Leben auf See
Sue ist 7, ihr Bruder ein Jahr jünger. Die Eltern eigentlich Lehrer. In der Mitte der 1970er Jahre eine normale Familie in England. Bis der Vater Gordon (damals Mitte 30) beschließt, weil die Familie mit ...
Sue ist 7, ihr Bruder ein Jahr jünger. Die Eltern eigentlich Lehrer. In der Mitte der 1970er Jahre eine normale Familie in England. Bis der Vater Gordon (damals Mitte 30) beschließt, weil die Familie mit Nachnamen Cook heißt, wollen sie die Weltumseglung (die 3. Reise) von James Cook 200 Jahre nachvollziehen. Das Segelboot Wavewalker wird gekauft. Dafür wird jeglicher Besitz der Familie veräußert und Sponsoren gesucht und gefunden. Und zahlende Passagiere an Bord aufgenommen. Damit beginnt ein großes Abenteuer, was für einige Monate gedacht war und für Sue 10 Jahren dauern sollte.
Das Buch ist heftig. Es ist auch Sicht von Sue geschrieben. Es wäre sicher interessant, die Sicht der Eltern und des Bruders zu haben. Da würde manches anders ausfallen. Das soll keine Kritik an der Autorin sein, für mich wäre es eine Ergänzung. Denn, auch wenn nicht jedes Wort oder jeder Tag wirklich genau beschrieben war, insgesamt stockte mir oft der Atem. Da wird für den Traum des Vaters alles geopfert. Und noch schlimmer, seine Frau macht alles mit und widersetzt sich ab und zu mal für ihre eigenen Bedürfnisse, kaum für die der Kinder. Wenn sie sich mehr gewehrt hätte, wäre vieles anders gekommen. Doch stattdessen ordnet sie fast alles dem Mann unter und ignoriert die Kinder mehr und mehr. Der Sohn kommt dabei noch besser weg. Zur damaligen Zeit war es mit der Gleichberechtigung nicht sehr weit. Er ist auch jünger und verkraftet einiges besser und scheint vieles weniger zu vermissen. Seine Schwester dagegen muss um ein wenig Bildung kämpfen, bekommt mehr Arbeit aufgebürdet und vermisst Schule und Freundinnen immer mehr. Beide Kinder werden scheinbar in wichtige Entscheidungen einbezogen, vorher aber oft so unter moralischen Druck gesetzt, dass die Entscheidungen nach dem Wunsch des Vaters ausfallen, zumindest in der Mehrheit. Er ignoriert völlig die Gefahren auf dem Meer, die teilweise schlechte Ausrüstung, das fehlende Geld. Selbst Jobangebote, die Hilfe gebracht hätten, lehnt er ab. Auch die zahlenden Passagiere belasten. Denn zum einen erwartet er von ihnen nur Geld und Mitarbeit, aber gibt wenig Gegenleistung und reagiert zunehmend heftiger. Zum anderen ist zwar das Geld immer knapp, aber stets mehr als genügend Alkohol an Bord. Was als eine Traumreise beginnt, wird vor allem für Sue mehr und mehr zum Albtraum. Auch zu einem ganz realen, das Trauma einer riesigen Welle und dem Fast-Untergang des Schiffes dadurch begleitet sie noch jahrelang. Man kann ihre Leistung nur hoch anerkennen, was sie noch aus ihrem Leben gemacht hat.
Trotz allem ist das Buch aber sehr gut lesbar. Die im Einband vorhandene Zeichnung der Wavewalker mit den verschiedenen Kabinen usw. war eine deutliche Hilfe, um eine Vorstellung vom Schiff zu haben. Auch die den Kapiteln vorangestellten Zeiträume, Zeichnungen über die Strecke und die verschiedenen Länder/Inseln waren sehr hilfreich bei der Einordnung.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung.