Authentisch und sehr wertvoll für Hinterbliebene nach Suizid
Von dem, der bleibt"Von dem, der bleibt" von Matteo B. Bianchi ist ein zutiefst berührendes Buch eines Hinterbliebenen nach Suizid. Eines "Überlebenden", wie der Autor sich selbst treffend bezeichnet. Schon der Titel des ...
"Von dem, der bleibt" von Matteo B. Bianchi ist ein zutiefst berührendes Buch eines Hinterbliebenen nach Suizid. Eines "Überlebenden", wie der Autor sich selbst treffend bezeichnet. Schon der Titel des Buches drückt so viel aus. Einer ist gegangen, es ist der Ex-Freund des Autors, der kurz nach dem Ende der mehrjährigen Beziehung sein Leben aus eigenem Entschluss beendet hat, in der ehemals gemeinsamen Wohnung. Einer bleibt auf dieser Erde, zuerst einmal in tiefster Verzweiflung. Er hat den anderen, den ehemals Geliebten, tot aufgefunden und sein Leben wurde zutiefst erschüttert durch diese Erfahrung.
In vielen kurzen Kapiteln lässt uns der Autor einfühlsam und authentisch an seinem Weg als Überlebender nach Suizid teilhaben. Wir erleben mit, wie die Zeit unmittelbar danach für ihn war, die Kontakte mit anderen Menschen, was hilfreich war und was weniger. Die große Schuldfrage, die über allem hängt, und die einem von innen, aus dem eigenen Kopf, und oft auch von außen, von anderen, entgegen geschleudert wird. Welche Unterstützungsmöglichkeiten im Bereich Selbsthilfe und Therapie für Überlebende nach Suizid es in Italien gibt (sehr wenige) und wie der Autor dennoch seinen Weg geht, das Trauma bewältigt und sich für ein weiteres Leben in Liebe und Kontakt zu anderen Menschen bewusst entscheidet. Wo sich Verbindungen mit anderen Menschen ergeben und wo das Trauma zwischen ihnen steht, zumindest erst einmal.
Das Buch ist unglaublich gut geschrieben, mit sehr treffenden Worten und Formulierungen, und offenbar ebenso gut übersetzt, denn man merkt dem Buch überhaupt nicht an, dass es eine Übersetzung aus dem Italienisch ist. Der sehr sympathische, liebevolle und reflektierte Mensch, der der Autor ist, kommt einem beim Lesen gefühlt sehr nahe. Damit rührt das Buch zu Tränen, und lässt aber gleichzeitig auch viel Raum für Hoffnung. In all der Dunkelheit ist auch so viel Licht und Liebe, in der Persönlichkeit des Autors, aber auch in so einigen Begegnungen, die im Buch vorkommen.
Ich habe selbst meinen Vater durch Suizid verloren und genau so ein Buch hätte ich mir in der Zeit danach gewünscht. Noch jetzt, nach mehr als zwei Jahrzehnten, habe ich mich beim Lesen unglaublich verstanden und dadurch in dieser Erfahrung weniger alleine gefühlt. Hier ist jemand, der etwas Ähnliches erlebt hat und so treffende Worte für all die Gefühlsfacetten findet, die damit verbunden sind. Fast jeden Satz im Buch hätte ich unterstreichen und groß "Ja, so ist es!" dazu schreiben kann.
Ich empfehle das Buch also von ganzem Herzen allen, die selbst so eine Erfahrung gemacht haben und Trost suchen, aber auch allen, die im therapeutischen oder sozialen Bereich arbeiten und jenen, die generell mitfühlende Menschen sind und sich dafür interessieren, wie es sich anfühlen kann, die Erfahrung gemacht zu haben, nach einem Suizid der Mensch zu sein, der hier bleibt auf dieser Erde, trotz allem. Danke, Matteo B. Bianchi, dass du geblieben bist und deine Geschichte mit uns teilst!