Spannend mit interkulturellen Einblicken
Ich, MireilleDie Studentin Mireille verliebt sich in den marokkanischen Kommilitonen Nadir. Er überredet sie mit nach Marokko zu kommen. Sie heiraten, bekommen Kinder und schließlich überredet Nadir Mireille dazu zum ...
Die Studentin Mireille verliebt sich in den marokkanischen Kommilitonen Nadir. Er überredet sie mit nach Marokko zu kommen. Sie heiraten, bekommen Kinder und schließlich überredet Nadir Mireille dazu zum Islam zu konvertieren. Ihr wird gesagt, das sei reine Formsache. Aber nachdem aus Mireille nun Yasmina geworden ist, verändert sich alles. Sie ist nicht mehr eine Zuschauerin der fremden Kultur, sondern wird mitten hinein gezogen, in die Rollenzuweisungen, die Mann und Frau im Islam zugestanden werden.
Obwohl Nadir aus einer liberalen und bürgerlichen Familie stammt, mutiert er in seiner eigenen Kultur zum traditionellen Pascha. Das Buch ist aus zwei Perspektiven geschrieben: Der von Mireille und der von Nadir. Sehr eindringlich sind die inneren Konflikte von Mireille in der Ich-Form beschrieben. Nadirs Sicht ist die eines gesetzestreuen Muslim, dem jeder Gedanke an die Gefühlsslage seiner Frau fremd zu sein scheint. Das Buch ist von einer marokkanischen Autorin und Rechtsanwältin geschrieben und beschreibt die Konflikte gebildeter und selbstbewusster Frauen im traditionellen Islam. Die Handlung spielt allerdings zu einer Zeit als die Frauenrechte in Marokko noch nicht reformiert wurden. Heute ist es nicht mehr rechtens, seine Frau zu "verstößen" und ähnliches. Allerdings wird das die Haltungen, Rollenzuschreibungen und vor allem das Verhalten aller Männer noch nicht grundlegend verändert haben, so dass das Buch aktuell bleibt. Der Roman steht ganz in der Tradition arabischer, feministischer Autorinnen wie Assia Djebar. Ein spannendes Buch, das ohne reißerische Betroffenheitsattitude einen kritischen Blick auf patriarchalische Strukturen wirft. Sprachlich ist das Buch auch sehr gelungen!