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Veröffentlicht am 26.08.2017

Bauchgefühl

Kein guter Ort
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Arne Eriksen ist Halbnorweger und Psychologe. Seit einem Vorfall lebt er in Kviteseid, irgendwo auf dem Land und arbeitet als Therapeut. Als sich eine alte Freundin von ihm - Kari Bergland, Kommissarin ...

Arne Eriksen ist Halbnorweger und Psychologe. Seit einem Vorfall lebt er in Kviteseid, irgendwo auf dem Land und arbeitet als Therapeut. Als sich eine alte Freundin von ihm - Kari Bergland, Kommissarin aus Bergen -, bei ihm meldet, rutscht er in einen neuen Fall mit ihr. Die Tochter von Karis Chef, Janne, hat ein massives Drogen- und Aggressionsproblem. Deshalb soll sie bei Arne eine Therapie machen, doch zuerst dreht sie einmal voll am Rad. Dabei stolpert sie über ein altes Gebäude, ein geschlossenes Hotel, in dem vor zehn Jahren ein Doppelmord passierte, der bis heute ungeklärt ist. Janne ist fest entschlossen, das Rätsel zu lösen, doch da ist jemand genauso fest entschlossen, dieses Rätsel für immer ungelöst zu lassen. Arne, Kari und Janne geraten in Lebensgefahr.

Im Großen und Ganzen fand ich das Buch interessant und spannend. Die Schreibweise ist flüssig, es werden auch all die richtigen Themen bedient (Flüchtlinge, norwegische Nazis, Drogen). Ich habe diese Janne, die therapeut werden musste oder sollte, übelst verabscheut - gut, dass ich kein Therapeut bin, ich hätte mich zu allem hinreißen lassen, nur nicht, ihr zu helfen. Aber gut, diese Frau konnte starke Emotionen hervorrufen bei mir, also war es ein gut entwickelter Charakter. Womit ich jedoch gar nicht klar kam, war dieses "überirdische" Element, diese Bewusstseinserweiterung von Arne, mit der der schließlich auf den entscheidenden Lösungsansatz des Falles kam. Ich glaube nicht an Schamanismus oder das berühmte Bauchgefühl, ich glaube eh nur an wenige Dinge, die man nicht sehen/hören/messen/beweisen kann. Wer ähnlich tickt, mag auch ähnliche Probleme mit dem Buch haben, ansonsten gibt es gerade am Schluss sehr viel Action, der bei der Stange hält und zwei Fragen aufwirft: Wie hart sind die Norweger, dass sie solche Sachen überleben können und Wie kommen sie mit all diesen Mordfällen in schon so kleinen Orten klar? ^^ 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 16.11.2024

Most wanted

Einer kriegt sie alle
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Tommy - mehr als den Vornamen erfahren wir nie, wobei es kein Problem wäre, mehr herauszufinden, vorausgesetzt, die Angaben über ihn stimmen - ist ein Zielfahnder. Das heißt, er sucht Kriminelle, die sich ...

Tommy - mehr als den Vornamen erfahren wir nie, wobei es kein Problem wäre, mehr herauszufinden, vorausgesetzt, die Angaben über ihn stimmen - ist ein Zielfahnder. Das heißt, er sucht Kriminelle, die sich abgesetzt haben, ihrer Strafe entgehen wollen oder nicht gefunden werden, weil die Justiz nicht weiß, wo sie sich aufhalten. Tommy fahndet daher nicht nur in Wien oder Österreich, wo er herkommt, sondern weltweit. Dabei lässt er sich nicht immer nur von modernster Technik leiten, sondern auch von seinen Instinkten.

Manche der Kriminellen sind die most wanted ihrer Zeit und ob Tommy wirklich alle kriegt, weiß ich nicht. Zumindest behauptet das der Autor, aber der behauptet auch, dass eine österreichische Sondereinheit ihre scharfen Hunde wirft: 25 - 30 Kg Lebendgewicht Hund - wer's glaubt? In sechzehn Geschichten berichtet er über Tommy und seine Jagd. Auf Mörder und Mörderinnen, Bankräuber, Kriegsverbrecher. Und ganz ehrlich: Eigentlich sind diese Geschichten ziemlich cool. Eigentlich. Denn plaudern kann er, der Herr Autor. Allerdings kann er auch oft extrem rassistisch und diskriminierend sein, und das ist dann wiederum sehr, sehr uncool. Keine Ahnung, warum da das Lektorat nicht mal mit der Faust auf den Tisch gehauen hat (oder hat es und die schlimmsten Sachen sind schon draußen?). Wer weiß. Bei diesem Buch handelt es sich jedenfalls nicht um ein Sachbuch in dem Sinne, dass tatsächlich akribisch von der Arbeit von Zielfahndern berichtet wird. Ich denke jedenfalls, es gibt mehr als Telefonüberwachung oder das Bemerken von offenen Fenstern. Die Geschichten sind kurzweilig und interessant, und wer über Rassismus und Diskriminierung hinwegsehen kann oder sie überhaupt nicht bemerkt, wird seine reine Freude an Tommy, Andy, Claudia und fliegenden Hunden haben.

Veröffentlicht am 08.11.2024

Die Feder ist mächtiger denn das Schwert

Die Goldene Schreibmaschine
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Emily lebt bei ihren Großeltern, weil ihre Eltern in Dubai arbeiten. Sie hat zwei beste Freunde - Charlie und Frederick - ist aber ansonsten eher eine Außenseiterin. In der Schule wird sie maßlos von ihrem ...

Emily lebt bei ihren Großeltern, weil ihre Eltern in Dubai arbeiten. Sie hat zwei beste Freunde - Charlie und Frederick - ist aber ansonsten eher eine Außenseiterin. In der Schule wird sie maßlos von ihrem Mathe- und Geschichtslehrer Björn Höc... Dr. Dresslau schikaniert. Als sie eines Tages ihre Oma in der Anna-Amalia-Bibliothek besucht, wo diese arbeitet, findet sie etwas Erstaunliches: Eine goldene Feder, die sich in einen Schlüssel verwandelt und ihr damit Zugang zu einer magischen Bibliothek und einer magischen Schreibmaschine gewährt. Schnell erkennt Emily, dass sie beim Umschreiben von Büchern auch ihr Leben verändern kann und nutzt das ausgiebig. Doch auch Björn Höc... Dr. Dresslau ist hinter dieser Schreibmaschine her und als er ebenfalls an sie kommt, gestaltet er die Welt nach seinem rechten Braunhemdengedankengut. Emily, ihre Freunde und Familie müssen darum kämpfen, die Welt vor diesem Mann zu bewahren.

Ich weiß die Intention des Autors, vor geistigen rechten Brandstiftern zu warnen, wirklich zu schätzen. Allerdings bin ich mit der Umsetzung eher semi zufrieden. Es fängt schon mit der Unlogik an: Emily lebt bei ihren Großeltern, weil die Eltern a) in einem Architekturbüro gearbeitet haben, wo sie ein Jahr lang (!!!) nicht bezahlt worden sind und deshalb jetzt in Dubai (!!!) arbeiten müssen, um Geld zu verdienen. Und sie können vor allem niemals auch nur ein Wochenende lang mal in einen Billigflieger steigen und die sechs Stunden nach Deutschland fliegen. Sie schaffen es nicht mal, ihre Eltern zu unterstützen, denn es wird erwähnt, dass Rose und Martin unter recht ärmlichen Verhältnissen leben.

Dann dieser Björn Höc... Dr. Dresslau. Ich glaube, noch nie zuvor habe ich einen solchen Klischeeschurken erlebt wie in diesem Buch. Mal davon abgesehen, dass in der heutigen Zeit die Helicoptereltern schon recht zeitig dafür gesorgt hätten, dass der gute Mann geflogen wäre, so wie er mit ihren Schätzchen umgeht. Nein. Dresslau verfügt über keinerlei Charakter, der darüber hinausgeht, dass er das personifizierte Böse ist. Es gibt von seiner Seite aus keine Verführung zum Bösen, kein Anlocken in seine Krallen, nichts, was rechte Parteien gern veranstalten, um junge Leute zu sich zu locken. Er ist gehässig, boshaft, ein Mobber, ein Krimineller, der mit Schülern (!!!) auf einen Friedhof einbricht. Und diese Schüler erzählen das natürlich nicht ihren Eltern oder verquatschen sich mal, was auch wiederum einen Rausschmiss aus dem Schuldienst bedeutet hätte.

Bei aller Liebe zu Kinder- und Jugendbüchern. Aber ein bisschen Ausarbeitung gerade der Schurkentypen gehört wohl dazu. Auch an der Logik haperte es immer mal wieder, was mich persönlich gestört hat. Sehr gut gefallen haben mir die Nebencharaktere wie Martin, Rose, Charly und Frederick. Auch der Sprecher hat einen sehr guten Job erledigt und wenn er den dementen Martin sprach, brach er mir das Herz. Alles in allem ist das ein Buch, das gut gewollt, aber nicht sonderlich gut umgesetzt worden ist.

Veröffentlicht am 08.11.2024

Phantom und Dämon

How To Catch A Magical Light (New York Magics 1)
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In einem New York, das von verschiedenen magischen Wesen bewohnt wird, lebt auch Arlyn, ein Irrlicht. Um ihrer Heimat, der semibewussten Bibliothek Libby, zu helfen, ist sie gezwungen, wertvolle Artefakte ...

In einem New York, das von verschiedenen magischen Wesen bewohnt wird, lebt auch Arlyn, ein Irrlicht. Um ihrer Heimat, der semibewussten Bibliothek Libby, zu helfen, ist sie gezwungen, wertvolle Artefakte zu stehlen. Meistens wird sie dafür von ehemaligen Besitzern angeworben, die damit ihr rechtmäßiges Eigentum zurückerhalten. Weil sie sich unsichtbar machen kann, nennt man sie nur das Phantom und der außergewöhnlich gutaussehende Dämon Heaton, ein MBI-Agent, ist hinter ihr her. Als Arlyn und ihre Heist-Freundinnen Bo und Rose von einem skrupellosen Feuerteufel erpresst werden, bleibt Arlyn nichts weiter übrig, als sich undercover im MBI einzuschleusen und mit Heaton zusammenzuarbeiten.

Ich habe das Konzept des Buches sehr gemocht und habe es auch nicht ungern gelesen. Aber ich finde, es gibt hier noch so einige Baustellen, die ausgemerzt gehören, um eine wirklich runde Geschichte zu schaffen. In allererster Linie die Charakterisierung der verschiedenen Wesen: Welchen Sinn hat es, jedem Charakter eine magische Zuordnung zu geben und das dann wirklich null zu nutzen? Ich meine, worin unterscheidet sich jetzt Heaton, der DÄMON, von jedem anderen menschlichen Loveinterest auf der Welt? Und wenn jetzt hier jemand mit Schattenwerfen kommt, verweise ich mal dezent zu Fourth Wing, wo dieser nervige Loveinterest genau dasselbe beherrschte, ohne von DÄMONEN abzustammen. Wieso ist Arlyn ein Irrlicht? Was haben Irrlichter mit unsichtbar zu tun? Irrlichter sind im Gegenteil immer sehr sichtbar und führen Leute auf falsche Wege. Es gibt Pixies und Kitsunes und Werwölfe, Werigel und was weiß ich, aber nichts davon wird tatsächlich in irgendeiner Form genutzt, außer dass ab und zu Ohren hervorlugen oder Fell sprießt. Und Drachen, das weiß man ja, kämpfen einfach immer miteinander, um die Oberchefs aller magischen Wesen zu sein.

Dann die mangelnde Recherche, was Waffen angeht. Ja, mag nur eine Kleinigkeit sein, aber wenn solche Sachen in Büchern vorkommen, erwarte ich, dass AutorInnen wissen, wie die grobe Physik dahinter funktioniert. Oder wenigstens, dass man keine Zeit hat, einer Kugel auszuweichen, schon gar nicht in engen Räumen.

Gestört haben mich auch die ständigen unvollständigen, abgehackten Sätze. Wenn das mal alle 20 Seiten vorkommt, sage ich: mega. Wird als Stilmittel verwendet. Aber doch nicht in gefühlt jedem zweiten Satz. Dazu unglaublich viele, nur winzige Fehler, wo Buchstaben vergessen wurden oder grundsätzlich "jemand" oder "niemand" nicht gebeugt wurde. Ich habe nicht bewusst danach gesucht, also gibt es vermutlich sehr, sehr viel mehr als diejenigen, die mir ins Auge gefallen sind. Das sollte in einem Buch eines so angesehenem Verlags nicht passieren. Aber auch hier denke ich, liegt es an falschen Prioritäten: Anstatt wirklich Geld für Lektorat und Korrektorat in die Hand zu nehmen und vor allem auch die Autorin behutsam auf mangelnde Charakterisierung, Worldbuilding und Autorenhandwerk hinzuweisen, wurde mit Sicherheit unfassbar viel Geld in Cover, Innengestaltung und vor allem Farbschnitt gesteckt. Ja, ich kritisiere das.

Ich möchte ein inhaltlich gutes Buch - und dieses Buch hätte alle Voraussetzungen dafür gehabt: ein mega Konzept, teilweise witzige Dialoge, die Autorin kann auch so schreiben, dass man dranbleibt. Aber sie könnte weitaus besser sein, hier wird für Äußerlichkeiten so, so viel Potenzial verschenkt.

Das klingt nach viel Gemecker, aber wie erwähnt: Ich habe das Buch nicht ungern gelesen, nur tatsächlich mehr erwartet. Und dieses mehr wäre auch drin gewesen.

Veröffentlicht am 02.11.2024

Veni vidi solvi

Das größte Rätsel aller Zeiten
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Clayton Stumper ist sich selbst ein Rätsel. Der Fünfundzwanzigjährige weiß nicht, wer seine Eltern sind, weil man ihn als Neugeborenen auf den Stufen der Gemeinschaft der RätselmacherInnen abgelegt hat. ...

Clayton Stumper ist sich selbst ein Rätsel. Der Fünfundzwanzigjährige weiß nicht, wer seine Eltern sind, weil man ihn als Neugeborenen auf den Stufen der Gemeinschaft der RätselmacherInnen abgelegt hat. so wuchs er zwar behütet im Kreise brillanter, aber mittlerweile auch sehr alter Menschen auf. Seine Ziehmutter Pippa war bereits 64, als sie ihn gefunden hat. Jetzt ist sie gestorben, aber vor ihrem Tod hat sie für Clayton eine Schnitzeljagd entworfen, die ihn auf den Weg zu sich selbst, seinen fehlenden sozialen Kompetenzen und schlussendlich zu der Antwort auf die Frage, wer er eigentlich ist, führt.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt. Der eine Strang führt uns zurück in die Vergangenheit, in das Jahr 1979, als Pippa Allbrook die Gemeinschaft der RätselmacherInnen gründet. Daraus entwickeln sich im Laufe der Jahre nicht nur Freundschaften, sondern auch eine WG älterer RätselmacherInnen, die irgendwann sogar gewinnbringend lebend kann. Tatsächlich fand ich die Rückblicke zu Pippa und ihren Freunden und Kollegen weitaus interessanter als alles, was Clayton veranstaltete.

Der Strang in der Jetztzeit begleitet Clayton und seine Suche. Dabei ging mir Claytons phlegmatische Weise manchmal wirklich auf die Nerven. Wahrscheinlich sollte das sein Aufwachsen bei den älteren Leuten verdeutlichen, aber ganz ehrlich, gerade die hätten ihm einen Kampfgeist vermittelt, mit dem er durch Pippas Rätsel geflogen wäre. Die RätselmacherInnen hatten Charisma und Charakter, etwas, das ich bei Clayton wirklich schmerzlich vermisst habe. Er war nett, zweifellos. Aber da das seine einzige Charaktereigenschaft zu sein schien, wurde er damit ziemlich langweilig. Ab und zu wollte ich ihn einfach nur schütteln und sagen: Jetzt mach doch mal dein Maul auf und frag einfach! Aber nein, Clayton trottete nur auf den Wegen, die man ihm vorgab und hielt die Klappe. Die auftauchenden Rätsel waren meistens übrigens auch von Sechstklässlern lösbar, was ich etwas enttäuschend fand. Gelesen wurde das Buch übrigens sehr gut von zwei SprecherInnen, sodass ich bei der Stange blieb, aber alles in allem ist das wohl kein Buch, das mir als besonders rätselhaft in Erinnerung bleiben wird.