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Veröffentlicht am 24.01.2024

Spannende Person, aber kein Ratgeber für die Frau von nebenan

Be Your Own F*cking Hero
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Die Autorin als Mensch wirkt auf mich beeindruckend, zum einen als sehr starke, selbstbewusste Person, zum anderen in ihrem hart erarbeiteten Sprung zur Karrierefrau.
Bei dem Buch hatte ich das Gefühl, ...

Die Autorin als Mensch wirkt auf mich beeindruckend, zum einen als sehr starke, selbstbewusste Person, zum anderen in ihrem hart erarbeiteten Sprung zur Karrierefrau.
Bei dem Buch hatte ich das Gefühl, es wären eher Tipps für eben solche Frauen in der Wirtschaftswelt, die sich natürlich gegen die von Männern dominierte Domäne behaupten möchten. Super Tipps, wenn es einen beruflich betrifft, aber für die breite Masse empfand ich es leider nicht. Es ist kein "Die Frau von nebenan an die Hand nehmen"-Buch, wie andere feministische Ratgeber. Ich glaube, dass der Großteil der Leserinnen nicht von der Frage nach der Farbe ihres Kostüms für Meetings betroffen ist, kann mich aber natürlich irren. Deshalb konnte ich persönlich leider nicht so viel mitnehmen wie erhofft.

Zum anderen ist mir der Schreibstil sehr schwer gefallen.
Einerseits hat der Genderstern meinen Lesefluss teilweise enorm gestört. Ich verstehe, weshalb sie sich dafür entschied, doch wären neutrale Formulierungen einfach flüssiger zu lesen gewesen.
Ein Beispiel:
"Derdie, derdie kaufen will, nennt einen niedrigeren Preis als ersie tatsächlich bezahlen würde. Derdie, derdie verkaufen möchte, nennt einen höheren als ersie braucht." (S. 45)
Der zweite Punkt war die Sprache selbst.
Irgendwann ist es einfach nicht mehr cool, wenn gefühlt jedes dritte Wort auf Englisch ist, sondern stört ebenso ungemein den Lesefluss. "Wait, what, bald, for free, I mean, I don't know, please..." Ich weiß nicht, das ist doch immer noch ein Ratgeber/Sachbuch und kein Instagram Screenshot 🙈 Genau wie z.B. "nix" statt "nichts" 🙄
Es gab viele Englische Zitate, die man genauso gut auf Deutsch hätte schreiben und so für eine breitere Zielgruppe zugänglich hätte machen können.

Die Autorin gibt selbst an, relativ kurz an dem Buchprojekt gearbeitet zu haben, was man meiner Meinung nach leider merkt - dadurch, dass sie das Privileg hatte, bei einem so großen renommierten Verlag wie Goldmann zu publizieren, hätte sie das Potenzial viel mehr ausschöpfen können.

Alles in allem erschien das Buch mehr wie eine Hommage von der Autorin an die Autorin als ein an die Hand Nehmen der Durchschnittsfrau, die in einer patriachalen Gesellschaft die Hürde meistern möchte, sie selbst sein zu dürfen. Ich empfand es als ein Buch nicht für uns, sondern für sie selbst, eine Auflistung ihrer (dennoch beeindruckenden) Erfolge, viel Eigenlob. Schade, weil sie mit ihrer Reichweite plus dem tollen Verlag einfach viel mehr bieten könnte.

Ich empfehle das Buch Frauen, die in einem ähnlichen Sektor wie die Autorin arbeiten, vlt. in Politik oder Wirtschaft. Hier gibt es einige sicher wertvolle Tipps, wie Frau sich erfolgreich durchsetzen kann und gleichzeitig sie selbst bleibt.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.11.2024

spannender Plot, auf den zweiten Blick aber recht misogyn

My Dark Romeo
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Das Cover & die unglaubliche Innengestaltung liebe ich wirklich sehr und auch die Idee und die anfänglich noch humorvoll herausfordernden Dialoge der Protagonisten hatten eine nicht zu leugnende Sogwirkung.
Im ...

Das Cover & die unglaubliche Innengestaltung liebe ich wirklich sehr und auch die Idee und die anfänglich noch humorvoll herausfordernden Dialoge der Protagonisten hatten eine nicht zu leugnende Sogwirkung.
Im einzelnen betrachtet muss ich aber gestehen, dass für mich die Toxizität der Figuren überwog. Auf den ersten Blick wirken Charaktere und Setting spannend und hatten das gewisse Etwas - dieses Etwas switcht jedoch recht schnell in eine gruslig misogyne Richtung.
Dallas ist 21 Jahre alt, wird von der texanischen High Society Gesellschaft gezwungen, Jungfrau zu bleiben, um dort nicht ausgestoßen zu werden (sie gilt sonst als "besudelt/entehrt", während die Männer jede Nacht eine andere Affäre haben ) und stattdessen an den nächstbesten Milliardär zu verhökert zu werden. Das nimmt sie gern in Kauf - buchstäblich, denn ihre Identität dreht sich ausschließlich um Daddys und Mr Toxics Kreditkarten. Sie war meist sehr kindlich-weinerlich (wer bekommt denn einen hysterischen Anfall, wenn er Gemüse essen soll?!) & hat pausenlos versucht, Romeo ein Baby unterzujubeln, obwohl sich dieser mehrmals klipp und klar dagegen ausgesprach. Stattdessen erpressen sie sich gegenseitigl ("Wenn du meine Anrufe ablehnst und dein Handy ausschaltest, werde ich dich bestrafen", sie wird beschattet, überwacht, gestalkt & mit Ignoranz und Ghosting seinerseits bestraft). 🌶 hält als Belohnungs- und Bestrafungssystem her.
Romeo ist einer dieser Red Flags, die ihr grausames Verhalten durch eine miese Kindheit rechtfertigen - haben wir das in Büchern nicht allmählich hinter uns?
"Du gehörst mir, der Kaufpreis ist vollständig bezahlt"/"Ich habe die Kuh gekauft"- können wir bitte aufhören, Frauen in für UNS geschriebener Literatur zu objektivieren ?! 😅
Die Dialoge waren aber auch ohne 🌶 z.T. recht frauenverachtend:
"Und jetzt lies dein Buch (das er ihr vorgab) und tu so, als wärst du eine halbwegs anständige Frau" - während sie am Boden eines Flugzeugs zwischen seinen Beinen quetscht und sich selbst als treuen Hund bezeichnet. "Ich wartete auf den Befehl, mich von seinem Schoß zu erheben." In einen Sessel durfte sie nicht.
Die Bestrafung, weil sie mit ihrem Ex sprach, hatte es ebenso in sich: "Er packte mich am Nacken und drückte mich hinunter, sodass ich zwischen dem Geländer und den dornigen Rosenbüschen hing...Nur cm trennten mich vor dem Sturz. Er schob mich noch weiter über das Geländer, sodass der größte Teil meines Körpers in der Luft hing". Können wir bitte nicht Gewalt gegen Frauen romantisieren 🙈 Und auch die verbale Gewalt hatte es in sich: "Selbst deine Dunmheit kennt grenzen... Ich bin kein Fan deiner Persönlichkeit, aber ich würde dafür bezahlen, dich einfach nur dasitzen und atmen zu sehen ... Wie dämlich kann man eig. sein? Jede Frau, die auch nur einen Funken Verstand hat, würde auf die Knie fallen und versuchen, mich zu besänftigen." Ich spreche mich klar dagegen aus, solch tox. Bez. zu romantisieren.
Die 🌶-Szenen waren für mich definitiv schon Dark Romance - er schrieb währenddessen seinem Namen mit seinem Blut auf ihren Körper, es war einfach drüber und/oder weird, für mich kein klassisches NA mehr.
Das Frauenbild selbst ist auch schwierig, dieses just shopping & dem Mann herhalten einerseits, andererseits dieser perfekte kurvige (wie geht das bei knapp 50kg?!) Körper, obwohl sie sich nur von Süßkram ernährt.
Insgesamt kam es mir vor, als hätte ein Mann aus den patriarchalen Wunschvorstellungen des letzten Jhdts. dieses Buch geschrieben. Es endet mit der Message, wenn eine Frau nur genug erträgt, wandelt sich der chronische red flag guy spontan zum green flag Traummann. Won't happen, girls.
Von diesem unnötigen Elon Musk Statement in einem NA Romance Roman fange ich erst gar nicht an.
Der Roman hätte wirklich gut sein können ohne diese geballte Ladung an Toxizität, er wäre auch echt spannend und fesselnd geschrieben, doch kann ich es so einfach nicht weiterempfehlen :(

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