Mysteriöse, unheilvolle Grundstimmung und ein Ende, das leider in jeder Hinsicht viel zerstört ...
Ich will dein LebenCornwall, Mitte der 80er Jahre: Tamsyn ist ein Mädchen, das aus einfachen Verhältnissen stammt und schon einige Schicksalsschläge erleben musste. Der Vater ist tot, sie lebt mit ihrer Mutter, ihrem Bruder ...
Cornwall, Mitte der 80er Jahre: Tamsyn ist ein Mädchen, das aus einfachen Verhältnissen stammt und schon einige Schicksalsschläge erleben musste. Der Vater ist tot, sie lebt mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrem kranken Großvater zusammen. An Geld fehlt es ebenso sehr wie an Perspektiven. Mit dem imposanten, aber auch mysteriösen und unheilvollen weißen Haus auf den Klippen verbindet sie Kindheitserinnerungen an die Zeit mit ihrem Vater. Oft sucht sie diesen Ort auf, reist zurück in der Zeit, erkundet das Haus und die Umgebung.
Im Sommer 1986 ziehen die Davenports, eine steinreiche und berühmte Londoner Familie, jedenfalls für die Wochenenden und Ferien dort ein. Tamsyn ist fasziniert von dem attraktiven Schriftsteller Max Davenport, seiner unnahbaren Frau Eleanor sowie der Tochter Edie, die der Mutter in Nichts nachsteht. Edie ist in jeder Hinsicht viel weiter entwickelt als Tamsyn. Tamsyn kann sich nicht mehr von Edie lösen, möchte so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen, auch so sein wie sie.
Die Davenports sind für Tamsyn die perfekte Familie; sie haben, sind und verkörpern alles, was Tamsyn jemals begehrt hat. Eine Obsession beginnt. Oder gilt diese tatsächlich dem Haus? Oder der Familie UND dem Haus? Grenzen verschwimmen, weder Tamsyn noch der Leser können noch zwischen Wahn und Wirklichkeit unterscheiden.
Die heile Welt der Davenports ist nur eine Fassade; dahinter verbergen sich Dramen, dunkle Geheimnisse und Abgründe. Edie wird ein Teil der Davenports. Nicht nur der Sonnenseiten, sondern auch und gerade der Schattenseiten, des Unheils, das sich zusammenbraut wie ein schweres Gewitter am Himmel ...
Der Stil der Autorin ist nicht schlecht, das Buch liest sich durchgehend angenehm flüssig.
Erzählt wird auf zwei Zeitebenen, nämlich größtenteils durch eine Rückblende zum Sommer 1986 sowie in der Gegenwart. Lesefluss, Tempo und Spannung wurden dadurch erhöht, wenngleich mir der Vergangenheitsstrang eindeutig besser gefiel. Der Gegenwartsstrang kommt nur sehr vorsichtig dosiert zum Einsatz und dient dazu, die Auflösung der Geschichte vorzubereiten und diese Auflösung dann schließlich zu präsentieren. Zugutehalten muss man diesem Strang aber, dass er gut gestaltet wurde, den Leser zu einer falschen Fährte führt, sodass er bei der Auflösung überrascht ist, wenn er erfährt, um welche Konstellation es sich hier handelt.
Die Grundstimmung ist mysteriös und unheilvoll. Dies gefiel mir sehr gut, wenngleich ich stellenweise dachte, dass die Atmosphäre ruhig noch dichter hätte sein können.
Erzählt wird eher ruhig, die Erreignisse überschlagen sich nicht. Unter der Oberfläche und psychologisch passiert jedoch von Anfang an so viel! Man ahnt schnell, dass diese Geschichte nicht gut enden kann, ja: dramatisch enden muss.
Die Handlung ist gut aufgebaut, das große Drama bleibt lange aus. Nur langsam spitzt sich alles immer mehr zu. Psychologisch gewinnt die Geschichte weiter an Tiefe. Das große Ganze ist bis zur letzten Seite nicht vorhersehbar. So gewinnt das Buch enorm an Spannung, kann der Leser sich viele eigene Gedanken machen und seiner Fantasie freien Lauf lassen und ist sehr gespannt auf die Auflösung.
Die ist dann leider auch (wie der letzte Abschnitt insgesamt) die große Schwachstelle dieses Werkes: Dieser Abschnitt war viel zu vollgepackt. Dazu wurden all diese Dinge total überstürzt, der Leser wird regelrecht vor vollendete Tatsachen gestellt. Es wirkt alles etwas zurechtgebogen. Dieses Ende ist viel zu konstruiert, unglaubwürdig.
Zudem fand ich die Auflösung beim ersten Lesen auch sehr verwirrend. Mir war nicht alles ganz klar, weshalb ich diese Passagen erneut lesen musste. Das passiert mir auch eher selten ...
Es ist ein Buch, das durch seine Grundstimmung und psychologische Aspekte besticht. Es ist ein Buch, das man gerade an dunklen Herbst- und Winterabenden gerne liest, wenn man düstere, mysteriöse, unheilvolle Atmosphäre und Geschichten und Cornwall mag, das aber leider am Ende nicht überzeugt und insgesamt hinter seinem Potenzial zurückbleibt.