Alles neu macht... das Wort "Lagom"
Lagom, das soll die typisch schwedische Lebensweise sein, die besonders glücklich macht. Ich war neugierig darauf, neue Erkenntnisse zum glücklich in Ballance leben zu erhalten, dessen Merksatz lautet: ...
Lagom, das soll die typisch schwedische Lebensweise sein, die besonders glücklich macht. Ich war neugierig darauf, neue Erkenntnisse zum glücklich in Ballance leben zu erhalten, dessen Merksatz lautet: „Nicht zu wenig, nicht zuviel, gerade recht.“
Genau mit diesem Eindruck hielt ich das Buch zum ersten Mal in den Händen: es handelt sich um ein Hardcover, ungefähr in Taschenbuchformat, reichlich bebildert und sehr kreativ gestaltet: Die Seiten werden von Fotos, einfachen Bildern, Texten, Textkästchen, Tippboxen und auch Rezepten ( z. B. Zimtschnecke, Holundersirup, Käsequiche) geziert. Häufig sind Texte auflockernd farbig unterlegt, leider manchmal so dunkel, dass es anstrengend wird, den Text zu lesen.
Die schwedische Art zu leben und alles leicht und glücklich zu nehmen wird an vielen Beispielen erläutert: Viele Schweden arbeiten „nur“ sechs Stunden am Tag ( kenne ich bei uns auch, nennt sich hier „Teilzeit“) und machen etliche kreative Kaffeepausen, pünktlich Feierabend – manchesmal sogar früher, aber dann weiß der Chef: Schweden machen das nur, wenn die Arbeit getan ist. Entsprechend dem Grundsatz „Nicht zu wenig, nicht zuviel, gerade recht“, der sich durch das ganze Buch zieht, erfährt man, dass die Schweden nicht den Geiz preisen, sondern die Verschwendung verurteilen; es geht um bewußten Konsum, Zugehörigkeitsgefühl, Umweltbewußtsein, die Wichtigkeit sozialer Kontakte und eines Hobbys, Achtsamkeit, Maßhalten, Entrümpeln – und immer wird klargestellt, dass das alle Schweden machen, z.B. Picknick lieben, bei dem jeder etwas mitbringt oder Resteessen, bei dem alles zusammengeschnibbelt wird, was sich im Kühlschrank findet oder mit dem Fahrrad fahren um die Umwelt zu schonen oder abends nicht auszugehen, sondern sich mit Freunden oder Nachbarn zu treffen, gemeinsam zu kochen oder zu essen, wobei auch hier wieder jeder etwas mitbringt. Schweden lieben Schrebergärten mit eigenem Gemüseanbau und Kräuteranzucht auf dem Balkon; umweltbewußte Schweden kaufen auch Secondhand oder leihen sich etwas, was sie nur selten brauchen oder setzen auf Kaufstopp. Urlaub macht man lagom im Wohnwagen und auch sonst versucht man nicht zu übertreiben. Spazierengehen im Wald, Schneeballschlacht oder andere Aktivitäten in der freien Natur machen Spaß, sind gesund und kosten nichts; Plastikmüll soll vermieden werden und man kann sogar in Unverpacktläden einkaufen; man sollte einen Knopf annähen können und, wenn man sich steigert kann man sogar seine Kleidung ändern. Das ist nur ein Auszug der Tipps, die dann noch ergänzend erklärt werden, manchmal angereichert mit Statistiken, die belegen sollen, warum die Schweden das alles so einzigartig und toll machen – und immer wieder der Hinweis, dass alle Schweden das so machen – und wenn nicht, dann sind die Schweden eben auf dem besten Weg dahin, dass alle es so entspannt angehen.
Ich hatte schon den Eindruck, selber in Schweden zu leben, so alltäglich kommt mir dieses „neue Lebensgefühl“ vor; doch dann gibt es auch Unterschiede zu entdecken, die mich verwundern. Da wird von Ikea berichtet, die Möbel herstellen, die alle Schweden lieben, denn sie entsprechen genau dem, was das Leben so vereinfacht, werden umweltbewußt und ohne Abfälle hergestellt. Zudem wird die hohe Qualität der Ikea-Möbel sehr gelobt, da sie ein Leben lang halten. Nicht nur dieser schwedische Möbelkonzern, sondern auch eine äußerst umweltbewußte, schwedische Bekleidungskette wird lobend erwähnt: H&M nimmt jetzt sogar Altkleidung gegen Einkaufsgutscheine zurück. Bei diesen beiden Firmen verfüge ich eindeutig über eine andere, weitaus kritischere Sicht, die ich gar nicht vereinfachen möchte. Immer wieder liest man in diesem Buch auch, wie gerne Schweden Regeln von oben auferlegt bekommen und sich freuen, dass sie es ohne viele eigene Entscheidungen leichter haben. Das liest sich für mich so wie mit den Schotten, die alle geizig sind und schürt nur Vorurteile, Klischees und den Eindruck von kritikloser Masse.
Es gibt noch andere Beschreibungen, die mich irritiert zurücklassen, z.B. „Lördagsgodis - die Samstagsbelohnung“: „Es hat in Schweden Tradition, am Samstag Einkaufstüten mit Süßigkeiten vollzufüllen, um sie dann alle auf einmal aufzuessen.“ ( S.67). Das wird aufgeführt als Beispiel des Maßhaltens, weil dies ja nur an einem Tag in der Woche landesweit praktiziert wird, genau wie Freitagabend alle Schweden in Jogginghosen auf dem Sofa sitzen, Fastfood und Knabbereien essen und dabei fernsehen. Ist halt auch bewusster Konsum, muß man nur so nennen und als neues Lebensgefühl definieren. Sehr niedlich finde ich die schwedischen Worte, die für alle möglichen Ideen, Kaffeetrinken, Ansichten und Traditionen mit aufgeführt werden und die ich vorher noch nicht kannte. Trotzdem waren für mich in diesem Buch nicht wirklich neue Ideen für das ausgerufene Lebensgefühl enthalten; das hat man doch alles schon gelesen, allerdings nicht unter dem Begriff „Lagom“, verbunden mit dem Hinweis, dass es der neue Trend aus Schweden wäre. Die Buchgestaltung ist nett und kreativ.
Vielleicht finden andere in diesem Buch neue Ideen oder werden an gute Vorsätze erinnert.