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BACKSTEIN
Femke Vindevogel
„Vater blickte nicht auf. Aus Erfahrung wusste ich: Der Tisch würde nicht mehr für mich gedeckt werden, heute gehöre ich nicht zur Familie. Heimlich würde ich die Reste hinunterschlingen, ...
BACKSTEIN
Femke Vindevogel
„Vater blickte nicht auf. Aus Erfahrung wusste ich: Der Tisch würde nicht mehr für mich gedeckt werden, heute gehöre ich nicht zur Familie. Heimlich würde ich die Reste hinunterschlingen, die mir Mutter im Vorbeigehen zuwarf, wenn er es nicht sah. Ich wollte ein Swiffertuch sein, mit gezielten Schlägen gegen die Mauer knallen, bis der Staub und das Leben ein für alle Mal aus mir herausgeschlagen waren.“ (S. 50)
Iggys Vater war ein alkoholkranker Diktator, ein Narzisst, dessen Gewalt und Kälte sich auf eine Weise manifestierten, die tief ins Leben seiner Töchter eingriff. Sie hatten die Demütigungen ertragen müssen – der Kopf im Kartoffelpüree, das Ausgesetztsein in der Kälte, ohne Pullover, ohne Schuhe – alles nur, damit sie den „richtigen“ Gehorsam erlernten.
Ihre Kindheit war ein Spiel, in dem sie und ihre Schwester nur Figuren auf seinem Schachbrett waren. Erst als er starb, konnten Iggy und Pinky beginnen, sich aus den Fesseln dieser unbarmherzigen Erziehung zu befreien.
Doch auch Jahre später sind die Narben noch nicht verheilt. Als eine unerwartete Erbschaft vor Iggys Tür landet – ein Gewebesack gefüllt mit bemalten Backsteinen, einem Gemälde, das ihr Vater während seines Aufenthalts in einer Suchtklinik malte – werden all ihre verdrängten Traumata wieder lebendig.
Das Gemälde ist jedoch unvollständig. Einige Steine fehlen, und Iggy, zusammen mit ihrer Freundin Luca, begibt sich auf eine bewegende Spurensuche, um das Geheimnis ihres Vaters zu entschlüsseln.
Was für ein außergewöhnliches Buch. Der seichte Humor, gepaart mit feinster Sprache will fast gar nicht zu dem tiefgründigen Inhalt passen.
Ich konnte nicht anders, als mit Iggy zu fühlen und zu weinen. Ihre Reise war so intensiv, dass auch mir die Worte einfach im Hals stecken blieben. Man spürt jeden Schmerz, jede Wunde, und doch ist da auch immer die Hoffnung auf eine Veränderung.
Dieses Buch wird definitiv in meine #jahreshighlights einziehen. Es ist das zweite Werk aus dem Hause @steidl, das es dorthin geschafft hat – und ich kann es nur jedem ans Herz legen.
Eine klare Leseempfehlung für alle, die tief berührende, unvergessliche Geschichten lieben – und für all jene, die Bücher wie „Befreit“ oder „Schloss aus Glas“ schätzten.
5+/5