großen Abschnitten von seiner politischen Seite und deckt einige, den Lesern vielleicht unbekannte Seiten des Lucullus auf.

Die Republik: Eine kurze Geschichte von Aufstieg und Spaltung
Die Diffamierung der Aristokratie
Der entrissene Sieg im Osten
Zurück in Rom: Politik, Triumph und erlesenes Genüsse
Wie Lucullus überlebte - eine Nachgeschichte

Wie es sich für ein wissenschaftliches Werk gehört, gibt es zunächst einen Einblick, wie es zu den Zuständen, die zu Lucullus Lebzeiten geherrscht haben, kommen konnte. Diese Entwicklung ist ob der vielen Personen komplex, aber gut erklärt. Da ich vor Kurzem „Mordsache Caesar“ gelesen habe, bin ich mit den römischen Familien sowie deren Ämtern recht gut vertraut.

Peter Scholz interpretiert die eine oder andere der zahlreichen Quellen neu und zieht Rückschlüsse auf die tatsächlichen Ereignisse.

Das Buch ist recht anspruchsvoll und nichts für zwischendurch. Man muss sich Zeit nehmen und das eine oder andere auch nachschlagen. Unterstützt wird diese Biografie durch eine große Anzahl an Fußnoten und Quellenangaben sowie Karten und Abbildungen.

Fazit:

Wer sich gerne mit Römischer Geschichte befasst und die unbekannte Seite des Lucius Licinius Lucullus kennenlernen will, ist hier richtig. Gerne gebe ich dieser interessanten Biografie 5 Sterne.

Veröffentlicht am 25.11.2024

KOmmando Rose

Gertrude grenzenlos
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Wer heißt denn schon Gertrude?!

Als mitten im Schuljahr eine neue Schülerin in die Klasse von Ina kommt, weiß noch nicht, was sie erwartet. Das neue Mädchen heißt Gertrude und ist ganz anders als Ina ...

Wer heißt denn schon Gertrude?!

Als mitten im Schuljahr eine neue Schülerin in die Klasse von Ina kommt, weiß noch nicht, was sie erwartet. Das neue Mädchen heißt Gertrude und ist ganz anders als Ina und ihre Mitschülerinnen. Sie trägt schicke Westklamotten, benutzt eine Füllfeder aus westlicher Produktion, hat blaue Augen und muss mit Ina die Eselsbank, also jene, die ganz hinten im Klassenraum steht, teilen. Die beiden Außenseiterinnen freunden sich an, was weder der Schule noch Inas Mutter gefällt. Denn, Gertrudes Eltern haben einen Ausreiseantrag aus der DDR gestellt und gelten ab sofort als Staatsfeinde.

Während Gertrudes Eltern genau wissen, was ihnen bzw. Ina und ihrer Mutter blüht, wenn die Mädchen weiterhin ihre Freundschaft pflegen, weiß vor allem Ina nicht, wie sie damit umgehen soll, als man ihr die Treffen mit Gertrude verbietet. Vorsichtig beginnt Ina die Ideologie der DDR zu hinterfragen und bringt damit nicht nur sich selbst in Gefahr.

Doch Stasi und oder Stasi her, die Mädchen entwickeln (wie so viele Regimekritiker) einen Plan, sich heimlich zu treffen.

Wie sich die Freundschaft zwischen den beiden Mädchen trotz aller Widerstände entwickelt, könnt ihr in diesem sehr emotionalen Buch lesen.

Meine Meinung:

Als Österreicherin kann ich die politische Situation leider (oder Gott sei Dank) nicht nachvollziehen. Dennoch schafft es die Autorin mir diese beklemmende Atmosphäre der Angst vor Bespitzelungen und Repressalien eindrucksvoll darzustellen. Der Staat entscheidet aus reiner Willkür, welches Kind welche Schule besuchen darf. Begabungen spielen keine Rolle, Parteigehorsam ist das Zauberwort.

Schmunzeln musste ich bei der Ankündigung dieses Buches mit der Frage: Wer heißt denn schon Gertrude?!
Mein erster Gedanke war: ICH, ich heiße so.

Denn auch ich wurde Gertrude genannt, obwohl damals Gabriela, Brigitte, Sabine, Susanne oder Christine modern waren. Der Grund war allerdings nicht die Vorliebe für die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein (1874-1946) sondern der profane Grund, dass meine Eltern fix mit einem Sohn (Friedrich) gerechnet haben und für ein Mädchen schlichtweg kein Name vorbereitet war. Jahrelang habe ich mich für diesen Namen geschämt, inzwischen kann ich damit leben.

Das Buch ist mitreißend, schwungvoll und einfühlsam erzählt.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Geschichte zweier Mädchen, die ihre Freundschaft gegen alle Widerstände verteidigen, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.11.2024

Eine literarische LIebeserklärung

Der Liebhaber vom See
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Nach „Das Winterkind“ (L’Enfant Hiver) ist dieser Roman „Der Liebhaber vom See“ (L’Amant du Lac) der zweite Roman der autochthonen Schriftstellerin und Malerin Virginie Pésémapéo Bordeleau. Die Autorin ...

Nach „Das Winterkind“ (L’Enfant Hiver) ist dieser Roman „Der Liebhaber vom See“ (L’Amant du Lac) der zweite Roman der autochthonen Schriftstellerin und Malerin Virginie Pésémapéo Bordeleau. Die Autorin wurde 1951 in Rapides-des-Cèdres als Tochter einer Cree-Mutter und eines Québecer Métis-Vaters geboren.

Sie erzählt hier die leidenschaftliche Liebesgeschichte zwischen dem Trapper Gabriel, einem Métis mit weißem Vater und autochthoner Mutter, und Wapokoni, einer jungen Algonquin, deren Großmutter Sakikan Ikwe mit sechzehn von einem katholischen Priester vergewaltigt wurde, weshalb Wapokoni rothaarig ist.

Sakikan Ikwe und Wapokoni leben in einer autochthonen Dorfgemeinschaft am Lac Abitibi in der Provinz Quebec. Der Trapper Gabriel taucht auf der Flucht vor der Polizei plötzlich im Dorf auf. Obwohl Wapokoni schwanger und verheiratet ist, und Gabriel mit der weißen Rose-Ange quasi verlobt ist, beginnen die beiden eine amour fou, die nur wenige Tage dauert.

"Dieser Mann trug den Zauber in seinen Händen. Sie erinnerte sich an diese vertraute Geste, wenn sein Messer den Stift spitz hobelte, mit dem er diese Linien aufs Papier zeichnete. Und dann liebte sie ihn intensiv und die Zeichen drangen tief in sie ein." (S. 63)

Gabriel kehrt in sein eigenes Dorf auf der anderen Seite des See zurück und muss erfahren, dass Rose-Ange den neuen Arzt heiraten wird. Ein Trapper ist eben doch kein ebenbürtiger Ehemann.

Inzwischen ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen und Kanadier werden in die Armee einberufen. Drei Jahre kämpft Gabriel in Europa gegen die Nazis.

Kurz nach seiner Rückkehr nach Kanada, erfährt er, dass Wapokoni nun verwitwet ist. Kurz entschlossen macht er sich mit Schlitten und einem Gespann Schlittenhunde auf den Weg zum Lac Abitibi.

Meine Meinung:

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, was auch der grandiosen Übersetzung von Michael Killisch-Horn zu verdanken ist. Killich-Horn hat bereits zahlreiche Bücher autochthoner Autoren wie Michel Jean übersetzt.

Durch den ganzen Roman schwingt die sinnliche Stimmung der Autochthonen, die in ihrer teilweisen nomadischen Lebensweise brutal verfolgt und gewaltsam zur Sesshaftigkeit verdammt worden sind. Einige trotzten den Misshandlungen der katholischen Kirche und den staatlichen Umerziehunginternaten. Vor allem Frauen wie Sakikan Ikwe und Wapokoni konnten sich ihre körperliche Lust und Sinnlichkeit bewahren.

Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut, obwohl ich im allgemeinen eher geradlinige Texte bevorzuge.

Das Buch ist im Klagenfurter Verlag Wieser als Hardcover in gediegener Ausstattung mit Lesebändchen erschienen. Gabriels Gedichte und Zeichnungen der Schriftstellerin und Malerin Virginie Pésémapéo Bordeleau machen dieses Buch zu einer kleinen Kostbarkeit.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser literarischen Liebeserklärung an den Lac Abitibi und seinen Bewohnern 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 01.11.2024

Penibel recherchiert und fesselnd erzählt

Die Schreiberin
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„Ein Text überwindet den Tod“

Autorin Birgit Herold hat sich in ihrem neuesten historischen Roman mit einer interessanten Frau beschäftigt: Clara Hätzlerin (geboren um 1430/verstorben um 1476).

Was ...

„Ein Text überwindet den Tod“

Autorin Birgit Herold hat sich in ihrem neuesten historischen Roman mit einer interessanten Frau beschäftigt: Clara Hätzlerin (geboren um 1430/verstorben um 1476).

Was zeichnet Clara aus?

Sie ist Tochter des realen Augsburger Notars Bartholomäus Hätzler und lernt gemeinsam mit ihrem Bruder Bartholomäus Lesen und Schreiben. Während der Bruder als Nachfolger für den Vater aufgebaut wird, übt sich Clara im Kalligraphieren und Abschreiben von Briefen und anderen Texten. Im 15. Jahrhundert können nur die wenigsten Menschen Lesen und Schreiben, weshalb der Beruf des Lohnschreibers ein durchaus geachteter ist. Außerhalb der Klöster gibt es kaum schreibende Frauen. Claras exakte Handschrift ist begehrt.

Nachdem der Vater einer Intrige zum Opfer fällt und sich Clara in den verheirateten Illustrator Johann Bämler verliebt, müssen die beiden aus Augsburg fliehen. Ausgerechnet in Mainz bei Johannes Gensfleisch, besser bekannt als Johannes Gutenberg, finden sie Unterschlupf und Arbeit. Doch Gutenberg ist allen Mitarbeitern gegenüber misstrauisch, denn er bastelt an einer bahnbrechenden Erfindung: der Druckerpresse. Er weiß, dass der Buchdruck die Welt, wie man sie bislang kennt, verändern wird.

Es kommt, wie es kommen muss. In der Werkstatt treibt ein Verräter sein Unwesen. Clara, die immer mehr zur Hausmagd degradiert wird und kaum mehr Abschriften verfassen darf, entdeckt, wer Gutenbergs Erfindung schamlos kopiert. Nun ist guter Rat teuer. Wie soll sie Gutenberg von ihrer Entdeckung berichten? Wird er ihr glauben? Und was ist mit Bämler? Was führt der im Schilde?

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist penibel recherchiert und gekonnt erzählt. Ich mag das!
Man kann das Verdienst alten Hätzlers, gar nicht hoch genug einschätzen. In einer Zeit, in der nur ein verschwinden kleiner Bruchteil der Menschen Lesen und Schreiben beherrscht haben, darf seine Tochter diese Kulturtechniken lernen. Natürlich ist auch ein wenig Selbstsucht dabei, spart sich der Notar einen zu bezahlenden Schreiber.

Im Personenverzeichnis am Ende dieses Buches finden sich die Namen zahlreicher realer Personen dieser Zeit. So darf zum Beispiel Konrad Peutinger, der später als Wissenschaftler, Berater von Kaiser Maximilian I. und Namensgeber der tabula peutingeriana bekannt wird, als kleines Kind kurz durch den Roman huschen. Solche liebevollen Detail gefallen mir sehr gut.

Der Roman ist flott und flüssig geschrieben. Er beleuchtet auch die Stellung der Frauen im ausgehenden Spätmittelalter an der Schwelle zur Neuzeit.

Beeindruckend sind die Abbildungen von Clara Hätzlerins Handschriften. Das im Roman mehrfach erwähnte Liederbuch, das auch ziemlich frivole Texte enthält, ist im tschechischen Nationalmuseum in Prag zu besichtigen. Von Clara Hätzlerins Leben ist nur wenig bekannt. Sie findet sich aber in der Steuerbüchern der Stadt Augsburg. Ein Lob der Bürokratie!

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der die Lebensgeschichte der Clara Hätzlerin lebensecht darstellt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 01.11.2024

Eine kritische Liebeserklärung

Heimat
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Schauspieler und Autor August Schmölzer nimmt seine Leser in eine landschaftlich schöne Gegend Österreichs mit, nämlich in die Weststeiermark: die malerischen Weinberge sowie die sanfte Hügellandschaft ...

Schauspieler und Autor August Schmölzer nimmt seine Leser in eine landschaftlich schöne Gegend Österreichs mit, nämlich in die Weststeiermark: die malerischen Weinberge sowie die sanfte Hügellandschaft machen diesen Landstrich für Touristen, die das (angeblich) Ursprüngliche suchen, interessant.

Doch hinter der schön präsentierten Fassade gärt es. Da ist zum einen die behördlich verordnete Zusammenlegung der Weststeiermark mit der Südsteiermark, die den stolzen Bewohnern gegen den Strich geht und für böses Blut sorgt, und zum anderen sind es die kleinen und größeren Alltagssorgen sowie eine nicht aufgearbeitete Vergangenheit, die zur Unzeit aufbricht.

„„Das Gute und das Schlechte geben sich in St. Vinzenz die Hand“, sagt Frau Klug, die nicht nur so heißt, sondern es auch ist.“

Franziska Klug, ist eine betagte Kleinbäuerin, die um ihre kleine Rente mit dem Vermieten eines Zimmers an den pensionierte Gendarm Josef Sudi, aufbessert.

Die Bewohner von St. Vinzenz sind so schillernd wie der Schilcher, der dort in Strömen fließt: herb, sperrig und unberechenbar. So ertränkt der Bürgermeister seine Probleme in der Gemeinde, aus der die Jugend abwandert und die national-traditionelle Heimat-Partei im Teich der Unzufriedenheit fischt, im Alkohol. Auch seine nicht mehr funktionierenden Ehe und den behinderten Sohn säuft er einfach weg. Also, nicht einfach, denn die Folgen des chronischen Alkoholabusus sind absehbar.

Als dann noch zwei Menschen ermordet werden, zerbröckelt die ohnehin trügerische Idylle vollends. Längst vergessen Geglaubtes, unter den Teppich gekehrtes, kommt, ob die Einheimischen wollen oder nicht, ans Tageslicht.

Meine Meinung:

August Schmölzer zeichnet mit seinem neuen Roman „Heimat“ ein fast kitschiges Gemälde der Landschaft und der Menschen in deren Seelen so mancher Abgrund lauert. Er fördert Wunderbares und Widerliches zu Tage. Dabei ist es gar nicht so leicht unter diesem Titel ein Buch herausbringen, wird doch das Wort gegenwärtig wieder instrumentalisiert, wenn es darum geht als „WIR gegen die ANDEREN“ zu sein. Die Bösen, die Schlechten sind immer die anderen, so dass man den selbst verursachten Schmutz vor der eigenen Haustüre gar nicht wahrnimmt.

Dieser Roman ist eine Art Liebeserklärung an das Dorf, das so oder so ähnlich überall sein könnte. August Schmölzer beschreibt das Dorfleben und seine Menschen in einer gelungenen Mischung aus Provinzposse, Gesellschaftskritik und Krimi, bei der Probleme und Missstände offenbart werden. Sich aus reiner Bequemlichkeit und Nicht-anecken-wollen, weg zu ducken hat ausgedient.

Hier muss ich wieder einmal Ingeborg Bachmann zitieren: „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.“.

Das Cover passt recht gut, betrachten die Leser das Dorf wie durch ein Schlüsselloch.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser kritischen Liebeserklärung an die „Heimat“, die voll Wortwitz und sprachlicher Eloquenz daherkommt, 5 Sterne.