Das Buch hat mich sehr berührt
Im Namen der BarmherzigkeitFrau Krippentrog bekommt ein gesundes kleines Mädchen. Sie liegt im Einzelzimmer eines Krankenhauses in Wien. Genießt ihre „freien Tage“, so verkündet sie es gegenüber dem Pflegepersonal und den Ärzten. ...
Frau Krippentrog bekommt ein gesundes kleines Mädchen. Sie liegt im Einzelzimmer eines Krankenhauses in Wien. Genießt ihre „freien Tage“, so verkündet sie es gegenüber dem Pflegepersonal und den Ärzten. Ihr Baby lehnt sie kategorisch ab. Mag es noch nicht einmal in den Arm nehmen. Stillen? Nein, wer kommt denn auf diese Idee? Nur nach Druck und gutem Zureden entschließt sie sich, der Kleinen einen Namen zu geben. Das muss sein, da sie ja im Standesamt der Stadt Wien anzumelden ist. Sie heißt Steffi.
Was geht vor in den Frauen, die sich schwängern lassen und so gar nichts von ihren Kindern wissen möchten? Der Leidens- und Lebensweg von Steffi hat mich außerordentlich berührt. Wenige Wochen nach der Geburt wurde sie zu einer Familie vermittelt, die dem örtlichen Pfarrer so überaus herzlich zugetan waren. Es handelte sich um das Ehepaar Kellerknecht. Angeblich waren sie Gott dankbar, wenn er ihnen den lang ersehnten Nachwuchs schenkte. Aus dieser Dankbarkeit wuchs dann jedes Mal der Wunsch, dass sie neben dem leiblichen auch noch ein weiteres Kind an Kindes statt annahmen.
Die Autorin beschreibt bildhaft und ohne Verharmlosung der Situation, wie die „Verdingkinder“ ausgebeutet und misshandelt wurden. Es ist nicht nur ein Roman. Es ist ein Tatsachenbericht über das Leben wehrloser Menschen, die niemals eine Lobby hatten. Wie gut, dass die Autorin Hera Lind ihnen endlich eine Stimme gibt. Ob es ihnen aber hilft, wenn sie finanziell entschädigt werden, das wage ich zu bezweifeln.