Unaussprechlich
1950 werden die Erinnerungen von Jozsef Debreczeni auf ungarisch veröffentlicht. Erinnerungen an die schrecklichste Zeit seines Lebens, Erinnerungen an eine der dunkelsten der Geschichte, Erinnerungen ...
1950 werden die Erinnerungen von Jozsef Debreczeni auf ungarisch veröffentlicht. Erinnerungen an die schrecklichste Zeit seines Lebens, Erinnerungen an eine der dunkelsten der Geschichte, Erinnerungen an seine Deportation durch die Nazis ins Konzentrationslager Auschwitz. Nun sind diese Erinnerungen, dieses Zeitzeugnis erstmalig auf Deutsch erschienen und ich wollte dieses Buch unbedingt lesen, auch, weil ich die Gedenkstätte des KZ Auschwitz-Birkenau schon besucht habe und erschüttert war über die dort verübten Greueltaten.
Der Journalist und Dichter Jozsef Debreczeni wird als Jude 1944 nach Auschwitz gebracht. Mit Zügen, unter menschenunwürdigen Zuständen, geht es ins Unbekannte, vermeintlich dem nächsten Arbeitseinsatz für ein deutsches Unternehmen entgegen. Angekommen im Lager direkt die erste Selektion, Kranke und Alte werden von den Arbeitsfähigen getrennt und auf Lastwagen weggebracht, beneidet von den Zurückbleibenden, die nun einen kilometerlangen Fußmarsch vor sich haben, unwissend, dass sie so schon das erste mal dem Tod entkommen sind.
Die Erzählung des Autors ist messerscharf, detailliert, ungekünstelt und direkt. Sie lässt sofort Bilder des Grauens im Kopf entstehen, wie man sie auch aus Filmen wie "Shindlers Liste" kennt, die aber um ein Vielfaches grausamer und realer sind. Was das Ganze so grausam macht sind dabei nicht unbedingt die Greueltaten der Nazis, die Debreczeni nur "die Grauen" nennt, denn diese treten aktiv gar nicht so unmittelbar in Erscheinung. Grausam und erschreckend ist das System, das sie innerhalb der Lager unter den Häftlingen geschaffen haben, ein System aus Blockwarten und Kapos, sogenannten Funktionshäftlingen, die, ausgestattet mit einem Minimum an Macht ein Maximum an Angst und Schrecken unter ihren Mitgefangenen verbreiteten. Der Autor beschreibt die Willkür, den Terror, die Gewalt und den Überlebenskampf in allen Details und der Leser erkennt die Perfidität, die hinter dem Ganzen steckt.
Es ist fast unvorstellbar, was der Autor beschreibt, manchmal kaum auszuhalten, aber man kann das Buch trotzdem nicht aus der Hand legen. Das Beschriebene ist ein Zeitzeugnis, da es nur noch wenige Holocaustüberlebende gibt, die persönlich von ihren Erlebnissen berichten können. Erlebnisse, die heute um so dringender als Mahnung dienen müssen, da wir förmlich von rechtspopulistischem Gedankengut überschwemmt werden. Bücher wie dieses sollten meiner Meinung nach unbedingt Schullektüre werden, denn seinen wir mal ehrlich, das was die Schüler heutzutage über den Nationalsozialismus lernen, ist mehr als dürftig. Gerade in einer Zeit, in der es das Internet so leicht macht die Vergangenheit zu leugnen, in der man so leicht seine falschen Propaganda verbreiten kann, müssen wir mit solchen Büchern gegensteuern. Wider dem Vergessen.