Ein Hoch auf die Freundschaft!
Dynasty of Hunters, Band 1: Von dir verraten (Atemberaubende, actionreiche New-Adult-Romantasy)"Dynasty of Hunters" ist für mich ein ganz besonderes Fantasy-Buch, das noch lange nachhallen wird. Gerade habe ich es atemlos beendet und werde mir direkt den zweiten Band, der nächstes Jahr erscheinen ...
"Dynasty of Hunters" ist für mich ein ganz besonderes Fantasy-Buch, das noch lange nachhallen wird. Gerade habe ich es atemlos beendet und werde mir direkt den zweiten Band, der nächstes Jahr erscheinen wird, vorbestellen.
Was liebe ich an diesem Buch so? Zuerst einmal die wunderschöne Aufmachung mit dem Farbschnitt und dem aufwändig und ansprechend gestalteten Cover, die es ein Vergnügen macht, das Buch anzusehen oder in der Hand zu haben. Aber das schönste Cover alleine wäre nichts ohne eine tolle Geschichte... und auch hier überzeugt "Dynasty of Hunters" auf allen Ebenen.
Nach der Beschreibung war ich mir nicht sicher, ob es nicht eine kitschige Liebesgeschichte sein würde, so wie es unter den als "Romantasy" gelabelten Büchern so einige gibt. Das ist nicht meines, ich bin deutlich mehr Fantasy- und Dystopie- als Romance-Fan. Umso glücklicher war ich, als ich feststellen konnte, dass es in diesem Buch so viel mehr um Freundschaft, Loyalität, Zusammenhalt und Gesellschaftskritik geht als um eine Romanze.
Worum geht es?
Laelia de Bleu wächst behütet als einzige Tochter der Hauptadelsfamilie der de Bleus auf, mit liebenden, umsorgenden Eltern und zwar ohne Geschwister, aber mit einer Cousine, Astoria, die ihr nah steht wie eine Schwester ("ma soeur"). Als Adelige und Thronerbin erhält sie ein umfangreiches Training, insbesondere in den für die sogenannte "Jagd" nötigen Fähigkeiten. Es gibt nämlich ein Initiationsritual, dem sich alle adeligen Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren unterziehen müssen, um in die adelige Gesellschaft aufgenommen zu werden: sie werden zehn Tage auf einer einsamen Insel ausgesetzt, gemeinsam mit bürgerlichen Jugendlichen. Jedem adeligen Jugendlichen ist ein bürgerlicher Jugendlicher zugeteilt, den er jagen und "zeichnen" soll. Zeichnen bedeutet, sich den anderen als lebenslanger persönlicher Diener untertan zu machen, unter Einsatz der magischen Kräfte der adeligen Jugendlichen, die sie über ihre Hände in einen anderen leiten können.
Je nach Farbe des Adelshauses unterscheidet sich, über welche Bereiche anderer Menschen man verfügen kann: die de Bleus (blau) kontrollieren den Körper, die de Rouges (rot) die Emotionen, die d'Ors (gold) den Geist, die de Verts (grün) die Erinnerungen, die de Blancs (weiß) Leben und Tod des Unterworfenen. Und dann gab es früher auch noch die nun ausgelöschten de Noirs, die die Fähigkeiten hatten, die Kräfte aller anderen Häuser zu kontrollieren und deren Zeichnungen zu verändern oder zu löschen. Diese hatten als einzige Mitgefühl mit den bürgerlichen Jugendlichen gezeigt und sich für die Abschaffung der Jagdspiele eingesetzt - für diesen Frevel (in den Augen der anderen Adelshäuser) wurden sie ausgelöscht und ihre Ländereien unter den anderen Häusern aufgeteilt.
Laelia ist schon seit einigen Jahren in einer Liebesbeziehung mit Laurent de Vert, nach den erfolgreichen Jagdspielen möchten sie heiraten. Doch dann geschieht das Unvorstellbare: bei der Ziehung wird Laelia nicht wie allen anderen adeligen Jugendlichen das Los einer Jägerin, sondern das einer Gejagten zugeteilt - und Laurent ist ihr Jäger.
So weit die bekannte Geschichte, die sich schon aus Einführung und Klappentext erschließt. Und jetzt hätte das eben eine schnulzige, dramatische Liebesgeschichte werden können... wird es aber nicht! Den Großteil des Buches macht die Zeit auf der Insel aus und - ohne inhaltlich zu viel vorab zu verraten - ich habe es einfach großartig gefunden, wie die kluge und sensible Laelia sehr schnell beginnt, diese Spiele zu hinterfragen, nun, da sie selbst in der Position der Gejagten ist. Wie wir mitbekommen, wie sie mehr und mehr kritisch zu denken beginnt und erkennt, Teil von was für einem unterdrückerischen Regime sie eigentlich ist/war. Wie sie sich den gejagten Jugendlichen annähert und sich mit diesen anfreundet.
Richtig großartig habe ich all die Freundschaften und die Verbundenheit und Loyalität unter den gejagten Jugendlichen gefunden - es ist wunderschön zu sehen, wie diese unter extremen Bedingungen zusammenhalten, füreinander einstehen und sich sogar füreinander opfern. Hier ist das Buch trotz der düsteren Hintergrundkulisse deutlich angenehmer zu lesen als z.B. "Die Tribute von Panem", das in einem ähnlichen, aber noch wesentlich unbarmherzigeren Setting spielt, in dem kaum wirklicher Zusammenhalt möglich ist, weil alle gegeneinander kämpfen. In "Dynasty of Hunters" hingegen sind Bündnisse möglich, sehr leicht auf jeden Fall unter den Jägern und den Gejagten, aber es gibt auch Überraschungen.
Ich mag es auch, wenn mich ein Buch - auch wenn es eine Romantasy-Dystopie wie diese ist - nicht nur unterhält, sondern auch zum kritischen Nachdenken anregt, über die im Buch beschriebene Gesellschaft und mögliche Parallelen zu real existierenden Gesellschaften. Sehr authentisch ist zum Beispiel dargestellt, wie die jagenden Jugendlichen von Vornherein einmal das Szenario kaum wirklich hinterfragen, nur die Gejagten tun das - wie es so oft auch real zu beobachten ist: die ganz oben, die über Privilegien verfügen und diese oft auch zum Schaden anderer einsetzen, sind sich dessen oft gar nicht bewusst, und das Mitgefühl mit Ausgebeuteten und Unterlegenen ist erst einmal meist gering. Außerdem wird gezeigt, wie sich die unterschiedliche Sozialisierung auch in der Körperhaltung und im Auftreten zeigt: Laelia hat selbst in der Rolle der Gejagten ein viel selbstbewussteres Auftreten und auch dadurch bessere Chancen als die bürgerlichen Jugendlichen, die sozialisiert wurden, sich zu unterwerfen, den Blick zu neigen und Opfer zu sein. Wobei auch das nicht von allen angenommen wird, es gibt auch eine Widerstandsbewegung...
Das Buch ist also auf vielen Ebenen nicht nur unglaublich spannend und unterhaltsam, sondern regt auch zum Nachdenken an. Fantasy-Dystopie vom Feinsten - klare 5 Sterne von mir und eine Leseempfehlung für alle, die für dieses Genre offen sind! Ich habe in diesem Genre schon länger nicht mehr so etwas Gutes und Berührendes gelesen!