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9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Ullstein Taschenbuch Verlag
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale und ethische Themen
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 06.03.2015
  • ISBN: 9783548375502
Stefan Selke

Schamland

Die Armut mitten unter uns

In einer einzigartigen Mischung aus Sozialreportage und messerscharfer Gesellschaftsanalyse nimmt Stefan Selke uns mit in die unbekannte Welt der Armen. Er zeichnet das Leben jener Menschen, die einst in der Mitte der Gesellschaft lebten und sich verzweifelt bemühen, ein Stück Normalität zu bewahren.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.06.2017

Armut in Deutschland

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Der Soziologe und Professor Stefan Selke beleuchtet in seinem Buch Schamland sowohl die ausgegrenzte Bürgerschaft unseres "Sozialstaates" als auch die Almosengesellschaft, die sich um sie herum zu bilden ...

Der Soziologe und Professor Stefan Selke beleuchtet in seinem Buch Schamland sowohl die ausgegrenzte Bürgerschaft unseres "Sozialstaates" als auch die Almosengesellschaft, die sich um sie herum zu bilden droht bzw. bereits gebildet hat.

Sein Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Tafelkultur, pünktlich zum 20jährigen Jubiläum der Tafeln in Deutschland. Dass dies eigentlich gar kein Grund zum Feiern ist, wird einem bei der Lektüre dieses Buches sehr schnell klar. Genau betrachtet ist es eher ein Grund sich zu schämen, dass solche Einrichtungen wie die Tafel überhaupt nötig sind in einem so wohlhabenden Land wie der BRD. Dass die Leute, die diese Tafeln in Anspruch nehmen, dies nicht freiwillig tun sondern aus schierer Verzweiflung, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Kinder ernähren sollen oder weil sie wirklich kein Geld mehr für Lebensmittel übrig haben, wird ebenfalls hervorragend dargestellt.

Unmittelbar packt einen das ungute Gefühl, ganz schnell selbst in dieses Armutsloch abstürzen zu können. Bei den leider viel zu wenigen Fallstudien wird deutlich, dass eben nicht ausschließlich das oft beschriehene arbeitsscheue Gesindel oder die so gern titulierten Sozialschmarotzer in Not geraten können, sondern eben viel zu schnell auch alleinerziehende Mütter/Väter, Selbstständige, die wegen schwerer Krankheit den Betrieb schließen mussten, Normalverdiener, die sich plötzlich um ihre schwer erkrankten Familienmitglieder kümmern mussten, Frauen, die ihren selbstständigen Ehemann durch ein Unglück verloren haben etc., etc.

Hervorragend ist für mich die fachlich excellente Betrachtung mit dem Blickwinkel der Betroffenen. Keine Lobhudeleien auf die Tafel, Suppenküchen oder sonstige Almosen-Geber, sondern die Sicht von der anderen Seite der Theke:

- Stundenlanges Schlangestehen auf der Straße - natürlich für alle sichtbar, wie ein Pranger empfunden.
- Strammstehen zum Ständchenbringen beim Geburtstag einer ehrenamtlichen Tafelhelferin
- Keine Möglichkeit, Sachen, die man nicht haben möchte, abzulehnen, aus Angst, daraufhin für die weitere Inanspruchnahme der Tafel gesperrt zu werden
- Dumme (wenn auch gut gemeinte) Sprüche von den Ehrenamtlichen ohne Entgegnung einstecken zu müssen

Deutlich herausgehoben wird auch der Unterschied zwischen Sozial- und Almosenstaat. Es ist ein Unterschied, ob ich Anrecht auf eine Sozialleistung habe oder ob ich betteln muss um eine milde Gabe. Je mehr die Bürgerschaft sich zusammen findet, Armen mit mildtätigen Spenden ein wenn auch schlechtes Auskommen zu ermöglichen, desto weniger sieht sich der Staat in der Pflicht einen Mindeststandard für seine Bürger zu garantieren, wie er eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist.

Meines Erachtens ein sehr wichtiges Buch, das vor allem von denen gelesen werden sollte, die wie die Made im Speck leben und noch laut in sämtlichen Medien darüber stöhnen, dass sie z. B. bei oberen Besoldungsstufen 2 Jahre lang auf die jährlich fällige Gehaltserhöhung verzichten sollen. Die Einkommensschere klafft in Deutschland immer weiter auseinander und die Besserverdienenden sonnen sich darin, großzügig Almosen verteilen zu können.

Ich finde das Buch ausgesprochen interessant und ich hoffe, es wird sehr gut verkauft! Endlich einmal jemand, der die Menschen in den Vordergrund stellt, und zwar die Menschen, die sich wegen ihres Lebens schämen und die aber so gar keine Lobby haben, da mit ihnen kaum Geschäfte zu machen sind. Lediglich für Werbezwecke taugen sie und diese Aufgabe erfüllen die Reportagen über sämtliche Tafelspenden und Almosenaktionen zur genüge.

Die Fallstudien hätte ich persönlich mir durchaus umfangreicher gewünscht. Ab dem mittleren Teil wiederholen sich etliche Standpunkte immer wieder - da hätte man durchaus dichter schreiben können. Der letzte Teil des Buches, sozusagen die Quintessenz des Buches, hat mir wieder sehr gut gefallen, da hier alles noch einmal deutlich auf die Kernpunkte zusammengefasst wurde. Der Epilog war m. E. sogar ausgesprochen gut und hat mich wirklich sehr erschüttert. Dass in diesem Buch keine Lösungsansätze zu finden sind, stört mich überhaupt nicht! Das war nicht Sinn und Zweck des Buches.

Obwohl es ein Sachbuch ist, ist es wirklich gut zu lesen und kommt dankenswerter Weise mit erträglichem Fachjargon aus. Dem Autor vielen Dank für dieses aufrüttelnde Buch!

Veröffentlicht am 18.03.2017

Wider die Armutsökonomie

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Die Erstausgabe des Sachbuches "Schamland" (Hardcover) überschnitt sich interessanterweise mit dem Tod Maggie Thatchers. Die konservative Politikerin war in England als "Eiserne Lady", "Milchräuberin" ...

Die Erstausgabe des Sachbuches "Schamland" (Hardcover) überschnitt sich interessanterweise mit dem Tod Maggie Thatchers. Die konservative Politikerin war in England als "Eiserne Lady", "Milchräuberin" und Totengräberin der Gewerkschaften bekannt. Ihre rigorose, sozial kalte Politik gründete auf der Prämisse, dass es so etwas wie "die Gesellschaft" nicht gebe & dass quasi Jedermann für sein Heil selbst verantwortlich sei ...man fühlt sich an die amerikanische Losung vom "Streben nach Glück" erinnert.

Thatcher stand in Grossbritannien für den sozialen Kahlschlag. Begründete sie den Trend der neoliberalen Politik ? Auf jeden Fall aber gilt sie vielen Analysten als die Person, die "merry old England" zu Grabe trug.

Jahre später sollte sich auch still und leise das Konzept der "sozialen Marktwirtschaft" und "Sozialhilfe" zugunsten von Raubtierkapitalismus und Hartz IV mehr oder weniger aus dem wiedervereinten Deutschland verabschieden. Von der Bonner Republik & katholischer Soziallehre à la Adenauer sollte wenig übrig bleiben.

Doch zurück zu "Schamland".

Diese Publikation hat mich wirklich positiv überrascht. Sie genügt wissenschaftlichen Standards und verfügt über Endnoten. Kein "Blabla" ins Blaue hinein, sondern harte Fakten, für jeden nachvollziehbar!
Der Autor ist Soziologe und lässt seine Forschungen in "Schamland" einfliessen.
Die Gliederung kann mit geistreichen Kapitelüberschriften ("Trostbrot") und kleinen Unterkapiteln überzeugen.

Für eine fast wissenschaftliche Publikation ist "Schamland" ferner extrem gut lesbar! Manchmal quält man sich durch Fachliteratur und Sachbücher ob des knochentrockenen Stils nur so durch. Nicht so hier! Der Autor schreibt pointiert, scharfsinnig und anschaulich.

Ich muss gestehen, dass ich über die "Tafeln" vor der Lektüre ein unkritisches, von Hochglanzmedien und "Charity Ladies" geprägtes Bild hatte.
Selke jedoch stellt den Nutzen der "Tafeln" infrage und zeigt auf, dass diese zu einem System der "Armutsökonomie " gehören. Anhand von Fallbeispielen aus der Feldforschung zeigt er auf, dass in der reichen Industrienation Deutschland mitnichten nur der "Pöbel" arm ist & zur "Tafel" geht: Da gibt es das Studentenpärchen, die Dialysepatientin und auch das ehemalige Unternehmerpärchen, das einst periodisch zum Skilaufen in die Schweiz fuhr, um im Alter mangels Einzahlungen quasi am Hungertuch zu nagen.
Selkes Kernthese besagt, dass das System der "Tafeln" primär sich selbst dient - eine These, die mir einleuchtend erscheint.
Schleichend ist dabei der Prozess, der Aufwendungen der öffentlichen Hand zunehmend privatisiert. Eine Amerikanisierung der Verhältnisse ?

Der Autor behält jedoch durchaus einen scharfen Blick und verfällt nie in Schwarzweissmalerei. Er zeigt auf, mit welchen Mechanismen Armut eher verschlimmert als gemildert wird. Und er redet Tacheles : Armut betrifft mittlerweile alle Gesellschaftsschichten(besser gesagt: auch ehemals scheinbar "krisenfeste" Schichten), Armut generiert Scham.
Selkes Interviewpartner berichten mehr oder weniger einhellig davon, wieviel Überwindung sie der Gang zur "Tafel" kostete und dass sie mit "denen da" eigentlich nicht sprechen wollten. Arm, das seinen die "Anderen". Nur mittels dieser Selbsttäuschung lasse sich ein positives Selbstbild und ein letzter Rest Würde aufrecht erhalten.

Ich muss sagen, dass ich während der Lektüre teils recht überrascht war, da mir viele Sachverhalte unbekannt waren. Vor dem "Umbau" der Republik kann jedoch niemand die Augen verschliessen. Auch ich kann es nicht glauben, dass es in einem Industrieland Kinderarmut (!) gibt.
Der Wissenschaftler Selke stellt seine Erkenntnisse löblicherweise in Buchform der ganzen deutschen Gesellschaft zur Verfügung. Akademischer Elfenbeinturm? Nicht bei Selke! Ich hoffe nur, dass seine Ausführungen Gehör - sprich Leser - finden werden.
Ein wenig schade finde ich, dass ein vergleichsweise "enges" Themengebiet behandelt wird, denn der Autor hat die seltene Gabe, komplexe Phänomene auch dem Laien (Soziologie ist nicht mein metier) verständlich zu erklären.
Ich hoffe, dass "Schamland" viele Leser finden wird, und dass die Diskussion darüber breit geführt werden wird; nicht nur in Fachkreisen oder im Feuilleton.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein wertvolles Buch - ein wichtiges Buch.

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Ein wertvolles Buch - ein wichtiges Buch.

Inhalt:
In dem Sachbuch setzt sich der Autor mit dem Thema der Armutsökonomie auseinander.
Er schildert das Thema konsequent aus der Sicht der Armen. Also derjenigen ...

Ein wertvolles Buch - ein wichtiges Buch.

Inhalt:
In dem Sachbuch setzt sich der Autor mit dem Thema der Armutsökonomie auseinander.
Er schildert das Thema konsequent aus der Sicht der Armen. Also derjenigen in unserem Land, die auf die Tafeln, Armenküchen und Kleiderkammern angewiesen sind.
Er berichtet, was es für die Betroffenen bedeutet zu den Tafeln zu gehen: Wie beschämend dies ist. Und wie sich diese Scham anfühlt.

Hier spricht der Autor Tacheles.

Ich finde es außerordentlich wichtig, dass der Autor darauf hinweist, dass die Politik gar kein Interesse daran hat, an den derzeitigen Zuständen überhaupt etwas zu ändern.
Denn warum sollte die Politik Geld in die Hand nehmen, um etwas zu verbessern, wenn dies von den karitativen Einrichtungen geleistet wird. Diese Leistungen, die nicht der Staat, sondern karitative Einrichtungen erbringen, sind also in der Politik bereits einkalkuliert.
Deshalb wird von Politiker-Seite lieber alles schön-geredet und keine Änderungen am Status-Quo initiiert. Denn es ist doch viel einfacher die Symptombehandlung der Armut an Tafeln und Kleiderkammern zu delegieren.

Und: Für die Spenderfirmen sind die Tafeln von Vorteil, weil sie damit ihr soziales Image aufpolieren können.

Gut, dass diese Diskussion nun angestoßen wurde (sie war längst überfällig) und dieses Thema in die Öffentlichkeit getragen wird!

Kritikpunkte am Buch:
Der Autor bietet keine direkten Lösungsvorschläge an.
Der Autor fühlt sich sehr den Armen verpflichtet; d.h. er stellt das Thema konsequent aus ihrer Sicht dar (was natürlich legitim ist); was aber dafür andere Gesichtspunkte (wie die der ehrenamtlichen Helfer) außen vor lässt.
Mich hätte auch interessiert, wie sich die Tafeln finanzieren. Denn er beschreibt ja, dass die Tafeln im Grunde nur Logistiker sind, die Lebensmittel von A nach B transportieren. Aber können die ganzen Kosten (wie Fuhrpark und Benzin) von dem obligatorischen Euro der "Kunden" gedeckt werden?!

Fazit: Aber ein wertvolles und wichtiges Buch.

Hoffentlich lesen die Organisatoren der Tafeln sowie deren Unterstützer dieses Buch.

Veröffentlicht am 11.10.2024

Schamland

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Schamland“ ist ein Buch, bei dem es um die derzeitigen Zustände in der Gesellschaft bei der Behandlung von Armen und sozial Schwachen und um die Situation der Tafeln im besonderen geht. Dabei sieht der ...

Schamland“ ist ein Buch, bei dem es um die derzeitigen Zustände in der Gesellschaft bei der Behandlung von Armen und sozial Schwachen und um die Situation der Tafeln im besonderen geht. Dabei sieht der Autor die Situation einseitig mit den Augen der Betroffenen und macht sich zu deren Sprachrohr. Dies war so beabsichtigt und ist in meinen Augen auch völlig in Ordnung, denn diese Menschen haben kaum bis keine Lobby und damit auch keine Stimme, die gehört wird. Der Autor hat mit vielen Betroffenen gesprochen und man merkt ihm an, wie ihn das Ganze aufgerührt hat. Es ist ein sehr persönliches Buch und es ist auch eine Kritik am System der Tafeln und an deren Marktmechanismen. Dem kann ich in großen Teilen zustimmen. Es hat sich mittlerweile eine regelrechte Industrie in diesem Bereich entwickelt wie eine Parallelgesellschaft. Man kann dem Buch nur wünschen, dass es die richtigen Leute vor allem in der Politik lesen. Aber selbst, wenn das passiert, mache ich mir wenig Hoffnung auf eine Änderung. Das System funktioniert für die Verantwortlichen so gut, dass sie keine Änderungen wünschen werden.
In einem kann ich mit dem Autor nicht übereinstimmen. Für ihn sind pauschal alle in Not geratenen Menschen an der Situation schuldlos. Das trifft sicher für viele, aber in meinen Augen nicht für alle zu – selbst die von ihm gewählten Beispiele drücken das für mich aus. Wer sich vor Jahren seine Rente hat auszahlen lassen für diversen Konsum ist in meinen Augen nicht schuldlos daran, dass er jetzt in Not gerät. Unabhängig davon steht ihm natürlich aber Hilfe zu. Nur jegliche Eigenverantwortung oder –initiative außen vor zu lassen, ist für mich nicht richtig. Aber dies ist sicher einer der Punkte, bei dem der Autor eine Diskussion erwartet und auch wünscht.
Generell jedenfalls ist es für mich ein gutes Buch – ein Buch, das wichtig ist und vielleicht schon fast zu spät geschrieben wurde. Positiv ist außerdem, dass es direkt und allgemein verständlich geschrieben wurde. Man kann es gut lesen, ohne mit einem Fremdwörterbuch arbeiten zu müssen. Dadurch ist es auch gut verständlich, was bei einem Sachbuch nicht immer selbstverständlich ist. Leider werden es die direkt Betroffenen kaum lesen – sie können es sich nicht leisten. Dabei wäre es gerade auch für sie wichtig zu wissen, dass jemand da ist, der sie gut versteht und der für sie Verbesserungen erreichen will.

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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die bittere Wahrheit!

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Ein Sachbuch oder eher ein Roman? Definitiv ein Sachbuch über unglaubliche Szenen, die sich doch mitten uns wohlsituierten Deutschen abspielt. Armut kennt keine Grenzen und es bedarf sich schon viel Mut, ...

Ein Sachbuch oder eher ein Roman? Definitiv ein Sachbuch über unglaubliche Szenen, die sich doch mitten uns wohlsituierten Deutschen abspielt. Armut kennt keine Grenzen und es bedarf sich schon viel Mut, dass auch kund zu tun. Wo ist unsere Politik, wenn sie gebraucht wird? Warum erhalten Politiker so viel Gehalt und warum ist es so erniedrigend, zum Amt oder zur Tafel zu gehen? Gibt es überhaupt noch Glück und Freunde in den Leben derer, die tagtäglich jeden einzelnen Cent umdrehen müssen? Das alles und noch viel mehr über die Armut und das Wegsehen berichtet uns Stefan Selke ohne viel drum herum zu reden! Klassisch direkt und man sollte es nicht zu leicht nehmen!