Eine literarische LIebeserklärung
Der Liebhaber vom SeeNach „Das Winterkind“ (L’Enfant Hiver) ist dieser Roman „Der Liebhaber vom See“ (L’Amant du Lac) der zweite Roman der autochthonen Schriftstellerin und Malerin Virginie Pésémapéo Bordeleau. Die Autorin ...
Nach „Das Winterkind“ (L’Enfant Hiver) ist dieser Roman „Der Liebhaber vom See“ (L’Amant du Lac) der zweite Roman der autochthonen Schriftstellerin und Malerin Virginie Pésémapéo Bordeleau. Die Autorin wurde 1951 in Rapides-des-Cèdres als Tochter einer Cree-Mutter und eines Québecer Métis-Vaters geboren.
Sie erzählt hier die leidenschaftliche Liebesgeschichte zwischen dem Trapper Gabriel, einem Métis mit weißem Vater und autochthoner Mutter, und Wapokoni, einer jungen Algonquin, deren Großmutter Sakikan Ikwe mit sechzehn von einem katholischen Priester vergewaltigt wurde, weshalb Wapokoni rothaarig ist.
Sakikan Ikwe und Wapokoni leben in einer autochthonen Dorfgemeinschaft am Lac Abitibi in der Provinz Quebec. Der Trapper Gabriel taucht auf der Flucht vor der Polizei plötzlich im Dorf auf. Obwohl Wapokoni schwanger und verheiratet ist, und Gabriel mit der weißen Rose-Ange quasi verlobt ist, beginnen die beiden eine amour fou, die nur wenige Tage dauert.
"Dieser Mann trug den Zauber in seinen Händen. Sie erinnerte sich an diese vertraute Geste, wenn sein Messer den Stift spitz hobelte, mit dem er diese Linien aufs Papier zeichnete. Und dann liebte sie ihn intensiv und die Zeichen drangen tief in sie ein." (S. 63)
Gabriel kehrt in sein eigenes Dorf auf der anderen Seite des See zurück und muss erfahren, dass Rose-Ange den neuen Arzt heiraten wird. Ein Trapper ist eben doch kein ebenbürtiger Ehemann.
Inzwischen ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen und Kanadier werden in die Armee einberufen. Drei Jahre kämpft Gabriel in Europa gegen die Nazis.
Kurz nach seiner Rückkehr nach Kanada, erfährt er, dass Wapokoni nun verwitwet ist. Kurz entschlossen macht er sich mit Schlitten und einem Gespann Schlittenhunde auf den Weg zum Lac Abitibi.
Meine Meinung:
Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, was auch der grandiosen Übersetzung von Michael Killisch-Horn zu verdanken ist. Killich-Horn hat bereits zahlreiche Bücher autochthoner Autoren wie Michel Jean übersetzt.
Durch den ganzen Roman schwingt die sinnliche Stimmung der Autochthonen, die in ihrer teilweisen nomadischen Lebensweise brutal verfolgt und gewaltsam zur Sesshaftigkeit verdammt worden sind. Einige trotzten den Misshandlungen der katholischen Kirche und den staatlichen Umerziehunginternaten. Vor allem Frauen wie Sakikan Ikwe und Wapokoni konnten sich ihre körperliche Lust und Sinnlichkeit bewahren.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut, obwohl ich im allgemeinen eher geradlinige Texte bevorzuge.
Das Buch ist im Klagenfurter Verlag Wieser als Hardcover in gediegener Ausstattung mit Lesebändchen erschienen. Gabriels Gedichte und Zeichnungen der Schriftstellerin und Malerin Virginie Pésémapéo Bordeleau machen dieses Buch zu einer kleinen Kostbarkeit.
Fazit:
Gerne gebe ich dieser literarischen Liebeserklärung an den Lac Abitibi und seinen Bewohnern 5 Sterne und eine Leseempfehlung.