Nichts ist wie es scheint
Zitat:
„Wenn das die Vorhölle ist, wo ist dann die Hölle?“
Darum geht’s:
Seinem Lebenspartner zuliebe zieht Aaron mit ihm in dessen Heimatdorf. Für den Stadtmenschen Aaron kommt der Umzug einer Reise ...
Zitat:
„Wenn das die Vorhölle ist, wo ist dann die Hölle?“
Darum geht’s:
Seinem Lebenspartner zuliebe zieht Aaron mit ihm in dessen Heimatdorf. Für den Stadtmenschen Aaron kommt der Umzug einer Reise in eine andere Welt gleich. Während sich sein Freund Sebastian in die Arbeit stürzt und in alte Familienmuster verfällt, fremdelt Aaron mit der aufgesetzten Freundlichkeit des Dorfes. Je mehr er über das Dorf und die Geheimnisse der Vergangenheit erfährt, desto stärker spürt er eine kaum greifbare Bedrohung. Denn nach und nach tun sich hinter der idyllischen Fassade des Dorfes wahre Abgründe auf …
So hat es mir gefallen:
Von Anfang an wird man in eine geheimnisvolle und latente Bedrohung einer ländlichen Dorfgemeinschaft gezogen. Aarons Unbehagen und sein innerer Widerstand gegen das aufgesetzte Lächeln der Dorfbewohner schaffen eine greifbare Spannung, die einen immer weiter in die undurchsichtige Fassade des Dorfes hineinzieht. Diehms Erzählkunst liegt ganz klar in der subtilen Andeutung, die einen durch ständige Zweifel begleitet: Ist das Bedrohliche, das Aaron spürt, real oder doch nur das Produkt seiner Angst und Unsicherheit? Besonders fasziniert hat mich die Figur des mysteriösen Nachbarn, der nicht nur Aarons Aufmerksamkeit, sondern auch meine in Beschlag genommen hat. Was hat es mit ihm auf sich? Und kann Aaron ihm trauen? Die stets offenen Fragen und das ambivalente Ende sind das Prachtstück des Buches. Sie laden ein, sich weit über das Ende hinaus mit der Geschichte zu beschäftigen. Gerade diese Vieldeutigkeit macht das Buch zu einem kleinen Meisterwerk und Diehm setzt dies perfekt um.
Mit 220 Seiten gelingt es dem Autor, eine dichte, stimmige Atmosphäre zu schaffen, ohne sich in unnötige Längen zu verlieren. Die Kürze des Buches ist hier eine klare Stärke, denn jeder Satz sitzt und verstärkt das Gefühl der Beklemmung und Ungewissheit. Wer gerne Geschichten liest, die das Unausgesprochene zelebrieren und dabei gekonnt die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verwischen, wird dieses Buch lieben. Max Diehm überlässt es dem Leser, die Entscheidung zu treffen, was real ist und „Was im Dunkeln bleibt“.
10/10 – Leseempfehlung