Cover-Bild Kairos
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Penguin
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 384
  • Ersterscheinung: 15.03.2023
  • ISBN: 9783328109341
Jenny Erpenbeck

Kairos

Roman. Ausgezeichnet mit dem International Booker Prize 2024
»Eine der größten lebenden Erzählerinnen, die (nicht nur) wir haben.« Andreas Platthaus, FAZ

Die neunzehnjährige Katharina und Hans, ein verheirateter Mann Mitte fünfzig, begegnen sich Ende der achtziger Jahre in Ostberlin, zufällig, und kommen für die nächsten Jahre nicht voneinander los. Vor dem Hintergrund der untergehenden DDR und des Umbruchs nach 1989 erzählt Jenny Erpenbeck in ihrer unverwechselbaren Sprache von den Abgründen des Glücks – vom Weg zweier Liebender im Grenzgebiet zwischen Wahrheit und Lüge, von Obsession und Gewalt, Hass und Hoffnung. Alles in ihrem Leben verwandelt sich noch in derselben Sekunde, in der es geschieht, in etwas Verlorenes. Die Grenze ist immer nur ein Augenblick.

»Erpenbecks beklemmende Entfaltung einer Amour fou, die mit dem Untergang des Staates synchronisiert wird, entwickelt einen beispiellosen Sog. Es ist ein großer, schöner und grausamer Liebesroman, der zu Recht ausgezeichnet worden ist.« Adam Soboczynski, Die Zeit

»Jenny Erpenbeck erzählt in ›Kairos‹ von der existentiellen Verlorenheit einer ganzen Generation.« Maike Albath, Deutschlandfunk ›Büchermarkt‹

»Erpenbeck demonstriert in ›Kairos‹ ihre sprachlichen und literarischen Qualitäten.« Gerrit Bartels, Tagesspiegel

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2024

Amour fou

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Wenn ein älterer Mann und eine junge Frau aufeinander treffen? In der alten DDR, unruhig bereits, weil sich zu viele gegen das Unrechtsystem auflehnen?

Jenny Erpenbeck nimmt sich dieses Themas an. Meisterhaft!
Der ...

Wenn ein älterer Mann und eine junge Frau aufeinander treffen? In der alten DDR, unruhig bereits, weil sich zu viele gegen das Unrechtsystem auflehnen?

Jenny Erpenbeck nimmt sich dieses Themas an. Meisterhaft!
Der ältere Mann, Hans, ein Frauenheld, gutaussehend, erfolgreich im DDR - System, ohne zu angepasst zu sein, trotzdem noch Freigeist, oder wieder zu einem geworden... und die junge Frau, Katharina, die diesen Mann 'zufällig' in der Straßenbahn in Berlin in die Augen sieht. Zufällig, ein Zufall, ein Augenblick, der ihre Leben verändert. Seines wie das ihrige...

Der Titel - Kairos - macht aufmerksam. Ein griechischer Begriff? Aus der Götterwelt? In der Tat - Kairos ist ein der drei Begriffe, die im antiken Griechenland für die Zeit existierte. Chronos und Äon, die anderen beiden. Kairos dagegen steht für - den günstigen Zeitpunkt für eine Handlung.
Der Zeitpunkt ist jetzt, sie haben sich getroffen. Die junge Studentin, noch unfertig in ihrer Lebensplanung, der ältere Mann, verheiratet, mit einer Geliebten, mit vielen Geliebten, untreu. Sohn.
Selbstverliebt. Ein Schriftsteller. Ein IM. Einer, ja, der es geschafft hat, sich in dem rigiden System durchzuschmuggeln. Er darf schreiben. Er hat sogar ein eigenes kleines Büro vom System erhalten...
Er spioniert nicht mehr, wird als unsicher in den Akten abgelegt... Und die junge Frau, Katharina, sie ist verliebt... jedet mit ihrem Umfeld darüber, den Eltern, den Freunden und Freundinnen, alle wissen Bescheid, und irgendwann auch die Ehefrau.
Sie, die Geliebte, umschleicht den Geliebten. Dringt in seine Privatsphäre ein. Folgt ihm in die familiären Ferien an die Ostsee, vögelt ihn im Sand, gibt sich auf, unterwirft sich ihm. Benimmt sich so weiblich wie viele Schattenfrauen es tun, der Liebe wegen, orientiert sich an ihm...
Bis ... ja ... bis... zum großen Knall!

Übrig bleibt der Karton, Erinnerungen, Postkarten, Papierfetzen...

Ein aufschlussreiches Buch: Zum System, zum Funktionieren in einer Diktatur, zu seiner persönlichen Freiheit...
Zu einer Liebe unter Extremzwang. Zu einer jungen Frau und zu einem älteren Mann...

Und - das Umschlagbild, der Karton, schlicht und einfach...
Jenne Erpenbeck. Sehr gut!


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Veröffentlicht am 28.06.2024

Sensationelles Zeitzeugnis

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Zwei Kartons hat sie, mit Aufzeichnungen, Rechnungen, Postkarten, Briefen, Fotos und Einkaufszetteln. Erinnerungen an ihn, den Hans. 1986 sind sie sich begegnet, zufällig. Da war Katharina neunzehn und ...

Zwei Kartons hat sie, mit Aufzeichnungen, Rechnungen, Postkarten, Briefen, Fotos und Einkaufszetteln. Erinnerungen an ihn, den Hans. 1986 sind sie sich begegnet, zufällig. Da war Katharina neunzehn und Hans älter als ihr Vater. Er stieg hinter ihr aus der Bahn und sie blieb mit ihrem Pfennigabsatz in einem Gully stecken. Er lud sie auf einen Kaffee ein. Danach konnten sie sich nicht mehr voneinander lösen. Ob sie einen Vater sucht, hat Hans gefragt. So ein Quatsch. Als seine Frau mit seinem Sohn weggefahren war, ludt er sie in seine Wohnung ein, spielte ihr Mozart und Brahms vor, las Gedichte und erinnerte sie an ein niedliches Eichhörnchen.

Dann durfte sie ausreisen aus dem Osten Berlins, zu ihrer Großmutter nach Köln, weil die Geburtstag hatte. Die Omi hatte sich für Katharina Einhundertfünfundzwanzig Mark vom Mund abgespart, damit die sich was kaufen konnte. Und das machte Katharina, lief von morgens bis zum Nachmittag die Friedrichstraße hoch und runter und schaute dabei zu, wie die Preise purzelten. Die Bluse, die am Morgen noch 45 Mark kostete, gab es später für 2,50. Einen Salat Nicoise hat sie auch gegessen, weil der Hans ihr den empfohlen hat. Während Katharina in Köln die Friedrichstraße erkundete, hoch und runter, hoch und runter, rief Hans sie nicht an. Omis Telefon schwieg still, ob er sie schon vergessen hatte?

Fazit: Eine Ausnahmegeschichte, die Jenny Erpenbeck hier geschaffen hat. Einerseits werde ich Zeugin einer Ära Honecker, die zu Ende geht und ein Land zerreißt. Jede Sicherheit und Verlässlichkeit, all das Bekannte bricht haltlos in sich zusammen und löst Existenzen auf. Plötzlich soll man sich zufrieden zeigen mit einer Entwicklung, die so nicht vorstellbar war. Andererseits lässt mich die Autorin dabei zusehen, wie eine sehr ungleiche Beziehung sich in eine intensive Obsession verwandelt. Sie sehnt sich danach gesehen und geliebt zu werden, danach, mit dem anderen zu verschmelzen. Er sonnt sich in ihrer Unerfahrenheit, ihrer aufrichtigen Bewunderung. Sie geraten in gegenseitige Abhängigkeit, schaffen es nicht mehr sich gut zu tun und können sich doch nicht voneinander lösen. Vor dem Hintergrund einer Epoche musste ich hilflos dabei zusehen, wie zwei Menschen sich in einer toxischen Beziehung verstricken, geriet mitten hinein, entwickelte eine tiefe Wut auf Hans, der es besser hätte wissen müssen. Was für ein Konflikt. Und die Schreibweise ist völlig unaufgeregt. Jedes Wort sitzt an der richtigen Stelle, keines würde ich streichen wollen. Die Gebräuche dieser Zeit, die Sprache ist so gut wiedergegeben. Das hat mir sensationell gut gefallen.

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Veröffentlicht am 10.09.2024

Intelligent, tiefsinnig, zerfleischend, mir zu langatmig

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Mit großen Erwartungen bin ich an dieses Buch heran gegangen, nicht nur, weil ich endlich einmal etwas von der hochgelobten Jenny Erpenbeck lesen wollte, sondern auch wegen des verliehenen Preises.

Den ...

Mit großen Erwartungen bin ich an dieses Buch heran gegangen, nicht nur, weil ich endlich einmal etwas von der hochgelobten Jenny Erpenbeck lesen wollte, sondern auch wegen des verliehenen Preises.

Den Begriff Kairos musste ich nachschlagen, um den Bezug zum Buch herzustellen, was ich nicht schlimm finde. Das Cover ist schlicht und karg; die Bedeutung des Kartons erschließt sich deutlich beim Lesen des Buches.

Die Geschichte an sich finde ich hochinteressant, das Verhältnis der jungen Frau mit dem sehr deutlich älteren verheirateten Mann in den letzten Jahren der DDR, zumal beide auch mit unterschiedlichem Bildungsniveau ausgestattet sind. Ich hatte so eine Art Pygmalion Geschichte erwartet, aber was Jenny Erpenbeck erzählt, ist doch deutlich anders.

Ihre Sprache ist großartig, außergewöhnlich, interessant, spiegelt sehr gut das Gefühlsleben der beiden Protagonisten wider. Auch die Szenerie der zunächst noch scheinbar intakten, dann zum Schluss hin sich auflösenden DDR ist m.E. gut getroffen - auch wenn ich selbst nicht dort gelebt habe, habe ich mit vielen betroffenen Freunden darüber gesprochen.

Was mich aber vor allem im letzten Drittel des Buches gestört hat, war doch eine gewisse Langatmigkeit, die ich persönlich gerade in Anbetracht der sich langsam verbal "zerfleischenden" Liebenden sehr anstrengend fand. Irgendwann hat es mich einfach nicht mehr berührt.

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