Profilbild von tinstamp

tinstamp

Lesejury Star
offline

tinstamp ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tinstamp über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.11.2024

Spannendes Thrillerdebüt!

Happy End
11

Wow! Was für ein Debüt! Mit dem Thriller "Happy End" ist Sarah Bestgen eine überaus spannende Geschichte gelungen, die definitiv zu meinen Thriller Highlights gehört!

Schon die Leseprobe hat mich von ...

Wow! Was für ein Debüt! Mit dem Thriller "Happy End" ist Sarah Bestgen eine überaus spannende Geschichte gelungen, die definitiv zu meinen Thriller Highlights gehört!

Schon die Leseprobe hat mich von Beginn an gefesselt. Isa ist glücklich mit Mark verheiratet und seit kurzer Zeit Mutter. Doch bald wird für sie der persönliche Alptraum jeder Mutter wahr. Als sie nur kurz die Wäsche in den Keller bringt und zurück ins Wohnzimmer kommt, ist ihr Sonnenschein, der vier Monate alte Ben, verschwunden. Während Mark irgendwann seiner Arbeit als Kinderarzt wieder nachgeht, ist Isa in ihrem Kummer gefangen, denn die Monate vergehen und die Polizei ist ratlos. Bens Verschwinden bleibt ein Rätsel. Als der Junge nach einigen Monaten plötzlich wieder auftaucht, ist Isa überglücklich. Doch mit der Zeit kommen ihr immer mehr Zweifel, ob es sich wirklich um ihren Sohn handelt. Ihre Ehe wird auf eine harte Probe gestellt, denn Isa erscheinen einige Vorkommnisse immer seltsamer und auch Mark geht immer mehr auf Distanz....

Der Thriller ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Man erkennt schnell, dass hier etwas faul sein muss - aber was und warum?
Ich habe das Buch bei einer Leserunde der Lesejury gelesen und wir waren alle begeistert und haben fleißig mitgeraten. Doch mit jeder weiteren Seite wurden unsere Zweifel geweckt und alle Mutmaßungen umgestoßen. Genauso liebe ich Thriller!

Die Autorin bringt den Leser in Situationen, in der man zu zweifeln beginnt und nicht mehr weiß, was der Wahrheit entspricht. Die Intensivität von Isas Gefühlen spürt man in jeder Zeile. Sie sind wunderbar transportiert und ich denke nicht nur jede Mutter kann sich zu 100 Prozent damit identifizieren. Ich war gemeinsam mit Isa verzweifelt, fühlte mich getäuscht und konnte nicht glauben, welche Abgründe sich in ihrem Leben plötzlich auftun.

Sarah Bestgen hat ihre Geschichte perfekt aufgebaut und bringt ihre falschen Fährten an den richtigen Stellen ein. Immer wieder wird man überrascht und sieht sich einer neuen Situation gegenüber. Die Autorin spielt geschickt mit den Wahrnehmungen und den Gefühlen der Leser. Man erkennt auch schnell, dass sie Psychologie studiert hat. Beim Lesen fragt man sich trotzdem immer wieder, ob Isa eine zuverlässige Erzählerin ist?

Die ersten zwei Drittel des Buches waren großartig und ich habe das Buch nur ungern weggelegt (bei der Lesejury wird wöchentlich ein Leseabschnitt gelesen - was hier wirklich schlimm für mich war und ich große Willenskraft aufbringen musste, nicht einfach durchzulesen).
Das letzte Drittel kann dann leider das Niveau nicht ganz halten. Am Ende gab es dann einige Handlungsstränge, die für mich nicht ganz auserzählt, während andere etwas zu schnell abgehandelt wurden.
Trotzdem gebe ich für diesen wahnsinnig spannenden und emotionalen Thriller, der ein Debüt ist, fünf Sterne! Mich hat schon lange kein Buch aus diesem Genre so gepackt! Außerdem ist Sarah Bestgen die charakterliche Darstellung der Figuren und ganz besonders die von Isa so großartig gelungen, dass ich den Hut ziehe! Chapeau, Sarah Bestgen!
Obwohl die letzten hundert Seiten nicht mit den vierhundert Seiten davor mithalten können, verdient die Geschichte das Wort "Psychothriller" zu 100% . Ich freue mich auf weitere Thriller der Autorin.

Fazit:
Ein grandioses Thrillerdebüt, welches in psychische Abgründe führt und den Leser an den Seiten fesselt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 03.11.2024

Spannender Gruselroman für die ganze Familie

Aveline Jones und die Geister von Stormhaven
0

Ich habe das englische Original gelesen

Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal ein Buch auf Englisch gelesen habe. Bei "The Haunting of Aveline Jones" habe ich aber bewusst dazu gegriffen. Ich bin ...

Ich habe das englische Original gelesen

Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal ein Buch auf Englisch gelesen habe. Bei "The Haunting of Aveline Jones" habe ich aber bewusst dazu gegriffen. Ich bin ja kein Coverkäufer, aber mich hat das englische Cover mehr als das deutsche angesprochen und da es ein Kinderbuch ist, lässt es sich auch leicht auf Englisch lesen. Außerdem sollte ich mein Englisch wieder ein bisschen "aufpolieren". Eine Geschichte perfekt für Halloween, dachte ich, und genauso war es auch.
Aveline liebt Geistergeschichten und lässt kein Buch zum Thema aus. Als sie ein paar Tage bei ihrer Tante Lilian in Malmouth verbringen soll, scheint dieser Ort an der Küste der richtige zum Gruseln zu sein. Das Wetter ist mies, die Tante streng und Internet gibt es auch keines. Außerdem ist Aveline irritiert von den gruseligen Vogelscheuchen, die statt den üblichen geschnitzten Kürbissen zu Halloween im Dorf überall herumstehen und Kinder ähnlich sehen. Einzig der alte Buchladen von Mister Lieberman ist Avelines Rettung, um nicht vor Langeweile zu versauern. Dort findet sie einige ihrer geliebten Geistergeschichten und lernt Harold, den Neffen des Buchhändlers kennen. Zuhause entdeckt sie schnell, dass das Buch, welches sie zu lesen begonnen hat, einem etwa gleichaltrigen Mädchen gehörte. Primrose Penberthy ist jedoch vor vielen Jahren zu Halloween spurlos verschwunden. Bis heute weiß man nicht, was damals passiert ist. Aveline fühlt sich Primrose irgendwie verbunden. Sie möchte wissen, was damals mit ihr passiert ist und versucht mehr über sie zu erfahren....

Die Geschichte ist toll geschrieben und stellenweise richtig spooky. Einfach perfektes Gruseln für Kinder, aber auch für Erwachsene! Ich selbst würde das Buch neunjährigen Kindern jedoch noch nicht empfehlen, sondern erst ab 11 Jahren vorschlagen!
Sonst gibt es aber nichts zu bemängeln, denn die Story ist äußerst atmosphärisch (Es stürmt fast pausenlos) und die Figuren sind liebevoll ausgearbeitet. Aveline ist eine tolle Protagonistin, die mutig und neugierig ist. Ihre Liebe zu Geistergeschichten und Büchern macht sie auch jeden Buchnerd sympathisch. Außerdem zeigt der Autor die Ängste und Gefühle von Aveline sehr authentisch auf.
Auch die weiteren Charaktere sind sehr gelungen dargestellt und teilweise sehr facettenreich.

Die Gestaltung des Buches ist ebenfalls großartig! Die schwarz-weiß Zeichnungen von Kaja Reiki geben der Geschichte noch zusätzlich das passende gruselige Feeling. Ob es diese auch im deutschsprachigen Buch gibt, kann ich aber leider nicht sagen.


Fazit:
Die perfekte Halloween-Lektüre für die ganze Familie. Genau richtig um Kinder ein bisschen gruseln zu lassen. Ich werde mir die nächsten zwei Bände auch noch kaufen und lesen - ebenfalls auf Englisch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.10.2024

Wunderschön

Man sieht sich
0

Endlich wieder ein Buch, welches mit "Zwei an einem Tag" mithalten kann. Der Roman von David Nicholls gehört noch heute zu meinen allerliebsten Büchern, die einen ganz besonderen Platz in meinem Bücherregal ...

Endlich wieder ein Buch, welches mit "Zwei an einem Tag" mithalten kann. Der Roman von David Nicholls gehört noch heute zu meinen allerliebsten Büchern, die einen ganz besonderen Platz in meinem Bücherregal haben. Außerdem liebe ich Romane, bei denen es um Beziehungen und verpasste Chancen geht bzw. um Paare, die sich aus den Augen verlieren und doch nicht voneinander loskommen.

Mit "Man sieht sich" ist Julia Karnick eine wundervolle und authentische Geschichte gelungen, die mich von Beginn an in den Bann gezogen hat. Sie spannt sich über mehr als 30 Jahre und wird von der Autorin mit sehr viel Einfühlungsvermögen erzählt.
Der Roman beginnt in der Gegenwart. Friederike, genannt Frie, hat eine Einladung zum dreißigjährigen Abitreffen erhalten und ist sich bis zum Schluss unsicher, ob sie dort aufkreuzen soll. Ihre Gedanken und Überlegungen sind so authentisch beschrieben, dass ich bereits auf den ersten Seiten schmunzeln musste. Danach wechseln wir in die Vergangenheit.
Julia Karnick erzählt über das erste Zusammentreffen, als Robert seine neue Schule betritt und als erstes das "Entenmädchen" kennenlernt, wie er Frie heimlich wegen ihren watschelnden Gang und den großen Füßen, nennt. Diese Freundschaft wird zu etwas ganz Besonderen, obwohl beide aus einem sehr unterschiedlichen Elternhaus kommen, das sowohl Robert, als auch Frie prägt. Nach dem Abi trennen sich ihre Wege, denn Frie geht als Au Pair nach Australien und Robert zum Zivildienst. Für Frie ist Freiheit zu dieser Zeit am Wichtigsten und Robert sucht seinen Platz im Leben. Jahre später haben sich beider Leben umgekehrt. Während Robert als Musiker seine Freiheit genießt, kämpft Frie als alleinerziehende Mutter ums tägliche Überleben...

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive von Robert und Frie erzählt. So erfährt man immer, was gerade in ihrem Leben passiert, welches von Hochs und Tiefs geprägt ist. Es gibt dabei sehr intensive, aber auch unaufgeregte Erzählstränge.
Während all dieser Zeit verlieren sich Frie und Robert nie aus den Augen. Oftmals sind ihre Lebenswege zu unterschiedlich und der Zeitpunkt einfach nicht der richtige, dennoch spürt man im gesamten Roman, wie wichtig sie einander sind.
Die Stimmung der Achziger und Neunziger Jahre habe ich genossen und mich wieder jung gefühlt.

Julia Karnik beschreibt die Empfindungen ihrer Figuren einfühlsam und lebensnah. Dabei greift sie auch Themen auf, wie die Rolle der Frau über die Jahrzehnte oder die Prägung der Kindheit auf das weitere Leben. Besonders gefallen hat mir auch die Beziehung von Robert zu einem alten Mann, den er als Zivildiener kennenlernt und ihm zur Hand geht. Für Robert wird Herr Selk eine Art Vaterersatz, den er selbst nie kennengelernt hat.
Freunde und weitere Figuren rund um die Beiden blieben hingegen etwas schemenhaft, was mich allerdings nicht gestört hat, schließlich steht die Beziehung und Freundschaft von Robert und Frie im Mittelpunkt. Wie im echten Leben bleiben und gehen Freunde und sind in der Handlung mehr oder weniger vorhanden.

"Wer ›Zwei an einen Tag‹ von David Nicholls geliebt hat, wird dieses Buch auch nicht mehr aus der Hand legen. ― Der Hamburger Newsletter Published On: 2024-06-06"

Und dem kann ich nur zustimmen!

Wie immer bei Romanen, die mich sehr berührt haben und die ich mit Begeisterung gelesen habe, fällt es mir besonders schwer eine Rezension zu schreiben, weil ich immer denke, dass diese der Geschichte nicht gerecht wird.

Fazit:
Für mich ein würdiger Nachfolger zu "Zwei an einem Tag", wobei Julia Karnick ihre ganz eigene Geschichte daraus macht, die einfühlsam und sehr authentisch erzählt wird. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung! (ganz besonders für jene, die "Zwei an einem Tag" genauso geliebt haben wie ich und noch immer nicht über das Ende hinweg sind.)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.09.2024

Absolut gelungene Fortsetzung

Schwestern im Geiste
0

Der zweite Band dieser Reihe, der von Marie Pierre aka Maria W. Peter, im Jahre 1911 in Diedenhofen, dem heutigen Thionville spielt, konnte mich noch mehr als der erste Band begeistern. Wir sind wieder ...

Der zweite Band dieser Reihe, der von Marie Pierre aka Maria W. Peter, im Jahre 1911 in Diedenhofen, dem heutigen Thionville spielt, konnte mich noch mehr als der erste Band begeistern. Wir sind wieder in der deutsch-französischen Grenzregion und in Elsaß-Lothringen, wo das preußische und bayrische Militär weilt, nachdem das Gebiet 1871 nach der Niederlage der Franzosen im Deutsch-Französischen Krieg an das deutsche Kaiserreich fiel.

"Schwestern im Geiste" schließt nahtlos an den ersten Band der Trilogie an. Bereits nach wenigen Seiten war ich sofort wieder mitten im Geschehen.
Pauline Martin, die ein Mädchenpensionat in Diedenhofen führt, erhält endlich die langersehnte Unterstützung. Die irische Lehrerin Rhona O'Meally bringt frischen Wind in das Pensionat und fordert die Schülerinnen zum eigenen Denken auf. Sie wird von den Mädchen schnell ins Herz geschlossen. Doch sie scheint ein Geheimnis zu haben....

Pauline hat diesmal nicht nur gegen Widerstände von außen zu kämpfen, sondern es geht auch innerhalb des Mädchenpensionates hoch her. Charlotte, die schon im ersten Band für Unfrieden sorgte, ist diesmal besonders hinterlistig. Zusätzlich kommt es zu Diebstählen, Antisemitismus und einen Einbruch in das Pensionat. Das hebt die Spannung ungemein!
Dann wird auch noch die preußische Kaserne beschmiert und Wachtmeister Schrother hat nichts anderes zu tun, als sofort die Schuldigen im Mädchenpensionat zu suchen! Gut, dass es Hauptmann Erich von Pliesnitz gibt, der sofort versucht Pauline und ihre Mädchen aus der Schusslinie zu bringen. Pauline und Erich kommen sich dabei immer näher, doch als Lehrerin darf sie ihren Gefühlen nicht nachgeben, sonst würde sie ihren Beruf verlieren.

Der Schreibstil ist wieder sehr mitreißend und bildhaft. Die Figuren sind vielschichtig und lebendig und ich hatte jede von ihnen vor Augen. Zeit- und Lokalkolorit sind wieder passend, der Schreibstil der Zeit angepasst.
Zusätzlich ist dieser zweite Teil äußerst fesselnd. Marie Pierre schafft es wieder hervorragend die geschichtlichen Hintergründe der Grenzregion anschaulich und informativ in ihren Roman einzubinden. Außerdem greift die Autorin diesmal auch die jüdische Geschichte im Deutschen Kaiserreich, sowie die irische Unabhängigkeitsbewegung auf.
Die Beschreibungen der Landschaften, der Städte und auch der Besonderheiten dieses Gebietes, wie die Porzellanmalerei werden bildhaft dargestellt.

Im ausführlichen Nachwort erfährt man noch weitere geschichtliche Informationen über die damalige politische Situation.

Fazit
Ein sehr spannender und großartiger zweiter Band, der mich absolut überzeugen konnte und den ich richtig verschlungen habe. Ich freue mich schon auf den abschließenden dritten Band, der im Februar 2025 erscheinen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.08.2024

Großartig, aber brutal - wie die Menschen selbst

Hundswut
0

Puh, das war eine richtige emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle! Schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, welches mich so "zerstört" hat.
Ich habe dieses Buch, welches ich selbst als eine Mischung ...

Puh, das war eine richtige emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle! Schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, welches mich so "zerstört" hat.
Ich habe dieses Buch, welches ich selbst als eine Mischung aus historischen Roman mit Horroranteilen bezeichnen würde, schon vor zwei Wochen gelesen, doch die Geschichte hat mich wirklich noch tagelang beschäftigt.
Nach dem Zuklappen hatte ich immensen Redebedarf - leider hatte ich aber keinen Gesprächspartner. Beim recherchieren fand ich heraus, dass Daniel Alvarenga die Geschichte verfilmt hat und DANACH erst den Roman/Thriller/Krimi geschrieben hat. Sehr ungewöhnlich! Und man merkt in keinster Weise, dass hier das Drehbuch zuerst entstanden ist.

Was ich noch dazu sagen möchte ist, dass die Dialoge in bayrischer Mundart geschrieben und vielleicht für norddeutsche Leser:innen etwas schwer zu lesen sind.
Und zartbesaitete Leser:innen sollten vielleicht auch lieber zu einem anderen Buch greifen, denn hier lesen wir ungeschönt von den Abgründen des Menschen!

Worum geht es? Wir sind in einem kleinen abgeschiedenen Dorf in Bayern im Jahre 1932. Als vier Jugendliche aus dem Dorf im Wald tot aufgefunden werden, ist zuerst die Rede von einem Wolf, der nach Jahren wieder aufgetaucht zu sein scheint. Doch die grauenhaften Verletzungen und vorallem die nackte und schlimm zugerichtete Leiche des einzigen Mädchens, lassen bald andere Gerüchte aufkommen. Ist etwa ein Werwolf in den Wäldern zugange?
Das Misstrauen untereinander wächst. Um die Dorfbewohner zu beruhigen, muss ein Schuldiger her. Für Bürgermeister "Hartl" Aichinger und Großbauer Georg Steiner ist eine Meldung der Morde nach München ausgeschlossen. Die Dörfler bereinigen diese "Sache" unter sich. Der Gemeinderat, der neben Aichinger und Steiner, auch aus Dorfwirt "Lugg" Kramer und Dorfpfarrer Hias Lechner, sowie den zugezogenen Lehrer Konrad Zankl besteht, haben schnell eine Lösung gefunden. Einsiedler Joseph Köhler, der nach dem Tod seiner Frau und seines kleinen Sohnes, schwermütig geworden ist und mit seiner Tochter Mitzi alleine lebt, ist schnell als Sündenbock auserkoren. Er wird im Bierkeller des Wirtshauses eingesperrt, wo ihm "der Prozess" gemacht werden soll.
Die Dorfgemeinschaft wird immer mehr aufgehetzt und niemand zweifelt mehr an der Unschuld von Köhler, der nach Kirchenrecht als Werwolf angeklagt und verurteilt werden soll. Seine Tochter soll als Hexe verbrannt werden, nachdem der Dorfpfarrer den mittelalterlichen Hexenhammer zu Rate zieht. Wer sich den hohen Herren und dem Mob entgegen stellt, ist selbst bald a Leich....

Was soll ich sagen? Diese Geschichte hat mich wirklich mitgenommen! Daniel Alvarenga ist bei seinen Beschreibungen alles andere als zimperlich. Plastisch und sehr anschaulich beschreibt er die Morde und die Toten, die Folter und das Leid der misshandelten Menschen. Die drastischen und brutalen Schilderungen des Autors machen auch vor grausamsten Szenen nicht Halt.

Daniel Alvarenga zeigt perfekt auf, was ein willkürliches Gerücht, blinde Agression und Hetze alles anrichten kann. Der gesunde Menschenverstand ist ausgeschaltet! Und nein, dass passierte nicht nur im Mittelalter, wo nicht nur die ungebildeten Leute sensationslüstern vor dem Scheiterhaufen oder dem Pranger stehen. Ähnliche Szenen können jederzeit passieren, wo mehrere Menschen zusammenkommen und zur Selbstjustiz aufgehetzt werden. Genau das macht dieses Buch so realistisch und grausam.

Die Dialoge sind in bayrischer Mundart verfasst und machen die Handlung noch um einiges lebendiger. Auch die Charaktere sind unbeschreiblich gut gelungen, facettenreich und voller Leben, egal ob Haupt- oder Nebencharakter. Ich hatte während des Lesens immer Bilder im Kopf und sah die Figuren vor mir, deren Gedanken und Gefühle wir abwechselnd aus ihrer Sicht erzählt bekommen.

Manche Leser finden einige Geschehnisse der Geschichte nicht auserzählt. Mittlerweile wisst ihr wahrscheinlich, dass ich offene Enden hasse - und ja, es wird nicht alles aufgeklärt, aber für mich ist und bleibt die Geschichte rund. Am Ende habe ich das Buch fassunglos zugeschlagen.
Für mich ein absolutes Meisterwerk, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Den Film werde ich mir nicht anschauen, falls er jemals in unsere Kinos oder ins Fernsehen kommen sollte. Lesen kann ich solche brutaeln Szenen jederzeit, aber ansehen eher nicht. Da schließe ich lieber schnell die Augen....

"Hundswut" bedeutet übrigens tollwütig.

Fazit:
Eine Geschichte, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird: Brutal und schockierend zeigt sie uns die tiefsten Abgründe des Menschen auf. Wer nicht zu zartbeseitet ist und der bayrischen Mundart mächtig - dem empfehle ich diesen historischen Roman - hinter dem sich das Grauen versteckt - auf jeden Fall weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere