Wenn Liebe an der Wirklichkeit zerbricht
Zwei FedernZwei Federn ist der Name eines Kriegers vom Stamm der Choctaw. Seine Wissbegierde und Lust aufs Lernen führen dazu, dass sein Vater ihm bei einem befreundeten Cherokee, der sich an das Leben der Weißen ...
Zwei Federn ist der Name eines Kriegers vom Stamm der Choctaw. Seine Wissbegierde und Lust aufs Lernen führen dazu, dass sein Vater ihm bei einem befreundeten Cherokee, der sich an das Leben der Weißen angepasst hat, eine Schulbildung ermöglicht. Sein angepasster Name wird Gideon. Gideon wird als junger Schiftsteller in den 1840er Jahren dazu ausgewählt, den hungernden irischen Bauern eine Geldhilfe seines Stammes zu überbringen. Dabei lernt er Amy kennen und lieben. Sie wird seine Frau und auch sie schreibt und forscht nach alten Pflanzen und Heilkräutern. Zwei Federn ist damit der absolut passende Name für das junge Paar und es scheint ihnen vorbestimmt, zueinander gefunden zu haben.
Das ist die Handlung, die in der Vergangenheit spielt. Es gibt aber auch eine parallele, ganz aktuelle Handlung , die 2019 beginnt, über die Corona-Jahre hinweg reicht und auch aktuelle Geschehnisse in diesem Erzählstrang verarbeitet. Hier treffen zwei weitläufig miteinander verwandte Abkömmlinge dieser beiden, Bridget und Rian, aufeinander und beschließen, gemeinsam die Geschichte von Amy und Gideon aufzuarbeiten.
Amy hatte ihren Mann nach Nordamerika begleitet, nachdem ihr Leben durch die Hungersnot in Irland keine Basis mehr hatte. Die beiden lebten in Städten und waren erfolgreiche Schriftsteller, ihre Verbindung wurde zu Anfang von Medien und den tonangebenden Kreisen begrüßt und für gut befunden. Nach mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen der Siedler mit den Ureinwohnern änderte sich die Sicht auf diese Verbindung grundlegend. Nun war es plötzlich ein Skandal und nicht mehr gutzuheißen. Amy und Gideon fanden den mittlerweile vertriebenen Stamm der Choctaw nach einem wochenlangen Fußmarsch wieder. Für Amy scheint diese fremde Kultur ein großes Abenteuer zu sein, wissbegierig befragt sie die Frauen des Stammes und lässt sich in die Heilkunde der Choctaw einführen. Den Stammesälteren, die mittlerweile mit den Zuwanderern aus Europa schlechte Erfahrungen gemacht haben, sind nicht immer von ihr angetan.
Amy und Gideon verlieren ihr gemeinsames Kind und mit diesem Verlust können beide nicht umgehen. Gideon reagiert darauf mit einer Schreibblockade, Amy flüchtet sich in die Arbeit und so leben sie sich auseinander.
Amy hat glücklicherweise ihren Schriftwechsel über ihr ganzes Leben gesammelt. Ihre Manuskripte, ihre Briefe, alles das hat sie in ihrem letzten Lebensjahr in Sicherheit gebracht und dieser Schriftwechsel dient nun Bridget und Rian als Basis für ihre Nachforschungen.
Das Buch ist wie ein Puzzle, aber man kann nicht sicher sein, dass es auch vollständig ist. An den unwahrscheinlichsten Stellen tauchen auf einmal neue Teile des Puzzles auf und ergeben dann wieder ein ganz neues Bild und neue Erkenntnisse. Die Zeit vor der Abreise Amys nach Nordamerika kann so sehr gut rekonstruiert werden und sie lässt uns manchmal das Blut in den Adern gefrieren, wenn man die Beschreibungen der verhungernden Menschen liest und die Hartherzigkeit der Engländer, aber auch mancher irischer Landsleute erkennen muss.
Die Autoren haben in diesem Buch ganz viele Themen angesprochen, von denen ich tatsächlich hier nur ganz wenige herausgegriffen habe. Emanzipation der Frauen und Aufgehen in neuen Kulturen, um dann letztendlich doch nicht akzeptiert zu werden sind nur zwei der nicht beachteten Aspekte. Diese Liste könnte fortgesetzt werden.
Es ist der erste Teil einer Trilogie und so verwundert es nicht, dass wir zwar die Lebensgeschichte von Amy und Gideon rekonstruieren können, dass aber mindestens genau so viele Fragen offenbleiben. Was war damals mit Amys Vater passiert? Wieso kam er von seiner letzten Dienstreise nicht zurück. Was passierte nach Colins Tod mit dem Unternehmen, war sein Sohn schon in der Lage in seine Fußstapfen zu treten? Ich könnte hier noch mindestens fünf weitere Fragen anschließen, will aber nicht zu viel vorwegnehmen und bin sicher, im nächsten Band werden wir darauf die Antworten erhalten.